Vergessene Legenden |
Bewertung: ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Veröffentlichung USA: 31.07.2007 Veröffentlichung D: 24.08.2007 Drehbuch: J. Michael Straczynski Regie: J. Michael Straczynski Darsteller: Bruce Boxleitner als Präsident John Sheridan, Tracy Scoggins als Colonel Elizabeth Lochley, Peter Woodward als Galen, Keegan MacIntosh als Prinzregent Dius Vintari, Bruce Ramsay als Simon Burke, Alan Scarfe als Father Kelly, Teryl Rothery als ISN News Reporterin. Zitate: "I believe that when we leave a place, part of it goes with us, and part of us remains. Go anywhere in this station, when it is quiet, and just listen. After a while you will hear the echos of all our conversations, every thought and word we've exchanged. Long after we're gone, our voices will linger in these walls." (G’Kars Abschiedsworte aus “Wann, wenn nicht jetzt?” eröffnen die erste „Lost Tales-DVD“ auf höchst passende und berührende Art und Weise.) „I’m tired of you guys crawling inside my head and showing me this kind of crap, everytime I think that my life might be going good for a change! What the hell’s wrong with you people, don’t you have any other hobbies?” (Sheridan reagiert eher ungehalten auf Galen’s düstere Prophezeiung.) „Emperor Mollari thought I would be safer with you. He said "I would trust Sheridan with my life"”. “Well, that’s...” ”Then he corrected himself and said he would trust you with MY life, because he had plans for next week.” (Schön zu sehen das Londo trotz allem seinen Humor scheinbar noch nicht ganz verloren hat.) “Ten years. Ten years since the world changed. Ten years since I changed. But it feels like I never left the place. Babylon 5 is a place of beginnings and endings. I wonder which this will be.” (Diese Frage stellt sich wohl auch die gesamte Babylon 5-Fangemeinde.) Inhaltsbeschreibung: ![]()
Christian Siegel
Review: Es fällt mir schwer, in Worte zu fassen, wie sehr ich mich auf diese DVD gefreut habe. Babylon 5-Fans mussten in den letzten Jahren einige Enttäuschungen erleben, vor allem natürlich den bereits angekündigten Kinofilm „The Memory of Shadows“, der dann doch noch praktisch in letzter Sekunde abgesagt wurde. Als ich das erste mal von „The Lost Tales“ hörte, konnte und wollte ich zuerst nicht glauben, dass dieses Projekt wirklich etwas werden wird. Als dann schließlich die offizielle Ankündigung kam und ein wenig später erste Photos von den Sets auftauchten, wurde mir schließlich bewusst: „Das ist real, es passiert tatsächlich. Die Rückkehr von Babylon 5 steht unmittelbar bevor.“ Gut, ok, unmittelbar ist vielleicht etwas übertrieben. Die Dreharbeiten fanden im Herbst 2006 in Vancouver statt, und danach galt es noch ca. ein Dreivierteljahr warten, ehe die DVD endlich in den USA veröffentlicht wurde. ![]() Es war ein Augenblick, den ich sehr ersehnt, aber vor dem ich mich irgendwie auch gefürchtet hatte. Immerhin wäre nur eines schlimmer als keine Rückkehr von Babylon 5, nämlich eine miese Rückkehr. Der vorläufige Abschied des B5-Universums mit „Legende der Ranger“ war mehr als nur durchwachsen, und die Herangehensweise an diese „Lost Tales“, mit relativ kurzen Geschichten, die auf einzelne Figuren konzentriert sind, hatte mich nicht 100%ig überzeugt. Immerhin war und ist die größte Stärke von Babylon 5 der epische Handlungsrahmen. Zwar finden sich unter den Einzelepisoden auch ein paar tolle Geschichten, doch die richtig großen Highlights waren zumeist eng mit der fortlaufenden Handlung verbunden, ja ergaben sich teilweise daraus. Es ist einfach etwas anderes, ob man 30 Minuten auf ein bestimmtes Ende hinarbeiten, oder 30 Episoden lang. Letzteres hat natürlich eine viel größere Wirkung. Nun, teilweise haben sich meine Befürchtungen zwar bestätigt, alles in allem überwiegt jedoch ganz klar die Freude über die Rückkehr der meines Erachtens besten Serie aller Zeiten. ![]() Danach beginnt die erste der beiden Geschichten, die sich mit einem Dämon befasst, der von einem Besatzungsmitglied Besitz ergriffen hat. Diese erste Mini-Episode wurde insgesamt sehr zwiespältig aufgenommen, und ich muss gestehen dass sie auch mich nicht gänzlich überzeugt hat. Dies lag allerdings weniger an der Geschichte an sich bzw. ihrer eher phantastischen, sehr im christlichen Glauben verwurzelten Natur, mit der ich kein grundsätzliches Problem habe. Ich halte nur die Lost Tales für den falschen Zeitpunkt und den falschen Ort, um diese zu erzählen – wie die Geschichte generell kaum zum B5-Universum passen will. Als Lochley zum Priester sagte „Do you feel qualified to perform an exorcism?“ fühlte ich mich für einen kurzen Moment wie im falschen Film. ![]() Eben dies macht sich auch bei einigen der Szenen bemerkbar. Vor allem in jener Szene, als sich der Priester und der Dämon minutenlang miteinander unterhalten schleicht sich etwas Langeweile ein, da einfach niemand da ist, zu der man irgend eine Art von Bezug hat. Denn Lochley, das einzige bekannte Gesicht in dieser Geschichte, ist hierbei nicht anwesend, und die anderen hat man nicht lang genug gesehen um zu ihnen eine Beziehung aufzubauen. Das ändert natürlich nichts daran, dass das moralische Dilemma durchaus zu gefallen weiß und die beiden einige interessante Gedankengänge austauschen. Allerdings hat das ganze etwas von einer sehr theoretischen Diskussion – fast so, als würde man zwei Dozenten bei einem Theologieseminar lauschen, die unterschiedliche Standpunkte diskutieren. Der Inhalt an sich mag nicht uninteressant sein, doch da man keinen der beiden kennt fällt es einem schwer, wirklich mitzufühlen. Die entsprechende Szene ist einfach nicht spannend, packend oder gar mitreißend. ![]() Auch frage ich mich, ob man sich denn bei dieser Geschichte gar so am christlichen Glauben orientieren musste. Irgendwie wirkt das ganze schon sehr klischeehaft und auch ein wenig unoriginell, mit dem Priester, den Wortgefechten mit dem Dämon etc. Vom netten Twist mal abgesehen ist „Over Here“ eigentlich nichts anderes als „Exorzist im Weltraum“. Ich denke, eine nicht gar so auf den christlichen Glauben konzentrierte Geschichte, wo es einfach nur um einen Dämon oder eine andere Art feindliches Wesen handelt, hätte wohl eher die Zustimmung der B5-Fans gefunden. Jedenfalls, wenn ihr zu jenen gehört welche die schlichte Erwähnung von christlichen Glaubensbegriffen wie Himmel, Hölle, Teufel und Gott bereits mit den Augen rollen lässt, dann solltet ihr ernsthaft darüber nachdenken das erste Segment – zumindest im ersten Ansatz – zu meiden. Zwar offenbart sich bei mehrmaligem Ansehen und bei genauerer Betrachtung der Handlung und der Dialoge, dass diese längst nicht so eindeutig ist wie im ersten Moment angenommen, und auch einige andere Interpretationsmöglichkeiten – weit weg von sämtlichen christlichen Glaubensgütern – bietet, doch diese drängen sich nicht gerade auf und können leicht übersehen werden... ![]() Alles in allem hat mir also das erste Segment recht gut gefallen, auch wenn es einige Schwächen gab. „Over There“, die 2. Geschichte auf der DVD, ist aber über (fast) jeden Zweifel erhaben. Auch hier ist der Einstieg sehr gelungen, zuerst mit einem kurzen Blick auf Minbar, und danach mit Sheridans sinnierendem Monolog, während er die Station betrachtet (siehe ersten Screenshot zur Folge). Im Gegensatz zu "Over Here" ist in der 2. Geschichte auch einiges an B5-typischem Humor zu finden, sei es nun im Dialog mit der Reporterin oder später bei den diversen Schlagabtäuschen zwischen Sheridan und Galen (siehe eines der Zitate zum Film). Zugleich gibt es aber auch einige berührende Szenen, wie z.B. wenn Sheridan von G'Kar erzählt und/oder von Stephen Franklin erfährt. Die kurze Erwähnung dieser beiden Charaktere ist ohnehin ein Highlight der "Lost Tales" und eine schöne Hommage an die beiden mittlerweile verstorbenen Schauspieler. Neben diesen beiden werden auch noch einige andere Figuren namentlich erwähnt, wie Garibaldi, Londo oder auch Delenn, und sind damit auch in gewisser Weise präsent. Dies sorgt für einen deutlich stärkeren Bezug zur Serie und dazu, dass sich "Over There" im Gegensatz zum 1. Segment wirklich wie Babylon 5 anfühlt. ![]() Es ist eine äußerst interessante moralische Frage, die JMS hier aufwirft, vor allem als er Galen den Vergleich mit Hitler ziehen lässt: Man stelle sich vor, man würde in der Zeit zurückreisen und wüsste genau, welch schreckliche Gräueltaten er eines Tages vollbringen und/oder befehlen wird. Wie viel Tod, Schmerz und Leid er über die Menschheit bringen wird. Doch wenn wir ihn treffen ist er noch kein Monster, sondern ein junger Mann, noch ohne Blut an seinen Händen. Kann man den Tod dieses (noch) unschuldigen Wesens wirklich mit seinen zukünftigen schrecklichen Taten rechtfertigen? Eben diese Frage muss sich in "Over There" auch Sheridan stellen. Sein moralischer Konflikt kulminiert schließlich in einer äußerst spannenden Szene, als Vintari und er in einer Starfury sitzen und sich auf dem Weg nach Babylon 5 befinden. Sheridan braucht eigentlich gar nicht viel zu tun – Galen hat dafür gesorgt, dass es ab einer bestimmten Geschwindigkeit zu einer Funktionsstörung des Waffensystems und somit zu einem äußerst tragischen "Unfall" kommt. Es wäre so leicht... Sheridan braucht einfach nur laufend die Geschwindigkeit zu erhöhen – er braucht nicht einmal den Abzug betätigen. Trotzdem fällt ihm die Entscheidung natürlich alles andere als leicht. Und auch wenn solch eine skrupellose Tat irgendwie kaum zu Sheridan passen will, traut man es ihm zu diesem Zeitpunkt durchaus zu - und harrt somit gespannt dem weiteren Geschehen, als die Computerstimme wie in einer Art Countdown die stetig steigende Geschwindigkeit bekannt gibt. ![]() Auch bei "Over There" können die schauspielerischen Leistungen absolut überzeugen. Man merkt Bruce Boxleiter die Freude richtiggehend an die er empfunden hat, als er nach so vielen Jahren endlich wieder in Sheridan's Haut schlüpfen konnte. Er ist in dieser Rolle in seinem Element, und spielt Sheridan mit einer Leichtigkeit, die wirklich zu beeindrucken vermag. Auch Peter Woodward zeigt als Galen wieder einmal eine höchst ansprechende und überzeugende Leistung. Besonders gut gefallen hat mir, dass er diesmal neben seiner mittlerweile bekannten Eigenschaften – humorvoll, mysteriös und geheimnisvoll – auch etwas düstere Züge zeigen darf. Und auch B5-Neuling Keegan Macintosh hat mich mit seiner Performance wirklich überzeugt. Es gibt Momente, da wirkt er äußerst charmant und wie ein sehr netter Kerl, andererseits bemerkt man auch dunklere Züge an ihm, die jene Person erkennen lassen, die möglicherweise eines Tages einen vernichtenden Schlag gegen die Erde anführen wird. Sowohl die Figur als auch Macintosh's schauspielerische Leistung konnten mir jedenfalls sehr gut gefallen, und ich hätte absolut nichts dagegen, ihn in einer der zukünftigen Vergessenen Legenden wieder zu sehen. ![]() Am meisten gestört hat mich aber der Quantumraum. Es ist ziemlich offensichtlich, dass dieser nur geschaffen wurde, damit JMS endlich seine ursprüngliche Version des Hyperraums umsetzen konnte, jedoch ohne sich ständig mit der Frage konfrontiert zu sehen, warum der Hyperraum bei "The Lost Tales" denn auf einmal so anders aussieht – wie es ihm bei "Crusade" und "Legende der Ranger" passiert ist. Trotzdem wirkt das ziemlich verkrampft, und auch nicht unbedingt logisch, muss man sich doch fragen, warum Schatten und Vorlonen diesen Quantumraum nie genutzt haben. Hier wurde wertvolle Kontinuität der Serie für ein einfaches Gimmick und einen – zugegebenermaßen guten – Gag geopfert. Das war es meines Erachtens einfach nicht wert... ![]() Natürlich war es eigentlich auch nicht anders zu erwarten, als dass die Effekte von "The Lost Tales" jene aus der Serie weit hinter sich lassen würden. Andererseits haben die Effekte von "Crusade" und "Legende der Ranger" gezeigt dass sich diese bloß weil sie später produziert wurden nicht zwangsweise besser sein müssen – ganz im Gegenteil. Besonders überrascht hat mich, dass "The Lost Tales" meines Erachtens selbst aktuelle Produktionen wie die Stargate-Serien – deren Effekte ebenfalls von Atmosphere FX produziert werden – alt aussehen lässt. Dies liegt sicher unter anderem daran, dass sich im Produktionsteam einige Fans der Serie befanden, die einiges an unbezahlten Überstunden auf sich genommen haben, um diese direct-to-dvd-Produktion so beeindruckend wie möglich zu machen. Eben diesen persönlichen Einsatz merkt man den Effekten definitiv an. Einzig New York wirkt etwas künstlich und nicht unbedingt photorealistisch – alles andere ist einfach nur großartig, beeindruckend und absolut atemberaubend. ![]() Was mir allerdings sehr gut gefallen hat, ist JMS' Inszenierung. Mit "The Lost Tales" hat er quasi die Rahmenbedingungen für alle weiteren Regisseure geschaffen, die möglicherweise in diesem Universum noch tätig sein werden. Die Inszenierung ist dabei sehr stilvoll, scheut jedoch auch vor neueren Tricks wie der fließenden Kamera nicht zurück. Zugegeben, einigen mag diese während der Verhöre schon wieder etwas zu ausgiebig eingesetzt worden sein, mir gefiel es allerdings recht gut. Es war einmal etwas anderes, und hat zudem das unbehagliche Gefühl dieser Szenen optimal unterstützt. Die Inszenierung zur 2. Geschichte ist deutlich klassischer ausgefallen, weiß aber auch mit einigen netten Einstellungen zu gefallen. Den Soundtrack habe ich ja bereits in aller Ausführlichkeit gereviewt und bewertet, daher sei nur kurz erwähnt, dass mir dieser sehr gut gefällt. Einige Kritikpunkte, wie z.B. "Party" (welches man nur sehr leise aus einem anderen Raum hört) haben sich sogar deutlich relativiert. Ich habe mir die CD in den letzten 3 Wochen sicher schon 20x angehört, und ich werde ihr immer noch nicht müde ;). ![]() Macht euch außerdem bewusst, dass die erste Geschichte etwas ungewöhnlich ausgefallen ist und sicher nicht jedermanns Geschmack treffen wird. Dann steht allerdings einem unterhaltsamen DVD-Abend meines Erachtens nichts im Weg. Eines ist allerdings natürlich auch klar: "The Lost Tales" sind definitiv nur etwas für Fans des Babylon 5-Universum. Neue Fans wird man damit nicht gewinnen können, und ich würde sogar allen B5-Neulingen entschieden davon abraten, "Voices in the Dark" für ihren ersten Besuch im Universum auszuwählen. Nicht nur wird hier doch einiges gespoilert, aber die großartigen Effekte könnten B5-jungfräuliche Augen so verwöhnen, dass man im Anschluss von den Special Effects der Serie unweigerlich enttäuscht werden muss. Für alle Babylon 5-Fans sind die "Vergessenen Legenden" aber meines Erachtens definitiv ein Muss... ![]() Der Ton muss sich vor aktuellen Kinoproduktionen nicht verstecken, ist jedoch teilweise etwas seltsam abgemischt, vor allem was den Subwoofer betrifft. Vor allem in einer – im Vergleich zu anderen Momenten wie z.B. der Zerstörung von New York eher unscheinbaren – Szene dröhnt er etwas zu übertrieben. Eventuell empfiehlt es sich also, diesen ein wenig herunterzudrehen, ehe man sich "The Lost Tales" ansieht. Davon abgesehen ist das Klangbild sehr harmonisch und weiß vor allem bei der Musikwiedergabe zu gefallen. Aufgrund der wenig actionreichen Handlung gibt es eher wenige direktionale Effekte – in den kurzen Momenten wo sie auftreten wissen sie allerdings zu gefallen. Was die Extras betrifft, so gibt es Licht und Schatten: einerseits sind die extra für die DVD produzierten Interviews und Making of-Features sehr interessant, störend fällt allerdings auf dass viele der in den letzten Wochen im Internet veröffentlichten Director's Blogs nicht auf der DVD enthalten sind. Auch ein Audiokommentar von JMS, die bei den Staffelboxen und –Filmen mit zahlreichen interessanten Informationen gespickt waren, wurde von mir schmerzlich vermisst. Zudem sind für die Extras keine Untertitel anwählbar – nicht einmal englische. Nichtsdestotrotz, dass Material DAS enthalten ist, ist durchaus interessant und informativ. Abgerundet wird das überwiegend positive Bild von zwei netten, kurzen und durchaus bewegenden Featurettes über Andreas Katsulas und Richard Biggs, wo JMS, Bruce Boxleitner und Tracy Scoggins ihrer gedenken... Fazit: ![]()
Christian Siegel
Bewertung: Spannung: 3.5/5 | Erotik: 1.5/5 | Anspruch: 3.5/5 | Humor: 3/5 | Inhalt: 4/5 | Gesamt: 4/5 (Fan-Wertung; objektiv betrachtet wären wohl eher 3.5/5 als Gesamtwertung angebracht)
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