Le Morte D'Arthur
Gilt als das Standardwerk der Artus-Sage Kategorie: Literatur & Comics - Autor: Christian Siegel - Datum: Samstag, 19 September 2020
 
Titel: "König Artus' Tod"
Originaltitel: "Le Morte D'Arthur"
Bewertung:
Autor: Sir Thomas Malory, überarbeitet von Keith Baines
Übersetzung: -
Umfang: 550 Seiten, inkl. Vor- und Nachwort (E)
Verlag: Signet Classics (E)
Veröffentlicht: 1962 (E)
ISBN: 978-0-451-53149-0 (E)
Kaufen: Taschenbuch (E)
 

Kurzinhalt: In der zweiten Hälfte des fünften Jahrhunderts kommt König Artus an die Macht, als er sich dadurch, dass er ein zuvor von Zauberer Merlin in einen Stein geschlagenes Schwert aus diesem wieder herauszieht, als er Erbe des Throns offenbart. In den folgenden Jahren schart er eine Gruppe nobler Ritter um sich, die an seiner Tafelrunde Platz nehmen – angefangen bei Sir Lancelot, der sich in den kommenden Jahren nicht nur durch seine Triumphe in Duellen und Turnieren, sondern auch mit seiner kaum verhohlenen Liebe zu Königin Guinevere einen Namen machen wird, über Sir Tristan, der sich unsterblich in die schöne Isolde verliebt, bis hin zu Sir Galahad, der schließlich die Suche nach dem heiligen Gral erfolgreich beenden wird. Diese und noch viele weitere Ritter der Tafelrunde bestreiten einige Schlachten, treten in zahlreichen Turnieren an, und erleben so manches Abenteuer, wobei sie sich immer durch ritterliche Tugenden wie Ehre und Tapferkeit auszeichnen – bis eines Tages die Liebe zwischen Lancelot und Guinevere Artus' Königreich ins Chaos stürzt…

Review: Ich bin seit Kindheitstagen an von der Artussage fasziniert. Teilweise mag dies dem Disney-Klassiker "Die Hexe und der Zauberer" geschuldet sein, in erster Linie war dafür aber wohl "Excalibur" verantwortlich, einer der ersten (Erwachsenen-)Fantasy-Filme die ich gesehen habe, und der mich damals enorm beeindruckende, und noch lange nachhallte. Dies führte schließlich soweit, dass ich mir im Deutschunterricht als es an der Zeit war, dass wir uns eigene literarische Werke suchen die wir in Referaten besprechen, Wolfram von Eschenbachs "Parzival" zur Brust nahm – der allerdings natürlich nur einen kleinen Teilbereich der Artussage abdeckt. Demgegenüber gilt "Le Morte D'Arthur" von Sir Thomas Mallory allgemein als das Standardwerk zur Artussage. Mallory hat damals die einzelnen Erzählungen, die sowohl britischen als auch französischen Quellen entstammen, zusammengefügt, in eigenen Worten erzählt, und dabei teilweise auch einiges an neuem Material hinzugefügt. Ich wiederum habe mich für die von Keith Baines überarbeitete und in modernem Englisch verfasste Version entschieden – also quasi eine Überarbeitung der Überarbeitung; eben diese ist somit auch der eigentliche Gegenstand dieser Rezension. Der Roman gliedert sich dabei thematisch in acht Teile, angefangen bei der Erzählung davon, wie König Artus den Thron erwarb, über die zahlreichen Turniere und Abenteuer, die von den Rittern der Tafelrunde bestritten wurden, bis hin zum letzten Kapitel, dass seinen Tod schildert und auch den Titel für die gesamte Sammlung beisteuerte (Mallory selbst nannte diese ja eigentlich "Das Buch von König Artus und seinen noblen Rittern der Tafelrunde"). Diese acht Teile sind dabei in ihrer Länge sehr unterschiedlich, wobei vor allem die ersten beiden noch recht kurz sind. Insgesamt wird König Artus selbst im Verlauf des Romans sehr an den Rand gedrängt, und tritt nur noch sporadisch in Erscheinung, während dann in erster Linie die Abenteuer seiner Ritter der Tafelrunde im Mittelpunkt stehen.

"Le Morte D'Arthur" lässt sich im Wesentlich auf vier Arten von Geschichten runterbrechen: Kriege, Turniere, Romanzen, und Quests. Den ersteren beiden ist dabei gemein, dass die Schlachten bzw. Kämpfe teilweise sehr übertrieben dargestellt wirken. Weil: Dass wie von Mallory öfters behauptet Ritter gerne auch mal mehrere Stunde gekämpft haben sollen, kann man sich dann doch nur schwerlich vorstellen. Darüber hinaus finden sich dort sehr oft genaue Aufzählungen aller Ritter, die an den betreffenden Schlachten oder Turnieren teilgenommen haben, wobei die wenigsten davon für die Geschichte relevant sind. Letztendlich scheinen diese Erwähnungen in erster Linie dafür da zu sein, um der Erzählung mehr Authentizität zu verleihen, und eben wirklich das Gefühl der Aufarbeitung von tatsächlichen historischen Ereignissen zu geben. Dennoch, aufgrund der teils verwirrenden Aufzählung allzu vieler Namen die man ohnehin nicht im Kopf behalten kann, sowie der Tatsache, dass die Kämpfe selbst meist nicht sonderlich packend geschildert sind (meist heißt es einfach nur, die jeweiligen Ritter hätten mehrere Stunden miteinander gekämpft, bis dann einem auch schon der entscheidende Schlag gelingt), waren das insgesamt für mich die schwächeren Teile der Sammlung. Besser schlugen sich da schon die Romanzen. Zwar gibt es bei den Liebesdreiecken Artus, Guinevere und Lancelot sowie Tristan, Isolde und Palamedes ein paar thematische Überschneidungen, letztendlich fande ich diese Geschichten aber durchaus interessant, und auch packend erzählt. Am besten haben mir aber zweifellos die Abenteuergeschichten gefallen, wo sich die einzelnen Ritter auf verschiedenste Quests begeben, wobei natürlich vor allem die Suche nach dem Gral hervorstach. Etwas eigenwillig fand ich indes, dass Mallory mehrmals spätere Entwicklungen in banalen Nebensätzen vorwegnimmt. Auch, wie oft sich selbst nahe Verwandte bloß weil sie in einer Ritterrüstung stecken nicht erkennt, mutet mitunter etwas seltsam, wenn nicht gar unfreiwillig komisch, an. Der ganze Erzählstil ist zudem sehr überhöht und theatralisch, die Darstellung des Mittelalters bzw. auch des Rittertums romantisch arg verklärt, die Geschichte stark von christlichen Elementen und Wertvorstellungen geprägt, und auch der Vorwurf eines gewissen Elitarismus (mit den Rittern als strahlende Helden, während der normale Pöbel nicht weiter von Belang ist) ist nicht von der Hand zu weisen. Aber: "Le Morte D'Arthur" ist halt, wie jedes Werk der Kunst, ein Produkt seiner Zeit, insofern konnte ich über diese Aspekte überwiegend wohlwollend hinwegsehen.

Abschließend noch eine kurze Besprechung der einzelnen hier versammelten Geschichten: "Die Geburt und Jugend Arthurs" erzählt, wie der deutsche Name schon verrät, quasi die "Origin-Story" von König Artus, angefangen davon, wie Merlin Zauber anwandte, damit Lady Igraine in Uther Pendragon ihren Gatten erkennt, über den allseits bekannten Moment, wie Artus das Schwert aus dem Stein zieht (bei dem es sich übrigens, entgegen einiger andere Adaptionen, nicht um Excalibur handelt; dieses erhält er erst später), bis hin zu seiner. Dementsprechend ist das auch genau jener Teil, der einem aus den diversen Verfilmungen mit am besten bekannt sein dürfte. Das zweite Buch "König Arthurs Feldzug nach Frankreich und Rom" knüpft unmittelbar daran an, und erzählt vom entsprechenden Feldzug. Dieser Teil litt aus meiner Sicht besonders unter den wenig mitreißend geschilderten Schlachten, weshalb ich ihn insgesamt für einen der schwächeren in dieser Sammlung halte. Im dritten Abschnitt rückt dann "Lanzelot" in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Dieser Teil erzählt von seinen zahlreichen, galanten Abenteuern, seinen Triumphen in Duellen und bei Turnieren, und beginnt schließlich auch die tragische Liebesgeschichte mit Lady Guinevere, die schließlich zum Bruch mit König Artus führen wird. Insgesamt eine durchaus schwungvolle, unterhaltsame und teilweise auch überraschend komische Erzählung – wo aber halt auch der erwähnte Kritikpunkt der romantischen Verklärung mit am deutlichsten zum Vorschein kommt. " Gareth, Bruder von Gawain" ist ein vergleichsweise kurzer Abschnitt, der zählt, wie Gareth seine edle Herkunft verschweigt, um sich seinen Titel durch seine Taten zu erwerben. Kurz- und -weilig, aber wenig hervorstechend. "Tristan und Isolde" bildet dann wohl – in mehrfacher Hinsicht – das Herzstück von "Le Morte D'Arthur". Eine epische, tragische Liebesgeschichte, die mich von der ersten bis zur letzten Seite (bzw. genau genommen auch noch darüber hinaus) in ihren Bann zog. Aber auch die nachfolgende Erzählung " Die Suche nach dem Heiligen Gral" hatte es mir – nicht zuletzt als alter "Indiana Jones"-Fan – sehr angetan. "Die Liebesgeschichte zwischen Lanzelot und Guinevere" stellt dann quasi den Anfang vom Ende dar, auch wenn es den beiden hier vorerst noch gelingt, Artus' Verdacht abzulenken; dieser Teil wurde nicht zuletzt auch prominent für den Film "Der erste Ritter" herangezogen. In "Das Ende der Tafelrunde und der Tod Arthurs" findet die Geschichte dann schließlich ihren gelungenen, tragischen und aus diversen Adaptionen im Großen und Ganzen (von einzelnen divergierenden Details abgesehen) wohlbekannten Abschluss.

Fazit: Falls ihr wie ich von der Artus-Sage fasziniert seid, kann ich euch nur raten, euch bei Gelegenheit – in welcher Form auch immer – mal Sir Thomas Malorys Geschichssammlung dazu, die diesbezüglich als Standardwerk gilt, vorzuknöpfen. Ich selbst habe mich, nach einem kurzen Vergleich zwischen Originaltext und Überarbeitung, für die Adaption von Keith Baines entschieden, der den Text überarbeitet, teilweise gestrafft, in moderner Prosa geschrieben und somit an zeitgenössische Lesegewohnheiten angepasst hat. Unabhängig davon, für welche Ausgabe ihr euch entscheidet, ist aber jedenfalls wichtig, mit den richtigen Erwartungen heranzugehen. "Le Morte D'Arthur" ist kein epischer Roman, der eine durchgehende Geschichte erzählt, sondern eine Sammlung von insgesamt acht in ihrer Länge stark schwankenden Erzählungen, die zwar schon grundsätzlich zusammenhängen, letztendlich aber im Großen und Ganzen für sich alleine stehen. Diese sind grundsätzlich recht abwechslungsreich, wobei sie sich im Wesentlichen auf drei Themengebiete herunterbrechen lassen, nämlich Kriege, Liebes- und Abenteuergeschichten. Mich persönlich haben vor allem erstere angesprochen, während die Romanzen teilweise etwas arg verkitscht und die diversen Turniere und Schlachten jetzt nicht übermäßig packend (und zudem etwas gar übertrieben) geschildert waren. Aber teilweise ist das halt auch einfach der Zeit geschuldet, in der diese Sammlung entstand. Insgesamt bin ich jedenfalls froh, mir diese Aufarbeitung der Artus-Sage nach all den Jahren nun endlich vorgeknöpft zu haben – auch wenn sicher nicht jede Geschichte gleich gelungen ist, und man zudem selbst in der von Keith Baines an moderne Lesegewohnheiten angepassten Überarbeitung aus zeitgenössischer Sicht da und dort schon gewisse Abstriche machen muss.

Bewertung: 3.5/5 Punkten
Christian Siegel





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