Die Gnade der Mutter
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Episodenbild (c) HBO
Originaltitel:Mother's Mercy
Episodennummer: 5x10
Bewertung:
Erstausstrahlung USA: 14. Juni 2015
Erstausstrahlung D: 28. Juni 2015
Drehbuch: David Benioff & D.B. Weiss
Regie: David Nutter
Hauptdarsteller: Peter Dinklage als Tyrion Lannister, Nikolaj Coster-Waldau als Ser Jaime Lannister, Lena Headey als Queen Cersei Lannister, Emilia Clarke als Queen Daenerys Targaryen, Kit Harington als Lord Commander Jon Snow, Stephen Dillane als King Stannis Baratheon, Liam Cunningham als Ser Davos Seaworth, Carice van Houten als Melisandre, Indira Varma als Ellaria Sand, Maisie Williams als Arya Stark, Sophie Turner als Lady Sansa Stark, John Bradley als Samwell Tarly, Hannah Murray als Gilly, Nathalie Emmanuel als Missandei, Michiel Huisman als Daario Naharis, Conleth Hill als Varys, Jerome Flynn als Ser Bronn, Alfie Allen als Reek, Iwan Rheon als Ramsay Bolton, Gwendoline Christie als Brienne of Tarth, Tom Wlaschiha als Jaqen H'ghar, Iain Glen als Jorah Mormont.
Gastdarsteller: Jonathan Pryce als the High Sparrow, Owen Teale als Ser Alliser Thorne, Tara Fitzgerald als Queen Selyse Baratheon, Ian Beattie als Ser Meryn Trant, Anton Lesser als Qyburn, Julian Glover als Grand Maester Pycelle, Alexander Siddig als Prince Doran Martell, Jacob Anderson als Grey Worm, Daniel Portman als Podrick Payne, Faye Marsay als The Waif, DeObia Oparei als Areo Hotah, Keisha Castle-Hughes als Obara Sand, Rosabell Laurenti Sellers als Tyene Sand, Jessica Henwick als Nymeria Sand, Brenock O'Connor als Olly, Charlotte Hope als Myranda, Ian Gelder als Ser Kevan Lannister, Nell Tiger Free als Princess Myrcella Baratheon, Toby Sebastian als Prince Trystane Martell, Hannah Waddingham als Septa Unella, Hafþór Júlíus Björnsson als Gregor Clegane u.a.

Zitate: "Speak up. Can't be worse than mutiny."
(Wenn sich Stannis da mal nur nicht täuscht.)

"You're lucky. Arranged marriages are rarely so… well arranged."
(Jaime freut sich für seine Tochter.)

"I suppose he can join us. Just as long as he promises not to kill me in my sleep."
"If I ever kill you, your eyes will be wide open."
(Tyrion und Jorah tauschen wieder Freundlichkeiten aus.)

"He's the toughest man with no balls I've ever met."
(Das ist ja auch mal eher ein ungewöhnliches Lob.)

"For the Watch!"
(Die Männer der Nachtwache tun, was sie glauben, tun zu müssen.)


Kurzinhalt: Der Herr des Lichts hat tatsächlich eine Wetterbesserung gebracht: Es taut. Weniger erfreulich für Stannis' Erfolgsaussichten ist allerdings, dass nach der Opferung seiner eigenen Tochter rund die Hälfte seiner Truppen desertiert ist. Doch für Stannis gibt es kein Zurück mehr, und so zieht er mit den verbliebenen Truppen in Richtung Winterfell, um diese den Boltons zu entreißen und sich zum König des Nordens zu krönen. Währenddessen ruft Sansa Brienne um Hilfe. Auf ihrem Weg zurück in ihr Zimmer wird sie jedoch von Ramsays Geliebter gestellt. Brienne bekommt indes Gelegenheit, einen alten Schwur einzulösen. In Braavos tötet Arya nicht jenen Mann, von dem es ihr vom Gott der vielen Gesichter eigentlich aufgetragen wurde – woraufhin dieser ein Opfer verlangt. Jaime bringt Myrcella nach Kings Landing zurück, doch nach der Abfahrt von Dorne gibt es für die Lannisters eine unliebsame Überraschung. Daario und Jorah ziehen los, um nach Daenerys zu suchen. In ihrer Abwesenheit soll Tyrion die Geschicke in Meereen leiten. Daenerys wiederum erwacht in einer grünen Ebene – und wird kurz darauf von Dothraki-Kriegern umzingelt. Cersei gesteht ihre Sünden, und wird zur Buße auf den Pfad der Schande geschickt. Und Jon Snows Status als Lord Commander der Nachtwache wird neuerlich herausgefordert…

Review von Tu Bacco (Buchkenner): Episodenbild (c) HBO Wenn ich das Finale der 5. Staffel in einem Satz beschreiben müsste, dann würde meine Wahl leider auf "Enttäuschend, aber nicht unerwartet." fallen. Enttäuschend, weil "Mother's Mercy" eine lieblose Abhandlung zusammenhangsloser Szenen im Schnelldurchlauf darstellt, die wirkungslos im nächsten Schnitt verpuffen. Nicht unerwartet, weil die Probleme im Handlungs- und Spannungsaufbau die Staffel seit Anfang an begleitet haben, der Plot aber spätestens in der 2. Staffelhälfte zu oft nur noch aus einer Aneinanderreihung von unnötigen Schock- und Gewaltexzessen inmitten von auf der Stelle tretenden und stark fragmentiert erzählten Geschichten besteht. Vereinzelnd gute Einfälle und ein paar eindringlich inszenierte Szenen mögen zwar kurzfristig über die ein oder andere Schwäche hinwegtäuschen können, aber es zeigt sich für mich nun endgültig, dass die Schreiber und Showrunner zwar oft gut darin sind, George R.R. Martins Bücher aufs Wesentliche zu reduzieren, sie aber weit weniger erfolgreich dabei sind, der Serie ihren eigenen Stempel aufzudrücken. Die eigenen Ideen sind in der Regel langfristig wenig durchdacht und können oft qualitativ nicht mit dem Material aus der Vorlage, welche die Schreiber in dieser Staffel mehr denn je absichtlich ignoriert haben, mithalten.

In den ersten 10 Minuten schließt das Finale nun mit einem Handlungsstrang, der die Serie seit der 2. Staffel begleitet hat, ab. Stannis hat in der letzten Folge sein ultimatives Opfer bringen müssen und erntet hier nun die Früchte seiner Entscheidung: die Hälfte seiner Armee desertiert in der Nacht, seine Frau erhängt sich und seine Hexe macht sich schnell aus dem Staub. Wenigstens hat sich das Wetter gebessert. Da ihm jetzt nichts weiter bleibt als das Heil in der Schlacht zu suchen, marschiert er gen Winterfell. Kundschafter hält er ebenso für unnötig wie Belagerungsgerät, um die Festung zu umstellen. Dann taucht nicht nur Ramsay Boltons riesige Reiterarmee aus einer Senke vor Winterfell auf, sondern auch Brienne, um endlich Renly persönlich zu rächen. Wer sich jetzt am Kopf kratzt, kratzt hier goldrichtig: Das ist zusammenkonstruierter Quatsch, um zeitsparend endlich mit einer Handlung abschließen zu können. Hauptsache, man hat es hinter sich. Selbiges gilt wohl auch für Sansas Martyrium in den Händen der Boltons. Hier haben sich die Autoren wohl gedacht, dass Sansa eine wesentlich bessere Motivation als der No-Name-Charakter aus der Vorlage dafür wäre, dass aus Ramsays Schoßtier wieder so etwas wie Theon wird. Das hat dazu geführt, dass die eigentliche Hauptfigur dieser Handlung zugunsten Sansas an deren Rand gedrängt wurde, die Wandlung quasi innerhalb einer Szene stattfindet und Sansa selbst nicht nur nicht dem "Damsel in Distress"-Trope entfliehen kann, sondern buchstäblich auf ein Plot Device reduziert wurde, da ihr nie die Möglichkeit einer Umsetzung einer eigenen Agenda eingeräumt wurde. Littlefingers Worte, Rache an denen zu nehmen, die für den Tod ihrer Familie verantwortlich sind, verpuffen als Lüge im Nichts.

Episodenbild (c) HBO Apropos im Nichts verpuffen: Was ist eigentlich mit den Söhnen der Harpyie passiert, die in der letzten Folge noch einen Großangriff auf die Kampfarena gestartet hatten? Jetzt sitzen Tyrion, Daario und Jorah in Meereens Thronraum und deren einziges Problem scheint das Verschwinden von Daenerys zu sein. Gerade jetzt sollten doch die Aufständischen ihre Messer wetzen. Aber nein, Tyrion schafft das schon und wärmt schon mal den Thron für die Drachenmutter vor, während sich Jorah und Daario auf ein Buddy-Abenteuer begeben, weil die Serie nach Jaimes und Bronns Ausflug nach Dorne ein weiteres Buddy-Abenteuer braucht. Dort zeigt sich indes, dass diese Anhäufung peinlicher Szenen leider nicht ein in sich abgeschlossener Plot war, den die Autoren als Unfall in der nächsten Staffel schön unter den Teppich hätten kehren können, sondern nur das ausgedehnte Vorgeplänkel, um einen Krieg zwischen den Martells und den Lannisters vorzubereiten. Das war meines Erachtens genauso unnötig, wie der Einfall der Schreiberlinge, aus Meryn Trant noch einen pädophilen Sadisten machen zu müssen, der dann äußerst blutig und brutal seine wohlverdiente Strafe von Arya bekommt. Wurde die Serie in der Vergangenheit u.a. dafür gelobt, Figuren außerhalb des Schwarzweiß-Schemas zu präsentieren, machen es sich die Autoren sehr leicht und entwerten Aryas Tat in meinen Augen fast völlig. Ich hätte es ungemein spannender gefunden, wenn Arya erkennen hätte müssen, dass in Trant außerhalb seiner Rolle als Joffreys Haushofschläger vielleicht ein ganz normaler Mann steckt, der die Freizeit in Braavos nutzt um mit seinen Kumpels im Bordell ausgelassen zu feiern, und Arya so gezwungen wird, ihren Rachewillen zu hinterfragen.

Ich denke, ich brauche nicht länger um den heißen Brei herumzuschreiben: Das ist nicht mehr die Serie, der ich in den ersten vier Staffeln, trotz allerlei kleiner Fehler, begeistert beigewohnt habe. Wo früher Handlungen schlüssig erzählt wurden und Figurentode wirklich etwas bedeutet haben, sind letztere jetzt eine lahme Entschuldigung dafür, im Sande verlaufene und über die Grenzen der Glaubwürdigkeit hinweg vereinfachte Plots schnell abschließen zu können. Was bleibt, sind einige gelungene Setpieces und die Performance vieler Darsteller, die oft genug in undankbaren Rollen stecken. Trotz des riesigen Budgets gibt es viel zu oft Probleme bei der Inszenierung von Szenen. Das müssen dann noch nicht mal CGI-intensive Kampf- oder Massenszenen sein, aber wenn Jon Snows Ermordung durch seine Brüder der Nachtwache so gestellt ist, als würde der Darsteller Blumensträuße überreicht bekommen, dann frage ich mich ernsthaft, ob ich nicht auf dem falschen Sender gelandet bin. Wie man eine derartige Szene hingegen richtig angeht zeigt das Finale der ersten Staffel von "Rome", übrigens auch eine HBO-Produktion.

Fazit: Episodenbild (c) HBO In "Mother's Mercy" ist nun das eingetreten, was ich am Ende der letzten Folge befürchtet habe: Viele Handlungen werden überhastet zu einem wie auch immer gearteten Ende gebracht, ohne eine Wirkung außer distanzierter Langeweile und gelegentlichem Ärger bei mir zu hinterlassen. Über den Verlauf der Staffel hat sich für mich gezeigt, dass die Autoren, wenn sie auf sich gestellt sind oder mit voller Absicht die geschriebene Vorlage ignorieren, weil sie ihre eigenen Geschichten erzählen möchten, auf Dauer nicht in der Lage sind, inhaltlich qualitativ hochwertige Unterhaltung zu produzieren. Und da diesbezüglich keine Besserung zu erwarten ist, habe ich mich dazu entschieden, "Game of Thrones" von nun an nicht weiter zu verfolgen. Ich danke den Machern für vier größtenteils unterhaltsame Staffeln und dafür, dass man als Fantasy- und Serienfan zumindest eine Zeit lang nicht für sein Hobby belächelt wurde.

Wertung: 1.5 von 5 Punkten
Tu Bacco


Review von Christian Siegel (Buch-Unkundiger): Mit "Die Gnade der Mutter" hört die Staffel für mich so auf, wie sie begonnen hat: Nämlich mit einer kleinen Enttäuschung. Zwar nicht schlecht und mit einigen Highlights, haben wir hier meines Erachtens klar den bisher schwächsten Staffelausklang der Serie vor uns. Bevor wir auf die einzelnen Handlungsstränge – mit ihren jeweiligen Stärken und Schwächen – im Detail eingehen, vorab gleich jene beiden Kritikpunkte, die sich mit wenigen Ausnahmen wie ein roter Faden durch die Episode ziehen. Erstens: Mich hat "Die Gnade der Mutter" leider, trotz zahlreicher dramatischer Szenen, von einer einzigen Ausnahme abgesehen völlig kalt gelassen. Es gelang den jeweiligen Momenten in den seltensten Fällen, mir irgendeine emotionale Reaktion – sei es Trauer, Freude, Abscheu, Schock… was auch immer – zu entlocken. Der zweite Punkt den ich kritisch sehe, ist die Vielzahl an Cliffhangern, die sich in "Die Gnade der Mutter" finden lassen – etwas, auf das "Game of Thrones" bislang staffelübergreifend eigentlich weitestgehend verzichtet hat. Diesmal bleiben jedoch gleich die definitiven Schicksale mehrerer Figuren unklar. Den letzten, ganz großen Cliffhanger, finde ich dabei ja sogar noch ok und sehr effektiv. Insgesamt hat man es für meinen Geschmack mit den offenen Enden aber diesmal doch etwas übertrieben – vor allem auch angesichts der Tatsache, dass bei "Game of Thrones" nicht, wie bei "normalen" Fernseh-(bzw. Kabel-)serien nur 2-3 Monate zwischen den Staffeln liegen, sondern wir nun rund 9-1/2 Monate auf Antworten warten werden müssen. Zumal der Episode aus diesem Grund für mich in einigen Handlungssträngen auch irgendwie das Gefühl eines Abschlusses fehlte. Die letzte Episode der vorangegangenen Staffel fühlte sich jedenfalls viel mehr wie ein Finale an, als "Die Gnade der Mutter".

Episodenbild (c) HBO Gehen wir also nun die einzelnen Handlungsstränge nacheinander durch, beginnend mit Stannis Baratheon – der uns zugleich auch mit dem ersten Beispiel für einen der zuvor genannten Kritikpunkte versorgt. Auf der einen Seite haben wir da den Selbstmord seiner Frau. Auch wenn diese zugegebenermaßen im Gegensatz zu Stannis selbst wenigstens in dem Moment, wo ihre Tochter auf dem Scheiterhaufen zu brennen beginnt, Reue und Verzweiflung gezeigt hat, war es für mich letztendlich doch zu wenig, zu spät, um die Figur noch ausreichend zu rehabilitieren, um hier nun mit ihr – oder auch mit Stannis selbst – mitzufühlen. Generell kam das irgendwie aus dem Nichts, und war dramaturgisch in meinen Augen jetzt nicht optimal umgesetzt. Für den bisher eigentlich recht taktisch und überlegt agierenden Stannis schien es mir zudem nicht so recht passen zu wollen, dass er trotz der merklich geschrumpften Armee nun Winterfell angreift. Hat er so viel Vertrauen in den Herrn des Lichts? Kann er einfach nicht anders, weil der Tod seiner Tochter sonst sinnlos gewesen wäre? Uns seine Beweggründe dafür, den Angriff trotzdem durchzuführen, darzulegen, wäre irgendwie schon schön gewesen.

Sehr enttäuscht war ich auch von der Schlacht selbst, wo sich "Die Gnade der Mutter" eines inszenatorischen Kniffs – bzw. Rückziehers – bedient, den man seit dem Ende der ersten Staffel (wo sich Tyrion in die Schlacht stürzte und der Bildschirm nachdem er getroffen wurde schwarz wurde) nicht mehr nötig hatte: Nämlich uns nur den Beginn und das Ergebnis der Schlacht zu zeigen, und diese selbst völlig zu überspringen. Zugegeben, die letzten beiden Folgen haben viel Spektakel geboten, welches wohl auch einiges an Budget verschlungen hat. Zudem ist anzunehmen, dass selbst die größte und spektakulärste Schlacht den Kampf bei Hartheim nicht mehr in den Schatten gestellt hätte. Dennoch war ich schon ein bisschen enttäuscht, dass man diesen Trick hier nun zum ersten Mal seit Staffel eins wieder nötig hatte. Die Schlacht selbst verläuft so, wie es kommen musste: Stannis Armee wird völlig überrannt und vernichtet. Er selbst ruht schließlich nach einem letzten heroischen Kampf schwer verletzt gegen einem Baum, als plötzlich Brienne vor ihm steht. Die Szene selbst fand ich ja recht gelungen, und ich muss gestehen, grundsätzlich kam Stannis' Ende für mich durchaus unerwartet, da ich nicht damit gerechnet hatte, dass die Serie mit ihm – so kurz nachdem er seine Tochter geopfert hat – fertig wäre. Zugleich haben wir hier aber auch die nächsten Beispiel für gleich beide zum Einstieg genannten Kritikpunkte vor uns: Denn einerseits hat mich sein – vermeintlicher – Tod völlig kalt gelassen, und andererseits bin ich eigentlich überhaupt nicht davon überzeugt, dass er tot ist. So wie das inszeniert wurde gehe ich stark davon aus, dass Brienne ihr Schwert vielmehr irgendwo anders hingeschlagen und ihn danach "eingesackt" hat. Warum sonst sollte man uns sein ultimatives Schicksal nicht zeigen? Ich bin in solchen Fällen jedenfalls immer sehr skeptisch, und agiere nach dem Motto "Zeigt es uns, oder es ist nicht passiert." Zumal der Todesstoß ja noch nicht einmal zu hören war. Damit wären wir demnach auch zum ersten Mal beim Thema der Cliffhanger bzw. offenen Fragen angelangt.

Episodenbild (c) HBO Da ich gerade Brienne erwähnt habe: Diese bescherte uns kurz zuvor eine der schlechtesten Momente der Episode. Von den Machern war es vielleicht als Umkehr der klischeehaften Rettung in letzter Sekunde gedacht, aber… wie Sansa hier die Kerze nur wenige Sekunden nachdem sich Brienne weggedreht hat anzündet, war mir viel zu übertrieben umgesetzt. Das war für mich wirklich schwer zu schlucken. Auch Sansas Flucht bzw. Theons Wiedergutmachung blieben für mich ein bisschen hinter den Möglichkeiten zurück. Zwar konnte man die ganze Staffel über sehen, wie Theon langsam aber sicher den Mut für genau diesen Moment gesammelt hat – wo er letztendlich auch nicht seinem Meister gegenüberstand, sondern "nur" dessen Betthäschen, was es für ihn wohl ebenfalls leichter gemacht hat, sich jetzt doch endlich aufzulehnen – dennoch hätte dieser Moment noch ein paar Sekunden mehr vertragen, um Theons Entscheidungsprozess zu verdeutlichen. Der Sprung der beiden in den Schnee beschert uns dann den nächsten Cliffhanger. Was ist denn nun mit ihnen? Sind sie tot (wovon ich nicht ausgehe)? Sind sie weich und gut gelandet? Haben sie sich alle Knochen gebrochen? Nichts Genaues weiß man nicht…

Szenenwechsel nach Dorne, wo der entsprechende Handlungsstrang leider ebenfalls auf ungemein vorhersehbare Art und Weise abgeschlossen wurde. Zugegeben, man muss den Machern ja auf der einen Seite zu Gute halten, über die Staffel hinweg mit Bedacht gearbeitet und dieses Attentat gut vorbereitet zu haben – nicht zuletzt mit der kurzen Szene im Gefängnis, mit Bronn, den Sandschlagen und dem Gift. Allerdings machte das Ganze die weitere Entwicklung hier sehr absehbar. Vor allem auch, da der Abschiedskuss den Ellaria Sand Prinzessin Myrcella gibt, verdächtig lang andauerte. Da hatte ich einfach sofort vermutet, dass sie in Kürze vergiftet zusammenbrechen würde. Die nachfolgende sanfte Szene zwischen ihr und Jaime, wo sich die beiden quasi miteinander versöhnten, bestärkte diesen Eindruck nur noch. Der Moment selbst mag ja wunderschön gewesen sein – vor allem auch, als Myrcella deutlich macht, dass sie weiß, dass es sich bei ihm um ihren wirklichen Vater handelt. Das "Ich bin froh darüber, dass du mein Vater bist" war dann aber doch etwas zu dick aufgetragen, und spätestens in dem Moment war ihr nur Sekunden später folgender Zusammenbruch nun wahrlich keine Überraschung mehr. Ganz ehrlich: Das musste einfach so kommen. Nun sorgt es zwar zugegebenermaßen für eine interessante Ausgangssituation für die nächste Staffel – ich bin schon sehr gespannt, was Cersei zu diesem alles andere als plangemäßen Verlauf von Jaimes Rettungsmission sagen wird. Aber auch hier wieder: Wirklich berührt hat mich diese Szene nicht. Wobei es im vorliegenden Fall weniger an der Figur selbst – fand ich Myrcella grundsätzlich doch ganz nett – als der ungemeinen Vorhersehbarkeit dieser Wendung lag.

Episodenbild (c) HBO Angesichts meiner ständigen Meckerei mag der Eindruck entstehen, mir hätte die Folge überhaupt nicht gefallen – was nicht der Fall ist. Ich lege halt nur an ein Staffelfinale von "Game of Thrones" – vielleicht unfairerweise – besonders hohe Ansprüche (angesichts der früheren, großartigen Staffelenden sind die Macher diesbezüglich selbst schuld). Um diesem Eindruck entgegenzuwirken, kommen wir aber mal zu einer Szene, die mir sehr gut gefallen hat: Wie nicht anders zu erwarten, hat Arya natürlich auch diesmal wieder ihren eigentlichen Auftrag des Gottes der vielen Gesichter vergessen. Sie ist offenkundig nicht nur nicht dazu bereit, ein Niemand zu sein, sondern auch, "nur" jemand anders zu sein. Als sie Ser Trant tötet, wirft sie ihm ja sogar noch einmal ihren Namen entgegen. Ganz klar: "This girl is not ready", wie Jaqen sagen würde. Die Szene selbst fand ich jedenfalls sehr gut gemacht – zumal der Mord überaus brutal in Szene gesetzt wurde. Einzig ein triumphales Gefühl wollte sich bei mir angesichts dieses weiteren Namens, den sie von ihrer Liste streichen konnte, trotz der kurz davor wieder veranschaulichten Abscheulichkeit ihres Opfers, nicht so recht einstellen. Was aber vielleicht angesichts der Brutalität, mit der Arya zu Werke geht, doch auch ganz gut war – könnte man doch sagen, es wäre bedenklich, wenn ich da auch noch gejubelt hätte. Bedeutet aber auch, dass wir hier wieder einen Moment vor uns haben, der mich emotional jetzt nicht unbedingt mitgerissen hat.

Dennoch hat mir der Mord an Se Trant grundsätzlich gut gefallen. Dessen Nachwehen sehe ich da schon kritischer. So hätte ich es eigentlich schön gefunden, wenn Jaqen tatsächlich das Gift genommen und sich quasi für sie geopfert hätte. Damit hätte man Arya auch schön die Konsequenzen für ihr Handeln verdeutlich. Stattdessen artet das in eine – für mich als Buch-Unkundigen – extrem verwirrende "Gesicht-wechsle-dich"-Szene aus, an deren Ende Arya zuerst sich selbst sieht, und daraufhin erblindet. Öhm… was? Sorry, aber das fand ich einfach nur zum (verwirrt) Stirnrunzeln. Zumal uns diese Szene den nächsten Cliffhanger der Folge bescherte. Eher unspektakulär verlief auch das Geschehen in Meereen. Nicht falsch verstehen, ich fand die Szene zwischen Tyrion, Daario und Jorah (die im Internet von jemandem sowohl fieser- als auch passenderweise mit "Two and a Half Men" betitelt wurde) grundsätzlich sehr nett geschrieben und gespielt. Zudem freut es mich, dass es mittlerweile auch Varys nach Meereen geschafft hat – Tyrions Aussage am Ende, "I've missed you", kann ich jedenfalls nur unterschreiben. Dennoch war es ein recht unspektakulärer Ausklang für diesen Handlungsstrang, der seinen ultimativen Höhepunkt halt schon in der letzten Episode zu bieten hatte. Sehr verwirrt war ich zudem von der Szene mit Dany. Angesichts der ganzen grünen Ebenen hatte ich eigentlich gedacht, sie wäre in Westeros gelandet (in etwa dort, wo Sansas Tante lebte). Und dann kamen auf einmal die Reiter an, und ich war kurzzeitig echt verwirrt, was die Dothraki-Krieger in Westeros machen – ehe ich es dann endlich durchschaute. Meinen nächsten Satz ahnt ihr dann wohl schon: Auch dieser Handlungsstrang mündete somit, mit Danys Entführung, in einem Cliffhanger.

Episodenbild (c) HBO Während auch die Frage rund um Margaery und ihrem Bruder im Gefängnis, die wir hier erst gar nicht zu Gesicht bekamen, über das Staffelende hinaus offen bleibt, bekam wenigstens die Handlung rund um Cersei einen vorläufigen Abschluss. Dabei wird deutlich, dass "Game of Thrones" nun schon sehr lange auf eben diesen Moment hingearbeitet hat. Und ich fand die Art und Weise, wie ihr Pfad der Schande inszeniert wurde, angenehm schonungslos und erschreckend. So gesehen war es zweifellos ein weiterer Höhepunkt der Folge – mit einem Haken: Denn auch dieser Schlüsselmoment hat mich emotional leider ziemlich kalt gelassen. Nennt mich kaltherzig, aber ich hatte mit Cersei nach all ihren Taten trotz dieser Tortur einfach kein Mitleid. Zugleich bin ich aber auch kein solcher Sadist, dass ich ihr diese Strafe richtiggehend gegönnt und mir deshalb während dieser Szene grinsend die Hände gerieben hätte. Ich kann und will auch gar nicht beurteilen, ob die Strafe ihren Vergehen angemessen war. Auf emotionaler Ebene sprach es mich halt jedenfalls nicht an. Auf rationaler Ebene kann ich allerdings die Stärke dieser Szene – nicht zuletzt aufgrund Lena Headeys phantastischer schauspielerischer Leistung – durchaus anerkennen.

Bis zu diesem Zeitpunkt bewegte sich "Die Gnade der Mutter" also auf dem guten, soliden, aber auch absolut nicht überragenden "3 von 5 Punkten"-Niveau des Staffeleinstiegs "Die Kriege, die da kommen". Und dann kam der letzte Schwenk zur Mauer. Bereits die erste Szene an diesem Schauplatz, mit dem Gespräch zwischen Jon und Sam, so letzterer ihn bittet, ihn zum Maester zu machen, damit er zusammen mit Gilly losziehen kann, um irgendwo in Frieden und Sicherheit zu leben, war ja wirklich schön, und brachte ihre Freundschaft wieder sehr gut zur Geltung. Durch die Wendung am Ende erhielt diese Szene rückwirkend betrachtet zudem zusätzliches Gewicht, war es doch noch in viel größerer Hinsicht ein Abschied, als ich das zu diesem Zeitpunkt vermutet hatte. Im Gegensatz zu so manchen früheren schockierenden Wendungen gelang es mir diesmal nämlich – nicht zuletzt aufgrund eines Twitter- und Facebook-Moratoriums am letzten Montag – die letzte Szene der Folge völlig unvorbereitet zu erleben. Nun muss ich gestehen, als Olly Jon aus seinem Arbeitszimmer geholt hat, mit einer Begründung die selbst mir fadenscheinig erschien, fragte ich mich schon, was das Ganze soll. Aber nie und nimmer hätte ich erwartet, dass ihn dort die ihn ablehnenden Mitglieder der Nachtwache erwarten und ihn nacheinander erstechen. Seit Ed Starks Tod in "Baelor" hat mich kein Tod und keine Wendung bei "Game of Thrones" mehr ähnlich kalt erwischt und schockiert wie diese Szene. Schon allein angesichts der Tatsache, wie Jon nun über fünf Staffeln hinweg als der zukünftige große Held der Serie aufgebaut wurde, und ja auch die Frage nach seiner Herkunft, um die so ein großer Wirbel gemacht wurde, nach wie vor ungeklärt ist, hätte ich damit einfach nie gerechnet. Dementsprechend hart traf mich sein Tod. Wobei es ja vielleicht – Dank Melisandres Rückkehr zur rechten Zeit – doch noch Hoffnung gibt? Ich bin jedenfalls schon sehr gespannt, ob bzw. wie dieser Handlungsstrang in der nächsten Staffel weitergehen wird.

Fazit: Episodenbild (c) HBO Zugegeben, meine an ein Staffelfinale von "Game of Thrones" immer ganz besonders hohen Erwartungen konnte "Die Gnade der Mutter" nicht so recht erfüllen. Meine beiden Hauptkritikpunkte sind dabei, dass mich zu viele der hier enthaltenen dramatischen Wendungen emotional kalt gelassen haben, sowie die Vielzahl an offenen Fragen, mit der uns das Finale der fünften Staffel zurücklässt. Gerade auch angesichts der langen Wartezeit bis zur jeweils nächsten Season hatten frühere Staffelenden der Serie da deutlich mehr Mitleid mit dem Zuschauer. Wie ein Finale oder gar ein vorläufiger Abschluss fühlte sich "Die Gnade der Mutter" in den meisten Handlungsebenen für mich jedenfalls nicht an. Vielmehr hatte ich da und dort den Eindruck, als wäre die Geschichte einfach mittendrin unterbrochen worden. Von diesen Mankos abgesehen war jedoch das was in "Die Gnade der Mutter" enthalten war, grundsätzlich ja alles andere als schlecht. Gut, ok, vielleicht mit Ausnahme der "um 10 Sekunden verpassen"-Szene zwischen Brienne und Sansa; das war mir einfach zu übertrieben. Und dass man die Schlacht um Winterfell ausgespart hatte, war auch eher enttäuschend; eine derartige Schummelei hatte "Game of Thrones" eigentlich seit der ersten Staffel nicht mehr nötig. Davon abgesehen waren die individuellen Entwicklungen und Szenen aber durchaus gelungen. Dennoch: Wäre da nicht das Herzschlagfinale rund um Jon Snow gewesen, dass mich eiskalt erwischt und dementsprechend ungemein schockiert und entsetzt hat, wäre die Episode über eine 3/5-Wertung – und damit der selben Einstufung wie der Staffelauftakt – nicht hinweggekommen. Der meines Erachtens bisher schwächste Staffelausklang von "Game of Thrones" ist "Die Gnade der Mutter" aber auch so.

Wertung: 3.5 von 5 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © HBO)




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