Star Trek - TNG: Die andere Seite
Tolles Crossover von Michael Jan Friedman Kategorie: Star Trek (Literatur) - Autor: Christian Siegel - Datum: Samstag, 19 Oktober 2019
 
Cover (c) Heyne
Titel: "Star Trek - TNG: Die andere Seite"
Originaltitel: "Star Trek: Crossover"
Bewertung:
Autor: Michael Jan Friedman
Übersetzung: Andreas Brandhorst
Umfang: 313 Seiten (Print-Ausgabe)
Verlag: Heyne
Erstveröffentlichung: Dezember 1995 (E) bzw. 2001 (D)
Deutscher eBook-Release: 25. Februar 2014
ISBN: 978-3-641-11704-7
Kaufen: Kindle (D), Taschenbuch (E)
 

Kurzinhalt: Während er mit seiner Wiedervereinigungsbewegung den Planeten Constanthus besucht, werden Spock und seine Anhänger gefangen genommen. Die Sternenflotte schickt die Enterprise los, um über deren Freilassung zu verhandeln. Admiral McCoy schließt sich dieser Mission an. Und auch Scotty unternimmt auf eigene Faust einen Versuch, um Spock aus den Fängen der Romulaner zu befreien. Dafür stiehlt er kurzerhand die U.S.S. Yorktown, ein altes Schiff der Constitution-Klasse, das als Museum diente. Dafür schließt er die drin ausgestellte Tarnvorrichtung der Romulaner, die Captain Kirk einst mit Hilfe seiner Crew von diesen erbeutete, an und aktiviert sie. Kurz nach der Neutralen Zone wird er allerdings von einer Patrouille abgefangen und zum Verhör in eine nahegelegene Raumstation der Romulaner gebracht. Währenddessen ist Admiral McCoy über den mangelnden Fortschritt, den Captain Picard in seinen Verhandlungen mit den Romulanern erzielt, frustriert – bis ihm der Kragen platzt und er kurzerhand das Kommando über die Enterprise übernimmt. Indes versucht Spock im Gefängnis auf Constanthus, seine Lehren bis zum bitteren Ende fortzusetzen, und einige seiner Schüler von ihrem zum Scheitern verurteilten Fluchtversuch abzubringen…

Review (kann Spoiler enthalten): Ich war mit den "Star Trek"-Romanen von Michael Jan Friedman nicht immer ganz glücklich. Er schreibt sehr oberflächlich, und seine Geschichten sind zudem meistens doch eher simpel. Zwar gefällt mir grundsätzlich sein Ansatz, gerne mal Elemente von TOS und TNG miteinander zu verbinden, aber selbst so vom Grundgedanken interessante Romane wie "U.S.S. Valiant" (der erzählte, wie Picard das Kommando über die Stargazer erhielt, und zugleich als Prequel zu seiner entsprechenden Romanreihe diente) oder "Reqiuem" blieben aufgrund seines Schreibstils, dass selbst Kinder im Vorschulalter nicht überfordern würde, hinter ihren Möglichkeiten zurück. Mit "Die andere Seite" liefert er nun aber seinen wohl besten "Star Trek"-Roman ab. Zwar ist die Geschichte auch diesmal wenig komplex, fehlt es ein bisschen an Epik sowie an den ganz großen, interessanten Ideen, und verbiegt er an der einen oder anderen Stelle die Logik zugunsten seiner Geschichte erheblich. Ein Beispiel: Wie gelang es Riker & Co. mit einem Shuttle, sich unbemerkt im Raum der Romulaner an die Raumstation heranzuschleichen, wenn diese zuvor selbst Scotty in der getarnten Yorktown entdeckte? Davon, dass es doch eher unplausibel scheint, dass die Sternenflotte die damalige, grundsätzlich immer noch funktionstüchtige, von den Romulanern erbeutete Tarnvorrichtung in einem Museum ausstellen würde, ganz zu schweigen. Und generell wirkt vieles an der Art und Weise, wie sich die Handlung entwickelt, sehr bequem.

Doch diesmal ist einfach die Grundidee hinter dem Roman stark genug, um über diese Schwächen ausreichend hinwegzutrösten. Denn getreu dem englischen Originaltitel erweist sich "Die andere Seite" als waschechtes Crossover zwischen TOS und TNG, dass Captain Picard und seine Crew mit allen zu diesem Zeitpunkt noch lebenden TOS-Veteranen – Spock, McCoy, Scotty – vereint. Und das ist gerade auch für Leute wie mich, die nach wie vor der Ansicht sind, dass die ersten beiden "Star Trek"-Serien zugleich auch (bislang?) die besten waren, einfach nur phantastisch. Es machte einfach sehr viel Spaß, zu Spock, McCoy und Scotty zurückzukehren, und zu erfahren, wie es ihnen seit ihren Auftritten bei TNG (McCoy: "Mission Farpoint", Spock: "Wiedervereinigung", Scotty: "Besuch von der alten Enterprise") ergangen ist. Zugegeben, bei Spock halten sich diesbezüglich die großen, neue Erkenntnisse zwar in Grenzen, dennoch fand ich es nett, seine Mission im romulanischen Reich hier fortgeführt zu sehen. Großartig zweifellos auch der Auftritt von Scotty – insbesondere in jenem Teil des Romans, wo er mal kurzerhand die U.S.S. Yorktown stiehlt. Und vor allem alles rund um McCoy, von dem wir bislang am wenigsten wussten, wie es ihm zu diesem Zeitpunkt in der Geschichte ergangen ist, hatte es mir angetan. Angefangen beim bedrückenden Moment zu Beginn, wo sein erster Gedanke als der Admiral mit ihm in Kontakt tritt ist, wer wohl diesmal gestorben ist, über sein gewohnt schrullig-ungeduldiges Verhalten an Bord bis hin zur Tatsache, dass er hier letztendlich in der Art und Weise, wie er das Kommando über die U.S.S. Enterprise (D) an sich reißt, einen schweren Fehler begehen, diesen dann aber auch einsehen darf. Wie Michael Jan Friedman generell darauf achtet, dass jeder von den drei alten Helden, aber auch ein Großteil der TNG-Crew, seinen/ihren Teil zur Rettung Spocks beitragen.

Die Rückkehr dieser drei Helden gewinnt aber dann natürlich noch zusätzlich zur ihr Zusammenspiel mit der TNG-Crew. Eben angefangen bei McCoy, der bei Picard & Co. mit seiner schroffen Art aneckt, bis hin zu Scotty, der später auf der Raumstation dann auf Riker, Worf und Geordi trifft, um zusammen mit ihnen einen Weg zu suchen, aus der romulanischen Gefangenschaft zu entkommen. Zweifellos dasHighlight des Romans war dann aber natürlich dieser kurze, aber wunderschöne Moment am Ende, wo wir miterleben, wie sich diese drei Helden aus früheren Tagen hier seit einer Ewigkeit wieder einmal treffen, und ihre gegenseitigen Erfahrungen austauschen. Michael Jan Friedman fängt die Kameraderie zwischen ihnen dreien perfekt ein. Wie ich generell fand, dass er sich hier – ev. angesichts des besonderen Anlasses? – im Vergleich zu seinen anderen "Star Trek"-Abenteuern gesteigert hat. So reichert er seinen Roman mit dem einen oder anderen schönen Zitat an ("Die Zeit ist ein Weg von der Vergangenheit zur Zukunft und wieder zurück. Die Gegenwart bildet eine Kreuzung, an der sich beide Pfade treffen."), baut so manch nette kleine Anspielung ein ("Es ist grün!"; und natürlich darf mit "Ich bin Arzt, kein Diplomat!" auch ein klassischer McCoyismus nicht fehlen), und dringt generell etwas mehr/öfter/tiefer in die Gedanken- und Gefühlswelt der Figuren ein, als ich das sonst von ihm gewohnt war. Angesichts der zuvor erwähnten Kritikpunkte, der etwas aufgesetzt bzw. überzeichnet wirkenden Differenzen zwischen der TOS- und der TNG-Crew, sowie einem eher unfreiwillig komischen, von "Spartacus" geklauten Moment, mag "Die andere Seite" zwar nicht ganz das Überdrüber-Highlight sein, dass es in den Händen eines anderen Autors (Peter David?) hätte sein können. Dennoch ist dieses Crossover der wohl beste Roman, den Michael Jan Friedman je für "Star Trek" geschrieben hat, und vor allem für Fans von TOS und TNG ein absoluter Pflichttermin!

Fazit: Ein paar Plotentwicklungen wirkten verkrampft und unglaubwürdig, manche Gedanken oder Verhaltensweisen waren da und dort ein bisschen untypisch (z.B. Spocks Überlegungen zu einem Leben nach dem Tod), die Unterschiede zwischen TOS- und TNG-Crew im Konflikt zwischen Picard und McCoy etwas zu überzeichnet, und alles in allem hätte es mir nichts ausgemacht, wenn sich ein anderer – und in meinen Augen besserer – "Star Trek"-Autor als Michael Jan Friedman um diesen Stoff gekümmert hätte; schreibt dieser doch für meinen Geschmack etwas zu oberflächlich. All diese Kritikpunkte werden jedoch letztendlich größtenteils vom Reiz überschattet, den es für mich hatte, zu erfahren, wie es den noch überlebenden Mitgliedern der TOS-Crew nach ihrem jeweils letzten Auftritt bei TNG ergangen ist, bzw. sie im Wechselspiel mit der nächsten Generation zu erleben. Und vor allem eine abschließende Szene mit Spock, McCoy und Scotty war einfach nur Gänsehaut pur!

Bewertung: 4/5 Punkten
Christian Siegel






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