Harry Potter und das verwunschene Kind
Gelungene (Theater)-Fortsetzung der Fantasyreihe Kategorie: Literatur & Comics - Autor: Christian Siegel - Datum: Samstag, 22 August 2020
 
Titel: "Harry Potter und das verwunschene Kind"
Originaltitel: "Harry Potter and the Cursed Child"
Bewertung:
Autoren: John Tiffany & Jack Thorne, nach einer Story von J.K. Rowling
Übersetzung: Klaus Fritz & Anja-Hansen Schmidt
Umfang: 368 Seiten (D)
Verlag: Carlsen (D), Sphere (E)
Veröffentlicht: 21. März 2018, 25. Juli 2017 (E)
ISBN: 978-3-551-31836-0 (D)
Kaufen: Taschenbuch (D), Kindle (D), Taschenbuch (E), Kindle (E)
 

Kurzinhalt: Im Gegensatz zu seinem Vater Harry, der in seinen Jahren in Hogwarts – trotz aller Abenteuer, Gefahren und tragischer Ereignisse – so richtig aufblühte, tut sich sein zweiter Sohn Albus Severus Potter doch eher schwer. Er scheint nicht der talentierteste Zauberer zu sein, ihn quält – trotz der aufmunternden Worte seines Vaters bevor er zum ersten Mal den Hogwarts-Express bestieg – die Entscheidung des sprechenden Huts, ihn ins Haus Slytherin zu stecken, und sein bester – und genau genommen auch einziger – Freund ist just Draco Malfoys Sohn Scorpius, der nicht zuletzt aufgrund des böswilligen Gerüchts, er sei in Wahrheit der Sohn von Voldemort, auch eher zu den Außenseitern in Hogwarts gehört. Das angespannte Verhältnis zu seinem Vater hilft Albus auch nicht gerade dabei, sich besser zu fühlen. Dann jedoch sieht er eine Chance, vielleicht alles zum Besseren zu wenden: Er hört zufällig mit, als Cedric Diggorys Vater Harry und Hermine darum bittet, den kürzlich vom Ministerium beschlagnahmten Zeitumkehrer dafür zu verwenden, seinen Sohn zu retten. Albus ist erschüttert, als Harry dem gebrochenen alten Mann diesen Wunsch verwehrt – und beschließt, den Plan mit Scorpius Hilfe in die Tat umzusetzen. Die beiden denken, dass es nicht weiter schaden kann, wenn sie in die erste Prüfung mit dem Drachen eingreifen und verhindern, dass Cedric diese erfolgreich beenden kann. Als sie dann jedoch wieder in die Gegenwart zurückkehren, müssen sie erkennen, dass sich alles verändert hat – und nicht zum Besseren…

Review: "Harry Potter" war für J.K. Rowling von Anfang an eine siebenteilige, sich auf die Schuljahre konzentrierende, Saga, und mit "Heiligtümer des Todes" grundsätzlich abgeschlossen – weshalb sie der Reihe auch keine klassische Fortsetzung in Romanform angedeihen lassen wollte. Der Idee, die Geschichte in einem Theaterstück fortzuführen, war sie hingegen nicht abgeneigt – nicht zuletzt, als ihre siebenteilige Saga somit, was die Romane betrifft, nach wie vor für sich steht. Sie selbst lieferte dabei im Fall von "Harry Potter und das verwunschene Kind" die Story, während das Stück selbst von John Tiffany und Jack Throne geschrieben wurde. Schließlich wurde entschieden, das Drehbuch des Theaterstücks als Buch aufzulegen, damit auch all jene, die nicht das Glück und/oder Privileg haben, eine entsprechende Aufführung zu besuchen, in den Genuss dieser für sich stehenden Fortsetzung kommen können. Das entscheidende Wort ist dabei "Drehbuch". Sprich, es wurde nicht etwa dieses als Basis genommen, und daraufhin dann ein normaler Roman geschrieben, wie dies z.B. im Falle von Filmen hin und wieder vorkommt (man nehme nur z.B. "Star Trek" oder auch "Star Wars"), sondern auch wirklich das Drehbuch inklusive Regieanweisungen etc. veröffentlicht. Nun habe ich persönlich nicht zuletzt aufgrund der Script Books von "Babylon 5" mit dem Lesen von Drehbüchern schon einige Erfahrung gesammelt, weshalb mich das Format an sich grundsätzlich mal nicht weiter störte. Dennoch ist ein solches letztendlich irgendwie für mich immer die schlechteste zweier Welten; nicht Fisch, aber auch nicht Fleisch. Denn auf der einen Seite fehlt die komplette Inszenierung, angefangen von Bühnenbild und Musik bis hin zur schauspielerischen Leistung der DarstellerInnen, die ihre Figuren – und die Geschichte – mit Leben füllen. Auf der anderen Seite aber macht man auch nicht von der Möglichkeit, tiefer in die Gedanken- und Gefühlswelt der Figuren einzudringen, nicht Gebrauch.

Das Ergebnis ist ein doch sehr oberflächliches Vergnügen, dass aus meiner Sicht wohl in tatsächlich inszenierter Form (und ich wäre dem Gedanken, die Geschichte in ein paar Jahren mit der Originalbesetzung – soweit möglich – zu verfilmen, nicht im Geringsten abgeneigt) besser funktioniert, als rein auf den Text heruntergebrochen. Darüber hinaus darf man sich von so einem Theaterstück keine ähnlich komplexe und epische Handlung erwarten, wie von den Büchern. Das haben ja nicht zuletzt auch die Filme gezeigt. So gelungen ich die Verfilmungen grundsätzlich überwiegend auch finden mag, aber man muss sich nur anschauen, was da selbst bei den ersten beiden noch recht werkgetreuen Verfilmungen von Chris Columbus (wo zudem die Vorlage noch nicht so lang war), oder auch dann beim auf zwei Filme aufgesplitteten Finale, alles ausgelassen werden musste, um auf eine normale Filmlaufzeit zu kommen, um zu erkennen, dass "Harry Potter und das verwunschene Kind" von vornherein keine ähnlich komplexe Geschichte erzählen kann. Letztendlich entspricht das Ganze eher einer Novelle, ist aber sicherlich auch vom Inhalt her (von der Form ganz zu schweigen) kein weiterer, vollwertiger Roman. Auch darauf muss man sich im Vorfeld einstellen. Und dann ist da noch die Tatsache, dass J.K. Rowling hier "nur" die Story lieferte, das Stück selbst jedoch nicht von ihr geschrieben wurde. Zwar gelingt es Tiffany und Thorne soweit ganz gut, ihren Stil und ihre Stimme einzufangen, aber einen gewissen Unterschied bemerkt man in meinen Augen schon.

"Harry Potter und das verwunschene Kind" hat jedoch auch eine ganz wesentliche Stärke, wegen der ich Potter-Fans auch durchaus empfehlen würde, das Drehbuch zu lesen (oder noch besser, wenn ihr Gelegenheit dazu findet, euch das Stück anzusehen), und das ist die Story an sich. Diese hat mir nämlich durchaus zugesagt. So fand ich es von vornherein schon mal interessant, einen Einblick in die – nicht unproblematische – Zukunft der Figuren, sowie die nächste Generation der Potters, Weasleys/Grangers und Malfoys, zu erhalten. Dabei gefiel mir vor allem die – im Epilog von "Harry Potter und die Heiligtümer des Todes" ja schon angedeutete – weitere Entwicklung rund um Draco Malfoy, und sein Verhältnis zu Harry Potter. Die beiden werden sich wohl nie wirklich mögen, geschweige denn beste Freunde werden, aber sie haben doch gelernt, miteinander irgendwie auszukommen – und sind hier nun endgültig dazu gezwungen, sich irgendwie zusammenzuraufen, um gemeinsam ihre beiden Söhne zu retten. Das gefiel mir wirklich ausgesprochen gut. "Harry Potter und das verwunschene Kind" profitiert zudem zweifellos davon, dass ich halt generell ein Faible für Zeitreisegeschichten habe. Wobei ich die Story in diesem Fall auch ganz besonders gut ausgedacht und konzipiert fand. So nutzt man die Gelegenheit nicht nur, um zu einigen bekannten aber bislang auch nicht direkt gesehenen, wichtigen Momenten der Vergangenheit zurückzuspringen, sondern auch für den Blick auf eine düstere alternative Zeitlinie – und damit auch, wie die Geschichte hätte ausgehen können, wären Harry und seine Freunde nicht erfolgreich gewesen. Zuguterletzt erlaubt diese Herangehensweise auch, die eine oder andere im Verlauf der Geschichte verstorbene Figur für einen Gastauftritt zurückkehren zu lassen. Wie gesagt, über die Art der Umsetzung/Präsentation kann man – zumindest, soweit es die Veröffentlichung des Drehbuchs in Reinform betrifft – durchaus diskutieren. Mit einer klassischen, typischen Romanadaption (von einer Verfilmung ganz zu schweigen) wäre der Geschichte wohl besser gedient. Diese besagte Story an sich ist in meinen Augen aber über jeden Zweifel erhaben.

Fazit: Auch wenn ich grundsätzlich mit dem Lesen von Drehbüchern schon Erfahrung habe, und mich somit das Format an sich jetzt nicht gestört hat– und ich es zudem als grundsätzlich positiv empfinde, all jenen, die nicht die Chance haben, sich das Theaterstück anzusehen, dieses zumindest in dieser Form zu präsentieren – ist diese Präsentation der Geschichte sicherlich nicht optimal. Auf der einen Seite fehlt die Inszenierung (wobei insbesondere die schauspielerischen Leistungen viel dazu beitragen können, einer Story bzw. auch den Figuren Leben einzuhauchen), andererseits aber auch die Tiefe, die ein echter Roman was die Charakterzeichnung – und das Vordringen in die Gedanken- und Gefühlswelt der jeweiligen Figur – bietet. Damit vereint das Drehbuch von "Harry Potter und das verwunschene Kind" leider genau genommen das schlechteste zweier Welten in sich. So gesehen wäre es mir wohl doch lieber gewesen, man hätte das Drehbuch als Vorlage für einen richtigen, vollwertigen Roman genutzt. Darüber hinaus darf man sich – no na – von solch einem rund dreistündigen Theaterstück keine ähnliche Komplexität der Handlung erwarten, wie einem rund 600 Seiten langen Roman. So auf den Text heruntergebrochen entspricht das Ganze halt doch eher einer Kurzgeschichte, als einem weiteren, vollwertigen Band der "Harry Potter"-Reihe – als die "das verwunschene Kind" allerdings zugegebenermaßen ja auch nie gedacht war. Und doch hat "Harry Potter und das verwunschene Kind" auch eine ganz wesentliche Stärke, und das ist die Story an sich. Diese hat mir nämlich außerordentlich gut gefallen, wobei ich vor allem den Einsatz des Zeitumkehrers für einen Geniestreich halte. Darüber hinaus gefiel mir vor allem, wie das Theaterstück unmittelbar an den Epilog aus "Harry Potter und die Heiligtümer des Todes" anknüpft. Und generell war es überaus nett, hier nun zu erfahren, wie es mit Harry, Hermine, Ron, Ginny, Draco, und natürlich auch ihren Kindern, weiterging. Und so hoffe ich nun, da ich mir diese Fortsetzung zur siebenbändigen Saga zum ersten Mal vorgeknöpft habe, inständig auf eine Verfilmung in ein paar Jahren (wenn die Stammbesetzung von damals dann das richtiger Alter erreicht hat). In dieser Form hätte "Harry Potter und das verwunschene Kind" aus meiner Sicht dann nämlich definitiv das Potential, an die (Film-)Reihe anzuknüpfen.

Bewertung: 3/5 Punkten
Christian Siegel





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