Only You Can Save Mankind
Ein Videospiel-Nerd wird zum Helden Kategorie: Literatur & Comics - Autor: Christian Siegel - Datum: Samstag, 27 Mai 2017
 
Titel: "Only You Can Save Mankind"
Bewertung:
Autor: Terry Pratchett
Umfang: 212 Seiten
Verlag: Doubleday
Veröffentlicht: September 1992/td>
ISBN: 978-0-552-55103-8
Kaufen: Sammelband (E), Einzelband (E)
 

Kurzinhalt: Johnny Maxwell ist ein Nerd, und damit doch eher ein Außenseiter an seiner Schule. Seine Freizeit verbringt er damit, mit seinen Freunden abzuhängen und Videospiele, die von seinem Freund raubkopiert wurden, zu zocken. Als er das Spiel "Only You Can Save Mankind" startet, erhält er jedoch von den gegnerischen ScreeWee die Nachricht, dass sie sich ergeben. Zuerst ist er unsicher, was er nun tun soll, schließlich nimmt er ihre Kapitulation jedoch an. Daraufhin findet er sich in seinen Träumen im Spiel wieder, und begleitet die ScreeWee an die Grenze. Tags darauf wird er Zeuge, wie sich ein junges Mädchen im Videospiel-Laden über Only You Can Save Mankind beschwert. Darin wären ja gar keine Gegner, das Spiel bestünde aus nichts außer endlos dahinziehenden Sternen. Schon bald findet er heraus, dass dies sämtliche Kopien auf der ganzen Welt betrifft – und die Herstellerfirma ganz schön in Bedrängnis bringt. Offenbar ist an seinen Träumen also mehr dran, und das Spiel bis zu einem gewissen Grad real. Nun ist Johnny Maxwell noch entschlossener als zuvor, den ScreeWee sicheres Geleit bis zur Grenze des Spiels zu ermöglichen. Doch nicht nur, dass es Spieler auf der ganzen Welt auf sie abgesehen haben, an Bord des Flaggschiffs kommt es dann auch noch zu einer Meuterei…

Review: Bei "Only You Can Save Mankind" ist es Terry Pratchett wieder einmal gelungen, mich von der ersten Seite an zu fesseln und zu faszinieren. Zwar hab ich die Frühzeit der Videospiele – "Space Invaders" und Konsorten – verpasst, fühlte mich jedoch auf den ersten Seiten unweigerlich an "Wing Commander" zurückerinnert, dass mich in meinen Jugendjahren so gepackt hat, wie kaum ein anderes PC-Spiel (sowohl davor als auch danach). Insofern ist es mir alles andere als schwer gefallen, als mich mit Johnny zu identifizieren. Generell fand ich das Grundkonzept sehr interessant. Als Kind bzw. Jugendlicher – aber genau genommen ja auch als Erwachsener – denkt man kaum über die moralischen Implikationen jener Taten nach, die man in Videospielen vollbringt. Zugegebenermaßen sind diese dazu jetzt auch nicht unbedingt da (auch wenn es positive Vertreter gibt, wie "Edna bricht aus" und den Nachfolger "Harveys neue Augen", die genau die Moral in den Mittelpunkt stellen), und dienen sie eher dem Eskapismus, der Ablenkung, sowie teilweise vielleicht auch dazu, sich abzureagieren. Und dennoch habe ich als Jugendlicher keinen Gedanken daran verschwendet, als ich die Temblor-Bombe auf Kilrah abgefeuert und so eine außerirdische Zivilisation fast vollständig ausgelöscht habe.

"Only You Can Save Mankind" stellt nun eben dies – durch die fiktiv-phantastische Erzählung, in der die Spielereignisse quasi real werden – in den Mittelpunkt, und beschäftigt sich damit auch mit der Art und Weise, wie Kriegsspiele und echter Krieg in den 90ern zunehmend begangen, zusammenzuwachsen, und die Grenzen zu verschwimmen (eine Entwicklung, die sich – Stichwort Drohnenkrieg – bis zum heutigen Tag fortsetzt). Wenn Pratchett in seinem Vorwort anmerkt, dass die Kriege in Videospielen dank besserer Grafiken immer realistischer werden, während die Aufnahmen von Kriegen im Fernsehen immer mehr wie ein Spiel wirken, kommt man nicht umhin, ihm zuzustimmen. Eben dies ist einer der Punkte, der im Zentrum von "Only You Can Save Mankind" steht. Eben in diesen tiefgründigen Aspekten liegt für ihn dann wohl auch der größte Reiz für Erwachsene. Pratchett schafft es dabei, die üblichen Mechaniken von Videospielen zu hinterfragen, ohne dabei gleich in "Killerspiel-Spieler sind potentielle Amokläufer"-Abgründe abzudriften, zwingt einen aber doch dazu, sich kritisch mit dieser Thematik auseinanderzusetzen – was ich durchaus zu schätzen wusste.

Kinder werden sich hingegen eher an der Story selbst erfreuen, die mit Johnny einen Videospieler und Nerd zu einem Helden macht – dies aber eben nicht, weil er der beste Spieler, Pilot oder ähnliches wäre (im Vergleich zum thematisch ähnlichen "The Last Starfighter", dem Terry Pratchett innerhalb des Romans auch kurz Tribut zollt), sondern vielmehr aufgrund seines Mitgefühls. Das ist zweifellos gerade auch für Kinder eine wichtige und lohnenswerte Message. Generell ist Johnny Maxwell eine tolle Hauptfigur; aber auch die Darstellung von Kirsty bzw. Sigourney fand ich interessant. Und auch die zahlreichen popkulturellen Anspielungen werteten den Roman zweifellos auf. Abstriche muss man hingegen sowohl bei der Charakterisierung als auch bei der Länge machen. Da sich der Roman in erster Linie an Kinder richtet, ist die Story noch kürzer – und auch geradliniger – als noch z.B. bei der Bromeliad-Trilogie. Vor allem das Ende ist ein bisschen gar überhastet. Und insgesamt hetzt Pratchett ein bisschen durch die Story, die vielleicht – so wie auch die Figuren – noch etwas mehr Tiefe vertragen hätte. Die ebenfalls in erster Linie an Kinder gerichtete Bromeliad-Trilogie, geschweige denn die Romane über Tiffany Aching, trauten ihren jungen LeserInnen da schon etwas mehr zu. Davon abgesehen ist "Only You Can Save Mankind" aber ein toller Start in die Johnny Maxwell-Trilogie.

Fazit: "Only You Can Save Mankind" ist ein toller Kinder- und Jugendroman, der zwar heutzutage ein klein wenig veraltet wirken mag, dessen Grundkonzept, Story, Charme und vor allem Moral aber auch heute noch zu begeistern wissen. Als ehemaliger leidenschaftlicher "Wing Commander"-Zocker fand ich mich in Johnny durchaus wieder, und generell fand ich die Geschichte bzw. die Grundidee sehr interessant. Und Terry Pratchetts Schreibstil ist ja ohnehin über jeden Zweifel erhaben. Aus meiner Sicht hätte der Roman zwar noch eine Spur länger sein dürfen, um die Story noch etwas auszuweiten und die Figuren ein bisschen zu vertiefen. Von diesem Manko abgesehen ist "Only You Can Save Mankind" aber ein tolles Kinderbuch, dass – nicht zuletzt dank des nostalgischen Charmes – auch Erwachsenen empfohlen werden kann.

Bewertung: 4/5 Punkten
Christian Siegel






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