The Sandman - Vol. 4: Die Zeit des Nebels
Luzifer übergibt Morpheus den Schlüssel zur Hölle Kategorie: Literatur & Comics - Autor: Christian Siegel - Datum: Dienstag, 10 Mai 2022
 
Titel: "Die Zeit des Nebels"
Originaltitel: "Season of Mists"
Bewertung:
Autor: Neil Gaiman
Übersetzung: Gerlinde Althoff
Zeichnungen: Kelley Jones, Mike Dringenberg & Matt Wagner
Tusche: Malcolm Jones III, P. Craig Russell, Dick Giordano & George Pratt
Farben: Steve Oliff & Daniel Vozzo
Lettering: Todd Klein (E)
Cover: Dave McKean
Umfang: 228 Seiten
Verlag: Panini (D), Vertigo (E)
Veröffentlicht: 15. Februar 2008 (D), 1992 (E)
ISBN: 978-3-866-07599-3 (D)
Kaufen: Taschenbuch (D), Taschenbuch (E)
 

Kurzinhalt: Ein Familientreffen mit den anderen Endlosen zwingt Morpheus dazu, die Entscheidung, seine frühere Geliebte Nada in die Hölle zu verbannen, kritisch zu hinterfragen. Nachdem er sich in seinem Reich darauf vorbereitet hat, wagt er ein weiteres Mal die Reise in die Hölle, um sich bei Luzifer dafür einzusetzen, dass Nada freigelassen wird. Doch die Konfrontation verläuft überhaupt nicht so, wie vom Sandmann gedacht, findet er die Hölle doch weitestgehend verlassen vor. Luzifer hat beschlossen, dass er es leid ist, die Hölle zu leiten, und seinen Job an den Nagel gehängt. Zusammen mit Morpheus besucht er die letzten hartnäckigen Seelen, welche die Hölle noch nicht verlassen haben, um sie dazu zu bringen, aufzubrechen. Danach schließt er das Tor zur Hölle ab, und überreicht Morpheus den Schüssel. Dieser muss nun entscheiden, was mit dem Reich der Hölle geschehen soll. Kurz darauf finden sich zahlreiche Bittsteller bei ihm ein, die darum werben, Luzifers Nachfolge anzutreten. Morpheus kommt nun die schwierige Aufgabe zu, zu entscheiden, wer diese wichtige Aufgabe übernehmen soll…

Review: Nach dem Sammelband "Traumland", der mit seinen unabhängigen Geschichten nicht ganz so zugesagt hat wie jene davor, rückt mit "Die Zeit des Nebels" nun wieder eine weitestgehend zusammenhängende Story in den Mittelpunkt. Denn abseits des Prologs sowie einer späteren Erzählung rund um den Waisenjungen in einem Internat, die sich mit den Auswirkungen der "geschlossenen" Hölle auseinandersetzen, geht es hier um Morpheus' Bestreben, Nada aus der Hölle zu befreien, bzw. einen Nachfolger für Luzifer zu finden, der seinen Job als "Leiter" der Hölle überraschend an den Nagel hängt. Eben diese Geschichte hatte es mir aus vielerlei Gründen angetan. Das beginnt schon beim Prolog mit dem Familientreffen, der nicht nur faszinierend geschrieben war, sondern vor allem auch Morpheus mit seiner früheren, eigentlich unverzeihlichen Tat konfrontiert, als er seine frühere Liebhaberin Nada weil sie ihn verschmähte zur ewigen Verdammnis in die Hölle schickte. Er bereitet sich auf eine große Konfrontation mit Luzifer und seinen Dämonen vor, immerhin verlief sein letzter Besuch in dessen Reich ja nicht gerade amikal. Die Art und Weise, wie der Comic eben diese Erwartungshaltung – auch des Lesers – völlig untergräbt, fand ich wirklich fantastisch. Bis zuletzt glaubt man an irgendeinen Trick, aber nein, Luzifer ist einer Rolle im großen Plan müde, und lässt alle gequälten Seelen frei. Die Darstellung der Hölle hatte es mir dabei wieder enorm angetan; am meisten sicherlich der Gedanke, dass Luzifer selbst niemanden dort hielt, sondern all diese Personen deshalb dort gelandet sind, weil sie an die Hölle glauben, und auch denken, dass sie eben dieses Schicksal verdienen. Das war wirklich faszinierend.

Danach kommt der besagte Einschlag rund um Charles Rowland, welche sich mit den Auswirkungen der "geschlossenen" Hölle auseinandersetzt, und die zwar ebenfalls ein paar nette Ideen und Momente hat, mich aber im direkten Vergleich längst nicht so packen konnte. Danach rückt schließlich jener Teil in den Mittelpunkt, wo alle möglichen Wesen, Götter, Dämonen usw. Morpheus ihre Aufwartung machen, um ihn dazu zu überreden, ihnen die Verantwortung über die Hölle zu übertragen. Neben dem Wiedersehen mit ein paar bereits bekannten Figuren lernen wir hier auch zahlreiche weitere interessante kennen. Und zumindest ich war mir wirklich unsicher, für welche Seite er sich schließlich entscheiden würde (und das, obwohl die Dämonen aus der Hölle Nada in ihrer Gewalt haben). Letztendlich kommt es dann anders, als von den meisten Lesern – mich eingeschlossen – wohl gedacht, und der Gedanke, dass diese neue Hölle in Wahrheit nochmal viel schlimmer ist als die alte, schließt diesen Handlungsstrang dann zusammen mit einem netten Epilog rund um seinen Ruhestand genießenden Luzifer auf gefällige Art und Weise ab. Künstlerisch zeigt sich auch bei "Die Zeit des Nebels" das bislang gewohnte Bild. Mir gefallen die Illustrationen grundsätzlich ganz gut, für mich als jemand der erst relativ spät zu Comics (oder sagen wir "Graphic Novels") gefunden hat, könnte die Farbgebung aber noch etwas kräftiger sein. Optisch finde ich jedenfalls weiterhin, dass es auch schon deutlich schönere/eindrucksvollere Comics gibt; was nicht heißt, dass mir der "Sandman"-Stil nicht grundsätzlich gefallen würde. Und inhaltlich war "Die Zeit des Nebels" definitiv wieder eine deutliche Verbesserung zu "Traumland".

Fazit: Nach dem kleinen Durchhänger mit "Traumland" findet die "Sandman"-Reihe mit "Die Zeit des Nebels" wieder zu alter Stärke zurück. Das Kapitel rund um Charles Rowland fiel für mich zwar leicht ab, davon abgesehen war ich von der hier erzählten Geschichte aber wieder einmal sehr angetan, wobei es mir insbesondere der düster-faszinierende Blick auf die Hölle enorm angetan hatte. Aber auch die Frage, wie sich Morpheus im Hinblick auf Luzifers Nachfolge entscheiden würde, sorgte für Spannung. Optisch bin ich zwar nach wie vor nicht ganz so angetan wie inhaltlich, und wohl von moderneren Comics etwas verwöhnt, dennoch ist der Stil zweifellos nicht uninteressant, und gibt es schon ein paar nette Zeichnungen/Bilder. Insgesamt erzählt "Die Zeit des Nebels" jedenfalls eine faszinierende und mitreißende in sich geschlossene Geschichte, nach der man durchaus schon gespannt ist, wie es rund um Morpheus und die anderen Endlosen weitergehen wird.

Bewertung: 4/5 Punkten
Christian Siegel
Coverbild © 2019 Vertigo






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