Die Wahrheit |
Episodennummer: 9x19 & 9x20 Bewertung: ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Erstausstrahlung USA: 19. Mai 2002 Erstausstrahlung D: 24. Februar 2003 Drehbuch: Chris Carter Regie: Kim Manners Hauptdarsteller: Gillian Anderson als Special Agent Dana Scully, Robert Patrick als Special Agent John Doggett, Annabeth Gish als Special Agent Monica Reyes, Mitch Pileggi als Assistant Director Walter Skinner Gastdarsteller: Nicholas Lea als Alex Krycek, James Pickens Jr. als Alvin Kersh, Laurie Holden als Marita Covarrubias, Jeff Gulka als Gibson Praise, Chris Owens als Jeffrey Spender, Adam Baldwin als Knowle Rohrer, William B. Davis als The Smoking Man, Steven Williams als Mister X, Bruce Harwood als John Fitzgerald Byers, Dean Haglund als Richard Langly, Tom Braidwood als Melvin Frohike, Matthew Glave als Kallenbrunner, Alan Dale als Toothpick Man, William Devane als General Mark A. Suveg, Patrick St. Esprit als Dark-Suited Man, Julia Vera als Indian Woman u.a. Kurzinhalt: Fox Mulder gelingt es, in einen geheimen Militärkomplex einzudringen und sensible Daten über die bevorstehende Invasion durch Außerirdische abzurufen. Kurz darauf wird er jedoch gefangen genommen. Bei seiner Fluchtversucht hat er den Supersoldaten Knowle Rohrer in Stromkabel geworfen und dabei angeblich getötet. Nun wird er vor einem Militärtribunal, das jedoch von Vertretern des FBI geführt wird, des Mordes angeklagt. Wird er verurteilt, droht Mulder die Todesstrafe. Scully, Skinner, Doggett, Reyes und noch ein paar weitere Weggefährten eilen zur Basis, um zu Gunsten Mulders auszusagen und ihn vor Gericht zu verteidigen. Doch der Ausgang des Prozesses scheint von vornherein besiegelt… Review: ![]() Leider aber ist "Die Wahrheit" eben keine weitere normale Episode der Serie. Ja nicht einmal "nur" ein Staffelfinale. Vielmehr handelt es sich bei dieser Doppelfolge um das Finale der Serie – und als solches fand ich "Die Wahrheit" leider doch ziemlich enttäuschend. Einer der Hauptgründe dafür ist die Geschichte, die man sich für den Abschluss der Serie ausgedacht hat. In den neun Staffeln gab es ja immer wieder einige hochdramatische, mordsspannende Episoden. Und für das (vermeintliche, erhoffte) Grande Finale ist ihnen echt nichts Besseres eingefallen, als Mulder für die Hälfte der Folge in einen Gerichtssaal zu stecken? Ich meine… wow. Eine Gerichtsverhandlung! Wie überaus spannend und packend! Ich krieg mich gar nicht mehr ein vor Begeisterung! Ernsthaft: Als großer, dramatischer Abschluss der Handlung der Serie halte ich die Gerichtsverhandlung für denkbar schlecht gewählt. Und um das Ganze nur noch schlimmer zu machen, stellt sich letztendlich heraus, dass diese komplette Story genau genommen völlig fürn Friedrich war, wie man so schön sagt. Ich meine, da findet Scully den Beweis, dass die Leiche nicht jene Person ist, dessen Mordes Mulder angeklagt ist – und er wird dennoch verurteilt? Das Ganze war somit offensichtlich ein Scheinprozess, womit alle Zeugenaussagen zuvor und all die Versuche, Mulders Unschuld zu beweisen, ad absurdum geführt werden. Letztendlich läuft es ja ohnehin darauf hinaus, dass man ihn aus dem Militärgefängnis befreit. Das hätte man aber auch gleich nach seiner Festnahme machen können, anstatt sich die halbe Folge lang mit der völlig unnötigen Verhandlung aufzuhalten. Schade um die Sendezeit! ![]() Somit scheint der Prozess letztendlich nur deshalb da zu sein, damit ein paar bekannte und beliebte Gaststars zum Abschluss der Serie noch einmal auf einen Sprung vorbeischauen können. Doch so nett es auch gewesen sein mag, Jeffrey Spender, Marita Covarrubias und Gibson Praise (bei dem man nach dem Prozess aber offenkundig nicht so recht wusste, was man jetzt mit ihm anstellen soll; so steht er danach überwiegend sinnlos in der Gegend herum) noch ein letztes Mal zu sehen wieder zu sehen – als Daseinsberechtigung für den die Hälfte der Sendezeit des Serienfinales verschlingenden Prozess-Plots war mir das entschieden zu wenig. Ins gleiche Horn stößt meine Kritik daran, dass Mulder hier auf einmal Tote sieht. Auch dies schien mir einzig und allein dazu da zu sein, dass die Fan-Lieblinge Mister X, Alex Krycek und die Lone Gunmen nochmal auftreten können. Leider aber gab es in den 9 Jahren, in denen man auf dieses Finale hingearbeitet hat keinerlei Vorbereitung auf diese Fähigkeit. Sie ist halt einfach da, ohne jegliche Erklärung – einfach, da sie Chris Carter gerade in den Kram passt. So sehr es mich auch gefreut haben mag, sie wieder zu sehen, aber da hätte man sich nun wirklich eine bessere Erklärung dafür einfallen lassen können. Um nicht nur zu meckern: Es gab beim Prozess auch die eine oder andere gute Szene. Vor allem die Zeugenaussage von Monica Reyes hat es mir angetan. Hier hat Annabeth Gish wieder einmal phantastisch gespielt. Auch die Mulder ganz bewusst Maritas Leben verschont, fand ich klasse. Aber letztendlich überwiegt bei mir die Enttäuschung, dass man rund die Hälfte der Spielzeit des Finales auf eine derart unspektakuläre – und letztendlich sinnlose, da nirgends hinführende – Handlung verschwendet hat. ![]() Ist die sinnlose Gerichtsverhandlung dann aber endlich mal vorbei, beginnt "Die Wahrheit" auch langsam aber sicher wieder, aufzudrehen. Zwar haben mir auch danach die ganz großen Wendungen und Offenbarungen gefehlt – was für mich abseits des Prozesses einer der größten Knackpunkte dieses Serienfinales ist; es bietet einfach in keinster Weise einen dramatisch Abschluss für die Handlung, und das geplante Datum der Alien-Invasion war zumindest mir als große Erkenntnis aus diesem Serienfinale entschieden zu wenig – dennoch kommen danach endlich wieder etwas Tempo und Spannung in die Handlung. Mulders Flucht – wo Scully, Doggett, Reyes und Skinner für sie unerwartete aber von mir bereits vermutete Hilfe von Kersh erhielten, der sich somit als eine Art zweiter Skinner offenbart; anfangs ein Antagonist, danach ein Verbündeter – war spannend umgesetzt. Auch die Szene als Doggett und Reyes ins FBI-Gebäude zurückkehren und feststellen, dass die X-Akten verschwunden sind, verfehlte bei mir die gewünschte Wirkung nicht. Bei Mulders Vision der Lone Gunmen reckt zwar wieder der Kritikpunkt dieser plötzlichen, aus dem nichts kommenden Geister-Erscheinungen sein scheußliches Haupt, die betreffende Szene war aber so nett – und Mulder hatte mir ja bei "Helden" bei ihrem Begräbnis doch sehr gefehlt – dass ich es ihnen zumindest bei diesem Moment nicht ernsthaft vorwerfen will. So richtig dreht die Folge dann aber auf, wenn Mulder und Scully die alte Steinruine – im Übrigen ein großartiges, wirklich beeindruckendes Set – erreichen. Einerseits bekommen wir einen netten "Showdown" zwischen Doggett, Reyes und dem Supersoldaten Knowle Rohrer. Und andererseits treffen Mulder und Scully in den Ruinen auf einen alten Bekannten. ![]() Jedenfalls waren die dem Gespräch folgenden Szenen rund um den Angriff der Hubschrauber sehr spektakulär. Großartig war dann zweifellos auch der Ausklang. Zuerst einmal entbehrte es natürlich nicht einer gewissen Ironie, dass Mulder und Scully just in einem Motel in Roswell, New Mexico, absteigen. Aber auch davon abgesehen war dies ein sehr gelungener, emotionaler, versöhnlicher Abschluss, mit Mulder und Scully, die sich – einer ungewissen Zukunft entgegensehend und im Bewusstsein des drohenden Untergangs der Menschheit – im Bett zärtlich umarmen. Für Mulder und Scully hat man damit einen wundervollen, passenden Abschluss gefunden. Was jedoch im Gegenzug auffällt: Praktisch allen anderen Figuren (ok, mit Ausnahme vielleicht des Rauchers) war ein solcher nicht vergönnt. Stattdessen verschwanden sie nacheinander doch eher unzeremoniell von der Bildfläche. Skinner wird ins Büro zitiert und ward danach nicht mehr gesehen (wobei ich das Chris Carter sogar noch als bewusste Entscheidung durchgehen lasse; er wollte damit wohl die Frage offen lassen, was mit Skinner in weiterer Folge passiert, und ob er seinen Besuch beim Boss unbeschadet übersteht). Und auch Doggett und Reyes verschwinden von einer Szene auf die nächste. Ich finde, nachdem sie in der neunten Staffel die Flagge der X-Akten hochgehalten haben, hätte man auch ihnen – natürlich vor der letzten Szene mit Mulder und Scully, die natürlich den Abschluss bilden musste – noch einen letzten gemeinsamen Moment im Rampenlicht gönnen können. So konnte ich mich leider des Eindrucks nicht erwehren, dass die beiden für Chris Carter nur Notlösungen waren, da David Duchovny ausgefallen ist. Etwas unwürdig erschien mir ihr Abschied von den X-Akten allerdings schon zu sein. ![]() Fazit: Als normale Episode und/oder Staffelfinale hätte sich "Die Wahrheit" – dank Mulders Rückkehr und trotz des enttäuschenden, langatmigen und letztendlich sinnlosen Plots rund um den Gerichtsprozess – über eine solide bis gute Wertung freuen können. Aber an ein Serienfinale stelle ich halt, was Inhalt und Dramaturgie betrifft, doch irgendwie andere, höhere Ansprüche – und eben diese wurden von "Die Wahrheit" in meinen Augen leider überwiegend nicht erfüllt. Chris Carter kann sich dabei nicht einmal darauf ausreden, dass die Absetzung überraschend erfolgte. Alle Beteiligten wussten, dass dies die letzte Folge der Serie sein würde. Statt einem Grande Finale setzte man uns aber eine bemüht wirkende Episode vor, die viel zu viel Zeit damit verbringt, bekanntes noch einmal aufzurollen, es dabei aber an neuen Erkenntnissen, an Aha-Erlebnissen und insbesondere auch an dramatischen Ereignissen vermissen lässt. Stattdessen bekommen wir ein Gerichtssaal-Drama, das sich noch dazu rückwirkend betrachtet als völlig sinnlos erweist. Vielmehr wirkt es – wie auch Mulders plötzliche und völlig ungeklärt bleibende Geistererscheinungen – als Ausrede, um ein paar bekannten Gesichtern noch einen letzten Auftritt verschaffen zu können. Das allein war aber zumindest mir als Daseinsberechtigung für diesen Plot zu wenig. Gut gefallen hat mir dafür der Einstieg, mit Mulders Einbruch in der Militärbasis, seiner Gefangennahme, und dem Wiedersehen mit Skinner und insbesondere natürlich Scully. Nach einer längeren darauffolgenden Durststrecke drehte "Die Wahrheit" dann ab Mulders Flucht noch einmal so richtig auf. Die Helikopterszenen waren sehr spektakulär, zudem bot man uns ein unerwartetes Wiedersehen mit einem quicklebendigen (wenn auch nicht lange) Raucher. Und vor allem die letzte Szene, mit Mulder und Scully gemeinsam im Bett des Motels, war wieder einmal wundervoll. ![]() Wertung: 2.5 von 5 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © 20th Century Fox)
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