Picard - 1x07: Nepenthe
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Originaltitel: Nepenthe
Episodennummer: 1x07
Bewertung:
Erstausstahlung USA: 05. März 2020 (CBS)
Erstausstahlung D: 06. März 2020 (Amazon Prime)
Drehbuch: Samantha Humphrey & Michael Chabon
Regie: Douglas Aarniokoski
Hauptdarsteller: Patrick Stewart als Jean-Luc Picard, Isa Briones als Soji Asha, Michelle Hurd als Raffi Musiker, Alison Pill als Dr. Agnes Jurati, Evan Evagora als Elnor, Santiago Cabrera als Cristobal 'Chris' Rios, Harry Treadaway als Narek.
Gastdarsteller: Jonathan Frakes als William T. Riker, Marina Sirtis als Commander Deanna Troi, Jonathan Del Arco als Hugh, Peyton List als Narissa Rizzo, Tamlyn Tomita als Commodore Oh, Lulu Wilson als Kestra Troi-Riker, Derek Webster als Romulan guard, Kay Bess als La Sirena computer u.a.


Kurzinhalt: Nach der waghalsigen Flucht vom Borgwürfel kommen Jean-Luc Picard und Soji auf dem paradiesischen Planeten Nepenthe an, auf den sich William Riker und Deanna Troi zurückgezogen haben, um ihren Lebensabend zu verbringen, und ihre gemeinsame Tochter Kestra großzuziehen. Dort wollen sie kurz durchatmen, und sich in Ruhe ihre nächsten Schritte überlegen. Vor allem aber muss sich Soji mit den jüngsten Offenbarungen, und ihrer wahren Natur, abfinden – und zudem nach dem erschütternden Verrat von Narek lernen, anderen wieder zu vertrauen. Währenddessen jagt Narissa an Bord des Borg-Kubus Hugh und Elnor. Und die Crew der La Sirena versucht verzweifelt, auf dem Weg nach Nepenthe ihren hartnäckigen Verfolger Narek abzuschütteln, um diesen nicht direkt zu Picard und Soji zu führen. Was sie jedoch nicht wissen: Agnes Jurati, die nach wie vor unter heftigen Selbstvorwürfen rund um den Tod von Bruce Maddox leidet, hat einen Peilsender in ihrem Körper…

Denkwürdige Zitate: "I'm not as brave as I used to be, Jean-Luc."
"Then you're getting wiser."
(Nur einer von vielen schönen Dialogen zwischen Jean-Luc und seiner alten Crew aus "Nepenthe".)

"There's been nothing but drama since we left Earth orbit."
(Die Autoren werden sich doch nicht etwa in Selbstironie üben?!)

Review (Achtung, enthält Spoiler!): Episodenbild (c) Amazon Schaffen wir meinen Hauptkritikpunkt an "Nepenthe" – der auch hauptverantwortlich dafür ist, dass ich die Folge nicht zur bisher besten Episode der Serie küren kann – gleich mal aus dem Weg: Die Angewohnheit der Autoren, altbekannte Gastfiguren zurückzuholen, nur um sie umzubringen, geht mir mittlerweile echt ordentlich auf den Sack. Zuerst Icheb (der einen der Bedeutung seiner Rolle bei "Voyager" absolut unwürdigen Tod starb, wobei dieser zumindest nicht sinnlos war, sondern Sevens Rache motivierte), dann Maxxox (der sobald seine Funktion für die Story – Picard die benötigten Informationen zu geben – erfüllt war, unzeremoniell entfernt wurde), und hier nun Hugh. Vor allem letzterer Tod traf mich dabei insofern, als dieser im Vergleich zu den anderen beiden völlig sinnlos und beliebig wirkte. Vor allem aber: So wie Icheb war Hugh eine Bastion der Hoffnung. Eine frühere Drohne, die über Jahrzehnte weg ihre Individualität zurückgewonnen und sich ein neues Leben aufgebaut hat. Leider aber haben die Autoren beschlossen, dass in ihrer Dystopie namens "Star Trek" nur einer für Hoffnung stehen darf, und das ist JL. Und so wird der Ex-Borg unzeremoniell ge-ext. Wer ist wohl als nächstes dran? Q? Reginald Barclay? Naomi Wildman? Guinan? (Echt, nach diesen Toden von ehemaligen Gastfiguren würde ich an Whoopi Goldbergs Stelle Patrick Stewarts Einladung, in der zweiten Staffel mitzuspielen, als gefährliche Drohung einstufen.)

Aber auch von Hughs Tod abgesehen war die Handlung auf dem Borg-Kubus echt kein Highlight. Zu Beginn fragte ich mich gleich mal, wie das bitte schön passiert ist, dass Hugh in Gefangenschaft der Romulaner gerät. Hat Elnor etwa Reißaus genommen und ihn in Stich gelassen, oder wie? Hier muss der Zuschauer wieder einmal die Arbeit der Autoren machen, und Lücken stopfen – mit dem Unterschied, dass wir für unsere Denkarbeit eben nichts bezahlt bekommen (wobei: Die Autoren des modernen "Star Trek" und "Denkarbeit" – ok, streicht meinen Einwand wieder). Und generell war das einfach nicht wirklich spannend, und schien nur deshalb da zu sein, da die Autoren der Ansicht zu sein scheinen, dass dem modernen Publikum eine Stunde "Star Trek" ohne Action nicht zumutbar ist. Der Handlung auf der La Sirena ergeht es zwar etwas besser, Highlight war sie aber ebenfalls keins. Es beginnt schon mal äußerst sinnlos: Denn zwar sehen wir nun im Flashback etwas mehr vom Meeting zwischen Commander Oh und Agnes, wirklich schlauer sind wir hinterher aber auch nicht. Weil dass sie dieser irgendetwas Schlimmes im Hinblick auf die Synths gesagt (oder eben mittels Gedankenverschmelzung gezeigt) hat, konnte man sich ja schon denken. Und sonderlich erhellend waren diese kurzen apokalyptischen Filmschnipsel nicht wirklich. Ich musste da in erster Linie an ganz ähnliche Szenen aus der zweiten "Discovery"-Staffel denken, und kann mich einfach nicht entscheiden, was ich schlimmer fände: Wenn die aus Einfallslosigkeit den dortigen Control-Plot quasi kopieren, oder aber es in beiden Fällen tatsächlich um die gleiche Katastrophe ginge, und man somit eine direkte Verbindung zwischen beiden Serien herstellen würde. Wie auch immer: So nichtssagend wie die Szene war, hätte man sie sich gleich schenken sollen.

Episodenbild (c) Amazon Seltsam auch alles rund ums MHN. Als es nicht gleich als sich Agnes übergeben hat erschienen ist dachte ich noch, sie hätte dieses vielleicht vollständig deaktiviert. So bleibt aber nicht nur die Frage, warum es bislang nicht über die Umstände von Maddox Tod informiert hat (und ja, ich weiß, Jurati wird den Gedächtnisspeicher wohl gelöscht haben, aber auch hier wieder: Es ist nicht meine Aufgabe als Zuschauer, eure Lücken zu schließen, liebe Drehbuchautoren!), sondern auch ,warum es sich so lange Zeit gelassen hat, bis es in Erscheinung getreten ist. Und auch, dass Rios Agnes als die Schuldige so völlig ausschließt und sich im Gegenzug absolut sicher ist, dass es nur Raffi sein kann, wirkte verkrampft. Und überhaupt: Wie hat sich das an Bord dann aufgelöst? Hat Rios dann doch herausgefunden, dass Agnes den Sender in sich hatte? Oder warum war es dann auf einmal doch ok, nach Nepenthe weiterzufliegen? Fragen über Fragen. Immerhin. Agnes Schuldgefühle, und dass ihr die Ermordung von Maddox nach wie vor in den Knochen steckt, war grundsätzlich gut gemacht, und von Allison Pill auch sehr gut gespielt. Ich fühlte da durchaus mit ihr mit. Allerdings war das halt auch so ziemlich der einzige positive Aspekt an diesem Handlungsstrang.

Zum Glück gab es aber neben den Borgkubus- und La Sirena-Storylines auch noch die Geschichte auf Nepenthe. Zwar war auch diese nicht ganz perfekt: Dass Jean-Luc direkt in ihrem Hinterhof aus dem Portal tritt, war schon ein verdammt großer Zufall. Die markante Kopfbewegung (kann sich hier jemand noch an "Was bin ich?" erinnern?) hätte Soji ruhig schon früher bringen können, damit es nicht ganz so konstruiert wirkt, dass sie sie hier nun genau im richtigen Moment zeigt, um Riker zwei und zwei zusammenzählen zu lassen. Und der "Gag" von Picard in Richtung Soji war ja mal sowas von unangebracht, und passte auch überhaupt nicht zum sonst so überlegt und mitfühlend agierenden Picard, wie wir ihn aus TNG kennen. Das war echt nur dafür da, damit Troi ihn zurechtweisen konnte. Und ob die direkte Verbindung zwischen dem Tod ihres Sohnes und dem Verbot von Synths unbedingt sein musste, darüber kann man auch geteilter Meinung sein. Ansonsten waren die Szenen auf Nepenthe aber einfach nur fantastisch. Und dies nicht einmal nur wegen Picard/Riker/Troi, sondern auch allem rund um Soji. Mir gefällt, dass die Serie nicht einfach so übergeht, dass deren komplettes Leben gerade völlig auf den Kopf gestellt wurde. Sie hat erfahren, dass sie nicht das ist, was sie ist, und ihr Leben bis zu einem gewissen Grad eine Lüge ist. Und als wäre das nicht schon genug, hat die Person, in die sie sich zu verlieben begann, sie verraten und versucht sie umzubringen. Dass Soji nach all dem was ihr in jüngster Zeit wiederfahren ist Schwierigkeiten hat, Picard zu vertrauen, ist absolut verständlich. Und so dient dieser kurze Ausflug auf Nepenthe nicht nur dazu, dass Jean-Luc kurz durchatmen und man sich die nächsten Schritte überlegen kann, sondern auch dafür, Soji ein bisschen Zeit zu geben, all dies zu verarbeiten. Dabei hatten es mir vor allem die gemeinsamen Szenen mit Kestra (übrigens wieder einmal eine netten Anspielung auf TNG!) angetan. Letztere war generell eine weitere Stärke der Folge, und mir mit ihrer lebendig-aufgeschlossenen Art sofort sympathisch.

Episodenbild (c) Amazon Die größte Stärke von "Nepenthe" war aber natürlich zweifellos das Wiedersehen zwischen Picard, Troi und Riker. Vor allem die Umarmung zwischen Jean-Luc und Deanna, und wie sie ihn dann ansieht und erkennt, wie es um seine geistige Gesundheit (ob der Erkrankung) bestellt ist, bescherte mir eine Gänsehaut. Aber auch das darauffolgende Wiedersehen mit Will war spitze. All diese gemeinsamen Szenen profitieren auch von den phantastischen schauspielerischen Leistungen. Ich habe in der Vergangenheit an Marina Sirtis bei TNG nicht immer ein gutes Haar gelassen, aber was sie hier gezeigt hat, war einfach nur wunderbar. Jonathan Frakes steht ihr allerdings in nichts nach. Und natürlich, von Patrick Stewart erwartet man sich erst gar nichts anderes. Jedenfalls: Egal ob das erste Wiedersehen vor dem Haus, das spätere Gespräch in der Hütte (bei der wohl nicht nur ich an "Treffen der Generationen" denken musste), Riker und Picard beim Pizzaofen, das Gespräch zwischen Troi und Soji im Garten, das gemeinsame Abendessen, oder auch das abschließende Gespräch zwischen Jean-Luc und seiner früheren Nummer Eins am Wasser: Trotz aller berechtigter Kritikpunkte an "Star Trek: Picard", aber… schon allein dafür hat sich die Serie gelohnt.

Fazit: Die wunderbaren Szenen auf Nepenthe hätten sich ja eigentlich eine bessere Wertung verdient. Das Wiedersehen zwischen Jean-Luc Picard, Deanna Troi und William Riker hat all das – und noch mehr – gehalten, was ich mir von ihm versprochen habe. Alle drei zeigen tolle Leistungen, und ihre diversen Gespräche waren darüber hinaus auch sehr gut geschrieben. Warum geht das nicht immer so?! Doch es sind nicht nur ihre Szenen, auch für Soji war die Zeit auf Nepenthe wichtig, gibt ihr dies doch die Gelegenheit, zu beginnen, die kürzlichen Schicksalsschläge zu verdauen. Leider aber fiel alles was sich nicht auf Nepenthe zutrug im direkten Vergleich doch ziemlich ab. Der Flashback zu Jurati und Oh war letztendlich völlig überflüssig, da man uns dort keine neuen Erkenntnisse bot. Ihre Schuldgefühle waren zwar grundsätzlich sehr gut und nachvollziehbar umgesetzt, davon abgesehen gab es aber an Bord der La Sirena auch so manches, was mir weniger zusagte (Rios richtet seinen Verdacht einzig gegen Raffi) und/oder einleuchtete (so ziemlich alles rund ums MHN). In erster Linie war es aber wieder einmal die – sehr überflüssig wirkende – Handlung auf dem Borg-Kubus, die "Nepenthe" für mich herunterzog – und dort in erster Linie eine ganz bestimmte Entwicklung, die mir überhaupt nicht geschmeckt hat. Was schade ist, denn neben den Szenen mit Data und Seven aus den vorangegangenen Episoden war alles rund um Picard/Troi/Riker bislang mit Abstand das Beste an "Star Trek: Picard".

Wertung: 3.5 von 5 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © 2020 Amazon Prime)




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