Die ungleichen Brüder
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Episodenbild (c) CBS

Originaltitel: Brothers
Episodennummer: 4x03
Bewertung:
Erstausstrahlung USA: 08.10.1990
Erstausstrahlung BRD: 17.08.1993
Drehbuch: Rick Berman
Regie: Rob Bowman
Hauptdarsteller: Patrick Stewart als Captain Jean-Luc Picard, Jonathan Frakes als Commander William T. Riker, LeVar Burton als Lt. Geordi LaForge, Michael Dorn als Lt. Worf, Gates McFadden als Dr. Beverly Crusher, Marina Sirtis als Counselor Deanna Troi, Brent Spiner als Lt. Commander Data, Wil Wheaton als Wesley Crusher
Gastdarsteller: Brent Spiner als Lore/Dr. Soong, Colm Meaney als Miles O'Brien, Cory Danziger als Jake Potts, Adam Ryen als Willie, James Lashly als Ensign Kopf u.a.

Kurzinhalt: Nach einem Lausbubenstreich seines eigenen Bruders befindet sich Willie Potts in Lebensgefahr, und muss dringend zu einer Raumbasis gebracht werden, um seine Vergiftung erfolgreich behandeln zu können. Doch auf dem Weg dorthin übernimmt plötzlich Data das Kommando über die Enterprise: Er inszeniert einen Alarm auf der Brücke, sorgt dafür, dass alle anderen Offiziere diese verlassen, und sperrt alle Zugänge. Daraufhin bringt er die Enterprise auf einen neuen Kurs, zu einem abgelegenen, bislang unbekannten Planeten. Die Versuche von Captain Picard und seiner Crew, das Kommando wieder zurückzuerlangen, scheitern – ist ihnen Data doch immer einen Schritt voraus. Auch der Versuch, ihn daran zu hindern, auf den Planeten hinunterzubeamen, scheitert. Dort erwartet ihn Noonian Soong, sein Erbauer, von dem Data bisher annahm, er sei beim Angriff des Kristallwesens auf die Kolonie ums Leben gekommen. Seither hat er sich völlig aus dem öffentlichen Leben zurückgezogen, und arbeitete in einem geheimen Labor an einem Emotionschip, der sein Meisterwerk Data nun komplettieren soll. Doch auch Datas finsterer "Bruder" Lore hat den Lockruf ihres gemeinsamen Schöpfers vernommen…

Denkwürdige Zitate: "I always loved that face."
(Dr. Noonien Soong zu Data.)

"I wouldn't have guessed I'd be running from a giant snowflake."
(Soong über seine Flucht von der Kolonie.)

"Looks like we have ourselves a family reunion."
(Soong zu Data, als Lore hereinschneit.)

"Often-Wrong's got a broken heart, can't even tell his boys apart."
(Lore macht sich in Rein-Form über seinen Schöpfer lustig.)


Review: Episodenbild (c) CBS Ich bin mir sicher, dass es eher Zufall als Absicht war, aber… interessant finde ich es ja schon, wie sich nach "Familienbegegnung" hier nun die Familienthematik auch in der darauffolgenden Episode fortsetzt. Nachdem man sich zuvor Captain Picard, Worf und Wesley Crusher zugewandt hat, und sie verschiedene titelspendende Familienbegegnungen erleben durften, ist nun Commander Data an der Reihe, der unverhofft auf seinen totgeglaubten "Vater" Noonian Soong trifft. Wobei auch schon die rund fünfzehn Minuten ehe es dazu kommt sehr unterhaltsam gefüllt sind. Datas sonderbares Verhalten sorgt für Verwunderung, und ließ mich bei der Erstsichtung fragen, was genau er denn eigentlich vor hat, bzw. von wem er kontrolliert wird. Auch der gedankliche Wettstreit zwischen Data und der Brückenbesatzung war spannend umgesetzt. Captain Picard und seine Crew lassen sich alles Mögliche einfallen, um die Kontrolle über das Schiff zurückzuerlangen, aber letztendlich ist ihnen Data – nicht zuletzt dank seiner besonderen Androiden-Fähigkeiten – immer einen Schritt voraus. Jedenfalls gefällt mir schon allein dieser Teil, in dem Data die Enterprise quasi entführt, sehr gut.

Trotz dieses ohnehin schon gefälligen Einstiegs, die Sternstunde von "Die ungleichen Brüder" kommt dann natürlich erst danach. Datas Wiedersehen mit seinem Erbauer Noonian Soong kam damals für mich als Zuschauer genauso unerwartet wie für Data. Damals wie heute finde ich ihre gemeinsamen Szenen einfach nur wundervoll. Einerseits erfahren wir – auf sehr natürliche und nie erzwungene Art und Weise – einige interessante Informationen über die beiden (wie z.B. warum sich Data just der Sternenflotte angeschlossen hat), andererseits sind es aber auch einfach sehr gute Charaktermomente, und gefällt mir ihr "Zusammenspiel" sehr gut. Doch die traute Zweisamkeit währt nicht lange, denn auch Lore ist Soongs Signal gefolgt. Data warnt ihn, seinen bösen "Bruder" nicht zu reaktivieren, doch dies bringt Soong nicht übers Herz. Aus seiner Sicht hat er Lore bereits vor Jahrzehnten im Stich gelassen; nun sieht er die Chance, es richtig zu machen. So gut mir die Szenen zwischen Data und Soong auch gefallen mögen, aber nachdem Lore aktiviert wurde, macht "Die ungleichen Brüder" noch einmal einen deutlichen Satz nach oben, was die Qualität betrifft. Da waren ein paar wirklich starke Momente darunter; wie z.B. die Offenbarung, dass Lore gelogen hat, als er behauptete, Data wäre ihm unterlegen (in diesem Moment zeigt der Androide übrigens eine erstaunlich menschlich-geschockte Reaktion), oder auch wie Lore seinen Schöpfer austrickst, sich als Data ausgibt und so dessen Emotionschip stiehlt. Noonian Soongs Tod sorgt dann schließlich für einen emotionalen Ausklang der Episode.

Episodenbild (c) CBS Mein größter Kritikpunkt an "Die ungleichen Brüder" ist die im direkten Vergleich in allen Belangen unterlegene B-Story rund um Jake und Willie, die ich für völlig unnötig hielt. Man wollte dadurch der Story rund um Data eine Dringlichkeit verleihen, aber aus meiner Sicht ist man hier völlig auf die Schnauze gefallen. Die B-Handlung ist von vorne bis hinten ein Reinfall, angefangen vom völlig konstruierten Ausgang des Streichs (Willie glaubt also, er hätte seinen Bruder mit einem echten Phaser umgebracht – und hat nix besseres zu tun, als in der Wildnis herumzulaufen und giftige Beeren zu essen?), über die Nicht-Spannung da man Willies Tod keine Sekunde lang in Betracht zieht, bis hin zu den erzwungen wirkenden Parallelen zu Data und Lore. Sorry, aber dieser Teil der Episode ist ja mal gründlich in die Hose gegangen. Zum Glück verbringen wir nicht zu viel zeit mit diesem völlig überflüssigen Handlungsstrang, weshalb es sich nicht übermäßig negativ in der Wertung bemerkbar macht. Trotzdem wünschte ich, man hätte sich das geschenkt. Ich fand die Handlung auch ohne das damit einhergehende Ultimatum spannend und interessant genug. Und wenn, hätte man sich doch zumindest etwas anderes, überzeugenderes ausdenken können.

Jedoch: Auch die Haupthandlung rund um Data, Soong und Lore ist nicht ganz perfekt. Vor allem der mangelnde Mut, sich zur Kontinuität der Serie zu bekennen, bzw. auch den Status Quo zu verändern, wirkt sich negativ aus. Was ersteres betrifft, stößt mir vor allem sauer auf, dass Data obwohl Noonian Soong ihm gegenüber sogar die Fortpflanzung anspricht, seine Tochter Lal mit keinem Wort erwähnt. Und angesichts des erforderlichen Reset-Knopfes war im Prinzip von vornherein klar, dass Data entweder seinen Emotionschip nicht erhalten oder dieser nicht funktionieren wird. Zwar verstehe ich in gewisser Weise den Wunsch der Macher, diesen Pinocchio-Aspekt bei Data nicht verlieren zu wollen, aber ich finde, auch mit Emotionen hätte er seine Bestrebungen, menschlicher zu werden, immer noch fortsetzen können. Und nach mehr als drei Staffeln wäre es mal eine nette Abwechslung gewesen, und hätte ich es durchaus interessant gefunden, ihm dabei zuzusehen, wie er lernt, mit seinen Emotionen fertig zu werden. In beiden Fällen zeigt sich, dass "Familienbegegnung" die Ausnahme, und nicht die Regel, war. Um das Review zu "Die ungleichen Brüder" aber trotz dieser Kritik mit einer positiven Note abzuschließen, möchte ich abschließend noch kurz auf die Produktion an sich zu sprechen kommen. Hier sticht natürlich in erster Linie ins Auge, dass Brent Spiner in dieser Episode in gleich drei Rollen zu sehen ist – und in jeder davon gefallen kann. Zwar gibt es keine einzige Szene, in der auch wirklich alle drei Figuren in einem Bild zu sehen sind, dafür aber so einige mit Soong und Data bzw. Lore. War sicher nicht leicht, dies so überzeugend hinzubekommen, insofern kann man den Machern hier nur ein Kompliment machen. Auch die Musik, die auf einige Themen aus "Das Duplikat" zurückgreift, ist mir wieder positiv aufgefallen. Und zuletzt sei auch noch das Set von Noongs Labor mit all der Ausstattung und den Requisiten positiv erwähnt.

Fazit: Episodenbild (c) CBS Unmittelbar nach jene rFolge, die Jean-Luc Picard mit seinem Bruder, Worf mit seinen Eltern und Wesley mit dem Hologramm seines Vaters zusammengeführt hat, folgt in "Die ungleichen Brüder" schon die nächste Familienbegegnung, als Data zuerst auf seinen "Vater" und in weiterer Folge auch wieder auf seinen – missratenen – Bruder trifft. Bereits der mysteriöse Einstieg rund um Datas Entführung der Enterprise sowie den Wettstreit zwischen ihm und der Brückenbesatzung weiß zu gefallen, die besten Momente kommen dann aber natürlich erst, als Data auf Noonian Soong trifft. Eine Familienzusammenführung, die es erlaubt, ein paar interessante Hintergrundinformationen rund um die Figuren anzubringen, darüber hinaus aber auch dramaturgisch überzeugen kann, wobei vor allem Lore als Unsicherheitsfaktor hervorsticht. Die Produktionsqualität kann ebenfalls wieder gefallen, wobei diesmal aus meiner Sicht in erster Linie Brent Spiner (in Dreifach-Rolle), Regisseur Rob Bowman, Komponist Ron Jones sowie die Setdesigner von Soongs Labor zu loben sind. Einzig den mangelnden Mut zum Rückgriff auf die Kontinuität sowie zur Veränderung des Status Quo fand ich was diesen Handlungsstrang betrifft etwas schade. Der größte Kritikpunkt ist aber die gänzlich entbehrliche, ungemein konstruiert wirkende B-Story rund um den ins Auge gegangenen Streit der beiden kleinen Jungen. Ich verstehe, dass man damit etwas mehr Spannung in die Folge hineinbringen wollte, da die Vergiftung es noch dringlicher macht, die Kontrolle über das Schiff zurückzubekommen, aber erstens fand ich das absolut unnötig, und zweitens wünschte ich, wenn ihnen das schon so wichtig war, dass sie sich wenigstens etwas anderes – oder besser gesagt: besseres – dafür überlegt hätten. Denn das war einfach nur schwach.

Wertung: 3.5 von 5 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © CBS/Paramount)




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