Star Trek - TNG: Metamorphose
Data wird zu einem Mann aus Fleisch und Blut Kategorie: Star Trek (Literatur) - Autor: Christian Siegel - Datum: Montag, 08 September 2014
 
Cover (c) Heyne
Titel: "Star Trek - The Next Generation: Metamorphose"
Originaltitel: "Star Trek - The Next Generation: Metamorphosis"
Bewertung:
Autor: Jean Lorrah
Übersetzung: Andreas Brandhorst
Umfang: 328 Seiten (Print-Ausgabe)
Verlag: Heyne
Erstveröffentlichung: 1990 (E) bzw. 1991 (D)
Deutscher eBook-Release: 25. Februar 2014
ISBN: 978-3-641-11534-0
Kaufen: Taschenbuch (D), Kindle (D), Taschenbuch (E), Kindle (E)
 

Kurzinhalt: Während einer Routinepatrouille nahe der romulanischen neutralen Grenze erhält die U.S.S. Enterprise einen Notruf von Darryl Adin und seinen Leuten, die von einer Gravitationsverschiebung erfasst wurden. Es gelingt ihnen gerade noch rechtzeitig, sie mit dem Traktorstrahl zu erfassen. Offenbar ging die Anomalie vom Planeten Elysia aus, der jedoch eigentlich technologisch noch vergleichsweise rückständig ist. Bei ihren Nachforschungen stoßen sie auf Berichte von mächtigen Göttern, die auf dem Planeten in einem heiligen Berg leben sollen. Vor mehr als hundert Jahren stattete ein Schiff der Föderation ihnen einen Besuch ab, zog sich dabei jedoch den Zorn dieser Götter zu und wurden vertrieben. Captain Picard beschließt, der Sache auf den Grund zu gehen, dabei jedoch ganz genau darauf zu achten, die Gesetze der Götter zu bewahren und sich den Bewohnern des Planeten möglichst nicht als Fremde zu erkennen zu geben. Nachdem er zusammen mit einer Elysianerin einige Prüfungen bestanden hat, trifft Data auf die besagten Götter – die ihm seinen größten Wunsch erfüllen und ihn in einen Menschen aus Fleisch und Blut verwandeln. Eine Metamorphose, die nicht nur positives mit sich bringt. Data muss sämtliche Prüfungen noch einmal ablegen und beweisen, dass er nach wie vor diensttauglich ist. Und vor allem die darauffolgende Mission im samdianischen Sektor führt Data schon bald die Grenzen einer menschlichen Existenz vor Augen…

Review: Die größte Stärke von "Metamorphose ist sein Mittelteil, der beschreibt, wie Data versucht, mit seiner menschlichen Existenz zurecht zu kommen. So sehr man an einigen Punkten des Romans auch Kritik üben kann (was ich dann auch gleich tun werde), aber dieser Teil ist Jean Lorrah wirklich sehr gut gelungen. Die Entwicklung wirkte auf mich sehr "realistisch" (in Ermangelung eines besseren Wortes), und der Autor fügt so manche Idee ein – wie z.B., dass sich Data erneut für den Sternenflottendienst qualifizieren muss – an die ich nicht gedacht hätte, die jedoch absolut Sinn ergeben. Ins gleiche Horn stoßen auch die Informationen über Datas Ausbildung an der Sternenflottenakademie, wie z.B. dass er keine klassischen "Wissenstests" ablegen musste, da dies bei einem Androiden wenig Sinn gemacht hätte. Jedenfalls wirkt vieles rund um die Art und Weise, wie sowohl Data als auch der Rest der Besatzung mit dieser Metamorphose umgehen, sehr gut durchdacht. Generell ist dieser Teil des Romans gut geschrieben, und vermag es, uns einmal eine andere Seite von Data aufzuzeigen, was mir sehr gut gefallen hat. Insgesamt fand ich diesen Mittelteil jedenfalls derart gelungen, unterhaltsam und interessant, dass er mich fast hätte vergessen lassen, dass dieser Handlungsstrang von vornherein zum Scheitern verurteilt war. Fast.

Aber dazu gleich mehr; denn bevor ich mich der großen Krux an "Metamorphose" zuwende möchte ich zuerst noch ein paar andere Kritikpunkte zur Sprache bringen. Hier ist zuerst einmal der sehr gestreckte Einstieg zu nennen. Denn bis es zur titelspendenden Metamorphose kommt, ist ein Drittel des Romans auch schon vorbei. Den Prüfungen auf Elysia wurde meines Erachtens deutlich zu viel Aufmerksamkeit geschenkt, so dass es schon fast etwas irritiert, wenn nach mehr als 100 Seiten endlich jene Handlung um die es eigentlich geht beginnt. Kritisch sehe ich auch die Angewohnheit von Autoren – die Jean Lorrah hier leider ebenfalls zur Schau stellt – Eigenkreationen unter den Figuren bei einem weiteren Roman erneut auftreten zu lassen. Letztendlich sind Adin und seine Crew für den Rest der Handlung kaum von Belang; und jene Funktionen die sie erfüllen hätte man auch Besatzungsmitgliedern der Enterprise übertragen können. Hier schien mir Jean Lorrah, die Liebe zu den von ihm geschaffenen Figuren vor die Bedürfnisse der Erzählung zu stellen. So gut mir auch seine Darstellung des menschlichen Data gefallen haben mag, aber beim Androiden Data greift er gelegentlich ins Klo. So lacht Data während ihrer Prüfung auf Elysia, und bringt Thelia Gefühle entgegen – und das, obwohl er zu diesem Zeitpunkt noch nicht in einen Menschen verwwandelt wurde. Etwas später wettet die Crew der Enterprise dann um 100… irgendwas. Aber um was denn eigentlich, wenn es etablierterweise ("Die neutrale Zone") kein Geld mehr gibt? Als man auf die Konor trifft und vermutet, es könnte sich um Telepathen handelt, meint man, dass sich dies aber nicht mit ihrem Verhalten vereinbaren ließe, da sie ja eigentlich die Schmerzen ihrer Opfer fühlen müssten. Auf die Idee, dass sie die Gedanken der Bewohne von Dacket nicht lesen können – ähnlich wie Troi ja auch von den Ferengi nichts empfangen kann – kam die Crew für meinen Geschmack viel zu spät.

Skeptisch bin ich auch, ob die Erste Direktive – angesichts der Tatsache, dass es sich um ein in den Weltraum reisendes Volk handelt dass sich Bewohnern anderer Planeten bewusst ist, und noch dazu um Hilfe ersucht – in diesem Fall überhaupt greift. Seltsam fand ich auch eine spätere Reaktion von Geordi in Richtung Data: "Was ist los, Mann? Sind sie zu faul, um ein wenig von der Medizin zu kosten, die Sie Wesley geben?" Wo kam das auf einmal her? Gleiches gilt für die Wendung, dass Data in Thelia verliebt sei, das kam für mich ebenfalls ziemlich aus dem Nichts. Witzig auch, dass die Enterprise scheinbar nichts anderes zu tun hat, als den an Liebeskummer leidenden Data nach Elysia zu bringen. Auch was die Übersetzung betrifft, gibt es diesmal Kritik zu vermelden. Die Episode "Rikers Versuchung" wird als "Das magische Kraftfeld" bezeichnet, und ich habe keine Ahnung, welche Episode sich hinter dem Titel "Der Zeitsprung" verbergen soll. Der Titel der Episode "The Measure of a Man" (= Wem gehört Data?) wird überhaupt gleich nicht übersetzt. Anno dazumal bei der Erstveröffentlichung mögen die endgültigen Titel noch nicht festgestanden sein; aber es wäre erfreulich gewesen, hätte man dies im Zuge der eBook-Veröffentlichung überarbeitet hätte. Und so sehr ich die Übersetzungen von Andreas Brandhorst sonst auch schätze, aber dass er meint, seinen Lesern den Begriff "Mystery" übersetzen bzw. erklären zu müssen… na ja. Da traut er den "Star Trek"-Lesern nun wirklich nicht viel zu.

Das mit Abstand größte Problem des Romans ist aber das Ende, das leider praktisch von Anfang an seine Schatten vorauswirft. Aufgrund der starken Einschränkungen der lizenzierten Trek-Romane war von Anfang an klar, dass Datas Metamorphose in einen Menschen nicht von dauer sein kann, und am Ende wieder umgekehrt werden muss. Damit er sich jedoch in der Serie auch in Zukunft seinen Wunsch behalten darf, ein Mensch zu sein, war mir zudem von vornherein klar, dass er auch seine Erinnerungen daran verlieren würde müssen, und Jean Lorrah dementsprechend irgendeine Art des Reset-Knopfes einbauen muss. Genau so kam es dann auch – was "Metamorphose" letztendlich völlig überflüssig macht, da sich mehr als zwei Drittel des Romans so nie zugetragen haben. Doch so sehr ich auf diese Entwicklung auch schon gefasst gewesen sein mag, aber… dass sich Lorah letztendlich für ein billiges, einfallsloses "Es war alles nur eine Illusion" entscheidet, hat mich dann wirklich erzürnt. Die letzten rund 50 Seiten werden dann auf eine Wiederholung der Mission rund um den samdianishen Sektor verschwendet, die jetzt aber natürlich im einen oder anderen entscheidenden Moment anders verläfut, eben weil Data ein Androide ist. Weshalb diese letztendlich auch, im Gegensatz zum ersten Anlauf – der ja ohnehin nie stattgefunden hat – erfolgreich verläuft. Besonders verkrampft fand ich dabei die Aussage "Wir wären vielleicht gezwungen gewesen, die Samdianer ihrem Schicksal zu überlassen" mit der man dem Leser noch einmal aufs Auge drückt, wie wichtig Data als Androide für die Crew der Enterprise ist. Schade, dass der wirklich starke, gelungene Mittelteil mit diesem enttäuschenden Finale ansatzweise ruiniert wird.

Fazit: So gut die titelspendende Metamorphose von Jean Lorrah auch beschrieben wird, leidet der Roman von Beginn an unter dem Problem, dass dem Leser von vornherein bewusst ist, dass diese bis zum Ende des Romans wieder rückgängig gemacht werden muss. Und nicht nur dass, sondern auch, dass Data keine Erinnerungen mehr an die Ereignisse hier haben darf. Dementsprechend ist von vornherein klar, dass ein Großteil des Romans quasi rückwirkend ungeschehen gemacht werden muss, was einem dann doch die Frage nach dem Sinn der Übung aufdrängt. Besonders enttäuscht war ich dann von der Art und Weise, für welche Art Reset-Button sich Jean Lorrah hier entschieden hat. Und auch das nachfolgende Nachspiel konnte mich kaum mehr überzeugen. Zudem dauert es doch etwas zu lange, bis die titelspendende Metamorphose endlich mal eingeleitet wird; vor allem alles rund um die Prüfung auf Elysia hätte der Autor deutlich runterkürzen sollen. Dass "Metamorphose" trotz all dieser Kritikpunkte bei mir nicht zu schlecht abschneidet, liegt am sehr starken Mittelteil, der auf sehr plausible und unterhaltsame Art und Weise beschreibt, wie Data versucht, sich an seine menschliche Existenz zu gewöhnen. Trotz aller Schwächen fand ich diesen Teil des Romans interessant genug, dass ich rückwirkend sagen kann, froh darüber zu sein, ihn gelesen zu haben.

Bewertung: 2.5/5 Punkten
Christian Siegel


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