Die Kinder
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Episodenbild (c) HBO
Originaltitel: The Children
Episodennummer: 4x10
Bewertung:
Erstausstrahlung USA: 15. Juni 2014
Erstausstrahlung D: -
Drehbuch: David Benioff & D. B. Weiss
Regie: Alex Graves
Hauptdarsteller: Peter Dinklage als Tyrion Lannister, Nikolaj Coster-Waldau als Ser Jaime Lannister, Lena Headey als Queen Cersei Lannister, Emilia Clarke als Queen Daenerys Targaryen, Kit Harington als Jon Snow, Charles Dance als Lord Tywin Lannister, Liam Cunningham als Ser Davos Seaworth, Stephen Dillane als King Stannis Baratheon, Carice van Houten als Lady Melisandre, John Bradley als Samwell Tarly, Isaac Hempstead-Wright als Bran Stark, Maisie Williams als Princess Arya Stark, Rory McCann als Sandor Clegane, Rose Leslie als Ygritte, Kristofer Hivju als Tormund Giantsbane, Gwendoline Christie als Brienne of Tarth, Conleth Hill als Lord Varys, Sibel Kekilli als Shae.
Gastdarsteller: Ciaran Hinds als Mance Rayder, Peter Vaughan als Maester Aemon, Julian Glover als Grand Maester Pycelle, Anton Lesser als Qyburn, Ian McElhinney als Barristan Selmy, Struan Rodger als the Three-eyed raven, Thomas Brodie-Sangster als Jojen Reed, Ellie Kendrick als Meera Reed, Kristian Nairn als Hodor, Tara Fitzgerald als Selyse Baratheon, Dominic Carter als Janos Slynt, Jacob Anderson als Grey Worm, Nathalie Emmanuel als Missandei, Mark Stanley als Grenn, Ben Crompton als Eddison Tollett, Josef Altin als Pypar, Daniel Portman als Podrick Payne, Trevor Allan Davies als Fennesz, Brenock O'Connor als Olly, Kerry Ingram als Shireen Baratheon, Octavia Selena Alexandru als Leaf, Hafþór Júlíus Björnsson als Gregor Clegane, Alice Hewkin als Child of the Forest u.a.

Zitat: Brienne: "Come with me, Arya. I'll take you to safety."
Sandor: "Safety? Where the fuck's that? Her aunt in the Eyrie is dead. Her mother's dead. Her father's dead. Her brother's dead. Winterfell is a pile of rubble. There is no safety, you dumb bitch. You don't know that by now, you're the wrong one to watch over her."


Kurzinhalt: Jon Snow geht ins Camp der Wildlinge, um sich mit Mance Rayder zu treffen. Gegenüber dem König der Wildlinge tut er so, als würde er über einen Waffenstillstand verhandeln wollen – in Wahrheit trachtet er danach, ihn zu töten, in der Hoffnung, dass sich die Wildlinge daraufhin wieder zerstreuen. Die Notlage der Wildlinge, von der Rayder ihm schildert, scheint ihn jedoch zum Umdenken zu bewegen, und er scheint ein Abkommen tatsächlich in Betracht zu ziehen – da werden diese von einer einreitenden Armee jäh unterbrochen. Noch etwas weiter im Norden erreicht Bran mit seiner Gefolgschaft ihr Ziel: Einen mystischen blühenden Baum inmitten der eisigen Einöde. Doch als sie sich diesem nähern, werden sie von Skeletten angegriffen. In Meereen wird Daenerys indes mit einer weiteren grauenvollen Tat ihrer Drachen konfrontiert – und muss daraufhin die schwere Entscheidung treffen, wie sie damit umgehen will. Brienne und Podrick befinden sich indes immer noch auf dem Weg zum blutigen Tor – und treffen mitten im Gebirge auf einmal auf Arya und Sandor. In Kings Landing lehnt sich indes Cersei offen gegen ihren Vater auf, und weiht ihn in das düstere Geheimnis, das sie mit Jaime verbindet, ein. Tyrion sieht indes im Kerker den letzten Stunden seines Lebens entgegen…

Review von Christian Siegel (Buch-Unkundiger): Episodenbild (c) HBO Auch wenn ich mich mit der absoluten Höchstwertung ziere (ich muss mir einfach Blackwater nochmal anschauen und überprüfen, ob diese Episode – so wie in meiner Erinnerungen – wirklich über allen anderen GoT-Folgen steht) empfand ich "The Children" als einen großartigen Abschluss der vierten Staffel. Gleich zu Beginn, bei der Verhandlung zwischen Jon Snow und Mance Rider haben wir endlich erfahren, worum es den Wildlingen denn eigentlich geht (ob es dann die beste Methode war unschuldige Zivilisten jenseits der Mauer abzuschlachten sei dahingestellt), und ihren Wunsch fand ich nachvollziehbar. Ob ein Frieden an dieser Stelle wirklich in greifbarer Nähe war, da bin ich allerdings skeptisch; irgendwie fällt es mir schwer zu glauben, dass sich überlebenden Mitglieder der Nachtwache einer solchen Vereinbarung zugestimmt hätten. Aber dann reitet ohnehin Stannis Baratheon ein, um den Tag zu retten. Für mich einer der Höhepunkte, einfach weil ich mich die ganze Staffel über gefragt habe, was aus seiner Erkenntnis aus "Mhysa" geworden ist. Nun wird deutlich, dass er die Armee nicht etwa gebraucht hat, um noch einmal gegen die Lannisters ins Feld zu ziehen, sondern um die Mauer zu beschützen. Sehr schön und berührend fand ich auch die Feuerbestattung von Ygritte. In dieser Szene hat Kit Harington in meinen Augen seine bisher beste Leistung gezeigt.

Auch die Story rund um Bran findet nachdem er vor einer gefühlten Ewigkeit aufgebrochen ist (Anfang der dritten Staffel, wenn ich mich nicht irre? Und die Visionen des dreiäugigen Raben hat er ja schon von Beginn an) einen vorläufigen, gefälligen Abschluss. Die Szene im Eis mit den Skeletten war einfach nur phantastisch. Eine geniale Mischung aus Harryhausen und moderner CGI-Arbeit, und wohl die beste, überzeugendste Skelettarmee der Film- und Fernsehgeschichte. Verdammt gut getrickst, und generell aufgrund der Tatsache, dass man sich – mit Ausnahme von Bran – nicht sicher sein konnte, wer den Angriff überlebt, mordsspannend. Schön fand ich auch die Offenbarung, dass Brans Begleiter genau wusste, worauf er sich einlässt, und was ihn erwartet, wenn sie ihr Ziel erreichen. Das lässt seinen Tod umso heldenhafter erscheinen. Auch alles im Baum fand ich faszinierend. Die "Children", den alten Mann, und so weiter. Einigen mag das Pendel hier wieder etwas zu sehr in Richtung Fantasy ausgeschlagen haben, aber "Game of Thrones" ist halt nun mal eben auch eine Fantasy-Serie, und keine historische Dokumentation. Die Geschichte in Meereen nimmt auch eine tragische Wendung. Zuerst muss Daenerys erfahren, dass nicht alle befreite Sklaven über ihren neuen Status glücklich sind. Zwar bleiben sie vorerst noch freie Menschen, die einen "Vertrag" abschließen, aber ihr Berater warnt sie, dass damit nur der Weg in die nächste Sklaverei geebnet wird. Wirklich schlimm wird es allerdings, als ein Vater die Überreste seines kleinen Mädchens zu ihr bringt – verbrannt von einem ihrer Drachen. Da lief es mir wirklich kalt den Rücken hinunter. In Wahrheit hat man es ja mit der Schaf-Szene schon angedeutet, dennoch ein schockierender, nachhallender Moment. Und so sieht sich just Dany, Brecherin der Ketten, dazu gezwungen, ihre beiden "Kinder "anzuketten und einzusperren (während vom eigentlichen Übeltäter noch jede Spur fehlt).

Episodenbild (c) HBO In Westeros kommt es indes zur – von einigen bereits erwarteten; oder sollte ich besser sagen: befürchteten? – Zusammenkunft von Brienne und Podrick mit Arya und Sandor. Aufgrund des emotionalen Gewichts war das für mich mit Abstand die beste Kampfszene der Staffel (wenn nicht gar der kompletten Serie). Ja, der Kampf vom Berg gegen die Viper war auch spannend und emotional aufgeladen; dies lag aber, zumindest in meinem Fall, in erster Linie daran, dass damit Tyrions weiteres Schicksal verbunden war. Was ich bei diesem Duell nun so begeisternd fand war, dass ich eigentlich wollte, dass es beide überleben. Ich wollte nicht, dass die sich bekämpfen und einer von ihnen ins Gras beißt. Zugleich war ich mir bei dieser Szene völlig unsicher, wen es denn noch erwischen würde (oder ob gar beide draufgehen, ähnlich wie bei Mountain <-> Viper), was das Duell zur spannendsten Szene gemacht hat, die ich seit einer geraumen Weile im Bereich der TV-Unterhaltung gesehen habe. Einzig die Inszenierung fand ich leider eher dürftig, wurde der Kampf doch wieder einmal völlig zerschnitten. Eine kurze Bewegung – Schnitt. Noch eine Bewegung – Schnitt. Daran sollte Alex Graves bis zur nächsten Staffel noch ein bisschen üben. Der hohe Spannungsgrad des Duells machte dieses Manko für mich aber ansatzweise wieder wett.

Letztendlich zieht Sandor den Kürzeren. Seine letzte Szene mit Arya war absolut perfekt, und ein weiterer absoluter Höhepunkt der Folge – und der Staffel. Auch hier war ich mir bis zuletzt nicht sicher, ob sie ihn persönlich töten oder ihn einfach liegen lassen würde. Letztendlich raubt sie ihm sein Geld, wendet ihm den Rücken zu und lässt ihn elendig krepieren. Sein letzter Wunsch – den er einige Episoden zuvor noch einem Mann in ähnlicher Situation gewährt hat – bleibt unerfüllt. Und dann ist da noch alles in Kings Landing. Witzig finde ich ja, dass die Episode in den USA am Vatertag ausgestrahlt wurde; das entbehrt nicht eines gewissen schwarzen Humors. Zuerst trotzt Cersei offen ihrem Vater, und weigert sich, dessen Wunschehe zu vollziehen. Sie lehnt sich auf, spielt die Inzest-Karte (und Tywin erweckt hier wirklich den Eindruck, als hätte er all diesen Gerüchten nie glauben geschenkt, und hätte dies nicht einfach immer nur zum Schutz seiner Familie und ihres Einflusses gesagt), und lehnt sich mit diesem Ass im Ärmel erfolgreich gegen ihn auf. Im Rausch des Erfolges besucht sie Jaime und lässt ihrer Liebe zu ihm freien Lauf – nach dem Motto: Ist der Ruf erst ruiniert, lebt sich's völlig ungeniert. Wenn eh schon alle in Kings Landing davon überzeugt sind, dass es Jaime und Cersei miteinander treiben, ist es letztendlich auch egal, ob sie dabei erwischt werden oder nicht. Am Ende gibt es dann doch noch unerwartet Rettung für Tyrion, dessen Schicksal ich nachdem die Viper gegen den Berg verloren hat schon besiegelt sah. Nach Cersei begehrt nun auch Jaime gegen seinen Vater – und seine geliebte Schwester – auf (Mann, was wird die sauer sein wenn sie aufwacht!), und verhilft seinem Bruder zur Flucht. Auch Varys ist daran beteiligt – und löst damit (nach seiner erschütternden Aussage beim Prozess) spät aber doch sein Versprechen, dass einige in King's Landing nicht vergessen werden, dass die Stadt ohne Tyrions Einsatz bei der Schlacht von Blackwater gefallen wäre, ein. Generell war das eine Episode, in der viele frühere Ereignisse aufgegriffen wurden, was der Episode das Gefühl eines vorläufigen Abschlusses verliehen hat.

Episodenbild (c) HBO Kurzzeitig freut man sich mit Tyrion, dass dieser nun also doch mit heiler Haut davonzukommen scheint – doch seine weiteren Taten verleihen diesem Triumph den Geschmack von Asche. Als er Shae im Zimmer seines Vaters sieht, ist ihr Verrat – nach ihrer vernichtenden Aussage beim Prozess –endgültig komplett. Er sieht rot, und bringt sie auf brutale Art und Weise um. Wow, was für eine Szene. Und anstatt sich wenigstens danach aus dem Palast hinauszuschleichen schnappt er sich Joffreys Armbrust und stellt seinen Vater auf der Toilette. Ich denke, als er zu ihm ging hatte er noch nicht unbedingt vor, ihn zu töten. Er wusste wohl selbst nicht, was genau er sich von dieser Begegnung verspricht. Aber er konnte nicht einfach so gehen, ohne Tywin noch ein letztes Mal zu begegnen und ihm seine Flucht unter die Nase zu reiben. "Du wolltest mich umbringen. Du hast versagt." Ob man Tywins Feststellung, er hätte Tyrion nie ermorden lassen, nun glauben will oder nicht, ist wohl jedem Zuschauer selbst überlassen. Ich bin davon überzeugt: Das war eine glatte Lüge, mit der er seine Schlinge aus dem Kopf bekommen wollte. Geholfen hat es ihm nichts: Denn letztendlich wird ihm sein großes Mundwerk – und sein mangelnder Respekt sowie die Tatsache, dass er Tyrion unterschätzt – zu seinem Verhängnis. Erneut: Was für eine Szene!

Um Charles Dance wird es mir allerdings in weiterer Folge leid tut. Er hat einfach eine ungeheure Bildschirmpräsenz, und die Figur des Tywin Lannister für mich damit ungemein aufgewertet. Jedenfalls fand ich diesen Ausklang des Geschehens ungemein stark, dramatisch und auch mutig – immerhin lässt man mit Tyrion einen der ganz großen Sympathieträger der Serie kaltblütigen Doppelmord begehen. Ich bin mir sicher, dass die Ereignisse hier Tyrion noch lange verfolgen werden, und bin schon sehr gespannt, wo es ihn nun hinverschlagen wird. Und auch Varys kommt seine Hilfe bei Tyrions Flucht teuer zu stehen. Bislang hatte er ja in erster Linie sein eigenes Wohlergehen im Blickfeld. Hier lässt er sich zu einem Akt der Gnade und der Güte hinreißen – und Tyrion dankt es ihm damit, dass er auch für Varys die Tür nach Kings Landing versperrt. Bereits als er den blutigen Tyrion sieht, beschleicht ihn ja ein mulmiges Gefühl; und spätestens, als die Totenglocken erschallen, ist Varys bewusst, dass er angesichts der Rolle, die er bei Tyrions Flucht gespielt hat, nicht mehr nach Kings Landing zurückkehren kann. Damit ist nun auch er zur Flucht verdammt, und beschließt, Tyrion zu begleiten. Ich bin jedenfalls schon sehr gespannt, wohin es die beiden verschlagen wird. Eventuell nach Braavos? Dorthin ist ja Arya unterwegs. In einer phantastischen letzten Szene, musikalisch perfekt untermalt mit einer epischen Version des Hauptthemas (ich freu mich jetzt schon auf die Score-CD zu Season 4!), kauft sich Arya mit der Münze von Jaqen H'ghar (im Übrigen ein weiterer Punkt, wo etwas aus eine früheren Episode/Staffel aufgegriffen wurde) die Überfahrt und verlässt Westeros, wo sie nichts mehr hält. Mit ihrem hoffnungs- und erwartungsvollen Blick in eine ungewisse Zukunft endet dann auch diese Episode, und mit ihr die meines Erachtens bisher beste Staffel von "Game of Thrones"; die nächsten 10 Monate können gar nicht schnell genug vergehen!

Fazit: Episodenbild (c) HBO Mit "The Children" bot "Game of Thrones" wieder einmal im wahrsten und in allen Sinnen des Wortes phantastische Unterhaltung. Höhepunkte waren für mich dabei – unter anderem – das Gespräch zwischen Jon Snow und Mance Rayder, Stannis' Einmarsch, die Feuerbestattung von Ygritte, der mysteriöse Baum (eines der schönsten Bilder, die uns die Serie bislang beschert hat) mit dem Angriff der Skelette (ein wundervoller Tribut an Ray Harryhausen) und den großartig-gruselig designten Kindern des Waldes, wie Daenerys ihre Kinder widerwillig einsperrt, der Kampf zwischen Brienne und Sandor, Tyrions dramatische und in einem kaltblütigen Doppelmord mündende Flucht, sowie die Westeros hinter sich lassende und in eine ungewisse Zukunft segelnde Arya. Die schauspielerischen Leistungen lassen wie immer keine Wünsche offen, die Spezialeffekte setzen im Bereich der TV-Unterhaltung neue Maßstäbe, und die Musik von Ramin Djawadi war wie immer wunderschön, und mit einigen neuen Motiven und Interpretationen gespickt. Einzig die Inszenierung des Kampfes hat mich weniger überzeugt, wurde mir dort doch wieder einmal viel zu hektisch geschnitten. Davon abgesehen aber ein famoses Finale, und ein großartiger, hochdramatischer, packender und ungemein unterhaltsamer Abschluss der bislang besten Staffel der Serie.

Wertung: 4.5 von 5 Punkten
Christian Siegel


Review von Tu Bacco (Buchkenner): "The Children" durchbricht die Tradition der für "Game of Thrones" typischen Finalfolgen. Anstatt überwiegend auf die Nachwehen der Staffelklimax aus der 9. Folge einzugehen und einen Übergang für die zahlreichen Handlungsstränge der nächsten Staffel zu schaffen, ist "The Children" vor allem damit beschäftigt, einen Höhepunkt an den nächsten zu reihen. Meine Befürchtung, dass dies für die 60 Minuten Laufzeit sogar etwas zu viel werden könnte, hat sich zum Glück nicht bestätigt. Frei von Problemen ist die Folge deswegen dennoch nicht. Besonders nachdem die beiden Showrunner und Drehbuchautoren David Benioff und Dan Weiss verkündet haben, dass "The Children" ihre beste Arbeit bis dato wäre, bin ich schon etwas verwundert, warum die Schreiber im Endprinzip zu nicht mehr als nur einer verwässerten Umsetzung einiger kritischen Buchstellen in der Lage waren. Das klingt zugegeben hart, besonders wenn es wie hier "nur" um Details geht, die in der Serie geändert bzw. wegelassen wurden. Details sind aber manchmal das Salz in der Suppe. Tyrions Rettung durch Jaime, sowie seine Konfrontation mit Shae und seinem Vater, ist einer, wenn nicht gar der entscheidende Moment für seine Charakterentwicklung innerhalb der Saga. Er ist es auch in der Serie geworden, aber die Autoren haben anscheinend den Mut verloren und bewusst darauf verzichtet, Tyrion dabei so dunkel zu zeichnen wie in der Vorlage, damit der Gnom dem Zuschauer als Sympathiefigur im weitesten Sinne nicht verloren geht. Diese Änderung kann ich als Buchleser zwar nachvollziehen, gefallen muss sie mir aber nicht, zumal durch diese Anpassungen wieder der Schneeballeffekt bedient wird und somit weitere Änderungen in der kommenden Handlung notwendig werden, damit Charakterzeichnung und -motivation nicht miteinander kollidieren werden.

Episodenbild (c) HBO Daenerys wird weiter von der Realität eingeholt. Einerseits ist sie gezwungen politische Kompromisse einzugehen, die diejenigen Traditionen Meereens stärken werden, die sie selbst verabscheut. Andererseits muss sie nun endgültig erkennen, dass ihre Drachen keine Kuschelmonster mehr sind. So, wie ihr die politische Kontrolle entgleitet, entgleitet ihr die Kontrolle über ihre "Kinder". Sie sieht nur einen Ausweg und sperrt sie in die Katakomben; eine möglicherweise fatale Entscheidung. Erstaunlicherweise ist Emilia Clarke immer dann am stärksten, wenn sie mit an Stöcken festgeklebten Tennisbällen (aka "Drachen") agieren muss. Dass Daenerys diese Entscheidung emotional alles abverlangt hat und sie kurz davor war zusammenzubrechen, wurde jederzeit glaubhaft von Emilia Clarke dargestellt. Es wäre gut, wenn ihr die Macher in Zukunft mehr solcher Möglichkeiten zugestehen würden.

Ich habe irgendwann einmal geschrieben, dass wir es in der Serie niemals mit feuerballwerfenden Zauberern zu tun bekommen werden. Nach der Szene mit Bran vor der Höhle des dreiäugigen Raben bin ich mir dessen nicht mehr so sicher. Ist die Serie in der Vergangenheit sehr zurückhaltend mit den fantastischen Elementen umgegangen, haben sich die Macher hier für das Gegenteil entschieden und den Rest des CGI-Budgets in ein paar Skelettkrieger gesteckt, die zwar technisch durchaus überzeugen können, auch wenn sich mir ein Ray Harryhausen-Vergleich quasi aufzwingt, aber für die Szene an sich völlig unnötig gewesen sind und ich sie darüber hinaus im Vergleich zum Rest der Serie als nicht wirklich passend empfinde. Wichtiger wären hier ein ordentliches Design für die Kinder des Waldes und des dreiäugigen Raben gewesen. Ein bemaltes Kind, was mit explosiven Knallbonbons wirft und ein alter Mann im Wurzelgeflecht eines Baumes lassen mich daran zweifeln, ob hier die richtigen Prioritäten gesetzt wurden. Natürlich ist das Meckern auf hohem Niveau, denn die Handlung hat funktioniert, trotzdem muss ein hohes Budget nicht immer förderlich sein und kann u.a. die Macher von den wirklich wichtigen Aspekten der Geschichte ablenken. Deswegen wünsche ich mir für die Zukunft der Serie weniger kurzlebige CGI-Spielerei und mehr Sorgfalt bei der Ausarbeitung derjenigen Elemente, die die Serie langfristig begleiten werden. Der Rest der Folge bereitet mir wesentlich weniger Kopfzerbrechen. Zwar hat man darauf verzichtet, aus der Rettung der Nachtwache durch Stannis Kavallerieangriff einen erhebenden Moment zu machen, da in der Szene durch die düster bedrohliche Musikuntermalung eine gewisse Ungewissheit bezüglich der Absichten des Königs mitschwingt, aber damit kann ich leben.

Episodenbild (c) HBO Größter Gewinner unter den Darstellern ist für mich in dieser Staffel Kit Harington. Jon Snow mag nicht die interessanteste Figur im Ensemble sein, aber sobald der Darsteller etwas anderes als zu tun bekommt, als mit dem immer gleichen Gesichtsausdruck Trübsal blasen müssen, wird die Figur interessant und zieht nicht mehr jegliche Energie aus der Szene. Im Gegenteil, Jon als Anführer, der aktiv eigene Entscheidungen fällt, gefällt mir ziemlich gut und lässt mit dem Zusammentreffen von Mance Rayder und Stannis Baratheon die Handlung an der Mauer einiges erhoffen. Das eigentliche Highlight für mich war aber das Aufeinandertreffen von Brienne und Arya, welches ironischerweise eine Erfindung der Serienautoren ist. Hier wurde die Handlung meines Erachtens nicht aufgeweicht und trotz einiger Änderungen hat Arya die Charakterentwicklung durchgemacht, die ich mir durch die Kenntnis der Vorlage erhofft habe: Sie lässt am Ende der Folge alles, was ihr einst lieb und teuer gewesen ist, zurück und sagt schließlich auch Lebewohl zu Westeros. Sehr unterhaltsam war der brutale Kampf zwischen Brienne und Sandor. Dass bei den beiden "Nicht"-Rittern die Regeln der Ritterlichkeit keine Rolle spielen ist ebenso wenig verwunderlich wie, dass der Kampf über kurz oder lang mit den Fäusten statt mit dem Schwert entschieden werden würde. Tiefschläge inbegriffen.

Fazit: Entgegen all meiner Kritik ist den Verantwortlichen mit "The Children" eine sehr unterhaltsame Finalepisode der vierten Staffel gelungen, die nicht nur einfach die Handlung weiterspinnt, sondern sie bei vielen Handlungssträngen auf den Höhepunkt führt. Als Buchleser kann und will ich die Vorlage aber nicht völlig ausblenden, besonders wenn sich die Serie noch so nah an der Saga von George R.R. Martin bewegt und oft nur im Detail eigene Wege geht. Und genau in diesen Details liegt für mich der Knackpunkt, warum ich "The Children" keine höhere Wertung geben kann. Ich verstehe, warum man Anpassungen an einigen kritischen Stellen vorgenommen hat, ich muss dieses "Warum" aber nicht mögen.

Wertung: 3.5 von 5 Punkten
Tu Bacco
(Bilder © HBO)




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