Geschichten aus dem gefährlichen Königreich
Fünf Erzählungen vom Meister der Fantasy Kategorie: Literatur & Comics - Autor: Christian Siegel - Datum: Samstag, 26 März 2022
 
Titel: "Geschichten aus dem gefährlichen Königreich"
Originaltitel: "Tales from the Perilous Realm"
Bewertung:
Autor: J.R.R. Tolkien
Übersetzung: Hans J. Schütz, Angela Uthe-Spencker, Ebba-Margareta von Freymann, Karl A. Klewer & Margaret Carroux
Umfang: 333 Seiten (D), 403 Seiten (E, inkl. Index)
Verlag: Klett-Cotta (D), Harper Collins (E)
Veröffentlicht: 12. Mai 2011 (D), 1997 (E)
ISBN: 978-3-6089-3826-5 (D), 978-0-00-845334-3 (E)
Kaufen: Gebunden (D), Taschenbuch (D), Kindle (D), Gebunden (E), Taschenbuch (E), Kindle (E)
 

Inhalt & Review: "Geschichten aus dem gefährlichen Königreich" versammelt fünf Kurzgeschichten von J.R.R. Tolkien, die – abseits der Gedichtsammlung "Die Abenteuer des Tom Bombadil" – über keinen Bezug zu Mittelerde verfügen. Was mir persönlich jedoch nicht so viel ausmachte, zumal ich sie gewohnt fantasievoll fand, und es mir vor allem auch Tolkiens hochwertiger Schreibstil wieder sehr angetan hatte. Den Anfang macht "Roverandom", wo es um einen Hund geht, der von einem Zauberer in einen Spielzeughund verwandelt wird, und der daraufhin alle möglichen Abenteuer erlebt; unter anderem verschlägt es ihn zum Mond. Die Erzählung richtet sich eindeutig in erster Linie an Kinder, und als Gutenachtgeschichte kann ich sie mir wirklich sehr gut vorstellen. Sie begeistert auch nicht zuletzt mit Tolkiens Ideenreichtum. Trotzdem muss ich sagen, dass ich von den hier versammelten Geschichten mit ihr am wenigsten anfangen konnte; "Der Hobbit" richtete sich ja ebenfalls vornehmlich an Kinder, bei dem ist aber meinen Augen der Reiz auch für erwachsene Gemüter weitaus größer, als dies bei dieser doch recht kindlichen (kindischen?) Story der Fall ist. Aber vielleicht liegt es auch einfach daran, dass ich absolut kein Hundetyp bin ;-). "Bauer Giles von Ham" schnitt ungleich besser ab. Die Story konnte mich wirklich rundum überzeugen. Wie sich hier dieser einfache Bauer zum Helden mausert, war sehr schön mitzuerleben. Am meisten stach für mich aber hervor, dass dies nicht etwa zu einer klassischen Geschichte wird, wo der Ritter den Drachen tötet, sondern sich die Begegnung zwischen Giles und dem Drachen ganz anders entwickelt, als man das im Genre sonst erwarten würde. Und eben diese Menschlichkeit, die Giles für mich als Figur auch so auszeichnete, machte die Story für mich so beeindruckend und wunderbar.

"Die Abenteuer des Tom Bombadil" ist dann etwas schwer zu bewerten, da es eine Sammlung kurzer Gedichte ist. Auf zwei bis vier Seiten ist der Platz, um eine Geschichte zu erzählen, natürlich begrenzt. Und generell muss ich gestehen, mir mit der Reimform manchmal beim Lesen etwas schwer zu tun. Dennoch waren da ein paar schöne Geschichten darunter, u.a. die beiden mit Tom Bombadil, oder auch "Der Steintroll", "Schattenbraut", sowie "Das letzte Schiff". "Der Schmied von Großholzingen" verzauberte mich dann ebenfalls. Anfangs viel es mir zwar aufgrund des mehrmaligen Wechsels der Erzählperspektive etwas schwer, hineinzufinden, aber die Geschichte rund um den Schmied, der dank eines Sterns den er als Kind in einem Kuchen fand Zeit seines Lebens mehrmals das Feenland besucht, war einfach nur wunderschön. Letztendlich umspannt diese nur rund 60 Seiten umfassende Geschichte ein ganzes Leben. Das hat mich wirklich angesprochen. "Blatt von Tüftler" mag dann Tolkiens persönlichste Geschichte sein; wohl niemand, der sie liest, wird bei diesem Maler, der beginnt, ein Gemälde mit einem Wald zu malen, welches dann ausartet und immer größer wird, und letztendlich unvollendet bleibt, nicht automatisch an Tolkien selbst denken, der bis zu seinem Lebensende an der stetig wachsenden Mythologie von Mittelerde gearbeitet hat. Insgesamt mag mich die Geschichte zwar nicht ganz so angesprochen haben wie "Der Schmied von Großholzingen", dennoch war sie ein überaus netter Abschluss für die Sammlung. Die mir vorliegende Fassung wird zudem von wunderschönen Illustrationen von Alan Lee aufgelockert. Und neben einem Vorwort – dass man jedoch besser wenn man die Geschichten noch nicht kennt erst nach diesen lesen sollte – und einem Nachwort von Alan Lee umfasst die englische Ausgabe auch noch einen langen Aufsatz Tolkiens zu Märchen, bzw. "fairy-tales", der in der deutschen Veröffentlichung (obwohl eine Übersetzung vorliegt und der Text schon in "Gute Drachen sind rar" enthalten war) außen vor gelassen wurde. Was schon irgendwie schade ist, denn wenn einen dies nicht interessiert, muss man es ja nicht lesen. Auch mich sprach nicht alles an diesem Aufsatz an, aber insbesondere seine Verteidigung der Fantasy-Literatur im letzten Drittel hatte es mir dann definitiv angetan. Insofern finde ich es schon schade, dass man in der deutschen Ausgabe darauf verzichtete, diesen Text (auch) zu übernehmen.

Fazit: "Geschichten aus dem gefährlichen Königreich" bildete nun also den Abschluss meiner Reise durch Tolkiens Lebenswerk. Die (überwiegend) fehlende Verbindung zur großen Mythologie Mittelerdes hat mich persönlich dabei nicht gestört. Mit "Roverandom" konnte ich persönlich zwar eher nicht so viel anfangen, dafür hatten es mir "Bauer Giles von Ham" und "Der Schmied von Großholzingen" wirklich angetan. Die Gedichtsammlung "Die Abenteuer von Tom Bombadil" hatte ebenfalls ein paar Highlights zu bieten. Und auch wenn mich "Blatt von Tüftler" persönlich nicht so angesprochen haben mag wie andere hier enthaltene Geschichten, war es als Tolkiens wohl persönlichste Story dennoch ein überaus passender Abschluss. Und die Illustrationen von Alan Lee waren ebenfalls, wie gewohnt, wunderschön. Für die deutsche Veröffentlichung wäre jedoch aufgrund des Verzichts, Tolkiens Aufsatz über Märchen zu übernehmen, aber im Vergleich zur von mir gelesenen englischen Originalausgabe nochmal ein halber Punkt abzuziehen.

Bewertung: 4/5 Punkten
Christian Siegel





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