Superman: Grounded (1)
Alltägliche Probleme statt Superschurken Kategorie: Literatur & Comics - Autor: Christian Siegel - Datum: Samstag, 29 April 2017
 
Originaltitel: "Superman: Grounded - Volume One"
Bewertung:
Autoren: J. Michael Straczinsky & G. Willow Wilson
Künstler: Eddy Barrows, Leandro Oliviera, Wellington Dias, Amilcar Pinnar, J.P. Mayer, Walden Wong & Eber Ferreira
Farben: Rod Reis
Lettering: John J. Hill
Umfang: 168 Seiten
Verlag: DC Comics
Veröffentlicht: 15. Mai 2015
ISBN: 978-1-4012-3076-8
Kaufen: Hardcover, Softcover, Kindle
 

Kurzinhalt Nach dem verheerenden Krieg der Supermen kehrt Superman wieder zur Erde zurück. Die Ohrfeige einer jungen Frau, weil er nicht da war, um ihren Mann zu retten, bringt ihn im wahrsten Sinne des Wortes wieder auf den Erdboden zurück. Aus der Befürchtung, in all der Zeit in der er nun gegen einen Superschurken nach dem anderen gekämpft und teilweise auch von der Erde weg war, die Verbindung zu den normalen Menschen verloren zu haben, bricht er auf einen Marsch quer durch die USA auf. Statt gegen große Bedrohungen und das Ende der Welt kämpft er somit gegen eher alltägliche Probleme, und tut überall dort Gutes, wo immer sich ihm eine Gelegenheit dazu bietet. Vom Ausschalten eines Drogenrings über dein Gespräch mit einer zum Selbstmord bereiten jungen Frau bis hin zur Rettung eines kleinen Junges, der von seinem Vater misshandelt wird…


Review: Wenn es um die laufend erscheinenden Ausgaben betrifft, bin ich ja kein Comic-Leser, aber bei Sammelbänden bzw. Sonderausgaben greife ich schon gerne mal zu. Im vorliegenden Fall wurde ich über ein Facebook-Posting darauf aufmerksam, dass es neben der "Earth One"-Reihe noch weitere Superman-Comics von JMS – aka Joe Michael Straczinsky, dem Schöpfer von "Babylon 5" und Ko-Autor und -Produzent von "Sense8" – gibt, die in einer eigenen Reih, "Grounded" genannt, erschienen sind. Als großer Fan von ihm wollte ich mich da natürlich nicht lumpen lassen, und habe mir sogleich die beiden erschienenen Sammelbände bestellt. "Volume 1" erfüllte dann auch überwiegend, was ich mir von ihm versprochen habe. JMS und sein Ko-Autor G. Willow Wilson gingen hier mal einen anderen Weg: Anstatt sich mit Superschurken zu messen und die Erde zu retten, macht Superman hier vielmehr die Welt durch kleine, alltägliche Gesten der Güte und der Menschlichkeit zu einem besseren Ort. Auslöser dazu ist die – in einem kurzen Prolog erzählte – Ohrfeige einer Frau, deren Mann vor kurzem verstorben ist – und den Superman hätte retten können, wäre er denn da gewesen, statt auf Krypton II im Krieg der Supermenschen zu kämpfen. Sie wirft ihm vor, abgehoben zu sein, und sich nicht länger um das Schicksal des "kleines Mannes" zu kümmern, und ob der ganzen Missionen zur Rettung der Erde den Blick auf das Kleine – aber ebenfalls wesentliche – verloren zu haben. Superman nimmt sich die Kritik zu Herzen, und bricht – zum Unverständnis von Batman und Flash – zu einem Marsch quer durch die USA auf. Eben dies ist der Aufhänger zu einigen Abenteuern, in denen sich Superman statt der großen Bedrohungen vielmehr eher alltäglichen Problemen widmet. Das "Grounded" steht somit sowohl für seinen Fußmarsch als auch den eher bodenständigen Herausforderungen, denen er sich stellt – und war für mich eine angenehme Abwechslung im Vergleich zu den handelsüblichen Comics, wo im Wochentakt die Erde zu retten ist.

Herzstück von "Volume 1" ist dabei zweifellos die im ersten Einzelcomic enthaltene Rettung einer Frau, die von einem Hochhaus springen will. Es ist für sich genommen eine wunderschöne und ungemein wichtige Kurzgeschichte, der es wirklich gelang, mich zu berühren. Was dabei vor allem hervorsticht ist Supermans Ansatz: Anstatt sie einfach vom Hochhaus zu holen verspricht er ihr vielmehr, ihre Entscheidung zu akzeptieren falls sie springen sollte – doch zuerst will er sich mit ihr unterhalten. Eine extrem starke Geschichte, die mir Gänsehaut bescherte. Seine anderen Abenteuer kamen an diese phänomenale Story zwar nicht mehr ganz heran, dennoch gab es auch davon abgesehen noch ein paar sehr gute Momente, wie z.B. als Superman den kleinen Jungen rettet, der von seinem Vater regelmäßig geschlagen wird. Generell lässt JMS hier wieder einmal seine Überzeugungen und Mantras einfließen; für den einen oder anderen mag das predigend wirken, aber mir gefallen die dahinterstehenden Aussagen nun mal sehr gut. Exemplarisch sei Supermans Antwort an einen Jungen genannt, der meint, er hätte zwar die Drogendealer aus der Nachbarschaft vertrieben, doch nun würden sie einfach ihr Geschäft woanders fortsetzen: "Yes, but they won't be here anymore, and that's a step in the right direction. See, in the end, all we can do is look at where we are, at where we're standing, and say we will not allow this, here. Over there has to stand for itself, has to speak for itself. Because it's only when over there becomes here that we can stop this once and for all." Toll geschrieben, und ein klassischer JMS.

Allerdings: Wie schon angesprochen, war er für diese Sammlung nicht allein verantwortlich. Ein paar der Geschichten stammen nämlich auch von G. Willow Wilson, der mit JMS Arbeit wie ich fand nicht ganz mithalten kann. Vor allem sein kurzes Zwischenspiel zu den Vorwürfen gegenüber dem Daily Planet sowie dem angeblichen Foto, auf dem Superman Louis Lane küsst, konnte mich nicht wirklich überzeugen. Aber auch jenes zu Louis Lane Besuch in ihrer Heimatstadt, wo sie ihr eigenes Leben zu hinterfragen beginnt, fand ich nicht perfekt; trotz interessanter Grundidee hat für mich irgendwas an der Umsetzung nicht so recht funktioniert. Wobei JMS zugegebenermaßen auch nicht unfehlbar ist, weil der Kampf gegen ein Supermonster zu Beginn des zweiten Bandes widerspricht dem Konzept der Reihe, und ist im Vergleich zu den restlichen Begegnungen viel zu gewöhnlich und klischeehaft. Und auch die künstlerische Gestaltung lässt den Comic ein bisschen abfallen. Zwar keinesfalls schlecht, zählt es doch auch bei weitem nicht zum Besten, dass mir in Comics je untergekommen ist; vor allem dem Vergleich mit der "Earth One"-Reihe hält "Grounded" diesbezüglich absolut nicht stand. Die interessanten, überwiegend gut geschriebenen Geschichten konnten dies für mich jedoch weitestgehend kompensieren.


Fazit: Mit "Grounded" bringt JMS Superman sowohl sprich- als auch wortwörtlich auf den Boden der Tatsachen zurück. Statt dem Ende der Welt stehen hier vielmehr Einzelschicksale im Mittelpunkt, und wie Superman auch durch kleine Gesten und Taten zu einem besseren Ort macht. Einigen mag dies zu unspektakulär sein, ich fand aber genau dies sehr erfrischend. Herzstück ist dabei zweifellos, wie sich Superman mit jener Frau unterhält die vor hat, sich das Leben zu nehmen – ungemein stark, berührend und gänsehauterzeugend. Aber auch davor und danach gibt es noch einige gelungene Momente. Und gut geschrieben sind die Comics von JMS sowieso. Jene von G. Willow Wilson fielen hingegen für mich etwas ab, und auch die künstlerische Gestaltung kann mit dem sehr gefälligen Inhalt nicht ganz mithalten. Zwar sieht der Comic soweit ganz nett aus und ist grundsätzlich gut gezeichnet und koloriert, allerdings habe ich auch schon optisch beeindruckendere Comics gesehen. Als Fan von JMS' Werk sah ich mich jedoch auch durch "Grounded – Volume 1" in meiner betreffenden Überzeugung wieder einmal bestätigt.

Bewertung: 3.5/5 Punkten
Christian Siegel





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