Wing Commander III: Heart of the Tiger |
Ein Quantensprung für den PC-Spiele-Sektor
Kategorie:
Games -
Autor: Christian Siegel - Datum:
Freitag, 09 Oktober 2015 |
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Kurzinhalt: Die Menschheit befindet sich im Krieg gegen die Kilrathi zunehmend auf dem Rückzug. Nach der Zerstörung der Concordia wird der Geschwaderführer Colonel Christopher Blair, Rufname Maverick, von Admiral Tolwyn auf den abgehalfterten Kreuzer T.C.S. Victory versetzt. Zu Beginn ist Blair über diesen Befehl alles andere als erfreut, nachdem er jedoch dessen Kommandanten, Captain Eisen, sowie die engagierten Piloten des Schiffes kennengelernt hat, beginnt er sich mit der Versetzung langsam aber sicher anzufreunden. In den darauffolgenden Wochen fliegt er eine anstrengende und wichtige Mission nach der anderen. So gilt es z.B. zu verhindern, dass die Kilrathi mit Hilfe einer Biowaffe das komplette Leben auf dem Planeten Locanda IV auslöschen. Dank dem erfolgreichen Abschluss der Einsätze scheint sich das Kriegsgeschick dann schließlich zu wenden. Admiral Tolwyn präsentiert einen Plan, um den Krieg zu Gunsten der Menschheit zu entscheiden: Den Weltenvernichter Behemoth. Nach einem ersten erfolgreichen Testeinsatz bereitet man sich darauf vor, direkt nach Kilrah zu springen um den Planeten zu zerstören. Doch an Bord der T.C.S. Victory befindet sich ein Verräter… Review: ![]() Als "Wing Commander III: Heart of the Tiger" im Winter 1994 in die Läden kam, stand es auf meiner Weihnachts-Wunschliste ganz oben. Das Christkind war dann auch ganz brav und legte es mir unter den Christbaum – allerdings hatte ich zu diesem Zeitpunkt immer noch meinen 386er zu Hause stehen, mit dem es beim besten Willen nicht vernünftig spielbar war. Insofern war mein nächster Wunsch – für meinen Geburtstag, der zum Glück Anfang Februar folgte – ein Pentium-PC. Heißt aber auch, dass ich 1-1/2 Monate nichts anderes machen konnte, als die Packung zu bewundern, mir wieder und wieder die Spielebeschreibung sowie den Test in der PC-Games (mit der damaligen Rekordwertung von 96%) durchzulesen, auf das natürlich im Zimmer aufgehängte Poster zu starren, und so weiter. In diesen Wochen baute sich eine enorme Erwartungshaltung auf, die "Wing Commander III: Heart of the Tiger" zu mehr machten als nur einem PC-Spiel. Es wurde, zumindest für mich, zu einem echten Ereignis. Und zu meiner großen Freude und Begeisterung hat mich das eigentliche Spiel, als ich es dann endlich zocken konnte, auch alles andere als enttäuscht, sondern im Gegenteil meine Erwartungen sogar noch übertroffen. Natürlich waren auch die ersten beiden Spiele schon großartig, in vielerlei Hinsicht revolutionär, und zählten damals bei ihrer Veröffentlichung – so wie ja auch der dritte Teil, der auf damals beispiellosen vier CDs ausgeliefert wurde und als eines der ersten Spiele einen Pentium-PC praktisch erforderte (mit einem 486er und viel Arbeitsspeicher hatte man ev. auch noch eine Chance) – zu den innovativsten und modernsten Titeln. Dennoch stellte der dritte Teil im Vergleich zu den Vorgängern noch einmal einen absoluten Quantensprung dar. ![]() Von den Schauspielern abgesehen konnten auch die Zwischensequenzen an sich begeistern, und waren damals revolutionär. Das 10-minüte Intro allein war damals etwas völlig neues, und schaffte es sofort, mich in den Bann zu ziehen. Von Anfang an vermittelt "Wing Commander III" das Gefühl, einen Hollywood-Film zu spielen. Etwas, dass wohl schon immer Chris Roberts Vision war – hier gelang es ihm nun zum ersten Mal, diese auch zu verwirklichen. Nach dem packenden und für damalige Verhältnisse außergewöhnlich langen Intro gab es dann nicht nur zahlreiche Szenen zur Interaktion auf dem Schiff, auch sämtliche Einsatzbesprechungen wurden gefilmt. Großartig auch die Startsequenz, die sich Anleihen an jener zum allerersten "Wing Commander"-Spiel nimmt (was bei den Alarmstarts ganz besonders deutlich wird, da der neue Komponist George Oldziey dort die damalige Musik zitiert). Insgesamt wurde man so für jede erfolgreich abgeschlossene Mission mit einer neuen, tollen Zwischensequenz, neuen Dialogen und generell einem Fortschreiten der Geschichte belohnt – was meine Motivation ins Unermessliche steigern ließ, wobei ich mich dennoch zurückhielt und jeden Tag nur eine Mission spielte, um so lange als möglich etwas von "Heart of the Tiger zu haben. Neben den einzelnen Szenen mit Schauspielern hatten es mir aber auch die CGI-Szenen im Weltraum angetan. Diese waren damals ja gerade modern (Stichwort "Babylon 5"). Heutzutage leiden diese, so wie alle FMV-Szenen des Spiels, unter der extrem niedrigen Auflösung, mit der diese auf die CD gepresst wurden ("Heart of the Tiger" wäre wirklich mal ein Spiel, wo sich eine Remastered-Version anbieten würde – vorausgesetzt, man findet das Original-Filmmaterial noch irgendwo), aber damals konnten sie mich absolut begeistern, und belohnten mich immer wieder mit neuen beeindruckenden Szenen, wie z.B. dem Angriff der Behemoth (ein ganz besonderes Schmankerl ist auch das üble Ende mit der Eroberung der Erde der Kilrathi, weshalb ich allen nur raten kann, zumindest 1x auch den Verliererpfad zu spielen). ![]() So wie bei den Vorgängern finden auch die Missionen von "Wing Commander III" wieder nicht in einem Vakuum statt. Vielmehr werden sie dazu verwendet, um die packende Geschichte der alles entscheidenden Ära im Krieg gegen die Kilrathi zu erzählen. Die Missionsführung ist dabei wieder dynamisch, was bedeutet, dass ein verlorener Einsatz nicht gleich zum "Game Over" führt (sofern man ihn überlebt), sondern einen vielmehr auf den Verliererpfad bringt, der sich ebenfalls mit einigen tollen Missionen auszeichnet. Erledigt man diese erfolgreich, hat man noch eine Chance, wieder auf die Gewinnerstraße zurückzukehren. Wenn nicht, oder wenn man entscheidende Missionen versemmelt, darf man sich hingegen in eine letzte Verzweiflungsschlacht stürzen, um die Erde zu verteidigen – während einem der erfolgreiche Pfad letztendlich nach Kilrah führt, um den Planeten zu vernichten. Auch abseits des Missionspfades selbst kann die Geschichte von "Wing Commander III" absolut begeistern. Sie wartet u.a. wieder mit einer Verräter-Storyline sowie mit zahlreichen überraschenden und teils schockierenden und tragischen Wendungen auf. Nie zuvor ist es einem PC-Spiel gelungen, mich so zu packen und mitzunehmen. Einen großen Anteil daran haben auch die gut ausgearbeiteten Figuren, welche die T.C.S. Victory bevölkern, und dem Spieler – so wie die dynamische Missionsführung und die von unseren Erfolgen oder Misserfolgen unmittelbar beeinflusste Geschichte – das Gefühl geben, Teil eines lebenden und atmenden Universums zu sein. Egal ob die katzenhassende Cobra, der sensible Musiker Vaquero, der ruhig-coole Kartenspieler Vagabond, die geborene Fliegerin Flint, die aufgeweckte Mechanikerin Rachel, der verwöhnte Schnösel Flash, der Verschwörungstheoretiker Radio Rollins, der besonnen-souveräne Captain Eisen, der Kilrathi-Verräter Hobbes, unser guter alter Freund Paladin, der arrogante Admiral Tolwyn oder auch der frech-verrückte Maniac… sie alle wirklich wie echte Personen, und nicht einfach nur wie Nichtspieler-Charaktere. ![]() Auch bei der Spielegrafik hat sich im Vergleich zu den Vorgängern viel getan. Die doch etwas comichafte Grafik wird durch realistische 3D-Modelle ersetzt, die damals ordentliche Ansprüche an die Prozessoren stellten. Natürlich muss man auch hier noch auf später durch Grafikkarten mit Hardwarebeschleunigung etablierte Errungenschaften wie Kantenglättung etc. verzichten. Dennoch finde ich, dass sich die Grafik auch heutzutage durchaus noch sehen lassen kann, wobei vor allem auch die Großkampfschiffe bzw. Raumstationen – die sich teilweise auch durchfliegen lassen – beeindrucken. Wenn man z.B. mal fast eine Minute an der Behemoth vorbeifliegt, um sie zu passieren, kann das schon was. Auch das Design ist absolut phantastisch. Sowohl was die Raumjäger als auch die Großkampfschiffe betrifft, präsentiert "Wing Commander III" meine absoluten Lieblingsdesigns aus der Reihe. Gerade auch die asymetrischen Designs der Kilrathi stechen für mich dabei hervor, aber auch die Schiffe der Konföderation haben es mir durchaus angetan. Ein kleiner Bug hat sich jedoch bei den Großkampfschiffen eingeschlichen. So kann's z.B. beim Anflug auf die Victory passieren, dass selbst bei einem schrägen Anflug auf den Hangar die Frontperspektive eingeblendet wird – doch das ist vernachlässigbar. Das einzige größere Manko der Grafik ist die Gestaltung der – wenigen – Planetenmissionen, da die Landschaften ungemein karg sind. Hier geriet man ressourcentechnisch dann halt doch an die Grenzen des damals machbaren (sprich von einem Heim-PC animierbaren). Womit wir allerdings auch schon den Bogen zu den Missionen selbst geschlagen hätten. Hier fällt zuerst einmal auf, dass der Spieler nun zumeist eine größere Kontrolle darüber hat, wie er diese bestreiten will – können wir uns doch im Normalfall das Schiff, die Raketenbeladung und den Flügelmann selbst aussuchen. ![]() Abseits der Missionen ist man beim Gameplay wieder vor der Systematik aus "Vengeance of the Kilrathi", das ganze Spiel über im Prinzip nur in einer Kabine zu verbringen, dort zu laden/speichern, auszusteigen bzw. die nächste Zwischensequenz auszulösen, abgegangen. Stattdessen wandeln wird zwischen den Missionen wieder durchs Schiff, um die einzelnen verfügbaren Interaktionen auszulösen. Das können manchmal 3-4 auf einmal sein, dann wieder scheint das Schiff verlassen zu sein. Für alle Neuankömmlinge die vielleicht (hoffentlich) nach meiner Lobeshymne Lust bekommen haben, das Spiel zu spielen, zwei Tipps. Erstens: Beim durchstreifen des Schiffes nicht aufs Landedeck vergessen! Dort steht gelegentlich Rachel als optionaler Gesprächspartner bereit. Zudem rate ich dazu, nach einem einmaligen Durchlauf durchs gesamte Schiff die Übergänge in der Spielsteuerung auszuschalten. Damit meine ich die kurzen Mini-Zwischensequenzen, die den fahrenden Aufzug zeigen, oder aber, wie Blair einen Raum betritt oder wieder verlässt. Zwar ist es grundsätzlich nett, dass diese eingebaut wurden – und zeigt den Aufwand und die Liebe zum Detail, die man betrieben hat – aber sie halten den Spielfluss nur unnötig auf, und wiederholen sich zudem die ganze Zeit, weshalb man sich an ihnen doch recht schnell satt sieht. Davon abgesehen gefällt mir aber die Gestaltung der Spielewelt abseits der Missionen sehr gut – und auch die Freiheit, sich selbst durchs Schiff bewegen zu können. Abschließend muss ich nun auch unbedingt noch ein lobendes Wort zu George Oldzieys Musik verlieren. Egal ob in den Missionen (wo die Musikbegleitung wieder situationsabhängig ist) oder den Zwischensequenzen, seine Kompositionen zählen – trotz der aufgrund der Kompression und der damals zur Verfügung stehenden Synthesizer eingeschränkten Klangqualität – mit zum Besten, was der Videospiel-Sektor je gesehen (bzw. gehört) hat. Was natürlich auch für das Spiel in seiner Gesamtheit gilt. Fazit: ![]() Gesamtwertung: ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]()
Christian Siegel
Weiterführende Links: "Wing Commander"-SPECiAL
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