Star Wars: Bruderschaft
Anakin und Obi-Wan auf gemeinsamer Mission Kategorie: Literatur & Comics - Autor: Christian Siegel - Datum: Sonntag, 22 Januar 2023
 
Titel: "Bruderschaft"
Originaltitel: "Brotherhood"
Bewertung:
Autor: Mike Chen
Übersetzung: Andreas Kasprzak
Umfang: 400 Seiten
Verlag: Blanvalet (D), Del Rey (E)
Veröffentlicht: 21. Juni 2023 (D), 10. Mai 2022 (E)
ISBN: 978-3-7341-6353-6 (D), 978-0-5933-5857-3
Buch kaufen: Taschenbuch (D), Kindle (D), Taschenbuch (E), Kindle (E)
 

Kurzinhalt: Kurz nach dem Ausbruch der Klonkriege kommt es auf Cato Neimodia zu einem verheerenden Zwischenfall, der unzählige Leben fordert, als eines der Habitate des Planeten abstürzt. Zwar kann nicht ganz ausgeschlossen werden, dass es sich nur um ein tragisches Unglück handelte, angesichts der Rolle Cato Neimodias als Heimat der Handelsföderation steht jedoch der Verdacht im Raum, dass eine der beiden Seiten, die in den Klonkriegen gegeneinander kämpfen, hinter dem Vorfall stecken. Count Dooku schlägt vor, dass sich er und Kanzler Palpatine auf Cato Neimodia einfinden sollen, um die offizielle Untersuchung zu überwachen, doch die Jedi sprechen sich vehement dagegen aus, dass sich Palpatine derart in Gefahr begibt. Man verständigt sich stattdessen darauf, einen einzelnen Jedi-Ritter als Vertreter der Republik loszuschicken; Dooku wiederum wird einen seiner Getreuen von den Separatisten entsenden. Da der kürzlich zum Meister ernannte Obi-Wan Kenobi den Vorschlag eingebracht hat, wird er nun auch dazu auserwählt, nach Cato Neimodia zu reisen. Anakin Skywalker, mittlerweile in den Status eines vollwertigen Jedi-Ritters erhoben, sieht es nicht gern, dass sich sein ehemaliger Meister allein in derartige Gefahr begibt – muss sich jedoch zugleich mit eigenen Problemen herumschlagen. Immerhin wird er damit betraut, Jünglinge auszubilden; eine Rolle, die ihm alles andere als leicht fällt. Als Obi-Wans Mission auf Cato Neimodia dann schließlich eine dunkle Wendung nimmt, und der Jedi-Meister verhaftet wird, sieht sich Anakin dazu gezwungen, seinem früheren Meister zu Hilfe zu eilen…

Review: Ich sehe bekanntermaßen die Prequel-Trilogie längst nicht so kritisch wie viele andere. Die Dynamik zwischen Anakin Skywalker und Obi-Wan Kenobi (zumindest ab "Angriff der Klonkrieger") ist dafür einer der Hauptgründe. Aus meiner Sicht gelang es Hayden Christensen und Ewan McGregor perfekt, diese ganz eigene Dynamik zwischen ihren beiden Figuren einzufangen, und insbesondere auch den offensichtlichen Wechsel, der zwischen "Angriff der Klonkrieger" und "Die Rache der Sith" stattgefunden hat, darzustellen. Denn während ihre Meister-Schüler-Beziehung stark von einem Gefühl der Konkurrenz und des gegenseitigen Tauziehens geprägt war, haben sie ganz offensichtlich in den Jahren der Klonkriege zu einer freundschaftlichen Partnerschaft gefunden, die von gegenseitigem Respekt geprägt ist, und in der sich die Stärken der beiden perfekt ergänzen. Letzteres war nicht nur in "Episode III", sondern auch in der "Clone Wars"-Serie zu sehen. Wie es dazu gekommen ist, blieb uns jedoch bislang verborgen. Eben hier setzt Mike Chens Roman "Bruderschaft" an. Er ist kurz nach dem Ausbruch der Klonkriege (und damit "Angriff der Klonkrieger; bzw. wenn man die Bücher einbezieht "Hoffnung der Königin") angesiedelt, und zeigt uns gleich zu Beginn, wie Anakin Skywalker zum Jedi-Ritter ernannt wird – und allein diese Gleichstellung zwischen den beiden unheimlich viel dazu beiträgt, ihre Beziehung zueinander zu entspannen. Anakin hat nicht mehr das Gefühl, dass Obi-Wan auf ihn herabsieht, und dementsprechend auch keinen Grund mehr, ständig gegen ihn anzukämpfen. Aber auch Obi-Wan fällt es nun, da Anakins Leistungen vom Jedi-Rat anerkannt wurden leichter, mit seinem früheren Padawan nicht mehr so hart ins Gericht zu gehen. Zugleich hilft sicherlich auch, dass er nun nicht mehr das Gefühl hat, für Anakin verantwortlich zu sein – eine Bürde, die ihm ja durch Qui-Gons letzten Wunsch vor seinem Tod auferlegt wurde. Mike Chen gelingt es jedenfalls großartig, mit wenigen Worten bzw. Momenten die Veränderung in ihrer gegenseitigen Beziehung auf plausible Art und Weise herauszuarbeiten.

Doch nicht nur ihre Dynamik beschreibt Mike Chen ausgezeichnet, er fängt zudem ihre (sehr unterschiedlichen) Persönlichkeiten perfekt ein. Dies gilt für den ruhig-besonnenen und in erster Linie mit seinem Kopf denkenden Obi-Wan ebenso, wie für den hitzköpfigen, impulsiven und vornehmlich von seinem Herzen (und seinen Instinkten) gesteuerten Anakin. In "Bruderschaft" finden sich nun beide teilweise in Situationen wieder, wo ihnen eben ihre Persönlichkeit ein bisschen im Weg steht. So muss Obi-Wan zum Beispiel gegen Ende hin bei der Verhandlung erkennen, dass er mit seiner logischen Argumentation beim emotional aufgeladenen Mob nicht ankommt. Anakin wiederum wird durch die Begegnung mit den Jünglingen dazu gezwungen, seine impulsivere Natur hintanzustellen, und zudem mehr Geduld zu beweisen. In beiden Fällen erweisen sich auch ihre jeweiligen Bekanntschaften als wesentlich für ihre Entwicklung. Bei Obi-Wan ist es Ruug Quarnom, eine ehemalige Scharfschützin, die nun zu den neimodianischen Sicherheitskräften gehört. In ihrem Fall ist spannend, dass auch sie quasi einen jungen Padawan zur Seite gestellt bekommt; und auch hier endet eben dies tragisch, als Ruug dazu gezwungen ist, auf Ketar zu schießen, der – beeinflusst von der dunklen Seite der Macht, in Form von Dookus Schülerin Asajj Ventress – dabei war, eine Bombe zu zünden und damit ein Lazarett mit Verwundeten in die Luft zu jagen. Wie die Tragödie, die sich zwischen Ruug und Ketar abspielt, jene zwischen Obi-Wan und Anakin widerspiegelt, war zweifellos enorm interessant. Apropos Ventress: Damit schließt Mike Chen eine weitere Lücke im Kanon, sehen wir hier doch die erste Begegnung zwischen ihr und Obi-Wan sowie Anakin (bei ihrem ersten Auftritt in "Clone Wars" wurde ja deutlich, dass man sich gegenseitig schon kennt).

Doch kommen wir zu Anakin, der eben wiederum mit Mill Alibeth quasi eine eigene Padawan zur Seite gestellt bekommt. Ja, sie ist "nur" ein Jüngling, ihre Dynamik entspricht aber letztendlich jener zwischen einem Meister und seiner Schülerin. Anakin wird hier somit dazu gezwungen, mal in Obi-Wans Schuhe zu schlüpfen. Zugleich zwingt in Mill, die ähnlich impulsiv und forsch agiert wie er, seine eigenen entsprechenden Impulse zumindest ein bisschen zu unterdrücken – will er sie doch nicht unnötig in Gefahr bringen. Im Verlauf des Romans wird dann allerdings auch Anakins Sollbruchstelle, die schließlich von Darth Sidious eiskalt ausgenutzt wurde, überdeutlich. Ich halte zwar das mit dem "keine Bindungen" immer noch für den zweitgrößten Prequel-Holler nach den Midichlorianern, und ein konstruiertes Element, dass einfach dafür da war, damit sich die Story wie von Lucas gewünscht entwickeln konnte, als dass es wirklich Sinn ergeben würde (immerhin existieren zwischen Jedi – unter anderem, wenn auch sicher nicht nur – zwischen Meister und Schüler, ebenfalls Bindungen; man achte nur mal auf Obi-Wans Reaktion auf Qui-Gons Tod). Zumal ja der ganze Sinn der Macht eigentlich ist, Lebewesen miteinander zu verbinden, und das Leben eines Jedi von Mitgefühl und Empathie geprägt sein sollte. Das passt letztendlich mit ihrem "keine Bindungen"-Mantra nicht wirklich zusammen. Allerdings kann man durchaus argumentieren, dass dieser größte Fehler, der zum Untergang der Jedi führen sollte, bewusst eingebaut wurde. Der Ansatz, Gefühle quasi zu verbieten, war einfach von vornherein zum Scheitern verurteilt; stattdessen hätten sie sich vielmehr darauf konzentrieren müssen, den Jedi die nötigen Werkzeuge in die Hand zu geben, um zu lernen, mit diesen umzugehen, und sich eben nicht von ihnen überwältigen zu lassen.

So ziemlich mein einziger Kritikpunkt an "Bruderschaft" ist, dass Obi-Wan eben diese Schwäche bei Anakin wieder einmal erkennt, und sogar den Verdacht schöpft, dass sich die Beziehung zwischen Anakin und Padmé auf entscheidende Art und Weise verändert hat – sich letztendlich aber dazu entschließt, dies nicht anzusprechen. Nicht nur gelang es Mike Chen nicht so recht, mit Obi-Wans Beweggründe für diese Entscheidung plausibel darzulegen, es läuft ja letztendlich eher auf ein "aufgeschoben ist nicht aufgehoben" heraus; sprich, er will es nur in diesem Moment nicht ansprechen. Dass sich in den darauffolgenden Jahren – wenn diese auch natürlich von den Klonkriegen geprägt waren – nie eine Gelegenheit dafür aufgetan haben soll, ist dann doch etwas schwer zu schlucken. Das war so ziemlich der einzige Punkt, wo ich mir dachte, dass ich es vorgezogen hätte, wenn sich Mike Chen das gespart hätte. Davon abgesehen ist ihm mit "Bruderschaft" aber ein großartiger Roman gelungen, dem es vor allem auch wieder gelungen ist, mich daran zu erinnern, was ich an der Prequel-Trilogie – trotz aller berechtigter Kritik – so mochte (und warum ich sie der Disney-Sequel-Trilogie eindeutig vorziehe).

Fazit: Als jemand, der die Prequels insbesondere aufgrund der großartigen (und in weiterer Folge herzzerreißenden) Beziehung zwischen Anakin und Obi-Wan schon immer sehr mochte, war "Bruderschaft" zweifellos ein echtes Schmankerl. Zumal Mike Chen sowohl die Dynamik zwischen den beiden, als auch ihre Persönlichkeiten an sich, perfekt einfängt. Darüber hinaus schließt er mit der Art und Weise, wie er uns hier an der Entwicklung ihrer Beziehung zueinander weg von der Meister-Schüler-Dynamik hin zu einem ebenbürtigen Verhältnis zweier sehr unterschiedlicher Personen, die sich jedoch letztendlich perfekt miteinander ergänzen, und deren Beziehung zueinander von gegenseitigem Respekt und auch einem Gefühl der Freundschaft geprägt ist, eine wichtige Lücke im Kanon. Gleiches gilt übrigens auch für die erste Begegnung zwischen den beiden und Asajj Ventress. Wunderbar auch, wie die Bekanntschaft mit Ruug (auf Obi-Wans) und Mill (auf Anakins Seite) einzelne Aspekte der früheren Meister-Schüler-Dynamik zwischen Obi-Wan und Anakin widerspiegelt, was sie ebenso dazu bringt, diese in einem neuen Licht zu betrachten. Die Handlung an sich gerät ob dieser großartigen, charakterorientierten Erzählung fast ein bisschen in den Hintergrund (was mich persönlich nicht im Geringsten gestört hat), kann jedoch grundsätzlich ebenfalls gefallen. Lediglich ein bestimmter Aspekt hat mich nicht 100%ig überzeugt. Davon abgesehen ist Mike Chen mit "Bruderschaft" aber ein großartiger Roman aus dem neuen Kanon geglückt, der insbesondere Fans der Prequels unbedingt ans Herz gelegt sei!

Bewertung: 4/5 Punkten
Christian Siegel
(Cover © 2023 Blanvalet, gestaltet von Laura Racero)





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