Star Wars: Die Abtrünnigen
Kontroverser Auftakt zur "New Jedi Order"-Reihe Kategorie: Literatur & Comics - Autor: Christian Siegel - Datum: Sonntag, 03 Februar 2019
 
Titel: "Die Abtrünnigen"
Originaltitel: "Vector Prime"
Bewertung:
Autor: R. A. Salvatore
Übersetzung: Regina Winter
Umfang: 447 Seiten
Verlag: Blanvalet (D), Del Rey (E)
Veröffentlicht: November 2000 (D), 05. Oktober 1999 (E)
ISBN: 978-3-442-35414-5
Buch kaufen: Taschenbuch (D), Kindle (D), Taschenbuch (E), Kindle (E)
 

Kurzinhalt: Aus einer anderen Galaxis eilt eine neue Gefahr heran, die sich als die größte Bedrohung herausstellen könnte, der sich die Neue Republik seit ihrer Gründung stellen musste. Bei den Yuuzhan Vong handelt es sich um ein Volk brutaler und erbitterter Krieger, die den Tod im Kampf regelrecht herbeisehnen, und keine Gnade kennen. Als sie die Grenze der Galaxis überschreiten, wird ihr Flugobjekt zuerst für einen Asteroiden gehalten. In Wahrheit handelt es sich jedoch um ein Weltenschiff, mit dem sie auf einem Planeten am Rand der Galaxis landen, um diesen zu erobern. Der vierte Planet des Helska-Systems soll als Brückenkopf ihrer Invasion dienen – seine Eroberung ist jedoch nur ein Teil eines ausgeklügelten Plans. Darüber hinaus wird ein Horchposten der Neuen Republik angegriffen und der gesamte Planet unbewohnbar gemacht. Auf einen weiteren Planeten sorgt man dafür, dass einer der Monde den Orbit verlässt, und in Kürze mit Sernpidal kollidieren wird. Während die Neue Republik die Gefahr noch nicht erkennen will oder kann, ist es an Luke Skywalker und seiner Ehefrau Mara Jade, der früheren Regierungschefin Leia Organa Solo, ihrem Mann Han, ihren Kindern Jaina, Jacen und Anakin, Hans treuem Weggefährten Chewie, dem ehemaligen Gauner Lando Calrissian, sowie der neuen, von Luke ausgebildeten, Generation an Jedi-Rittern, sich den Invasoren entgegenzustellen. Doch bereits die erste Schlacht in diesem intergalaktischen Krieg wird von den Helden ein großes Opfer fordern…

Review: Mit der Veröffentlichung des ersten Bands der "New Jedi Order"-Reihe (hierzulande unter dem Titel "Das Erbe der Jedi-Ritter veröffentlicht") begann im Erweiterten "Star Wars"-Universum (EU bzw. mittlerweile "Legends") eine neue Ära. Nachdem bis dahin größtenteils Trilogien die Fortsetzungen der Kinofilme dominierten, machte sich der amerikanische Verlag Del Rey (der zum Publisher Random House gehört) daran, das Expanded Universe um eine Saga von bis dahin ungeahntem Ausmaß zu bereichern. Ganze neunzehn Romane umfasst die Geschichte rund um die Invasion der Yuuzhan Vong – bis dato die längste Saga, die fürs "Star Wars"-Universum je geschrieben wurde. Doch es ist nicht nur der Umfang des Epos, der hervorsticht. "Die Abtrünnigen", dem ersten Teil der Reihe, macht auch bereits deutlich, dass man damit in vielerlei Hinsicht eine neue Richtung einschlagen wollte – was nicht bei allen "Star Wars"-Fans gut ankam. Mich übrigens eingeschlossen. So hatte ich mir "Die Abtrünnigen" bereits vor gut fünfzehn Jahren einmal vorgeknöpft – es danach mit NJO (New Jedi Order) aber auch sein lassen. Insofern ist (mit Ausnahme des "Chewbacca"-Gedächtniscomics) alles, was nach ihm erschienen ist, für mich völlig unbekanntes Neuland. Der Grund, warum ich der NJO und damit auch den "Star Wars"-Romanen der OT-Ära den Rücken kehrte, ist leicht erklärt: Auch wenn ich in objektiver Hinsicht den Mut hinter dieser Neuausrichtung anerkennen kann, war das doch nicht mehr das "Star Wars", in das ich mich einst verliebt hatte. Der erste Tod einer beliebten Figur aus den Filmen gab dem Ganzen dann schließlich den Rest.

Aber der Reihe nach. Bevor ich mich ausgiebig mit meinen Kritikpunkten auseinandersetze, seien zuerst die – zweifellos ebenfalls vorhandenen und anerkennenswerten – positiven Aspekte hervorgehoben. So war es (nun bei meiner Zweitlesung) nach vierzehn Abenteuern, die sich in erster Linie an jüngere Leser richteten, sehr erfrischend, endlich wieder in den Bereich der "Erwachsenenunterhaltung" zurückzukehren (wobei "Die Abtrünnigen" diesbezüglich für meinen Geschmack eben übers Ziel hinausschoss – aber dazu gleich). So ist R. A. Salvatores erster Beitrag zum "Star Wars"-Universum grundsätzlich gut und hochwertig geschrieben. Auch die Idee hinter den Yuuzhan Vong als neuen Feind für die Neue Republik bzw. den Neuen Jedi-Orden gefällt mir. Bis zu dem Zeitpunkt war das Expanded Universe ja soweit es Bedrohungen betrifft in erster Linie von den Überresten des Imperiums, dunklen/gefallenen Jedi sowie irgendwelchen technologischen Gefahren (sprich: Todesstern-Abwandlungen) dominiert. Da war das zweifellos mal originell und erfrischend. Mir gefällt dabei einerseits die Idee eines Volkes, das scheinbar außerhalb der Macht zu existieren scheint (was auch die Möglichkeiten der Jedi im Kampf gegen sie einschränkt), und andererseits, wie sie auch bei ihrer Technologie in erster Linie auf Biologisches setzen. Selbst ihre Schiffe sind lebendig; darüber hinaus bedienen sie sich origineller Waffen wie z.B. diesen Käfern, die sämtliches Leben auf Belkadan auslöschen. Und vor allem auch die Idee, dass sie aus einer anderen Galaxis stammen, fand ich interessant. "Die Abtrünnigen" gelingt es zudem sehr gut, mit dem mittlerweile großen Ensemble zu jonglieren, und dabei neben den aus den Filmen bekannten Helden vor allem auch den Solo-Nachwuchs in den Mittelpunkt zu rücken – zugleich aber auch ein paar neue Figuren vorzustellen. Mit dem Scharmützel zu Beginn sorgt man zudem gleich mal für einen packenden Einstieg. Aber auch später liefert man so manchen packenden Moment. Auch die unterschiedlichen Ansichten innerhalb des Jedi-Ordens zur Philosophie und Vorgehensweise, die dieser in Zukunft verfolgen soll, waren interessant. Und generell fand ich es schön, wieder mal ein gemeinsames Abenteuer von Luke, Leia, Han, Chewie, Mara & Co. zu erleben, bei dem einerseits die Quintessenz der Figuren nach wie vor erkennbar war, zugleich aber auch deutlich wird, dass sich diese seit dem Ende von "Die Rückkehr der Jedi-Ritter" verändert haben.

Was "Die Abtrünnigen" nur halt leider gänzlich verloren gegangen ist, ist der Spaßfaktor. Im Bestreben einer Neuausrichtung, die ernster, düsterer und erwachsener sein soll, verliert man leider aus den Augen, dass "Star Wars" trotz aller Gefahren, tragischer Wendungen und packender (Zwei-)kämpfe letztendlich ja doch in erster Linie immer eine Abenteuerreihe war, die gut unterhalten wollte. Generell schießt man im Bestreben, unbedingt ernster und erwachsener sein zu wollen, gerade auch angesichts der Tastache, dass "Star Wars" (vielleicht mit Ausnahme von in der Tat saudüsteren "Die Rache der Sith") auch abseits von bewusst auf sie zugeschnittenen Serien ("The Clone Wars" und "Rebels") und Romanen ("Young Jedi Knights") zumeist für Kinder und Jugendliche geeignet waren. Im Falle von "Die Abtrünnigen" graut mir aber bei dem Gedanken, dass diese das Buch in die Finger bekommen hätten, angesichts der grausigen Darstellung der sadistischen Yuuzhan Vong, die sich mit Genuss selbst verstümmeln, noch lieber andere Foltern, und sich an "exquisitem Schmerz" erfreuen. Oder auch die wirklich heftige Foltereinlage von Miko Reglia. Ja selbst die Ausgangssituation ist mit Maras tödlicher Krankheit und dem Zwist in der Solo-Familie (der sich in weiterer Folge, nach Chewies Tod – und Hans Vorwürfen an Anakin deswegen – noch intensiviert) bereits wesentlich bedrückender, als man das von "Star Wars" sonst gewohnt ist. Das muss man erstmal verdauen, und ich für meinen Teil tat mir halt schwer, mich auf dieses spaßlose "Star Wars" einzulassen.

Diese eigenwillige Neuausrichtung findet dann schließlich im wohl kontroversesten Ereignis aus dem gesamten Legends-Universum ihren Höhepunkt: Dem Tod von Chewbacca. Fast zwanzig Jahre nach der Erstveröffentlichung – und nachdem mittlerweile im offiziellen Kanon mit Han Solo und Luke Skywalker zwei noch wesentlich populärere und wichtigere Figuren ihr Leben verloren – mag es schwer fallen, die damalige Aufregung nachzuvollziehen, und damals war das nun mal ein richtiger Tabubruch. Mein Problem damit liegt auch weniger in der Entscheidung an sich, sondern vielmehr, aus welchen Gründen man sie ganz offensichtlich traf. Auf der einen Seite wirkt es wie Effekthascherei, und ein billiger Publicity-Gag, um die NJO-Reihe ins Gespräch zu bringen. Auf der anderen Seite wie der verkrampft Versuch, uns durch dieses Bauernopfer einzureden, dass nun auf einmal auch die Figuren aus den Filmen nicht mehr sicher wären. Letzteres – ohnehin schon offensichtlich – legt R. A. Salvatore (in so ziemlich dem Einzigen, was man ihm im Hinblick auf diese Entscheidung – die ja nicht seine war – vorwerfen kann) Han Solo sogar selbst nochmal in den Mund, wenn dieser über die "Blase" spricht, die sie bislang zu beschützen schien, und die nun durch Chewies Tod geplatzt ist. Offensichtlicher kann man das Bestreben hinter dieser Entscheidung nicht mehr machen – und damit halt auch, dass diese nicht etwa aus künstlerischen Gründen (weil die Story es quasi vorsah/erzwang), sondern rein kommerziellen Überlegungen gefallen ist. Und, ganz ehrlich: Wenn es ihnen wirklich nur darum ging, diese Blase der OT-Figuren zu durchbrechen, hätten sie aus meiner Sicht dann doch lieber Lando nehmen sollen. Für den Punkt, den sie damit machen wollten, hätte es gereicht, wäre aber ein weniger schmerzlicher Verlust gewesen (weil Chewie war nun mal von Beginn an immer schon ein absoluter Sympathieträger). Zumal es bei ihm auch ein schöner Abschluss seiner Charakterentwicklung gewesen wäre – nachdem er als wir ihn kennenlernten Han, Leia & Co. ans Imperium verriet, opfert er hier nun sein Leben, um jenes von Hans Sohn zu retten. Das wäre poetisch gewesen. Während Chewie "nur" dabei stirbt, wie er das macht, was er immer tat: Han und seine Familie zu beschützen. Manche mögen das passend finden, auf mich wirkte es hingegen schon immer belanglos und beliebig. Und genau das ist es dann eben auch, was mir daran so sauer aufstieß und -stößt. Von Hans unpassender Reaktion (macht er seinem Sohn doch tatsächlich deswegen Vorwürfe) ganz zu schweigen.

Fazit: Mit der Neuausrichtung des Legends-Universums mit "Die Abtrünnigen" tat ich mir damals dermaßen schwer, dass der erste Band der NJO-Reihe bislang zugleich auch der letzte war, den ich gelesen habe. Auf objektiver Ebene mag ich den Mut, den viele Entscheidungen hier gekostet haben, anerkennen können – subjektiv gesehen wäre es mir jedoch überwiegend lieber gewesen, man hätte sie eben nicht getroffen. Von Beginn an wirkt "Die Abtrünnigen" deutlich düsterer, ernster und erwachsener als frühere "Star Wars"-Abenteuer – was nicht grundsätzlich schlecht sein muss, aber halt auch bedeutet, dass der Humor, die Leichtigkeit und der Spaßfaktor, die "Star Wars" für mich halt schon auch immer ausgezeichnet haben, fast völlig fehlt. Schwer tat ich mir auch mit der Schilderung der Yuuzhan Vong. Das Grundkonzept hinter ihnen ist sehr interessant und erfrischend, auf die Selbstverstümmelungen, ihre sadistische Ader und ihren Genuss exquisiter Schmerzen hätte ich aber verzichten können. Und auch den Tod von Chewbacca – seit jeder innerhalb des Fandoms heiß umstritten und diskutiert – sehe ich eher kritisch. Weniger wegen der Wendung an sich, als dass ich mich des Eindrucks nicht erwehren konnte, dass diese aus den falschen Gründen gewählt wurde – was seinem Tod einen konstruiert-zweckmäßigen Eindruck verleiht. Und das hat sich Hans treuer Weggefährte nun wirklich nicht verdient. Trotz allem: Die Ausgangssituation für weitere Abenteuer ist nicht uninteressant. Mal schauen, ob es diesen gelingen wird, mich mehr zu überzeugen.

Bewertung: 2/5 Punkten
Christian Siegel





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