Star Trek - The Fall: Der karminrote Schatten
Politische Winkelzüge auf Cardassia Kategorie: Star Trek (Literatur) - Autor: Christian Siegel - Datum: Montag, 15 Februar 2016
 
Cover (c) Cross Cult
Titel: "Star Trek - The Fall: Der karminrote Schatten"
Originaltitel: "Star Trek - The Fall: The Crimson Shadow"
Bewertung:
Autor: Una McCormack
Übersetzung: Christian Humberg
Umfang: 294 Seiten
Verlag: Cross Cult (D), Pocket Books (E)
Veröffentlicht: 12. Oktober 2015 (D), 24. September 2013 (E)
ISBN: 978-3-86425-779-7 (D), 978-1-4767-2220-7 (E)
Kaufen: Taschenbuch (D), Kindle (D), Taschenbuch (E), Kindle (E)
 

Kurzinhalt: Cardassia befindet sich im Aufruhr: In Kürze sollen die Truppen der Föderation abziehen. Während einige mit großer Sorge auf die Zeit nach dem Abzug blicken, kann es für andere gar nicht schnell genug gehen. Tag für Tag werden die Ressentiments gegen die Föderation größer, geschürt von einer neuen isolationistischen Bewegung, die sich "Cardassia zuerst" nennt und vom jungen, aufstrebenden Politiker Evek Temet angeführt wird. Um einen politischen Flächenbrand zu verhindern, beschließt die Anführerin der cardassianischen Regierung, Castellan Garan, einen wichtigen politischen Termin abzusagen und nach Cardassia zurückzukehren – stehen doch in Kürze Neuwahlen an. Falls Evek Temet und seine Bewegung diese gewinnen sollten, würde dies die Beziehung mit der Föderation schwer belastet, und könnten sogar zu einem Ende der Allianz führen. Für Elim Garak, der im Hintergrund am Aufbau eines neuen Cardassia gearbeitet hat, wäre so ein Rückschritt in alte, vergangene Tage ein Schreckensszenario. Zusammen mit Captain Picard, einem verdeckten Ermittler im Kreis der Aufwiegler sowie einigen aufrechten Cardassianern versucht er, zu verhindern, dass Evek Temet an die Macht gelangt – und stößt dabei auf ein schreckliches Geheimnis…

Review: Auch wenn auf dem Cover groß und prominent die U.S.S. Enterprise (E) prangert: Die "Next Generation"-Crew spielt in "Der karminrote Schatten" nur eine Nebenrolle. Lediglich Picard, Worf und die neue Sicherheitschefin Aneta Šmrhová bekommen ein paar Auftritte, und Beverly Crusher darf zumindest kurz mal in die Kamera winken, bildlich gesprochen. Der Rest glänzt mit Abwesenheit. Stattdessen wird hier in erster Linie die Geschichte von Cardassia aus dem "Deep Space Nine"-Fortsetzungsromanen weitererzählt. Wer sich also so wie ich ein "richtiges" TNG-Abenteuer mit der neuen Crew erwartet, wird unweigerlich enttäuscht werden. Das ist allerdings nicht der einzige Grund, warum mir "Der karminrote Schatten" noch eine Spur schlechter gefallen hat als der ohnehin schon nicht überragende Einstieg in die "The Fall"-Reihe. So fiel mir wie schon bei "Risiko" die Angewohnheit der Autorin negativ auf, gelegentlich auf eine Art Erzähler zurückzugreifen, der den Zuschauer dazu einlädt, sich bestimmte Orte, Bilder, Momente usw. vorzustellen, bzw. uns über bestimmte Figuren berichtet. Vor allem auf den ersten rund 50 Seiten nutzt sie dieses Stilmittel mehrmals. Für "Star Trek"-Verhältnisse schon sehr ungewohnt. Mein Problem ist aber sogar weniger der Einsatz dieses Erzählers, als dass sie es nicht konsequent durchzieht. Dadurch stechen die betreffenden Momente einfach unangenehm hervor, und rissen mich aus der Geschichte heraus.

Eben diese Geschichte empfand ich dann leider auch nicht unbedingt als großes Highlight. Zu offensichtlich, zu aufgesetzt und zu aufdringlich waren mir die Parallelen der Situation auf Cardassia mit ähnlichen Vorfällen aus der Vergangenheit und Gegenwart. Etwas, dass ich am SF-Genre so schätze, ist die Möglichkeit, aktuelle Probleme aus der hitzigen Diskussion herauszulösen und dem Zuschauer zu erlauben, durch einen anderen, abstrakteren Kontext Abstand zu gewinnen und dadurch neue Facetten zu entdecken. Ich weiß, dass die TOS-Folge "Bele jagt Lokai" auch ihre Gegner hat, und natürlich war das mit dem schwarz/weißen und weiß/schwarzen Gesicht ungemein plakativ. Aber dadurch, dass Rassismus auf ein außerirdisches Volk umgelegt und zudem derart überhöht dargestellt wurde, machte man das Problem – und wie lächerlich Rassismus aufgrund von unterschiedlichen Hautfarben ist – deutlich. "Der karminrote Schatten" schafft es aber nicht, der grundsätzlich nicht uninteressanten Thematik durch die Verlagerung nach Cardassia neue Aspekte abzugewinnen. Es scheint Una McCormack auch weniger darum zu gehen, auf irgendeine Art und Weise Stellung zu beziehen, oder eine Diskussion über das Thema auszulösen. Vielmehr scheint ihr daran gelegen zu sein, ihren Roman durch diese geschichtlichen und aktuellen Elemente aufzuwerten. Sie verwendet also nicht die SF-Umgebung, um diese Themen zu beleuchten, sondern nutzt diese Themen vielmehr, um ihren SF-Roman zu "erden". Das Ergebnis davon ist allerdings, dass "Der karminrote Schatten" teilweise wie ein Wiederkäuen altbekannter Entwicklungen sowohl aus der Vergangenheit als auch der Gegenwart wirkt. Anstatt die Phantasie anzuregen, schränkt der Roman diese eher ein, ging es mir viel zu bekannt, gewöhnlich und "weltlich" zu.

Das allein wäre noch kein Beinbruch, wenn die Erzählung doch wenigstens spannend und packend wäre. Aber leider kann ich "Der karminrote Schatten" auch das nicht attestieren. Mir fehlten sowohl große Spannungsmomente als auch dramatische Entwicklungen. Es hilft auch nicht, dass wir einen Großteil des Romans mit (zumindest mir) bislang völlig unbekannten Figuren – wie der cardassianischen Ermittlerin – verbringen, zu der wir bisher keinen Bezug haben. Wobei Una McCormack in meinen Augen auch nicht viel dafür tut, um dies zu ändern. Grundsätzlich müssen neue Figuren ja nichts schlechtes sein, aber hier gelang es irgendwie keinem der neuen Protagonisten, mich so richtig anzusprechen. Zum Glück gibt es dann aber doch noch ein paar positive Aspekte, die einen völligen Absturz verhindern. Hier ist in erster Linie Elim Garak zu nennen – verbringen wir doch angenehm viel Zeit mit dem wohl bekanntesten und beliebtesten "Star Trek"-Schneider. Er ist mit weitem Abstand meine Lieblingsfigur aus "Deep Space Nine", und so habe ich mich über das ausgedehnte Wiedersehen sehr gefreut. Als einen Höhepunkt empfand ich auch die Schilderung von und Diskussion über den fiktiven cardassianischen Roman, den Garak Picard schenkt (tatsächlich könnte ich mir sogar vorstellen, dass es spannender und interessanter gewesen wäre, diesen zu lesen, als den Roman den uns Una McCormack hier vorsetzt). Und auch wenn "Der karminrote Schatten" die ganz großen Spannungsmomente vermissen lässt, so gab es zwischendurch doch immer wieder ein paar gute Momente und gelungene Dialoge. Insgesamt also sicherlich kein Reinfall – aber nach "Ereignisse aus Ruinen" konnte mich somit halt leider auch der zweite Roman der "The Fall"-Reihe nicht wirklich begeistern.

Fazit: Angesichts der Tatsache, dass ich größerer TNG- statt DS9-Fan bin, und das Cover einen großen Auftritt der (neuen) Crew rund um Captain Picard verspricht, dieses Versprechen dann aber nicht einlöst, hatte "Der karminrote Schatten" von vornherein bei mir keinen leichten Stand. Leider gelang es dem Roman auch nicht, mich im weiteren Verlauf noch zu versöhnen und gütig zu stimmen. Una McCormack erzählt hier eine Geschichte mit Bezügen sowohl zur Vergangenheit und Gegenwart, verabsäumt es dabei in meinen Augen aber leider, der darin geschilderten Thematik neue Aspekte abzugewinnen. Es geht nicht über ein reines Wiederkäuen hinaus, das eher dazu gedacht zu sein scheint, ihren Roman aufzuwerten, als vielmehr eine Diskussion über die entsprechenden Themen auszulösen. Hier lässt "Der karminrote Schatten" viel Potential ungenutzt liegen. Zu allem Überfluss waren mir diese Bezüge dann auch noch viel zu aufdringlich und aufgesetzt. Irritiert hat mich auch die neuerliche sporadische Verwendung einer Art Erzähler-Figur. Wenn Una McCormack diesen Stil denn wenigstens den ganzen Roman über beibehalten würde; das wäre zwar für "Star Trek" auch noch sehr ungewöhnlich, aber dann würden die wenigen Stellen wo sie sich dieses Stilmittels bedient wenigstens nicht so unangenehm hervorstechen. Last but not least fehlte es mir dann auch an Spannung, Dramatik, und fand ich den Inhalt generell etwas dürftig. Schlecht ist der Roman trotzdem nicht, wobei vor allem der gelungene Auftritt von Elim Garak, vereinzelte gute Momente und Dialoge, sowie der eingebaute fiktive cardassianische Roman – wo ich vor allem die Diskussion zwischen Picard und Garak über diesen sehr interessant fand – positiv hervorstechen. Aber wirklich begeistern konnte mich dieser karminrote Schatten halt leider nicht.

Bewertung: 2/5 Punkten
Christian Siegel


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Weiterführende Links:
Review zu "Star Trek - The Fall: Erkenntnisse aus Ruinen"
Episodenreview zu "Bele jagt Lokai"





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