Die Entstehungsgeschichte
Kategorie: Sonstige - Autor: Christian Siegel - Datum: Donnerstag, 22 Mai 2008
 






Zum Indy IV Special

"Indiana Jones und der letzte Kreuzzug" (1989) galt lange als letzter Film der Reihe. Die Hoffnung, dass Indy doch noch einmal auf der Kinoleinwand seine Peitsche schwingt, hielt sich über all die Jahre dennoch hartnäckig und wurde durch zahlreiche Gerüchte immer wieder genährt, die schließlich bis zu dem neuen Film führten, den wir jetzt endlich im Kino begutachten dürfen. Wie lang und ereignisreich der Weg bis dorthin war, zeigt unsere ausführliche Entstehungsgeschichte von "Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels"...

Indiana Jones und die Suche nach der Fortsetzung


Bereits als 1981 "Jäger des verlorenen Schatzes" in die Kinos kam, wurde bekannt, dass die Abenteuer des Indiana Jones als Trilogie ausgelegt sind. Insofern war es auch nicht weiter überraschend, als "Indiana Jones und der letzte So entstand Indy IV...Kreuzzug" (1989) als letzter Film der Reihe angekündigt wurde, und auch deutlich so konzipiert war. Und so nahm Henry Jones Jr. nach diesem Abenteuer den Hut – zumindest auf der Kinoleinwand, denn in anderen Medien feierte er schon bald eine Rückkehr. So schuf George Lucas für das Fernsehen die Serie "The Adventures of Young Indiana Jones", die jedoch viele Fans enttäuschte, da sie weniger wert auf Abenteuer und mehr wert auf die Vermittlung historischer Ereignisse legte, und damit mehr in die Edutainment-Schiene fiel. Auch auf dem PC-Schirm feierte Indy schon bald ein Comeback: Zuerst in den beiden Spielen zu "Indiana Jones und der letzte Kreuzzug" (1x ein recht einfallsloses Jump & Run, und 1x ein zwar kurzes, aber sehr atmosphärisches Adventure), und 1992 schließlich in einem völlig neuen Abenteuer: "Indiana Jones and the Fate of Atlantis" überzeugte Fans und Spielekritiker gleichermaßen mit der sehr originellen Handlung, die sich in bester Tradition der Filme präsentierte.


Vom PC-Spiel zum Film? - "Indiana Jones and the Lost Continent"

Insofern ist es auch nicht verwunderlich, dass die ersten Gerüchte zu einem 4. Indiana Jones-Film mit einer Verfilmung dieses beliebten Computerspiels – oder zumindest dessen Grundidee – zu tun hatten: 1994 sagte Harrison Ford beim Filmfestival in Venedig, dass er sich vorstellen könnte, ein 4. und letztes Mal Peitsche und Hut zu schnappen und in die Rolle des Abenteurers zu schlüpfen. Zwei Monate später kamen dann erste Gerüchte auf, worum es bei der Fortsetzung gehen könnte, und sogar einen Titel hatte man bereits parat: "Indiana Jones and the Lost Continent". Dieser Filmtitel legte nahe, dass der 4. Film der Reihe entweder eine Verfilmung des Computerspiels sein oder zumindest auf dessen Grundidee der Suche nach Atlantis basieren könnte. Doch die Hoffnungen der Indy-Fangemeinde wurde im Frühjahr des darauffolgenden Jahres der erste von vielen Dämpfern verpasst, als klar wurde, dass noch kein Drehbuch für ein mögliches weiteres Abenteuer von Indiana Jones existiert.

Die Wahrheit hinter diesem Gerücht, dass auf Harrison Fords knappen Kommentar basiert, ist wohl eine andere, denn mittlerweile hat George Lucas mehrmals kolportiert, dass er während der Produktion der Young Indy-Serie die Idee für einen weiteren MacGuffin hatte – der jedoch mit Atlantis nicht das geringste zu tun hatte. Ein McGuffin ist jenes mysteriöse Handlungselement, das die Story in Gang setzt und die Figuren antreibt; egal ob sie es nun besitzen, zerstören oder sonst etwas damit anstellen wollen. Einer der bekanntesten und wohl auch besten McGuffins ist z.B. der eine Ring aus "Der Herr der Ringe". Es handelt sich dabei zumeist um ein wichtiges, mächtiges und/oder mysteriöses Objekt. In "Jäger des verlorenen Schatzes" hatte George Lucas den seiner Meinung nach besten McGuffin gefunden: Die Bundeslade. Es war bereits schwer genug, danach noch zwei andere mystische Objekte zu finden, die man ins Zentrum eines weiteren Indiana Jones-Abenteuers stellen konnte, und weder mit den Sankara-Steinen noch mit dem etwas sehr offensichtlichen Gral (der nur mehr eine Notlösung war und auf den sich Lucas und Spielberg nur mit Müh' und Not einigen konnten) war er sonderlich zufrieden. Insofern stand für Lucas nach dem 3. Teil fest, dass es das jetzt war, und dass es keine weiteren Indy-Kinofilme mehr geben würde: Er hatte einfach keine Ahnung, welchen McGuffin er noch einbauen könnte.


Der Geistesblitz beim "Young Indy"-Dreh

Während der Dreharbeiten zur Young Indy-Serie hatte er dann allerdings plötzlich einen Geistesblitz: Ein Kristallschädel, und zwar, so scheint es, außerirdischen Ursprungs (mehr dazu in unseren FAQ zu "Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels"). Dieser hat eine durchaus reale Hintergrundgeschichte (auch dazu findet ihr in den FAQs mehr) und wurde auch vom Autor Max McCoy als verbindendes Element in seinen vier Indiana Jones-Romanen genutzt. Allerdings war Spielberg von dieser Idee nicht wirklich überzeugt, und auch wenn man eine Weile versucht hat eine Lösung zu finden, mit der das komplette Indiana Jones-Triumvirat (bestehend aus George Lucas, Steven Spielberg und Harrison Ford) zufrieden war, legte man das Projekt schließlich auf Eis, und Lucas zog sich zurück, um zuerst an der Aufpeppung der Effekte der originalen Star Wars-Trilogie und deren "Special Editions" zu arbeiten, und sich danach auf die Prequels zu stürzen. Damit schien eine weitere Indiana Jones-Fortsetzung in weite Ferne gerückt.



Indy auf dem Mond? - Die Gerüchteküche brodelte

Dies hinderte allerdings nicht, dass in den folgenden Jahren unzähligen Gerüchte zu einem weiteren Abenteuer von Indiana Jones aufkommen sollten – um jedoch allesamt dementiert zu werden. Im Frühjahr 1995 gab Jeffrey Boam (Drehbuchautor von "Indiana Jones und der letzte Kreuzzug") im privaten Kreis bekannt, ein Drehbuch mit dem Titel So entstand Indy IV..."Indiana Jones and the Sons of Darkness" geschrieben zu haben. Die Gerüchte, worum es darin ging, reichten von einer geheimen Mondbasis der Soviets bis hin zum Ufo-Absturz in Roswell, doch genaue Details sind bis heute nicht bekannt. Zwar tauchte wenige Wochen nach diesen Gerüchten ein Drehbuch mit besagtem Titel im Internet auf, dabei handelte es sich jedoch um eine Fälschung. Ein Jahr später gab es das Gerücht, dass es gleich 3 potentielle Drehbücher für ein weiteres Indiana Jones-Abenteuer gäbe. Eines davon war "Indiana Jones and the Monkey King" (alternativer Titel "Indiana Jones and the Garden of Life"), geschrieben von Chris Columbus, der ein paar Jahre später den jungen Zauberlehrling Harry Potter auf die Leinwand bringen sollte. Das Skript ist echt und kann u.a. hier heruntergeladen und gelesen werden, zudem findet ihr in diesem Teil unseres Specials eine kurze Zusammenfassung des Inhalts inklusive ausführlicher Kritik.
Jedoch stellte sich schon bald heraus, dass es sich bei diesem Entwurf um ein alternatives Drehbuch für das 3. Indy-Abenteuer handelte – was natürlich nicht heißt, dass es zu einem gewissen Zeitpunkt nicht auch für den 4. Indiana Jones-Film im Gespräch war.

Ein weiteres Drehbuch war "Indiana Jones and the Saucer Men from Mars", geschrieben von Jeb Stuart. Darin ging es um einen Ufo-Absturz und um ein mysteriöses außerirdisches Artefakt, um das ein heftiger Wettstreit zwischen amerikanischen Kräften und den Russen entbrennt. Das 3. Drehbuch mit dem Titel "Indiana Jones and the Sword of Arthur" stammt aus der Feder zweier angehender Autoren, die es als sogenanntes Spec Script (d.h. ein Drehbuch auf "gut Glück", ohne konkreten Auftrag eines Filmstudios) eingereicht haben. Dort macht sich Indy, wie der Name schon sagt, auf die Suche nach Excalibur, und findet sich mitten in einem Jahrhunderte währenden Kampf zwischen den Nachkommen der Ritter der Tafelrunde und der Anhänger von Mordred wieder. Auch diese beiden Drehbuchentwürfe können online heruntergeladen werden, und werden in diesem Teil unseres Specials näher besprochen. Doch egal ob nun diese 3, zu denen mehr bekannt ist, oder die zahlreichen anderen Drehbücher oder Handlungsfetzen, die gerüchteweise zu Indiana Jones 4. im Internet herumschwirrten – allen ist gemein, dass sie von Lucas und Spielberg letztendlich nicht angenommen wurden. Und so blieb das Projekt einige Jahre auf Eis – trotz aller hartnäckiger, immer wieder aufkommender Gerüchte, ein 4. Abenteuer des Archäologen stünde unmittelbar bevor.


Die Wende im Jahr 2000

Wirklich konkret sollte es allerdings erst wieder im Jahr 2000 werden. Irgendwann nach der Jahrtausendwende hatte es Lucas scheinbar doch noch geschafft, Ford und Spielberg von seinem McGuffin zu überzeugen. Er machte ihnen einfach klar, dass dies die einzige Idee ist, die ihm eingefiel ist und die ihm halbwegs brauchbar erschien – entweder, man würde sie nehmen und versuchen sie in Form zu bringen, oder es würde keinen 4. Teil mehr geben. Spielberg und Ford stimmten offensichtlich zu, woraufhin Spielberg auf den damals hoch im Kurs stehenden M. Night Shyamalan zuging (der kurz zuvor mit "The Sixth Sense" einen absoluten Überraschungshit gefeiert hatte) und ihm anbot, ein Drehbuch für den 4. Film zu schreiben. Dieser erbat sich ein wenig Bedenkzeit, lehnte jedoch schließlich ab, da er sich lieber weiter auf eigene Ideen konzentrieren und diese umsetzen wollte anstatt die Fortsetzung einer etablierten Filmreihe auf die Beine zu stellen. Ein weiterer herber Rückschlag bei dem Versuch, den Abenteurer mit Hut und Peitsche erneut auf die Leinwand zu bringen.



Darabont, Nathanson, Koepp... 
Eine Drehbuch-Odyssee mit Happy End


Doch Ersatz war bald gefunden: Am 17. Mai 2002 wurde offiziell angekündigt, dass Frank Darabont damit beauftragt wurde, das Drehbuch für den 4. Indiana Jones-Film zu schreiben, welches bereits auf Lucas' Idee des Kristallschädels So entstand Indy IV...beruhte. Ende Januar 2004 war es dann nach einigen Rewrites endlich fertig und wurde an Spielberg übergeben, der sich von Darabont's Arbeit begeistert zeigte. Auch Ford war mit dem Skript sehr zufrieden und gab seine Zustimmung. Damit schien ein weiteres (letztes?) Filmabenteuer von Indiana Jones in greifbare Nähe gerückt, doch nur wenige Tage später wurden all diese Hoffungen zerschlagen, und es schien, als solle es einfach nicht sein. Zuerst wurde nur bekannt, dass das Drehbuch von Spielberg und Lucas nun doch noch abgelehnt wurde, später stellte sich heraus, dass wohl Lucas der Drahtzieher dieser Revolte war, und Spielberg ohne die Zustimmung seines Kollegen und Freundes nicht weitermachen wollte. Nach seinen Änderungen bei der Special Edition der Star Wars-Filme sowie den in weiten Teilen des Fandoms sehr kritisch aufgenommenen Prequels avancierte Lucas damit ein weiteres Mal zum Buhmann der Kinogemeinde. Über die Hintergründe herrscht bis heute Rätselraten. Einige vermuten, dass Darabonts Entwurf nicht genug Action beinhaltete, andererseits könnte auch die Tatsache, dass Lucas zu dem Zeitpunkt als Darabont sein Skript eingereicht hat mit Episode III beschäftigt war, eine Rolle gespielt haben. Was genau auch der Grund gewesen sein mag, nach diesem erneuten Rückschlag war es fraglich, ob ein 4. Indiana Jones-Film jemals zustande kommen würde...

Immerhin, Lucas war mit einigen Grundgedanken aus dem Skript soweit einverstanden, dass kein völlig neues Drehbuch in Auftrag gegeben werden musste. Stattdessen wurde Jeff Nathanson, Drehbuchautor von "Terminal" und "Catch me if you Can", beauftragt, Darabonts Drehbuch zu überarbeiten. Gerüchten zu Folge war Lucas vor allem der Mangel an Action ein Dorn im Auge – hier sollte Nathanson Abhilfe schaffen. Eine Zeit lang sah es auch so als, als wäre es ihm gelungen, schienen doch sowohl Spielberg als auch Lucas mit seinem Entwurf zufrieden zu sein. Etwas später wurde allerdings bekannt, dass scheinbar auch sein Entwurf – trotz 1 oder zwei Rewrites – nicht gänzlich überzeugen konnte. Spielberg beschloss, noch einen letzten Versuch zu unternehmen, und David Koepp am Drehbuch feilen zu lassen, mit dem er kurz zuvor bei "Krieg der Welten" zusammengearbeitet hatte. Und tatsächlich sollte sich die Beauftragung von Koepp als Glücksgriff erweisen: Mitte 2006 reichte er seinen Drehbuchentwurf ein, und siehe da... sowohl Steven Spielberg und Harrison Ford als auch George Lucas stimmten zu. Genauere Details waren lange Zeit nicht bekannt, aber mittlerweile hat Koepp in Interviews bekannt gegeben, dass er für seinen Drehbuchentwurf Ideen fast aller bis dahin am Skript Beteiligten herausgepickt und zu einem neuen Mix zusammengefügt hat. Und zumindest die Grundhandlung – sowie einzelne Elemente – scheinen weiterhin stark auf Darabonts ursprünglich abgelehnten Entwurf aufzubauen.

Wie auch immer... nach jahrelangem Suchen nach der Fortsetzung war die Odyssee nun zuende, und Anfang 2007, nachdem Spielberg, Lucas und Ford sämtliche anderweitigen Verpflichtungen abgehakt hatten, konnte man endlich daran gehen, die lang erwartete Fortsetzung anzupacken. Nach und nach füllte sich die Besetzungsliste; neben Harrison Ford standen auch schon bald Shia LaBeouf, Cate Blanchett, John Hurt, Ray Winstone und Jim Broadbent fest. Bei den MTV Movie Awards wurde schließlich mit "Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels" der offizielle Titel des 4. Films verkündet, und im Juni 2007 begannen die Dreharbeiten, die schließlich am 1. November 2007 abgeschlossen wurden. Am 22. Mai hat das lange Warten dann ein Ende, und Kinofans weltweit können beurteilen, ob sich die lange Suche nach Indiana Jones' 4. Abenteuer auch wirklich gelohnt hat.


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Quellen:

http://www.theindyexperience.com
http://www.filmforce.ign.com/
http://www.aintitcool.com/
http://www.vanityfair.com/culture/features/2008/02/indianajones200802
SciFiNow, Ausgabe 14
TotalFilm, Ausgabe Juni 2008
Widescreen Vision, Ausgabe 05/08







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