Leviathan erwacht
Auftakt der epischen "Expanse"-Saga Kategorie: Literatur & Comics - Autor: Christian Siegel - Datum: Samstag, 05 Februar 2022
 
Titel: "The Expanse: Leviathan erwacht"
Originaltitel: "The Expanse: Leviathan Wakes"
Bewertung:
Autoren: Daniel Abraham & Ty Franck (als James S. A. Corey)
Übersetzung: Jürgen Langowski
Umfang: 672 Seiten (D)
Verlag: Heyne (D), Orbit (E)
Veröffentlicht: 13. Februar 2017 (D), 02. Juni 2011 (E)
ISBN: 978-3-453-31781-9 (D), 978-0-316-12908-4 (E)
Kaufen: Taschenbuch (D), Kindle (D), Taschenbuch (E), Kindle (E)
 

Kurzinhalt: Die Menschheit hat nicht nur den Mond und den Mars, sondern auch damit begonnen, den Asteroidengürtel, der sich in unserem Sonnensystem zwischen den Orbits von Mars und Jupiter befindet, zu erobern. Zwischen diesen Gürtlern, die eben dort im Raumstationen aufgewachsen sind, und die da sie viel Zeit in der Schwerelosigkeit verbringen die sogenannten Inneren – also die Bewohner von Erde, Mond und Mars, im Durchschnitt deutlich überragen – und den inneren Systemen ist die Lage nun schon seit einiger Zeit angespannt. Im Gürtel hat sich die sogenannte OPA gebildet, die "Allianz der äußeren Planeten", die sich für Freiheit und Unabhängigkeit von den inneren Planeten einsetzt – und das teilweise, ausgehend von ihren militanten Flügeln, auch mit Gewalt. In dieser angespannten Lage droht nun eine Eskalation, als die Canterbury auf den Notruf eines Frachters reagiert, und kurz darauf zerstört wird. Die einzigen Überlebenden – James Holden, Naomi Nagata, Amos Burton, Alex Kamal und Shed Garvey – weisen darauf hin, dass der Angriff scheinbar mit Mitteln der Mars Navy durchgeführt wurden, doch die weist sämtliche Schuld von sich. An Bord der Raumstation Ceres wird indes der Polizist Josephus Miller damit beauftragt, nach Juliette Andromeda Mao zu suchen – die Tochter von Jules-Pierre Mao, einem reichen Unternehmer. Seine Nachforschungen werden ihn schließlich mit den Überlebenden der Canterbury zusammenführen…

Review: Nach dem Ende der Serie habe ich nun also endlich begonnen, mir die Romanreihe vorzuknöpfen. Vom ersten Band war ich dabei gleich überaus angetan. Spannend fand ich nicht zuletzt den Ansatz, den man im Hinblick auf diese Erzählung verfolgte: Denn ähnlich wie bei "Game of Thrones" verfolgen wir das Geschehen aus der Perspektive einzelner Protagonisten. Im Falle von "Leviathan erwacht" sind das – abseits des Prologs und Epilogs – erstmal nur Holden und Miller. Auf der einen Seite lässt dies die Story hier im Vergleich zur Serie, die das Universum von Beginn an öffnet, kleiner und weniger episch wirken. Dennoch hat wie ich finde auch dieser Zugang seinen Reiz, da wir halt wirklich nur einen kleinen Teil einer größeren Geschichte verfolgen, und dadurch, dass wir diese eben nur aus der Perspektive dieser beiden Männer erleben (im Übrigen ist das ein aus heutiger Sicht etwas bedauerlicher Aspekt; einer der beiden hätte ruhig eine Frau sein können), kommt es zu einer starken Verbindung mit den Figuren. Zumal ich beide auch sehr gut und spannend charakterisiert fand. Sie sind her unterschiedliche und teilweise richtiggehend widersprüchliche Charaktere. Auf der einen Seite der rechtschaffene, idealistische Holden, auf der anderen der gebrochene, desillusionierte Miller. Eine interessante Paarung, und mir gefiel es, die Handlung aus diesen beiden sehr unterschiedlichen Perspektiven zu verfolgen; zumal mir letztendlich beide auf ihre Art und Weise sehr sympathisch waren. Sehr cool war zweifellos auch, wie die beiden Handlungsstränge getrennt voneinander beginnen, dann auf Eros zusammen- und eine Zeit lang parallel laufen, nur um sich dann wieder voneinander zu lösen. Und auch wenn man heutzutage wohl aus der Serie schon gespoilert ist (ich hingegen will hier nichts vorwegnehmen), aber auch das Ende war im Hinblick darauf, dass es sich bei ihnen um die beiden Hauptfiguren handelte, sehr spannend.

Neben den Figuren hatte es mir aber auch die Geschichte angetan. Zuerst einmal fand ich die hier geschaffene Welt sehr faszinierend. Sie ist nicht ganz so weitläufig und Space Opera-mäßig wie z.B. ein "Dune", sondern ist näher an unserer Gegenwart, und damit wohl irgendwie auch greifbarer. Die Extrapolation der Gegenwart und aktueller Entwicklungen fand ich dabei sehr überzeugend, gerade auch im Hinblick auf die Konflikte zwischen Inneren und Äußeren, aber auch den sozialen Begebenheiten dieser Zukunft. Und auch die Story selbst fand ich sehr spannend und interessant. Es beginnt alles noch in sehr kleinem Rahmen, und relativ unspektakulär, mit Miller, der auf Ceres den Mao-Fall anfänglich eigentlich nur nebenbei bearbeitet, und der späteren Rocinante-Crew, die ihren Dienst an Bord der Canterbury verrichtet. Aus diesem relativ schlichten Setup entwickelt sich schließlich eine durchaus komplexe Geschichte, in der vieles nicht so ist, wie es anfänglich den Anschein hat. Eine überaus faszinierende Idee ist auch das Protomolekül – welches letztendlich auch für den kleinen Hauch an "sense of wonder" hauptverantwortlich ist. Nicht zuletzt die Idee hinter seinem Ursprung, und was es fast für die Entwicklung der Erde – und damit auch der Menschheit – bedeutet hätte, gefiel mir. Die Schilderung auf Eros, und später dann die Kaltblütigkeit, mit der der hauptverantwortliche Wissenschaftler von diesem "Experiment" berichtet, jagen einem dann einen kalten Schauer über den Rücken. Und das Finale hatte es mir dann auch enorm angetan, nicht zuletzt, wie hier letztendlich alles auf eine nicht-militärische Lösung hinausläuft, und vielmehr, wenn man so will, der Geist über die Materie siegt. Ein hochdramatisches und auch ansatzweise berührendes Finale, welches auf der einen Seite die hier erzählte Geschichte auf befriedigende Art und Weise abschließt, und zugleich den Weg für spannende weitere (und weitläufigere) Abenteuer im Universum ebnet.

Fazit: Es gibt zweifellos tiefsinnigere, revolutionärere und/oder originellere Science Fiction-Romane als "Leviathan erwacht" – als eine Art Blockbuster Literaturform erweist sich der erste Band der "Expanse"-Reihe aber als höchst gelungener Genrebeitrag. Auffällig ist dabei nicht zuletzt die interessante, an "Game of Thrones" erinnernde Erzählweise, verfolgen wir das Geschehen doch (abseits von Prolog und Epilog) abwechselnd – und ausschließlich – aus der Perspektive von Holden und Miller. Die beiden erweisen sich zudem als so interessante wie unterschiedliche Figuren, was es sehr spannend machte, die Story aus ihrer beider Blickwinkel zu erleben. Aber auch was die Story, das "world-building", die Sprache und den Schreibstil angeht war ich "Leviathan erwacht" durchaus angetan. Zumal es zwischendurch auch einige Momente gab, die mich (trotz Kenntnis der Serie) schockierten und/oder berührten. Insgesamt war das jedenfalls ein extrem kurzweiliger, spannender, interessanter und vielversprechender Auftakt der "Expanse"-Saga!

Bewertung: 4.5/5 Punkten
Christian Siegel
(Cover © 2017 Heyne)





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