Peripherie - 1x01: Alternative Realität
< Vorherige Episode | Nächste Episode >

Episodenbild (c) Amazon Studios

Originaltitel: Pilot
Episodennummer: 1x01
Bewertung:
Weltweite Internet-VÖ: 21. Oktober 2022 (Amazon Prime)
Drehbuch: Scott B. Smith
Regie: Vincenzo Natali
Besetzung: Chloë Grace Moretz als Flynne Fisher, Gary Carr als Wilf Netherton, Jack Reynor als Burton Fisher, Louis Herthum als Corbell Pickett, Melinda Page Hamilton als Ella Fisher, Chris Coy als Jasper Baker, Alex Hernandez als Tommy Constantine, Adelind Horan als Billy Ann Baker, Austin Rising als Leon, Eli Goree als Conner Penske, Charlotte Riley als Aelita West, David Hoflin als Daniel, Miles Barrow als Macon, Gavin Dunn als Edward, Harrison Gilbertson als Atticus, Duke Davis Roberts als Cash, Stephen Murphy als Murph, Sophia Ally als Young Aelita, Cal Watson als Speaking Koids, Jared Bankens als Buddy, Moe Bar-El als Reece, Chuku Modu als Carlos, Poppy Corby-Tuech als Mariel Raphael u.a.

Kurzinhalt: Im Jahr 2032 lebt Flynne Fisher mit ihrem Bruder sowie ihrer kranken Mutter am Rande einer amerikanischen Kleinstadt. Finanziell ist ihre Lage angespannt – nicht zuletzt, als die von ihrer Mutter benötigten Medikamente schweineteuer sind. Während Flynne in einem Geschäft arbeitet, verdient ihr Bruder Burton sein Geld in erster Linie als Gamer. So lässt er sich z.B. bei Koop-Spielen von anderen anheuern, um ihnen dabei zu helfen, das nächste Level zu erreichen. Allerdings ist beiden bewusst, dass Flynne eigentlich die bessere Gamerin von ihnen ist, weshalb er bei einzelnen Aufträgen immer wieder mal auf sie zurückgreift. So nun auch, wenn es um den Beta-Test eines brandneuen VR-Systems geht. Da der Auftrag überaus lukrativ ist, man das Geld jedoch nur bekommt wenn man die erste Mission erfolgreich absolviert, lässt sich Flynne dazu überreden, in Burtons Avatar zu schlüpfen. Sie ist vom gebotenen VR-Erlebnis geradezu überwältigt, fühlt es sich doch so an, als wäre sie wirklich vor Ort. Als sie jedoch am darauffolgenden Tag für eine zweite Mission einsteigt, verläuft diese alles andere als erfreulich. Zumal sie auch erkennt, dass es ihr nicht möglich ist, die Simulation von sich aus zu verlassen. Generell läuft der Einsatz diesmal nicht rund, und gelingt es Flynne nicht, das Level erfolgreich zu beenden. Wieder zurück in der Realität, nimmt jemand mit ihr Kontakt auf, und warnt sie davor, dass ihr Leben in Gefahr sei…


Review: Episodenbild (c) Amazon Studios Es ist seit Jahren gang und gebe, bei Filmen oder Serien mit "von den Produzenten von" zu werben – obwohl dies eigentlich so ziemlich am wenigsten aussagt, da sich die kreative Kontrolle von insbesondere den sogenannten ausführenden Produzenten (so kontraintuitiv es auch sein mag) meist in sehr argen Grenzen hält. Autoren und bei Filmen Regisseur, bzw. bei Serien Showrunner, sagen da schon deutlich mehr aus. Normalerweise bin ich recht gut darin, diese Augenauswischerei als eben solche zu erkennen – im Falle von "Peripherie" bin ich ihr nun aber ebenfalls auf den Leim gegangen, dachte ich doch, das wäre die neue Serie von Christopher Nolan und Lisa Joy, auf die sie sich nach dem Abschluss der vierten "Westworld"-Staffel – und während sie auf die Entscheidung ob einer allfälligen Fortsetzung seitens HBO warteten – gestürzt hätten. Stattdessen fungieren sie bei "Peripherie" vielmehr als eben solche ausführende Produzenten, was bedeutet, dass sich ihr Beitrag im Wesentlichen auf den finanziellen Aspekt (sprich, das nötige Budget aufzutreiben, und gegebenenfalls auch aus eigener Kasse zu eben diesem etwas beizusteuern) beschränkt.

Nun ist es nicht so, dass ich an "Peripherie" ohne ihre Beteiligung kein Interesse gehabt hätte. Dass die Romanvorlage von William Gibson stammt, war für mich zwar eher kein großes Plus (es tut mir leid, ich weiß, er ist ein hoch angesehener Autor, und das grundsätzlich auch sicher zu recht, aber ich habe mich vor rund zwanzig Jahren an seiner "Neuromancer"-Trilogie versucht, und diese nach rund 100 Seiten abgebrochen), umso mehr aber Chloë Grace Moretz in der Hauptrolle; immerhin hat die junge Dame seit ihrem Auftritt als Hit-Girl in "Kick-Ass" bei mir einen ganz großen Stein im Brett. Und das Konzept klang ebenfalls interessant und vielversprechend. Insofern hätte ich mir die Serie ganz bestimmt früher oder später vorgeknöpft. Dass sie nun quasi den Platz von "Sandman" übernommen hat (statt z.B. "House of the Dragon", oder die längst überfällige zweite Staffel von "The Witcher"; von dessen Prequel ganz zu schweigen), liegt eben daran, dass ich meine Enttäuschung über die Absetzung von "Westworld" noch nicht überwunden hatte, und aufgrund der prominenten Nennung von Christopher Nolan und Lisa Joy dachte, dass "Peripherie" den Trennungsschmerz lindern könnte. Letztendlich kann ich der Werbung und Berichterstattung diesbezüglich aber insofern nicht allzu böse sein, als ich zumindest mal die Auftaktfolge wirklich stark fand; sprich, es hat sich somit aus meiner Sicht zumindest ausgezahlt, mir die Serie eher früher als später vorzuknöpfen. Bereits den – im Jahr 2099 angesiedelten – Einstieg fand ich dabei sehr spannend. Die mysteriöse Begegnung zwischen Wilf und Aelita weckte sofort mein Interesse, was es mit dem Geschehen hier auf sich hat – wobei mir insbesondere ihre Worte darüber, dass sie zwar die Welt, aber nicht ihre Welt retten will, ins Ohr stachen. Was damit wohl genau gemeint ist? Geht es bei "Peripherie" um Parallelwelten, oder versucht man vielmehr, in die Vergangenheit einzugreifen, und so ihre Zukunft zu verändern/verhindern?

Episodenbild (c) Amazon Studios Eine ähnliche Frage stellte ich mir dann auch bei den VR-Szenen. Zwar war bei mir relativ rasch klar, dass sich Flynne (übrigens eine nette Anspielung auf den – thematisch verwandten – Disney-Klassiker "Tron"!) hier in einem künstlichen Avatar in der echten Welt befindet – doch wo genau? Also ja, in London natürlich, aber auch hier ergab sich für mich die Frage, ob dies eine alternative Realität ist, die dortige Gegenwart, oder vielleicht eine nahe Zukunft? Wir werden es wohl bald erfahren. Jedenfalls: Im Wissen, dass die Ereignisse in der vermeintlichen virtuellen Realität vielmehr in einer echten Realität stattfinden, war die erste Mission von Flynne einerseits spannend, und andererseits dann auch durchaus erschreckend, wenn man bedenkt, dass sie hier letztendlich – unwissentlich – ein reales Verbrechen begeht. Noch deutlich schockierender war dann aber natürlich ihr zweiter Besuch in dieser vermeintlich virtuellen Welt, wo ihrem Avatar ein Auge ausgerissen wird. Selbst im Wissen, dass es ein künstlicher Körper ist, aber aufgrund der Verbindung zwischen Avatar und "Spieler" ist der Schmerz für Flynne ja trotzdem echt. Das war schon ziemlich brutal. Aber auch der Gedanke, ohne Kontrolle in einer solchen "Simulation" gefangen zu sein, war erschreckend.

Abseits des neuen "VR"-Systems hatte es mir die hier vorgestellte Zukunftsvision generell durchaus angetan, wenn man auch argumentieren kann, dass keine zehn Jahre was die Weiterentwicklung von aktuellen Spiele- oder auch VR-Systemen betrifft etwas optimistisch erscheint. Wenn ich schon bei den eher kritischen Tönen bin: Ich hoffe doch, dass man uns noch erklärt, was es mit dieser Wundertablette auf sich hat, die Flynnes Mutter benötigt, weil für die wird ja doch ordentlich Kohle verlangt. Wenn Wilf dann am Ende mit ihr Kontakt aufnimmt und sie davor warnt, dass sie und ihre Familie in Gefahr sind, hatte ich zudem unweigerlich einen "Matrix"-Flashback. Darüber hinaus: Auch wenn ich es bis zu einem gewissen Grad verstehen kann, gab es hier doch viel zu erklären und etablieren, aber für meinen Geschmack war "Alternative Realität" etwas zu sehr darauf fokussiert, die Welt vorzustellen, auf Kosten der Figuren. Selbst über Flynn erfahren wir hier – abseits ihrer herausragenden Gaming-Kenntnisse – erstmal noch nicht wirklich viel. Hier wird der Rest der Staffel hoffentlich noch nachbessern. Last but not least muss ich gestehen, dass ich die Spiel- und VR-Szenen letztendlich deutlich interessanter und packender fand, als alles, was sich in der "echten" Welt abgespielt hat – was leider auch das Finale rund um den herannahenden Einsatztrupp gilt, der trotz der eigentlich gravierenden Bedrohung bei mir nur bedingt für eine (an)gespannte Erwartungshaltung sorgen wollte. Da interessieren mich die Antworten auf die von der Auftakt-Episode aufgeworfenen Fragen deutlich mehr. Ein weiteres Plus ist für mich definitiv auch Chloë Grace Moretz, die ich halt nun mal einfach sehr mag. Die Musik von Mark Korven (der bislang überwiegend im Horror-Genre im Einsatz war) ist angemessen düster. Und die Inszenierung von Vinzenzo Natali – der ab den 90ern mit einigen optisch hervorstechenden Filmen (wie u.a. "Cube") auf sich aufmerksam machte, sich jedoch auch noch nie fürs Fernsehen zu schade war (und dort u.a. für "Mission Erde", "Orphan Black", "Hannibal", "Lost in Space" und "Westworld" inszenierte) – ist ebenfalls (gewohnt) hochwertig. Ein klein bisschen kürzer hätte die Pilotfolge zwar schon sein können/dürfen. Und so viel, wie hier los ist, bin ich mir insbesondere beim Gangster-Plot nicht sicher, ob es den echt braucht. Insgesamt hat mich "Alternative Realität" aber definitiv abgeholt.

Fazit: Episodenbild (c) Amazon Studios Der Auftaktfolge von "Peripherie" ist es praktisch auf Anhieb gelungen, mein Interesse zu wecken. Einerseits mit der mysteriösen ersten Szene, und später dann insbesondere der Frage, was genau es mit der von Flynne besuchten (vermeintlichen) virtuellen Realität auf sich hat. Aber auch die hier vorgestellte, nicht so weit in der Zukunft liegende Welt fand ich interessant, wenn es dabei zugegebenermaßen auch einige Elemente gab, die mich doch noch eher verwirrten und/oder irritierten. Zudem hätte "Alternative Realität" sicher auch ein bisschen kürzer sein können. Vor allem aber haben mich letztendlich die Szenen in der (angeblichen) VR-Umgebung deutlich mehr gepackt, als das Geschehen in der "Wirklichkeit"; wobei mich insbesondere der Gangster-Plot nicht wirklich ansprechen wollte. In jedem Fall bin ich nach diesem Einstieg aber schon sehr darauf gespannt, zu erfahren, wie es mit Flynne & Co. weitergeht, und vor allem natürlich, was es mit all dem genau auf sich hat.

Wertung: 4 von 5 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © 2022 Amazon Prime Video)








Artikel kommentieren
RSS Kommentare

Kommentar schreiben
  • Bitte orientiere Deinen Kommentar am Thema des Beitrages.
  • Persönliche Angriffe und/oder Diffamierungen werden gelöscht.
  • Das Benutzen der Kommentarfunktion für Werbezwecke ist nicht gestattet. Entsprechende Kommentare werden gelöscht.
  • Bei Fehleingaben lade diese Seite bitte neu, damit ein neuer Sicherheitscode generiert werden kann. Erst dann klicke bitte auf den 'Senden' Button.
  • Der vorgenannte Schritt ist nur erforderlich, wenn Sie einen falschen Sicherheitscode eingegeben haben.
Name:
eMail:
Homepage:
Titel:
BBCode:Web AddressEmail AddressBold TextItalic TextUnderlined TextQuoteCodeOpen ListList ItemClose List
Kommentar: