Sense8 - 2x12: Amor Vincit Omnia |
Episodennummer: 2x12 Bewertung: ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Weltweite Internet-VÖ: 08. Juni 2018 (Netflix) Drehbuch: Lana Wachowski Regie: Lana Wachowski Hauptdarsteller: Doona Bae als Sun Bak, Jamie Clayton als Nomi Marks, Tina Desai als Kala Dandekar, Tuppence Middleton als Riley Blue, Toby Onwumere als Capheus van Damnne, Max Riemelt als Wolfgang Bogdanow, Miguel Ángel Silvestre als Lito Rodriguez, Brian J. Smith als Will Gorski. Gastdarsteller: Alfonso Herrera als Hernando, Eréndira Ibarra als Daniela, Purab Kohli als Rajan Rasal, Max Mauff als Felix, Ness Bautista als Diego, Freema Agyeman als Amanita, Sukku Son als Detective Mun, Kick Gurry als Puck, Michael X. Sommers als Bug, Valeria Bilello als Lila Facchini, Naveen Andrews als Jonas Maliki, Terrence Mann als Whispers u.a. Kurzinhalt: Nachdem es BPO mit Lilas Hilfe gelungen ist, Wolfgang gefangen zu nehmen, startet der Rest des Clusters eine Gegenoffensive, und entführt sowohl Whispers als auch Jonas. Letzterer versichert ihnen nach wie vor, auf ihrer Seite zu stehen, doch nach seinen jüngsten Aktionen fällt es Will und den anderen etwas schwer, ihm zu vertrauen. Über die Absichten von Whispers aka Dr. Milton Brandt kann indes kein Zweifel bestehen. Eben dies bringt den Cluster auch in die Bredouille. Denn einerseits wollen sie ihn für einen Gefangenenaustausch verwenden – dies würde ihm aber wiederum ermöglichen, sein "Zombie"-Programm fortzusetzen. Der Cluster schmiedet daraufhin einen ausgeklügelten Plan, um Whispers nach dem Austausch wieder einzufangen – doch Lila Facchini kommt ihnen zuvor. Der wiedervereinte Cluster bricht daraufhin – zusammen mit all ihren Freunden– nach Neapel auf, um zu verhindern, dass Facchini ihren eigenen Deal mit BPO schließen kann… Review: ![]() Ist es ein gutes, würdiges und befriedigendes Ende für die Serie? Im Großen und Ganzen ja. Auf jeden Fall ist es ein passenderer Abschluss, als es "Du willst einen Krieg?" gewesen wäre – dessen düster-deprimierendes Ende (mit Wolfgang in Gefangenschaft) den optimistisch-hoffungsvollen Grundtonm der die Serie grundsätzlich beherrschte, völlig untergraben hätte. Ist es alles, worauf ich gehofft hatte? Nein. Dies war aber insofern von vornherein ausgeschlossen, als ich ganz einfach gern gesehen hätte, dass Lana Wachowski und J. Michael Straczinsky die Gelegenheit bekommen, ihre ursprüngliche Vision ohne Kompromisse umzusetzen und die Geschichte wie geplant über fünf Staffeln hinweg zu erzählen. Zudem wäre es mir, da ich mich den Figuren sehr verbunden fühle, selbst nach Season 5 noch schwer gefallen, Abschied zu nehmen. Aber auch davon abgesehen leidet "Amor Vincit Omnia" ein bisschen darunter, dass es zwar wenn es nach Netflix geht nun das ultimative Ende der Serie sein soll (Netflix wurde in ihrer Berichterstattung, den E-Mail-Benachrichtigungen, der Anzeige im Streamingdienst selbst etc. nicht müde, darauf hinzuweisen, dass es nicht einfach nur ein weiteres Special, sondern vielmehr eben wirklich das "Finale" ist), Lana Wachowski jedoch die Tür für eine allfällige Fortsetzung nicht gänzlich verschließen wollte. Tatsächlich feuerte sie die Hoffnungen der Fans im Herbst letzten Jahres mit der Meldung an, die dritte Staffel bereits fix und fertig geschrieben zu haben, falls es sich Netflix doch noch einmal anders überlegen sollte (in der Hoffnung, die Werbung für die Serie durch die Absetzung und die öffentlichkeitswirksame Fankampagnen würden die Zuschauerzahl der Serie ausreichend erhöhen, um eine weitere Fortsetzung trotz der mit ihrer Produktion verbundenen hohen Kosten doch noch lohnenswert zu machen). ![]() Anderes wird hier nun – zumindest ansatzweise – abgeschlossen, jedoch teilweise auf etwas überhastete und dadurch auch etwas unbefriedigende Art und Weise. Hier ist insbesondere alles rund um Sun zu nennen. Relativ zu Beginn des Finales sehen wir einen Newsbericht aus Südkorea, wo der Politiker der ihrem Bruder in "Du willst einen Krieg?" half, verhaftet wird. Man darf davon ausgehen, dass sich die Jagd nach ihm ursprünglich durch die gesamte dritte Staffel gezogen hätte. So hingegen wirkt das ganze doch ziemlich plötzlich, und da wir das Ganze nur aus der Distanz verfolgen, hatte es auch nur eine geringe emotionale Wirkung, und wollte sich bei mir einfach nicht so recht ein Gefühl der Erleichterung und des Triumphs einstellen. Klar, im Nachhinein ist man immer gescheiter. Hätten Lana und JMS schon während der Produktion der zweiten Staffel gewusst, dass es keine dritte geben würde, hätten sie Joong-Ki mit Sicherheit schon in "Du willst einen Krieg?" verhaften lassen (was auch insofern besser gewesen wäre, als es der Verfolgungsjagd einen echten Sinn gegeben hätte; weil einer meiner größten Kritikpunkte am Finale der zweiten Staffel war ja, dass diese ganze, tolle, spektakuläre und packende Actionsequenz rund um Sun letztendlich am Status Quo nichts veränderte). Aber so war es halt schon irgendwie unbefriedigend. Aber auch ihre Romanze mit Mun litt für mich unter dem Zeitdruck. Bereits bei ihrem Facetime-Gespräch schwingen alle möglichen Gefühle mit, und vor allem dann beim großen Wiedersehen in Paris gehen die Emotionen hoch – und es tut mir leid, aber ich fand nicht, dass sich "Sense8" diese Szenen schon "verdient" hat. Hätte sich ihre Beziehung im Verlauf der dritten Staffel langsam aufgebaut, gerne. Aber bislang hatten sie gerade mal eine größere, nennenswerte Szene miteinander, nämlich das Gespräch und der nachfolgende Kampf am Friedhof. Ihre gegenseitige Anziehung mag dort zwar schon spürbar gewesen sein, aber zwischen Anziehung und tiefempfundener Liebe ist's halt doch nochmal ein deutlicher Sprung – der hier aus meiner Sicht zu überhastet und damit unglaubwürdig vollzogen wird. ![]() Womit wir auch schon beim nächsten Punkt wären: So eindrucksvoll die Location auch gewesen sein mag, aber mit Whispers (Cluster-)Mutter und der Organisation rund um sie herum führt man fünf vor zwölf – und an einer Stelle, wo man eh hinten und vorne kämpft, um die offenen Handlungsstränge in der kurzen verbliebenen Zeit zu einem sinnvollen Abschluss zu führen – ein weiteres Element ein. Das hätte ich mir dann doch für eine allfällige dritte Staffel (so sie denn kommt; ich wäre hocherfreut, bin jedoch sehr skeptisch) aufgehoben. Die wenigen dort vermittelten neuen Informationen hätte man auch anders unterbringen können, und die dadurch gewonnenen Minuten hätten sich sinnvoller verwenden lassen. Und generell ist der Aufbau von "Amor Vincit Omnia" etwas eigenwillig. So nahm man sich für meinen Geschmack doch etwas zu viel Zeit, bis es dann endlich mal zur Übergabe kam. Den Angriff auf ihre Hotelzimmer hätte man sich z.B. schenken können (auch wenn es nett war, Nomi mal kurz ass-kicken zu sehen; aber das hätte sich doch unter anderen Umständen auch einbauen lassen). Gleiches gilt für Wolfgangs Fluchtversuch. Ich verstehe, warum man ihn eingebaut hat. Es zeigt einerseits, dass Wolfgang ein Mann der Tat ist, der nicht einfach nur herumliegt und darauf wartet, vom Rest des Clusters gerettet zu werden. Zudem zeigt man mit den Betten das Ausmaß des Zombie-Programms. Und vor allem auch jener Moment, wo Kala über ihre Verbindung zu Wolfgang davon abhält, sich das Leben zu nehmen, ist wichtig. Dennoch, narrativ bringt die Szene die Geschichte nicht im Geringsten weiter. Vor allem aber seine Rückblenden sehe ich kritisch. Mal abgesehen davon, dass er der Einzige ist, der im Finale mit eben solchen bedacht wird, wollte mir auch einfach nicht einleuchten, warum denn eigentlich. Die bisherigen Offenbarungen zu den Taten seines Vaters reichten mir als Erklärung eigentlich. Den Inzest-Twist hätte ich da nun wirklich nicht mehr gebraucht. Zumal die Thematik in den letzten Jahren in Film- und Fernsehen nun wahrlich präsent genug war. Musste "Sense8" auf den Zug unbedingt auch noch aufspringen? Hätte man sich diese – meines Erachtens überflüssigen – Rückblenden geschenkt, hätte man wertvolle Minuten für die Handlung in der Gegenwart gewonnen, wo man sich ohnehin schwer damit tat, alles in 2-1/2 Stunden zu pressen. ![]() Warum also trotz dieser ausführlichen Kritik noch eine ziemlich hohe Wertung? Nun einerseits, weil "Amor Vincit Omnia" nach der noch etwas holprigen ersten Stunde wesentlich besser wird. Mit dem Geiselaustausch zwischen Whispers und Wolfgang liefert man uns das erste große Spannungsmoment der Folge, und spätestens mit der Ankunft in Neapel dreht das Finale dann so richtig auf. Es war aus meiner Sicht auch eine fantastische Entscheidung, mit Lila Facchini die für mich hervorstechendste neue Figur aus der zweiten Staffel hier nun in den Status der Haupt-Bösewichtin zu erheben. Abseits von Whispers waren die BPO-Schergen ja leider gesichtslos (was ironischerweise ja selbst für den Chairman im Finale gilt, dank seiner Maske), und abseits einer wirklich starken Szene mit Will (wo Terrence Mann die Soziopathie seiner Figur mit bestechender Glaubwürdigkeit darstellt) war Milton ja überwiegend ein ineffektiver Spielball, und zur Passivität verdammt. Lila hingegen hatte bei mir in der zweiten Staffel ziemlich starken Eindruck hinterlassen – und erweist sich auch hier wieder als famose Gegenspielerin. Auch dies wertete die zweite Hälfte des Finales für mich auf. Und vor allem der Angriff auf ihre Festung (das zweite Mal, dass "Amor Vincit Omnia" etwas von einem "heist-movie" hatte – nach der Planung des Geiselaustauschs zuvor) war dann fantastisch, angefangen vom amüsanten Einstieg rund um den trojanischen Touristenbus, über die spannende Jagd durchs Schloss, bis hin zu jenem dramatischen Höhepunkt, als Lila einen der Sensates erschießt. Generell profitiert "Amor Vincit Omnia" – wie die Serie insgesamt – davon, dass ich alle Figuren (und das bezieht sich nicht nur auf die Sensates) mag, und sie im Verlauf der Serie doch zunehmend ins Herz geschlossen habe. Insofern genieße ich jede zusätzliche Minute, die ich mit ihnen verbringen kann. Dass man für das Finale so ziemlich jede Figur die eine halbwegs größere Rolle hatte zurückholte, verstärkte diesen Pluspunkt nur noch – und verlieh dem ganzen Finale, vor allem aber dann der Hochzeit auf dem Eifelturm, den Eindruck einer großen Abschiedsfeier. ![]() Was mir ebenfalls gefiel ist, dass nun wo die Figuren im realen Leben zusammenkommen vermehrt mit Untertitel gearbeitet wurde – um zu zeigen, dass sie sich zwar über ihre telepathische Verbindung verstehen, grundsätzlich dabei aber immer ihre eigene Sprache gesprochen haben. Schön, dass man auf dieses Detail geachtet hat. Auch die Inszenierung ist, wie von der Serie gewohnt, wieder über jeden Zweifel erhaben. Und auch wenn die Tatsache, dass die Sensates das Abenteuer größtenteils gemeinsam bestreiten, sowohl das Budget als auch die logistische Herausforderung im Vergleich zur Serie etwas reduziert haben mag, war sicherlich auch "Amor Vincit Omnia" wieder nicht billig – und besticht zudem wieder einmal mit wunderschönen Location-Aufnahmen (Neapel wurde z.B. für einen baldigen verlängerten Wochenend-Städtetrip schon vorgemerkt). Vor allem aber folgt auch "Amor Vincit Omnia" wieder dem bekannten "Sense8"-Muster: Der Plot mag nicht immer 100%ig überzeugen, und auch sonst mag es objektive Kritikpunkte geben die man vorbringen kann – wo die Serie jedoch schon immer glänzte, ist bei den Einzelszenen, und den Emotionen, welche diese beim Zuschauer hervorrufen. Und das war auch beim Finale wieder der Fall. Selbst in der von mir noch eher geschmähten ersten Hälfte gab es ein paar tolle Momente, wie das Gespräch zwischen Nomi und Amanita auf den Dächern von Paris, mit dem Blick auf den Eiffelturm im Hintergrund. Aber vor allem im zweiten Teil des Finales folgt dann ein Höhepunkt auf den anderen; Der Tanz im Zug (wo wieder einmal die reine Lebensfreude gefeiert wird), die köstliche Szene, wie man sich in Lilas Festung schleicht, Jonas Mission, der neuerliche Einsatz eines Raketenwerfers, und so weiter. ![]() Fazit: Zugegeben, "Amor Vincit Omnia" ist nicht ganz das triumphale, grandiose Finale, dass ich mir erhofft hatte, und dass sich diese wegweisende, einzigartige und meiner bescheidenden Meinung nach jetzt schon legendäre Serie verdient hätte. Sie ist aber definitiv ein weitaus besserer Abschluss, als "Du willst einen Krieg?" – denn das Finale der zweiten Staffel wäre als Ende der Serie, nicht nur wegen des Cliffhangers, eine Katastrophe gewesen. Klar merkt man "Amor Vincit Omnia" an, dass hier Entwicklungen und Offenbarungen, die mindestens noch eine Staffel hätte füllen sollen, in ein einziges zweieinhalbstündiges Special gepresst wurden. Manche der persönlichen Handlungsstränge der Sensates, und auch einige Figuren, bleiben dabei unweigerlich auf der Strecke, während anderes überhastet wirkt und dadurch die volle emotionale Wirkung nicht entfalten kann. Generell ist die erste Hälfte noch etwas holprig, und leidet unter dem teils etwas lieblosen Info-Dumping, sowie dem Einfügen neuer Elemente in die Mythologie, was ich so kurz vor dem Ende doch eher kritisch sehe. Und generell ist "Amor Vincit Omnia" halt sehr auf die Bedrohung durch BPO konzentriert, und in eben diesem Handlungsstrang lag für mich noch nie die größte Stärke der Serie, ist dieser doch mit Abstand ihr generischster Bestandteil. Andererseits fällt es mir schwer, Lana Wachowski diesbezüglich zu große Vorwürfe zu machen. Sie tut mit der ihr vorhandenen Zeit das Möglichste – und wenn man sich vor Augen führt, dass fast zehn Jahre nach dem "Lost"-Finale Lindelof und Cuse immer noch mit der unsäglichen Eisbär-Frage gequält werden, ist es auch verständlich, dass sie den Fokus auf die offenen Fragen aus der BPO-Storyline legte, um sich ein ähnliches Debakel zu ersparen. Ich persönlich freute mich jedenfalls sehr darüber, sie alle noch einmal sehen zu können, und genoss jede Minute, die ich mit ihnen verbringen konnte. Insofern gilt mein Dank neben allen an der Serie Beteiligten vor allem auch Netflix, die es den Fans zumindest ermöglichten, sich angemessen von ihrem Cluster zu verabschieden. ![]() Wertung: 4 von 5 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © 2018 Netflix)
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