Discworld: The Amazing Maurice and his Educated Rodents
Pratchetts erster Scheibenwelt-Roman für junge Leser Kategorie: Literatur & Comics - Autor: Christian Siegel - Datum: Samstag, 26 März 2016
 
Titel: "Discworld: The Amazing Maurice and his Educated Rodents"
Deutscher Titel: "Maurice, der Kater"
Bewertung:
Autor: Terry Pratchett
Umfang: 278 Seiten
Verlag: Doubleday
Veröffentlicht: November 2001
ISBN: 978-0-552-56292-8
Kaufen: Taschenbuch (D), Taschenbuch (E), Kindle (E)
 

Kurzinhalt: Einige Ratten, die in der Nähe der Unsichtbaren Universität von Ankh-Morpork lebten und sich vom dortigen Abfall ernährten, sind intelligent geworden, und haben auch die menschliche Sprache gelernt. So auch in weiterer Folge der Kater Maurice, der wiederum die betreffenden Ratten verspeiste. Seither haben sie Freundschaft geschlossen und Maurice hält eine strikte Diät ein: Er ist nur mehr Ratten, die nicht sprechen können. Nachdem sie auf den Teenager und Musiker Keith trafen, begannen sie unter der Führung von Maurice mit einer Routine: Man zieht von Stadt zu Stadt, die Ratten sorgen dort für Aufsehen, woraufhin Maurice seine – natürlich entgeltlichen – Dienste als Rattenfänger anbietet. Ihr jüngster Coup führt sie ins abgelegene Städtchen Bad Blintz – wo sie jedoch bald auf ungewöhnliche Vorkommnisse stoßen, die dazu führen, dass ihre übliche Vorgehensweise so überhaupt nicht nach Plan verläuft…

Review: "The Amazing Maurice and his Educated Rodents" ist der erste "Discworld"-Roman, der in erster Linie für jüngere Leser geschrieben wurde. Daraus ergibt sich nicht nur eine etwas kindlichere Ausrichtung/Geschichte, als man das sonst von der Reihe gewohnt ist, sowie weniger Gesellschaftskritik und/oder Tiefgang, sondern auch eine etwas einfachere Sprache, eine weniger komplexe Handlung, und vor allem auch eine eher kurze Geschichte, die vom Umfang her eher an die Novelle "Eric" oder die illustrierte Kurzgeschichte "The Last Hero" erinnert. Nun ist es so, dass meine eigenen Kindheitstage schon ein Weilchen her habe, und ich auch noch keine eigenen Kinder habe, weshalb ein Vergleich zu anderen Kinderbüchern für mich schwer bis unmöglich ist (wenn auch mein persönlicher Eindruck ist, dass "The Amazing Maurice and his Educated Rodents" dabei aufgrund der Angewohnheit von Pratchett, auch seine jüngeren Leser eher zu fordern, nicht zu verniedlichen, und auch nicht von oben herab mit ihnen zu reden, deutlich überdurchschnittlich abschneiden würde). Und im einzigen mir möglichen Vergleich, nämlich mit den anderen Scheibenwelt-Romanen generell – so unfair dieser auch sein mag – fällt "The Amazing Maurice…" halt aufgrund der eben angesprochenen Abstriche doch ein bisschen ab.

Positiv fand ich in erster Linie den von mir gewonnenen Eindruck – und noch einmal, es ist lang her, dass ich Kinderbücher bzw. Märchen gelesen habe, also seht es mir nach, wenn ich damit nicht unbedingt ins Schwarze treffen sollte – dass sich "The Amazing Maurice and his Educated Rodents" sowohl als kritischer Kommentar auf Teilbereiche der modernen, verniedlichten Kinderunterhaltung versteht (die eingebauten Stellen aus "Mr. Bunnsy has an Adventure" ließen persönlich dabei an "Winnie Pooh" denken), sowie als Hommage an die Märchen der Gebrüder Grimm (so dürfte es wohl kein Zufall sein, dass sich die Geschichte in einer Stadt mit deutschem Namen zuträgt) versteht. Und als solche hatte das Buch für mich durchaus seinen Reiz. Nett fand ich auch die zwischendurch eingestreuten – und für Discworld-Romane eher untypischen – Illustrationen. Und auch wenn sich Terry Pratchett hier ganz bewusst einer etwas einfacheren Sprache bedient, als man dies von seinen Scheibenwelt-Romanen sonst gewohnt sind (die für Non-Native-Speaker wie meiner einer oftmals doch eine Herausforderung darstellen können), ist der Roman nichtsdestotrotz gewohnt gut geschrieben.

Auch die Figuren fand ich sehr gelungen, und bin immer wieder davon überrascht, wie es Terry Pratchett gelingt, immer neue, interessante – und sich von den bekannten, etablierten Charakteren unterscheidende – Figuren aus seinem Zauberhut zu ziehen. Die Geschichte selbst war ebenfalls nett, wenn sie sich auch was Komplexität, Epik aber wie ich finde auch den Humor nicht mit den besten "Discworld"-Romane messen kann. Dennoch gab es wieder einige gelungene Gags, und war die Geschichte insgesamt durchaus unterhaltsam. Und last but not least sei noch positiv hervorgehoben, wie es "The Amazing Maurice and his Educated Rodents" gelingt, eine lehrreiche Message zu verbreiten, ohne dabei predigend rüberzukommen bzw. den jungen Leser mit der moralischen Keule zu erschlagen (als willkürliches Gegenbeispiel sei die mir dank des Netflix-Revivals jüngst wieder in Erinnerung gekommene Serie "Full House" erwähnt, wo die Moral von der Geschicht', von sentimentaler Musik begleitet, am Ende jeder Folge so deutlich ausgesprochen wurde, dass man sie auch ja nicht verpassen konnte – etwas, dass mit der Zeit doch eher trashigen Charme hatte, als dass es noch effektiv gewesen wäre). Auch das ist Pratchett hier absolut anzurechnen.

Fazit: Natürlich ist es in gewisser Weise unfair, "The Amazing Maurice and His Educated Rodents", der sich im Gegensatz zu Terry Pratchetts anderen "Discworld"-Romanen in erster Linie an jüngere Leser richtet, an den anderen (für Erwachsene geschriebene) Büchern der Reihe zu messen. Als jemand, dessen eigene Kindheit mittlerweile schon eine ganze Weile her ist und der seither wenig Grund und/oder Interesse hatte, sich mit Kinderliteratur auseinander zu setzen, steht mir nur halt leider keine andere Vergleichsmöglichkeit offen. Und bei diesem schneidet "The Amazing Maurice and His Educated Rodents" zwar gut ab, wenig überraschend kann er sich dabei jedoch nicht mit den besten Romanen von der Scheibenwelt messen. Dafür fehlt es an Komplexität, Epik, Tiefgang, Gesellschaftskritik – und auch was Einfallsreichtum und Humor betrifft, ist er nicht ganz auf dem sonst von Pratchett gewohntem Niveau. Dennoch konnte der Roman auch mich als Erwachsener durchaus gut unterhalten. Die Geschichte ist nett, flott erzählt, bot ein paar nette Anspielungen auf bekannte Werke der Kinderunterhaltung, und bietet zudem für die Klein(er)en eine wertvolle moralische Lektion, jedoch ohne diese zu überdeutlich mit dem Holzhammer einzuprügeln. Generell merkt man bei Pratchett einen Respekt gegenüber dem jungen Leser, und ein Vertrauen in dessen kognitiven Fähigkeiten, das nicht in allen Werken, die sich an Kindern richten, zu finden ist, und das ich sowohl dem Autor als auch dem Roman ebenfalls hoch anrechne. Wer es als erwachsener Discworld-Fan schafft, sich auf die notwendigen Abstriche einzustellen, der sollte jedenfalls auch von "The Amazing Maurice and His Educated Rodents" gut unterhalten werden.

Bewertung: 3/5 Punkten
Christian Siegel






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