Der Zentral­nerven­system­manipulator
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Originaltitel: Dagger of the Mind
Produktionsnummer: 1x10
Bewertung:
Erstausstrahlung USA: 03.11.1966
Erstausstrahlung D: 26.10.1987
Drehbuch: S. Bar-David
Regie: Vincent McEveety
Hauptdarsteller: William Shatner als Captain James T. Kirk, Leonard Nimoy als Mr. Spock, DeForest Kelley als Dr. Leonard McCoy, James Doohan als Scotty, George Takei als Hikaru Sulu, Nichelle Nichols als Lt. Uhura
Gastdarsteller: James Gregory als Tristan Adams, Morgan Woodward als Simon Van Gelder, Marianna Hill als Helen Noel, Susanne Wasson als Lethe

Kurzinhalt: Die Enterprise tauscht Vorräte und medizinische Geräte mit der Strafkolonie Tantalus V aus. Doch in jener Kiste, die von Tantalus V raufgebeamt wird, versteckt sich ein scheinbar geistig verwirrter und nach Auskunft der Kolonie sehr gefährlicher Mann. Trotz des Sicherheitsalarms gelingt es diesem, auf die Brücke zu gelangen – wo er Captain Kirk um Asyl auf der Enterprise ersucht. Bei der nachfolgenden Untersuchung auf der Krankenstation stellt sich heraus, dass es sich nicht um einen Häftling, sondern einen der Ärzte handelt. Als man den Leiter der Station, Tristan Adams, kontaktiert, behauptet dieser, Simon Van Gelder hätte mit einem neuartigen Gerät unbeaufsichtigt ein Experiment an sich selbst durchgeführt, welches zu eben diesen psychischen Schäden geführt hätte. Doch McCoy ist skeptisch: Er drängt Kirk dazu, die Angelegenheit näher zu untersuchen. Widerwillig beamt der Captain gemeinsam mit einer Psychotherapeutin zur Strafkolonie herunter, wo sie von Adams freundlich empfangen werden. Währenddessen nimmt Spock an Bord der Enterprise eine Gedankenverschmelzung mit Van Gelder vor, um mehr über die Ereignisse zu erfahren, die sich auf Tantalus V zugetragen haben. James Kirk wiederum beschleicht nach seiner Ankunft zunehmend das Gefühl, dass Pille mit seinen Vermutungen Recht haben könnte. Als man schließlich jenes Gerät findet, dass für Van Gelders Zustand verantwortlich sein soll, wagt Kirk einen Selbstversuch…

Denkwürdige Zitate: "A cage is a cage, Jim."
("Pille" über die Tantalus-Strafkolonie.)

"May we never find space so vast, planets so cold, heart and mind so empty, that we cannot fill them with love and warmth."
(Adam's Toast an Kirk und Helen.)

"One of the advantages of being a captain, doctor, is being able to ask for advice without necessarily having to take it."
(Kirk an Helen.)

"It's hard to believe that a man could die of loneliness."
"Not when you've sat in that room."
(Kirk und McCoy sinnieren über Adams' Schicksal.)


Review: Image"Der Zentralnervensystemmanipulator" beginnt durchaus spannend: einem vermeintlichen Sträfling gelingt es, von Tantalus V zu entkommen und sich an Bord der Enterprise zu schleichen. Aufgrund seiner nicht gerade zimperlichen Vorgehensweise sieht man in ihm eine Bedrohung – ehe sich seine Flucht schließlich als Verzweiflungstat entpuppt, und die Episode mit seiner Bitte nach Asyl die erste große Überraschung zu bieten hat. Nachdem es gelungen ist, Van Gelder zu überwältigen, schlägt "Der Zentralnervensystemmanipulator" trotz des verstörten Arztes und seiner Schilderungen dann kurzfristig eher luftig-lockere Töne an. Vor allem das im Zentrum stehende Mysterium wird noch eher als witzig-amüsanter Wettstreit zwischen Kirk und McCoy behandelt, die sich bereits zu Beginn der Episode über Tristan Adams und seine Methoden, sowie Strafkolonien im Allgemeinen, nicht wirklich grün sind. Dabei gelingt es der Episode sehr gut, für beide Interpretationen Brotkrümel auszustreuen, so dass beide zumindest möglich erscheinen – wenn natürlich die Natur der Serie grundsätzlich schon von vornherein vermuten lässt, dass McCoy mit seinen warnenden Worten Recht behalten wird.

Doch gerade wenn man meint, Adams bei einer Lüge erwischt zu haben, überrascht dieser mit einer entwaffnenden Offenheit, und scheint für alles eine passende und plausible Antwort parat zu haben. Auch der Empfang auf Tantalus V ist herzlich und freundlich – Kirk darf sogar seinen Phaser behalten. Erst als sie auf Lethe treffen (deren Namen eine Anspielung auf die griechische Mythologie ist, genauer gesagt den "Fluss des Vergessens"), beginnt ein interessanter Wechsel in der Dynamik. Kirk wird von Minute zu Minute skeptischer und misstrauischer, nimmt also zunehmend McCoys Position ein, während dessen Vertretung auf der Außenmission, Helen Noel (ihr Name wiederum spielt natürlich auf die Weihnachtsfeier an, auf der sie mit Kirk getanzt hat), Kirk's Standpunkt vertritt, und Adams verteidigt. Die ersten zaghaften Versuche mit dem Nerven-Neutralisator (so der eigentliche Name des Geräts) gestalten sich dann ebenfalls noch eher amüsant und unterhaltsam – impft Helen ihm doch einen ganz anderen, deutlich romantischeren Ablauf ihres Zusammentreffens auf der Weihnachtsfeier ein. Nur Sekunden später wird uns jedoch endgültig bewusst, welche Gefahr von dieser Erfindung ausgehen, als Adams es nutzt, um Kirk davon zu überzeugen, dass er unsterblich in Helen verliebt sei, und ihn zudem dazu zwingt, Phaser und Kommunikator fallen zu lassen. Gemeinsam mit Van Gelders Erfahrungen wird spätestens hier nun deutlich, wie gefährlich diese Maschine ist, mit der man Menschen mit jedem beliebigen Gedanken indoktrinieren und auch Erinnerungen nach Belieben löschen und/oder anpassen kann.

ImageWährenddessen kommt es auf der Enterprise zu einem kleinen historischen Ereignis – der erste Einsatz der vulkanischen Gedankenverschmelzung innerhalb der Serie. Die von Spock gesprochenen Worte und der Griff mögen zwar teilweise noch recht deutlich von der späteren Herangehensweise abweichen, dennoch ist es die Einführung einer sehr "faszinierenden" Idee, die in weiterer Folge noch einige Male – teilweise auch sehr prominent und bedeutsam – aufgegriffen wurde. Auf Tantalus V wiederum gilt es nun, da sich die Bedrohung, die Adams Maschine darstellt, ein für alle Mal und deutlich offenbart hat, diesem das Handwerk zu legen. Was mir hier besonders gut gefällt ist, dass Helen dabei eine Schlüsselrolle zukommt, und sie möglicherweise sogar den wichtigsten Beitrag zur Rettung des Captains leistet. Eine gelungene und durchaus beachtliche Abwechslung zur damals noch vorherrschenden "damsel in distress"-Formel (die sich auch heutzutage noch großer Beliebtheit erfreut). Das Ende wiederum überzeugt mit der herrlichen Ironie, dass Adams just von jener Horrormaschine, die er geschaffen hat, umgebracht wird, sowie mit einem sehr gelungenen letzten Dialog auf der Brücke zwischen McCoy und Kirk.

Thematisch offenbart "Der Zentralnervensystemmanipulator" Ähnlichkeiten zur nach der Produktionsreihenfolge vorangegangenen Episode "Der alte Traum". Wieder gilt es einem Wissenschaftler und seiner gefährlichen Entdeckung/Erfindung das Handwerk zu legen. Im direkten Vergleich profitiert "Der Zentralnervensystemmanipulator" davon, dass die Geschichte diesmal deutlich fokussierter ist und sich nicht in so viele verschiedene Richtungen streckt, dafür rückten mir hier die interessanten Implikationen des Nerven-Neutralisators gegenüber Adams und die Bedrohung, die er darstellt, wiederum etwas zu sehr in den Hintergrund. Dafür kann "Der Zentralnervensystemmanipulator" aber mit einer wesentlichen Stärke aufwarten, die im Vorgänger gefehlt hat, und das ist das Zusammenspiel zwischen Kirk und McCoy. Auch die Handlung zwischen Kirk und Helen hat mir gut bzw. besser gefallen als jene zwischen Kirk und Chapel. Einerseits bringt man damit etwas Romantik und Humor hinein, andererseits zeigt es aber auch wieder die Tragik des einsamen Captains auf, der sich de facto nicht auf Liebesgeschichten innerhalb der Besatzung einlassen kann/darf/soll. Das Drehbuch von Shimon Wincelberg (der sich auch für die ersten Episoden von "Lost in Space" verantwortlich zeichnet) besticht vor allem mit den wunderbar geschriebenen Dialogen – nicht umsonst habe ich diesmal besonders viele denkwürdige Zitate angeführt. Wo er hingegen etwas schwächelt, ist bei den wissenschaftlichen Bezeichnungen – so würde zumindest ich mir unter einem Nerven-Neutralisator etwas anderes vorstellen, als eine Gedankenmanipulationsmaschine.

ImageDeutlich schwerer wiegt für mich aber, dass es ihm nicht so recht gelingt, Tristan Adams als Bedrohung aufzubauen. Er wirkt zwar zwielichtig, aber nicht unbedingt gefährlich. Dies dürfte zu einem nicht unwesentlichen Teil daran liegen, dass uns seine Motivation gänzlich verborgen bleibt. Was genau ist vorgefallen, dass er Van Gelder so behandelt hat? Was hat er nun mit Kirk vor? Worin liegen generell seine Pläne für den Zentralnervensystem-Manipulator? Wenn man nicht weiß, was er denn eigentlich vor hat, fällt es vergleichsweise schwer, sich in die Handlung hineinzusteigern und auf sein Scheitern zu hoffen. Dies liegt allerdings zumindest teilweise auch an James Gregory's allzu harmloser Darstellung. Selbst wenn er gegen Ende hin seine Maske fallen lässt, schafft er es nicht, die Gefährlichkeit seiner Figur überzeugend zu vermitteln. Weitere kleine Schwächen sind die allzu offensichtliche Wiederverwendung des Matte-Paintings aus "Die Spitze des Eisberges" (ein Fehler, der in der Remastered-Version ausgemerzt wurde), sowie die stellenweise hart an der Grenze zum Overacting verlaufende Darstellung von Morgan Woodward als Van Gelder. Gut gefallen konnte mir hingegen die darstellerische Leistung der bezaubernden Marianna Hill, die Helen Noel etwas verführerisch-verspieltes verleiht, aber auch ihre Entschlossenheit und Stärke prima zur Geltung bringt. Von ihr abgesehen haben mich die Gastdarsteller diesmal aber leider eher weniger überzeugt.

Fazit: Die größten Stärken von "Der Zentralnervensystemmanipulator" liegen im gelungenen Zusammenspiel der Enterprise-Besatzung – allen voran Kirk und McCoy, aber auch zwischen ihm und Helen gibt es ein paar tolle Momente – sowie den interessanten Implikationen dieser erfundenen Technologie. Weitere Pluspunkte sammelt man für die zahlreichen denkwürdigen und wirklich gut geschriebenen Dialoge, den ersten Einsatz der vulkanischen Gedankenverschmelzung, dem gelungenen Verwirrspiel rund um Tristan Adams und den Nerven-Neutralisator, Helen's aktive Beteiligung an der Rettung ihres Captains, sowie generell den hohen Unterhaltungswert der Episode. Demgegenüber stehen die teils nur bedingt überzeugenden schauspielerischen Leistungen der Gastdarsteller, die Verschwendung dramaturgischen Potentials rund um die von Tristan Adams geschaffene Erfindung, vor allem aber die Tatsache, dass dieser als Bedrohung für Kirk und/oder die Enterprise nicht wirklich überzeugen kann. Hauptverantwortlich für Letzteres ist, dass wir keinen Einblick in seine Beweggründe und/oder seine Ziele erhalten, und uns daher nur andeutungsweise bewusst sind, was auf dem Spiel steht. Wie bei der Original Star Trek-Serie des Öfteren, muss demnach auch bei "Der Zentralnervensystemmanipulator" das endgültige Urteil lauten: Gelungen – aber da wäre noch mehr drin gewesen.

Wertung: 3 von 5 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © CBS/Paramount)




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