Nicht blinzeln
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Episodenbild (c) BBC

Originaltitel: Blink
Episodennummer: 3x10
Bewertung:
Erstausstrahlung UK: 09. Juni 2007
Erstausstrahlung D: 17. Oktober 2012
Drehbuch: Steven Moffat
Regie: Hettie MacDonald
Hauptdarsteller: David Tennant als The Doctor, Freema Agyeman als Martha Jones
Gastdarsteller: Carey Mulligan als Sally Sparrow, Lucy Gaskell als Kathy Nightingale, Finlay Robertson als Larry Nightingale, Richard Cant als Malcolm Wainwright, Michael Obiora als DI Billy Shipton, Louis Mahoney als Old Billy, Thomas Nelstrop als Ben Wainwright, Ian Boldsworth als Banto, Ray Sawyer als Desk Sergeant, Aga Blonska als Weeping Angel, Elen Thomas als Weeping Angel u.a.

Kurzinhalt: Sally Sparrow begibt sich in ein altes, verlassenes Haus, um dort Photos zu schießen. Als sie eine Tapete von der Wand reißt, da sie darunter eine Schrift erkennt, findet sie plötzlich eine Message an sich, die von einem mysteriösen Doktor geschrieben wurde. Später scheint dieser aus dem Fernseher zu ihr zu reden. Der Doktor warnt sie vor den Statuen von weinenden Engeln. Diese sind zwar eigentlich aus Stein, sollen sich laut ihm aber dann auf einen zubewegen, wenn man sie nicht ansieht. Es reicht schon, auch nur zu blinzeln, und schon kommen sie einem schon wieder näher. Am nächsten Morgen stattet sie mit ihrer guten Freundin Kathy Nightingale dem Haus einen weiteren Besuch ab, als plötzlich ein Mann vor der Tür steht, der ihr einen Brief übergibt. Dieser ist von Kathy und stammt aus der Vergangenheit. Dort behauptet sie, den 20er Jahren gelandet zu sein, nachdem sie von einem der Engel berührt wurde. Anfangs hält Sally dies für einen dummen Scherz, doch dann wird ihr klar, dass sie vielmehr in einem sehr realen Alptraum gefangen ist, aus dem nur sie sich selbst – mit Hilfe von Kathys Bruder sowie einem jungen Cop – wieder befreien kann…


Review: Episodenbild (c) BBC Bevor wir uns meiner Meinung zur Folge annehmen, halte ich es für angebracht, ein bisschen in der Zeit zurückzugehen (was ich angesichts des Inhalts der Episode für überaus passend halte; wen's nicht interessiert, einfach erst beim nächsten Absatz weiterlesen). Dass es eine britische SF-Serie namens "Doctor Who" gibt, die über eine lange Historie gibt, darauf wurde ich vor Jahren im Internet aufmerksam. Wirklich in Berührung kam ich mit dem Doktor jedoch nie; auch dann nicht, als ProSieben es mal mit einer Ausstrahlung im deutschsprachigen Raum versuchte. Als ich 2013 die Phoenix ComiCon besuchte und mich mit einigen über diverse Science Fiction-Serien austauschte, kam immer wieder "Doctor Who" zur Sprache – und wann immer das passierte, waren neben den Daleks, den Schall-Schraubenzieher u.ä. auch die Wheeping Angels nie viele Worte entfernt. Zwar wurde grundsätzlich die gesamte Serie von ihren Fans beworben, aber "Blink" schien hier doch noch einmal einen Ausnahmestatus zu besitzen. Zudem wurde sie mir als wirklich gruselig angepriesen. Und so war ich wirklich schon freudig gespannt, als ich die DVD in meinen Player legte, um mir die Folge nun endlich zum ersten Mal anzusehen.

Ich erwähne dies deshalb, da ich bei den meisten "Doctor Who"-Folgen keine große Erwartungshaltung habe, da ich über die einzelnen Episoden so gut wie nichts weiß. "Nicht blinzeln" bildete hier die Ausnahme, welche diese Regel bestätigt. Ich ging somit nicht blind sondern sehr wohl in der Hoffnung in die Folge hinein, eine ganz besonders gelungene Episode präsentiert zu bekommen. Solche gesteigerten Erwartungshaltungen von groß gehypten Filmen, Serien bzw. in diesem Fall Episoden haben sich in der Vergangenheit durchaus auch mal als hinderlich herausgestellt. Nicht so hier. "Nicht blinzeln" gelang es mühelos, meine Erwartungen zu erfüllen – und sogar noch mehr. Ich verstehe jetzt, warum alle von dieser Folge so begeistert waren und sie derart in den Himmel lobten. Gleiches gilt für den Ikonenstatus, denn die Wheeping Angels unter den Whovians besitzen. Kurz gesagt: Das war spitze, und mit Abstand die beste "Doctor Who"-Folge, die ich bislang gesehen habe. Hier passt einfach wirklich mal alles, bewegen sich alle Aspekte der Produktion, angefangen beim Drehbuch, über das Casting bzw. den schauspielerischen Leistungen, bis hin zur Inszenierung, auf allerhöchstem Niveau. Etwas, dass in dieser Form bei "Doctor Who" meines Erachtens bislang nicht der Fall war. Oftmals fand ich das Drehbuch toll, aber die Inszenierung dürftig, oder umgekehrt. Manchmal mochte ich bei einer Geschichte die Idee dahinter besser als die Geschichte selbst. Oftmals gab es auch den einen oder anderen Kritikpunkt, der mir ein Who-Abenteuer schon mal ein bisschen verdorben hat. Aber nicht so bei "Nicht blinzeln".

Episodenbild (c) BBC Beginnen wir gleich bei einem der hervorstechendsten Merkmalen der Folge, nämlich dem neuen Feind, den Stephen Moffat für den Doktor hier geschaffen hat: Die Wheeping Angels sind sowohl vom Konzept als auch der Umsetzung her phänomenal gelungen, und stechen für mich auch eindeutig ikonische Feinde wie die Daleks aus. Schon allein die Idee ist genial, mit den lebenden Statuen die sich nicht selbst ansehen dürfen da sie sonst zu Stein werden, die sich wann immer man nicht hinschaut auf einen zubewegen, und einen durch Berührung durch die Zeit werfen. Die Umsetzung ist nicht minder gelungen. Im Gegensatz zu so manch anderen früheren Monstern von "Doctor Who", die auf mich doch eher unfreiwillig komisch gewirkt haben, wirken die Engel tatsächlich beängstigend. Die Statuen selbst sind wundervoll gestaltet, kostüm-, makeup- sowie effekttechnisch perfekt umgesetzt, und zudem auch phänomenal inszeniert. Regisseur Hettie MacDonald schmückt die Episode mit einigen wunderschönen Einstellungen, und schafft zudem – unterstützt durch Soundtrack-Komponist Murray Gold – eine ungemein beängstigende Atmosphäre, die mir einen kalten Schauer über den Rücken jagte. Zudem meistert er auch die vielen unterschiedlichen Töne der Episode perfekt.

Dies ist nämlich die nächste wesentliche Stärke: "Nicht blinzeln" ist nicht einfach "nur" unheimlich; vielmehr erlebt der geneigte Zuschauer eine wahre Achterbahn der Gefühle. Neben den beängstigenden Szenen gibt es nämlich auch viele humorvolle Momente (vor allem die Dialoge sind teilweise herrlich witzig geschrieben), einen Schuss Romantik, jedoch durchaus auch tragische Szenen, wie z.B. wenn wir Kathys Brief lesen, und insbesondere dann Billy Shiptons Tod (den ich wirklich sehr berührend fand). Trotz der kurzen Laufzeit gelingt es der Episode mit beeindruckender Leichtigkeit, uns die Figuren sympathisch zu machen und uns eine Bindung zu ihnen aufbauen zu lassen – wie die Figuren generell wunderbar ausgearbeitet und sehr interessant waren. Dementsprechend fiebert man mit Sally und den anderen richtig mit. Insofern hat auch – zumindest mich – die Tatsache, dass der Doktor und Martha hier eine eher untergeordnete Rolle spielen, überhaupt nicht gestört. Dies ist selbst bei "New Who" ja nicht neu (man denke nur an die Folge "Liebe und Monster" aus der 2. Staffel), hat für mich aber bislang noch nie so gut funktioniert wie hier. Denn obwohl der Doktor nur selten in Erscheinung tritt, war er dank seiner Nachrichten an Sally eine stete Präsenz im Hintergrund. Generell ist das Drehbuch absolut wunderbar. Vom Doktor sind wir es ja gewohnt, dass er durch die Zeit reist, aber hier gibt man diese Fähigkeit, die in seinen Händen etwas Positives ist (nimmt er auf seinen Reisen doch üblicherweise Begleiter mit, die er somit quasi durch die Zeit schickt), nun seinem Gegner, und verwandelt sie in etwas Beängstigendes. Generell ist der komplette Aufbau der Folge einfach nur genial, und voller phantastischer Einfälle, wie der Nachricht des Doktors als Easter Eggs auf DVD. Einzig die Szene mit den Brief aus der Vergangenheit lässt den genrekundigen Fan an "Zurück in die Zukunft II" denken. Davon abgesehen (und selbst das ist kein Kritikpunkt, sondern nur eine Anmerkung) war "Nicht blinzeln" aber ungemein originell und einfallsreich.

Episodenbild (c) BBC Die letzte wesentliche Stärke sind dann die schauspielerischen Leistungen – wobei hier natürlich vor allem die bezaubernde und ungemein talentierte Carey Mulligan hervorsticht. Ich bin seitdem ich sie in "An Education" zum ersten Mal sah ein großer Fan für sie; wie wenige Schauspielerinnen ihrer Generation gelingt es ihr, mich aufgrund ihrer gefühlsbetonten und natürlichen Performance eine emotionale Bindung zu ihren Figuren aufbauen zu lassen. Ihre Sally Sparrow bildet hier keine Ausnahme. Erneut zeigt sie eine großartige und ungemein charmante Performance, mit der sie zumindest meine Aufmerksamkeit in jeder Sekunde in der sie zu sehen war unweigerlich auf sich zog. Nicht, dass sich ihre KollegInnen verstecken müssten. Lucy Gaskell und Finlay Robertson als Larry Nightingale wissen ebenso zu gefallen wie der junge (Michael Obiora) und der alte (Louis Mahoney) Billy. Und auch wenn er nur in verhältnismäßig wenigen Szenen zu sehen ist, fand ich auch David Tennant als den Doktor wieder großartig. Sicherlich wäre "Nicht blinzeln" auch ohne diese Darstellerleistungen noch eine sehr gute Folge gewesen – aber insbesondere Carey Mulligan ist halt noch das Tüpfelchen auf dem "i"; und macht "Nicht blinzeln" schließlich perfekt.

Fazit: "Nicht blinzeln" war die erste Episode der Serie, der es in meinen Augen gelang, das vorhandene Potential zur Gänze auszuschöpfen. Hier stimmt einfach alles. Das Konzept der Wheeping Angels ist ebenso phantastisch wie ihre Umsetzung. Der Zeitreise-Teil der Handlung war ebenfalls ungemein interessant und faszinierend – nicht zuletzt, da diesmal der Doktor in einer Zeit gestrandet wird und vielmehr die Engel für die – unfreiwillige – zeitliche Dislokation verantwortlich sind. Zudem strotzt das Drehbuch nur so vor genialen und/oder originellen Einfällen, wie z.B. der Auflösung rund um die DVD Easter Eggs. "Nicht blinzeln" gelingt es zudem, in kurzer Zeit nicht nur eine spannende, interessante, abwechslungsreiche und auch durchaus komplexe Geschichte zu erzählen, sondern zudem auch die wunderbar ausgearbeiteten – und gespielten – Figuren vorzustellen und uns sympathisch zu machen. Vor allem die bezaubernde Carey Mulligan besticht hier mir einer gewohnt charmanten Performance, welche die Episode für mich noch einmal deutlich aufwertete. Wunderbar auch die zahlreichen Haken, welche die Folge schlägt, von denen ich so manche nicht erahnen konnte, sowie die vielen unterschiedlichen Töne, die sie anschlägt: Mal humorvoll, mal romantisch, mal tragisch… und vor allem gruselig. Vor allem wegen letzterem sticht "Nicht blinzeln" für mich hervor. In der Vergangenheit fand ich die Monster bei "Doctor Who" oftmals eher zum Lachen als zum Fürchten. "Nicht blinzeln" präsentiert jedoch wirklich beängstigende Bösewichte, und beschert uns so manche wirklich gruselige Szene; insbesondere dann natürlich beim Showdown. Kurz und gut: Das war einfach nur perfekt.

Wertung: 5 von 5 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © BBC)




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