Brennerova
Der Brenner auf romantischen Um- und Irrwegen Kategorie: Literatur & Comics - Autor: Christian Siegel - Datum: Montag, 06 November 2023
 
Titel: "Brennerova"
Bewertung:
Autor Wolf Haas
Umfang: 240 Seiten
Verlag: Heyne
Veröffentlicht: 2014
ISBN: 978-3-4534-3839-2 (D)
Kaufen: Taschenbuch (D)
 

Kurzinhalt: Auf seine alten Tage hat sich der Brenner doch tatsächlich noch eine Frau angelacht – oder umgekehrt: Die Beziehung mit der Lehrerin Herta läuft grundsätzlich gut – was ihn jedoch nicht davon abhält, während sie verreist ist eine Anzeige in einem Online-Datingportal zu schalten. Natürlich nur zum Spaß, und ohne dass er jemals wirklich wollte, dass sich daraus irgendwas entwickelt. Zumal ja eh jeder weiß, dass die schönen jungen Russinnen, die einen da anschreiben, Betrügerinnen sind, die einen dazu verlocken, immer mehr Geld zu schicken. Also alle natürlich, außer der Nadeshda, die jetzt eben dem Brenner schreibt. Weil die will nicht etwa, dass er ihr Geld schickt, damit sie ihn besuchen kommen kann, sondern vielmehr, dass er selbst zu ihr nach Russland kommt. Natürlich nur aus reiner Neugier nimmt der Brenner das Angebot an – nur um festzustellen, dass er nun doch einer jungen schönen Russin auf den Leim gegangen ist. Wobei sie es immerhin nicht auf sein Geld abgesehen hat, sondern auf seine Fähigkeiten als Detektiv – ist doch ihre junge Schwester Serafima verschwunden…

Review: Fünf Jahre nachdem Wolf Haas den Brenner aus der literarischen Pension zurückgeholt hat, legte er mit "Brennerova" den mittlerweile achten Krimi der Reihe vor. Bei dem hatte es mir vor allem der Auftakt angetan: Wie sich der Brenner über die ganzen alten Deppen lustig macht, die sich von den schönen Russinnen über den Tisch ziehen zu lassen, nur um letztendlich selbst in die Falle zu tappen, war schon köstlich mitzuerleben. Zumal der Autor gerade auch in diesem Teil des Romans wieder mal nicht mit amüsanten und/oder erhellenden abschweifenden Kommentaren rund um die Natur des Menschen sparte. Der weitere Verlauf der Handlung bot dann ebenfalls noch ein paar nette Momente und/oder interessante Entwicklungen, wobei es mir nicht zuletzt die Freundschaft zwischen Herta und Nadeshda angetan hatte. Darüber hinaus ist es zweifellos positiv zu bewerten, dass es Wolf Haas neuerlich geschafft hat, sich vom Setting und dem Ablauf des Falls her wieder etwas Neues einfallen zu lassen, was sich von den bisherigen Romanen stark unterscheidet. Der Brenner als Figur hat es mir auch immer noch sehr angetan, wobei man auch bei "Brennerova" wieder stark merkt, wie die Verfilmungen mit Josef Hader in der Hauptrolle Haas' Blick auf die Figur verändert haben. Jedenfalls gab es auch hier wieder einige Momente, in denen der Brenner wie Hader klang, und die man sich genauso gut in einem seiner Kabarettprogramme vorstellen könnte. Vor allem aber bleibt die typische (eigenwillige) Erzählweise für mich die größte Stärke der Reihe – was auch für "Brennerova" wieder gilt.

Trotz all dieser Stärken tat ich mir allerdings mit fortschreitender Handlung mit "Brennerova" zunehmend schwer. Zuerst einmal verpufft das grundsätzlich spannende Setup rund um die verschwundene Serafima im Nichts, und auch wenn ich die Ironie dahinter, wie der Brenner letztendlich für nichts und wieder nichts in diese Misere stolpert, durchaus anerkennen kann, ist es der Spannung nicht gerade zuträglich. Zumal ich auch das Rätsel rund um den späteren Mordfall nie wirklich ansprechend (und die Auflösung sehr offensichtlich) fand. Vor allem im Mittelteil hat "Brennerova" dadurch schon mehr von einem Beziehungsdrama, als einem Krimi. Was ebenfalls auffällt ist, dass der Brenner hier eine doch sehr passive Rolle spielt, und letztendlich zum Verlauf des Geschehens kaum etwas beiträgt. Wie er sich generell ermittlungstechnisch diesmal irgendwie kaum auszeichnet. Vor allem aber hätte sich Wolf Haas in meinen Augen die völlig losgelöste Story rund um die Entführung von Hertas Reisegruppe schenken sollen. Zumal er dort dann, wenn der Brenner losgeschickt wird, um das Lösegeld zu überbringen, ein Level an Absurdität erreicht, das mir selbst für einen Brenner-Krimi zu hoch war. Insofern wurde "Brennerova" für mich letztendlich leider zu einer richtiggehend lächerlichen Angelegenheit. Wäre nicht der coole, amüsante und vielversprechende Einstieg, würde ich ihn wohl sogar noch als schwächer einschätzen als "Wie die Tiere". So teilt er sich aber in meiner (bisherigen; "Müll" steht ja noch aus) Brenner-Rangliste mit eben diesem den letzten Platz.

Fazit: Zu Beginn habe ich mich mit "Brennerova" noch köstlich unterhalten; insbesondere, wenn sich Wolf Haas die Online-Dating-Thematik vornimmt. Aber auch der Kurzbesuch in Russland, sowie der Teil unmittelbar nach der Rückkehr vom Brenner waren durchaus noch interessant. Mit der Auflösung rund um Serafima verliert "Brennerova" aber leider völlig den Fokus. Darüber hinaus verliert der Roman ab hier auch die Ermittlungsarbeit von Brenner fast völlig aus den Augen. Und vor allem der Plot rund um die Entführung der Reisegruppe empfand ich als Störfaktor; zumal alles rund um den Brenner und die Lösegeldübergabe völlig abstrus und an den Haaren herbeigezogen war. Und auf den letzten paar Seiten verläuft die Story dann endgültig im Sande. Zwar ist selbst ein schwächerer Brenner-Krimi immer noch ziemlich gut; nicht zuletzt aufgrund der üblichen Stärken, wie nicht zuletzt die Erzählweise. Trotzdem hat mich "Brennerova" doch eher enttäuscht.

Bewertung: 3/5 Punkten
Christian Siegel





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