Das zweite Leben
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Episodenbild (c) CBS

Originaltitel: The Inner Light
Episodennummer: 5x25
Bewertung:
Erstausstrahlung USA: 01. Juni 1992
Erstausstrahlung BRD: 09. Mai 1994
Drehbuch: Morgan Gendel & Peter Allan Fields
Regie: Morgan Gendel
Hauptdarsteller: Patrick Stewart als Captain Jean-Luc Picard, Jonathan Frakes als Commander William T. Riker, LeVar Burton als Lt. Geordi LaForge, Michael Dorn als Lt. Worf, Gates McFadden als Dr. Beverly Crusher, Marina Sirtis als Counselor Deanna Troi, Brent Spiner als Lt. Commander Data.
Gastdarsteller: Margot Rose als Eline, Richard Riehle als Batai, Scott Jaeck als Administrator, Jennifer Nash als Meribor, Patti Yasutake als Alyssa Ogawa, Daniel Stewart als Young Batai u.a.

Kurzinhalt: Auf ihrem Flug durchs All stößt die U.S.S. Enterprise auf eine außerirdische Sonde unbekannten Ursprungs. Als diese ein Signal auf die Brücke richtet und Captain Picard sondiert, verliert dieser das Bewusstsein. Als er wieder erwacht, findet er sich auf dem Planeten Kataan wieder. Eine hübsche Frau steht vor ihm und spricht ihn als Kamin an. Sie seien verheiratet, und Kamin hätte gerade erst eine schwere Krankheit überwunden. Sein verwirrter Zustand sei auf das starke Fieber zurückzuführen. Captain Picard verlangt zu wissen, was hier vor sich geht, doch egal ob seine "Frau" Eline oder die anderen Bewohner der Siedlung, sie alle kennen ihn nur als Kamin, und behaupten, nichts über die Föderation, die Enterprise oder generell Wesen aus dem All zu wissen. Ohne Möglichkeit, mit seinem Schiff in Kontakt zu treten, hat Jean-Luc vorläufig keine andere Wahl, als sich seinem Schicksal zu ergeben. Währenddessen, an Bord der Enterprise: Captain Picard liegt nach wie vor bewusstlos auf der Brücke. Als Dr. Crusher ihn scannt, stellt sie eine Art telepathische Verbindung zwischen ihm und der Sonde fest. Sein Körper zeigt zudem Anzeichen, als würde er träumen. Während an Bord des Schiffes lediglich 20 Minuten vergeben, durchlebt Jean-Luc Picard als Kamin auf dem dem Untergang geweihten Planeten Kataan ein zweites Leben…

Denkwürdige Zitate: "Are you hungry?"
"Hungry, thirsty, exhausted. I suppose that proves this is not a dream, doesn't it?"
"You think this, your life, is a dream?"
"This is not my life! I know that much."
(Picard weigert sich, sein neues Leben einfach so zu akzeptieren.)

"Seize the time, Meribor. Live now. Make now always the most precious time. Now will never come again."
("Kamins" weise Worte an seine Tochter.)

"Even after all these years you still have the ability to surprise me."
(Eline zu ihrem Gatten.)

"The rest of us have been gone for a thousand years. If you remember what we were, and how we lived, then we'll have found life again. Now we live in you. Tell them of us, my darling."
(Elines Bitte am Ende der Episode.)

Review: Episodenbild (c) CBS "Das zweite Leben" ist für die "Next Generation" das, was "Griff in die Geschichte" für die klassische "Star Trek"-Serie ist: Jene Folge, die aus der Masse als zutiefst außergewöhnlich hervorsticht, und allgemein als eine der besten, wenn nicht gar die beste, Episode der Serie angesehen wird. Einem Urteil, dem ich im Großen und Ganzen nur zustimmen kann. Mein einziger relevanter Kritikpunkt ist, dass auf "Das zweite Leben" leider nie eine ähnliche Aufarbeitung erfolgte, wie nach der "Best of Both Worlds"-Doppelfolge, wo Jean-Luc Picard die dortigen Ereignisse in "Familienbegegnungen" überwunden hat. Der damals doch noch überwiegende "one-shot"-Charakter der Episoden, der auf unabhängige Folgen statt fortlaufenden Handlungsrahmen abzielte, verhinderte leider, dass die Ereignisse hier in weiterer Folge – von einer späteren Episode abgesehen – keine Auswirkungen mehr haben. Man sollte meinen, dass ein solches einschneidendes Erlebnis jemanden verändern würde – doch derartige Charakterentwicklungen waren bei der "Next Generation" halt leider nicht gefragt. Dies ist jedoch etwas, dass eher der Serie insgesamt, als "Das zweite Leben" an sich, vorzuwerfen ist.

Wenn man jetzt noch ganz genau ist, könnte man zudem ins Treffen führen, dass es eigentlich relativ wenig Sinn macht bzw. völlig unnötig ist, dass die Sonde den Besucher zuerst davon überzeugen will, Kamin zu sein. Warum nicht einfach Kontakt aufnehmen und der jeweiligen Person diese Erfahrung anbieten, sie darauf vorbereiten, was sie erwartet? Dass man ihn erst am Ende in den ganzen Plan einweiht und das Ganze als Simulation offenbart, macht leider nur dramaturgisch Sinn, jedoch nicht unbedingt narrativ. Da die Episode zugegebenermaßen jedoch ohne diesen Kniff nicht einmal ansatzweise so gut funktioniert hätte, will ich es ihnen nachsehen. Und von dieser Mini-Logikschwäche sowie der mangelnden Aufarbeitung/Nachwirkung abgesehen habe auch ich an "Das zweite Leben" nicht das Geringste auszusetzen. Im Gegenteil, ist die Episode doch in der Tat außergewöhnlich. Ganz ruhig und sensibel, ohne unnötige Actioneinlagen und/oder aufgezwungene Spannungselemente, erzählt man uns Auszüge aus Picards zweitem Leben, das so ganz anders verläuft als jenes auf der Enterprise. Nachdem er sich mit seinem Schicksal abgefunden hat, versöhnt er sich mit seiner Frau, und bald darauf haben die beiden mehrere Kinder. Captain Picard als Familienmensch – das bekam man abseits von "Das zweite Leben" nur mehr in der kurzen Traumsequenz in "Treffen der Generationen" zu sehen. Gerade auch angesichts seiner im Pilotfilm kolportierten Abneigung gegenüber Kindern – und trotz seiner Erfahrungen mit drei kleinen Kindern in "Katastrophe auf der Enterprise" – ist es ein ungewöhnliches Bild. Schon allein darin liegt ein großer Reiz der Folge.

Episodenbild (c) CBS Wesentlich ist auch die Tragik, welche die Episode durchzieht – steht der Planet Kataan doch am Rande des Untergangs. Die Bewohner haben schlicht und ergreifend keine Möglichkeit, etwas gegen die sich langsam zu einer Supernova aufblähenden Sonne, die ihre Welt immer wärmer macht und zunehmend ausdürrt, zu unternehmen. Auch verfügen sie nicht über die nötige Technologie, um zu den Sternen aufzubrechen und so ihre Zivilisation zu retten. Es bleibt ihnen nichts anderes übrig, als zu versuchen, ihr Leben trotz des anstehenden Untergangs so gut als möglich ins Auge zu sehen. Es ist eine ungemein düstere, trostlose Ausgangssituation, und eine der größten Stärken der Episode ist für mich, dass es eben nicht darum geht, einen Weg zu finden, die drohende Katastrophe zu verhindern – sondern vielmehr darum, wie die Bewohner des Planeten damit umgehen. Die Lösung, die sie letztendlich dafür finden, ihre Zivilisation zumindest im Andenken eines Wesens weiterleben zu lassen, finde ich auch absolut phantastisch – wie auch die Flöte, die sie der Sonde, als Geschenk für eben diese Person, beilegen. Vor allem aber findet sich darin eine ungemein wichtige Aussage, die klar macht, wie teuer und wertvoll das Leben ist.

Die größte Stärke von "Das zweite Leben" ist letztendlich aber, wie berührend sie ist. Es ist erstaunlich, wie es binnen weniger Minuten gelingt, auch uns als Zuschauer – obwohl wir Picards zweites Leben ja nur sehr auszugsweise miterleben – eine Bindung zu den Figuren aufbauen zu lassen. Hier ist neben dem Drehbuch, dass Kamins Leben auf einige wenige, bedeutsame Ereignisse herunterbricht, natürlich vor allem auch den SchauspielerInnen großes Lob auszusprechen. Patrick Stewart zeigt hier eine selbst für seine Verhältnisse beachtliche Leistung; wenn wir nicht das Gefühl hätten, dass Picard mit der Zeit in dieses Leben hineingefunden und es lieben gelernt hätte – so wie auch seine Frau und seine Kinder – gäbe es für uns keinen Grund, bei den weiteren Szenen mitzufühlen. Aber er ist in der Rolle immer glaubhaft, und stellt auch den alternden Kamin großartig dar. Und vor allem in der Sterbeszene von Eline sowie der abschließenden Szene an Bord der Enterprise, wo er die Flöte in Empfang nimmt, brilliert er. Seine Filmfrau Margot Rose steht ihm indes in nichts nach, und zeigt ebenfalls eine phantastische Leistung. Richard Riehle, Jennifer Nash sowie Patricks Sohn Daniel Stewart bekommen zwar vergleichsweise wenig zu tun, tragen aber ebenfalls ihren jeweiligen Teil zum Gelingen der Episode bei. Das Ergebnis davon ist eine ungemein berührende Folge mit zahlreichen emotionalen Szenen, die mich stärker mitgenommen haben als so ziemlich alles, was uns die "Next Generation" davor und danach präsentiert hat. Einen maßgeblichen Anteil daran hat sicherlich auch Jay Chattaway, der mit seiner Musik und insbesondere Picards wunderschönem Flötenstück die Emotionalität der Ereignisse perfekt unterstreicht und verstärkt. Last but not least dürfen dann auch die Maskenbildner nicht vergessen werden; Picards Alters-Makeup hält nämlich auch bei näherer Betrachtung auf Blu-Ray absolut stand.

Fazit: Episodenbild (c) CBS "Das zweite Leben" ist eine wundervolle, ruhige, berührende und absolut außergewöhnliche Episode, die es bar jedweder Action und/oder aufgesetzter Spannungselemente gelang, mich mitzureißen. Die Idee ist ungemein originell, und mir gefällt, welchen Reiz dieses zweite Leben nicht nur auf Picard, sondern auch den Zuschauer hat; wenn die Crew der Enterprise versucht, ihn aus der Simulation herauszuziehen, hofft man sogar, dass es ihnen nicht gelingen wird. Es erlaubt Jean-Luc Picard zudem, in die für ihn ungewohnte Rolle als Familienvater zu schlüpfen. Besonders begeistert hat mich auch die Idee, eine Gesellschaft zu zeigen, die vor dem Untergang steht – und dies auch weiß; jedoch keine Möglichkeit hat, die drohende Katastrophe zu verhindern. Vor allem aber ist "Das zweite Leben" ungemein bewegend, was er neben dem Drehbuch in erster Linie den schauspielerischen Leistungen – allen voran von einem brillant aufspielenden Patrick Stewart; aber auch die Performance von Margot Rose muss hervorgehoben werden – sowie der sanften, gefühlvollen Musik von Jay Chattaway verdankt. Und das einzige Manko der Folge – nämlich, dass dieses einschneidende Erlebnis auf Captain Picard in weiterer Folge keine Auswirkungen zu haben scheint – ist ja auf den damals noch dominierenden Reset-Knopf und die ablehnende Haltung der Macher gegenüber nachhaltiger Charakterentwicklung zurückzuführen, kann jedoch der Folge als solches nicht angelastet werden. In meiner internen Rangfolge meiner Lieblingsepisoden der Serie würde ich zwar "In den Händen der Borg" trotz allem noch knapp den Vorzug geben, dennoch ist "Das zweite Leben" eine ungemein gelungene, absolut außergewöhnliche und enorm berührende Episoden, die zurecht zu den Sternstunden der "Next Generation" – und "Star Trek" im Allgemeinen – zählt. Wertung: 5 von 5 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © CBS/Paramount)




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