Jenseits der Macht
Gelungene Fortsetzung von Daniel Krinkes SF-Epos Kategorie: Literatur & Comics - Autor: Christian Siegel - Datum: Samstag, 07 April 2018
 
Titel: "Jenseits der Macht"
Bewertung:
Autor: Daniel Krinke
Übersetzung: -
Umfang: 500 Seiten
Verlag: CreateSpace Independent Publishing Platform
Veröffentlicht: 08. Januar 2016
ISBN: 978-1-52296-235-9
Kaufen: Taschenbuch (D), Kindle (D)
 

Kurzinhalt: Auf dem Planeten Royok kommt es zu einem Regimewechsel. Der Staranwalt Leon Jarnus, der zuvor mit kritischen Kommentaren gegenüber der neuen Regierung aufgefallen ist, wird aus dem Verkehr gezogen, in dem man ihn einfriert. Dreißig Jahre später wird er wieder aufgetaut – und findet sich in einem Alptraum wieder: Der Planet wird vom sogenannten Augenmeister Razen Daku regiert, der mit Hilfe seiner Wurmlöcher alle Bewohner ausspioniert, und zugleich als Kläger, Richter und Henker in einer Person auftritt. Er ließ Leon Jarnus auftauen, da er sein Justizsystem gerechter machen will. Denn während bei einem Mörder relativ klar ist, wie man ihn nach dem guten alten "Auge um Auge, Zahn um Zahn"-Prinzip bestraft und so dafür sorgt, dass die Strafe dem Vergehen angemessen ist, fällt dies bei Diebstahl, Körperverletzung, Vergewaltigung oder auch nur reiner Sachbeschädigung schon wesentlich schwerer. Leon Jarnus ist jedoch zutiefst schockiert darüber, den gesamten Planeten in der uneingeschränkten Macht einer einzelnen Person wiederzufinden. Insofern ist er nur allzu gern bereit, dem sich langsam regenden Widerstand zur Seite zu stehen. Doch ihr Plan, um Razen Daku auszuschalten, scheitert…

Review: Nur etwas mehr als ein Jahr nach seinem Debütroman "Jenseits der Götter" legte Daniel Krinke eine Fortsetzung nach. "Jenseits der Macht" tritt dabei sowohl inhaltlich als auch thematisch in die Fußstapfen des Vorgängers, ohne diesen direkt zu kopieren. So findet sich die Hauptfigur des ersten Teils, David, diesmal nur am Rande des Geschehens wieder (wobei die Ereignisse hier andeuteten, dass er im abschließenden Teil der Trilogie wieder stärker in den Mittelpunkt rücken könnte). Vielmehr rückt mit Leon Jarnus eine neue, und vor allem für einen Science Fiction-Roman doch eher ungewöhnliche Figur in den Fokus – denn "Anwalt" ist ja wohl jetzt nicht unbedingt die erste Profession, die einem wenn man an Helden denkt in den Sinn kommt. Und dennoch – oder vielleicht auch vielmehr genau deshalb – gelang es mir rasch, mich mit Leon zu identifizieren und in weiterer Folge mit ihm mitzufiebern. Noch besser als den Protagonisten fand ich jedoch auch hier wieder die Story, und die Art und Weise, wie die philosophischen Themen in diese eingebunden werden (nämlich: immer natürlich, ohne je Überhand zu nehmen oder gar in eine trocken-akademische Abhandlung auszuwarten) Wie schon beim Vorgänger setzt sich Daniel Krinke mit Allmacht, und der damit einhergehenden Bürde und Verantwortung, auseinander, und präsentiert anhand von Razen Daku so ziemlich das denkbar schlimmste Beispiel eines omnipotenten, unantastbaren Herrschers. Razen hält sich doch tatsächlich für gerecht, und sieht nicht nur die Abscheulichkeit seiner Taten nicht, sondern glaubt gar, seinem Volk damit etwas Gutes zu tun – eine Argumentation, mit der er sogar Völkermord rechtfertigt.

Die Dystopie, die Krinke auf dem Planeten Royok zeichnet, sprach mich ungemein an. Er zeigt einerseits die Folgen eines bis ins Extrem gesteigerten Überwachungsstaates, und andererseits den Schrecken sowohl einer Willkür-Justiz als auch einer absoluten Diktatur – und erteilt damit dem momentan in der Bevölkerung beobachtbaren zunehmenden Wunsch nach einem "starken Mann" an der Spitze eine klare Absage. Insgesamt war der (erste) Teil auf Royok jedenfalls die konsequente Weiterführung der Themen aus dem Vorgänger-Roman, und hat mich so fasziniert wie verstört. Der zweite Teil des Buchs, nach dem Zeitsprung sieben Jahre in die Zukunft, fiel im direkten Vergleich dann jedoch etwas ab. Auch wenn ich es grundsätzlich gut fand, sich mit den – tragischen – Auswirkungen von Razens Herrschaft auseinanderzusetzen, nahm sich Krinke aus meiner Sicht dann doch etwas zu viel Zeit dafür, sich eben diesen zu widmen. Die Aussage dahinter war auch so klar, und auch inhaltlich fand ich das spätere Geschehen dann nicht mehr so packend und interessant. Generell meint es der Autor mit seinen Lesern angesichts des angewachsenen Umfangs auf rund 500 Seiten (der Printausgabe; ich las digital) dann doch etwas zu gut, und beginnt sich der Roman mit der Zeit doch etwas zu ziehen. Was nicht heißen soll, dass nicht auch die zweite Hälfte noch ihre Momente hatte. Vor allem den Ausgang des Geschehens mochte ich. Und Charlie erwies sich als nette Hommage an den Doktor aus "Doctor Who" (an einer Stelle zückt er sogar einen Schraubenzieher mit grüner Kristallspitze). Zudem lockerten die Schauplatzwechsel zur Weltensphäre das Geschehen zwischendurch immer wieder auf – und sorgten zudem mit dem dort stattfindenden Umsturz zudem für eine spannende Ausgangssituation für den abschließenden Teil der Saga.

Fazit: In der ersten Hälfte seiner Fortsetzung zu "Jenseits der Götter" gelang es Daniel Krinke meiner Ansicht nach sogar, im Vergleich zum bereits tollen Vorgänger sogar noch einmal eins draufzusetzen. Das dystopische Setting auf Royok, die Darstellung des dortigen Überwachungsstaats, sowie das von einem totalitären Herrscher unterdrückende Regime, waren sehr gut – und erschreckend – umgesetzt. Krinke griff dabei die philosophischen Themen des Vorgängers – insbesondere die Bürde von Allmacht – sehr schön auf, und führte sie konsequent weiter. Leider fiel der zweite Teil von "Jenseits der Macht", nach dem Zeitsprung, doch ein bisschen ab. Hier hätte der Autor aus meiner Sicht ruhig die Schere ansetzen und den Roman in etwa auf den Umfang des Vorgängers runterkürzen können, ohne wesentliches zu verlieren. Davon abgesehen war ich aber auch von "Jenseits der Macht" wieder sehr angetan, und freue mich bereits darauf, mir den Abschluss der Trilogie zur Brust zu nehmen.

Bewertung: 4/5 Punkten
Christian Siegel





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