Star Trek - TNG: Requiem
Jean-Luc Picard landet in der Vergangenheit Kategorie: Star Trek (Literatur) - Autor: Christian Siegel - Datum: Montag, 01 Oktober 2018
 
Cover (c) Heyne
Titel: "Star Trek - TNG: Requiem"
Originaltitel: "Star Trek - The Next Generation: Requiem"
Bewertung:
Autoren: Michael Jan Friedman & Kevin Ryan
Übersetzung: Andreas Brandhorst
Umfang: 266 Seiten (Print-Ausgabe)
Verlag: Heyne
Erstveröffentlichung: Juli 1994 (E) bzw. 1997 (D)
Deutscher eBook-Release: 25. Februar 2014
ISBN: 978-3-641-11695-8
Kaufen: Taschenbuch (D), Kindle (D), Taschenbuch (E), Kindle (E)
 

Kurzinhalt: Vor rund zwanzig Jahren kam es zwischen Captain Jean-Luc Picard – damals noch Kommandant der U.S.S. Stargazer – und den Gorn zum erst zweiten Kontakt zwischen der Föderation und den echsenartigen Wesen. Nun ist man endlich soweit, einen Friedensvertrag mit ihnen auszuhandeln. Aufgrund seiner früheren Kontakte mit ihnen soll Picard die Verhandlungen leiten. Auf dem Weg zur Konferenz trifft man jedoch auf eine mysteriöse Raumstation, und beschließt, diese zu erkunden. Als ein erstes Außenteam auf der vermeintlich inaktiven Station keine Gefahren feststellt, beamt sich auch Captain Picard an Bord. Kurz darauf spielt die Station auf einmal verrückt, und während sich das restliche Außenteam in Sicherheit bringt, wird Jean-Luc Picard von einem Transporterstrahl erfasst. Danach fehlt vom Captain jede Spur. Während man an Bord der Enterprise versucht, herauszufinden, was passiert ist, findet sich Picard in der Vergangenheit wieder, genauer gesagt auf Cestus III – und das just wenige Tage, bevor die Gorn die dortige Kolonie der Menschen angreifen. Nun muss Jean-Luc Picard nicht nur einen Weg finden, um irgendwie eine Nachricht in die Zukunft zu schicken – in der Hoffnung, dass ihn seine Crew so finden kann – und sich vor dem Angriff der Gorn in Sicherheit zu bringen. Er steht zudem vor dem Dilemma, dass er die Kolonisten nicht vor dem anstehenden Angriff warnen darf – da er sonst droht, die Zeitlinie zu verändern…

Review: In den Serien und Filmen gab es nur relativ wenige Überschneidungen zwischen TOS und TNG. Der Mini-Gastauftritt von Dr. Leonard McCoy im Pilotfilm, Spocks Auftritt im "Wiedervereinigung"-Zweiteiler, Scottys Besuch auf der neuen Enterprise in "Besuch von der alten Enterprise", und natürlich "Treffen der Generationen", wo schließlich Kirk und Picard dank des Nexus für ein paar Minuten aufeinandertrafen. Davon abgesehen stand TNG aber, abseits einzelner Referenzen auf TOS, für sich – was auch insofern verständlich ist, als es sowohl aufgrund des fortschreitenden Alters der TOS-Darsteller sowie der Gagen schwer war, diese für einen Auftritt bei TNG zu gewinnen. Eben deshalb schätze ich es bei Romanen – denen abseits der Fantasie der Autoren keine Grenzen gesetzt sind – immer ganz besonders, wenn gerade auch die ersten beiden Inkarnationen von "Star Trek" (bei TNG, DS9 und VOY ist es insofern nicht ganz so beeindruckend, als diese halt generell relativ zeitnah bzw. überhaupt parallel ausgestrahlt wurden) aufeinandertreffen. So auch hier – und das auf so interessante und originelle Art und Weise. Denn statt Picard auf Kirk & Co. treffen zu lassen, bringt man ihn vielmehr ein paar Tage vor den Ereignissen aus "Ganz neue Dimensionen" in die Kolonie auf Cestus III. Eben darin lag für mich die größte Stärke des Romans – nicht zuletzt auch aufgrund des Dilemmas, dem sich der Captain gegenübersieht. Denn dieser lernt hier die Kolonisten näher kennen – im Wissen, dass diese in wenigen Tagen sterben werden, und er nichts dagegen tun kann, und sie auch nicht vor dem Angriff der Gorn warnen darf, um die Zeitlinie nicht zu gefährden. Eben dieses Setup war wirklich sehr interessant. Nett fand ich zudem, dass wir – so wie Picard – die Bewohner der Kolonie hier etwas näher kennenlernen, was den Ereignissen aus "Ganz neue Dimensionen" rückwirkend mehr Gewicht verleiht. Und generell war der ganze Roman flott erzählt und ließ daher keine Langeweile aufkommen.

Jedoch: Ein bisschen hat mir die letzte Konsequenz gefehlt. Zwar sterben am Ende auch wirklich alle bis auf der eine aus der Episode bekannte Überlebende, aber dass sich Picard am Ende nochmal ins Getümmel stürzt, statt die "Härte" zu haben, dem Geschehen von der Ferne zuzusehen und so quasi als Zeitzeuge in die Zukunft zurückzukehren, schmeckte mir dann doch weniger – da aus meiner Sicht das Risiko, dass er so die Zeitlinie ändert, zu groß war. Vom kühl-logischen Captain hätte ich erwartet, dass er der Rationalität den Vorzug gibt, so schwer es auch ist. Und generell wäre es irgendwie "schlimmer" gewesen, und hätte mich mehr beeindruckt. Wesentlich schwerer als dies wiegt aber ohnehin die sehr konstruierte Art und Weise, wie es Picard denn überhaupt in die Vergangenheit – und dann auch wieder zurück – verschlägt. Denn weder werden wir je über die Hintergründe der Raumstation aufgeklärt, noch unternehmen die Autoren auch nur ansatzweise einen Erklärungsversuch, warum diese den Captain zu dieser spezifischer Zeit an diesen spezifischen Ort transferieren sollte. Hier bedienen sie sich somit eines ziemlich bequemen Plotkonstrukts, verabsäumen es jedoch, sich näher mit diesem auseinanderzusetzen. Und natürlich erfolgt auch die Rettung dann wieder genau in letzter Sekunde. Generell fiel die Story rund um Riker & Co. in der "Gegenwart" gegenüber Picards Abenteuer in der "Vergangenheit" doch etwas ab. Auch der eine oder andere bedauerliche Kontinuitätsfehler hat sich eingeschlichen. So sprechen die Kolonisten an einer Stelle über den Wächter der Ewigkeit – der jedoch erst nach den Ereignissen aus "Ganz neue Dimensionen" von der Kirk-Enterprise entdeckt (und danach streng geheim gehalten) wurde. Davon, dass man einen (alten) Tricorder als Lügendetektor verwenden kann, hätte ich auch noch nie was gehört (und ich denke, das hätte in der einen oder anderen "Star Trek"-Folge schon mal praktisch sein können, oder?). Unglaubwürdig erschien mir zudem, dass die Sternenflotte Kirks Bericht über seine Begegnung mit den Gorn als streng geheim einstufen würde und man sich daher rund 100 Jahre später fragt, wie er den Gorn – nach dem Ende der Übertragung – besiegen konnte. Von Picards Weinkenntnisse, die selbst 100 Jahre in die Vergangenheit reichen, ganz zu schweigen. Und last but not least war mir die Sprache teilweise doch etwas zu übertrieben blumig. Beispiel gefällig? "Im nächsten Augenblick legte sich eine Zunge aus Intervallerenergie um O'Dell, und infizierte ihn mit ihrem Virus der Vernichtung." An der Stelle musste ich doch ordentlich mit den Augen rollen.

Fazit: "Requiem" ist ein solider, kurzweiliger Roman, der für mich vor allem von der Idee lebt, Captain Picard kurz vor die TOS-Episode "Ganz neue Dimensionen" zu transferieren. Ich mag solche Überschneidungen der ersten beiden "Star Trek"-Inkarnationen – die mir halt nach wie vor auch die liebsten sind – immer besonders gern, und die Idee, auf diese Art und Weise die Vorgeschichte zur betreffenden TOS-Folge zu erzählen (und so auch dem dortigen Tod der Kolonisten mehr Gewicht zu verleihen) gefiel mir ausgesprochen gut. Allerdings hätte ich es vorgezogen, wenn Picard konsequent geblieben und das Geschehen als unbeteiligter Beobachter verfolgt hätte. Zudem hätten sich Friedman und Ryan bei der Art und Weise, wie sie Picard in die Vergangenheit und wieder zurück bekommen, mehr Mühe geben können – weil so bleibt die Station ein reines Plotkonstrukt bzw. eine Deus Ex Machina ohne jegliche Erklärung. Zudem haben sich leider ein paar Kontinuitätsfehler eingeschlichen, und vereinzelt war mir die Prosa dann doch zu blumig. Insofern bleibt "Requiem" leider hinter dem vorhandenen Potential zurück – sollte es aber dennoch verstehen, insbesondere Fans von TOS und TNG gut zu unterhalten.

Bewertung: 3/5 Punkten
Christian Siegel


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