Dante 01
Überzeugende Optik, enttäuschender Inhalt Kategorie: Filme - Autor: Christian Siegel - Datum: Freitag, 19 Dezember 2008
 
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Dante 01
(Dante 01, F 2008)
 
Dante 01
Bewertung:
Studio/Verleih: Studio Canal
Regie: Marc Caro
Produzent: Richard Grandpierre
Drehbuch: Marc Caro & Pierre Bordage
Musik: Raphael Elig & Eric Wenger
Kamera: Jean Poisson
Schnitt: Linda Attab & Sébastien Prangère
Genre: Science Fiction
DVD-Release (Deutschland): 05. September 2008
Kinostart (F): 02. Januar 2008
Laufzeit: 88 Minuten
Altersfreigabe: ab 16 Jahren
Kaufen: DVD
Mit: Lambert Wilson, Linh Dan Pham, Dominique Pinon, Yann Collette, Bruno Lochet, Simona Maicanescu u.a.


Kurzinhalt: Um den Planeten Hades kreist eine Raumstation, auf der an psychisch gestörten Verbrechern Experimente durchgeführt werden, in der Hoffnung, sie heilen zu können. Nun kommt neben einer weiteren Medizinerin, die eine ganz neue Behandlungsmethode mit Nanomaschinen im Gepäck hat, auch ein neuer Insasse an Bord. Dieser spricht nicht, und scheint ständig unter Schmerzen zu leiden. Von einem der Gefangenen erhält er kurz nach seiner Ankunft den Namen Saint Georges, und einer von ihnen meint, er wäre von Gott geschickt worden um sie alle zu heilen. Tatsächlich offenbart Saint George schon bald geheimnisvolle Kräfte, als er einige seiner Mitgefangenen von ihrem Wahnsinn befreit, und teilweise auch tödliche Wunden heilt. Zwischen den Medizinern entbrennt daraufhin eine heftige Diskussion, was mit ihm geschehen soll. Während eine in ihm den Messias sieht, der die Menschheit retten will, möchte ihn die andere mit ihrer Nanotherapie behandeln. Doch währenddessen arbeitet einer der Gefangenen an einem Plan, der die gesamte Station in große Gefahr bringt...

Review: Image"Dante 01" ist der Versuch des französischen Regisseurs Marc Caro, sein "2001" zu erschaffen; gereicht hat es im Endeffekt gerade mal für sein "Event Horizon". Was überzeugen kann, sind die Atmosphäre und die Optik. Die Effekte sind für eine recht billige europäische Produktion beachtlich, und vor allem wie sich die Sonnenstrahlen immer wieder in der Kamera spiegeln fand ich großartig, trug es doch viel zum Realismus der Weltraumszenen bei. Die Raumstation ist ebenfalls ein sehr interessantes und originelles Design – wenn hier auch schon das erste Mal die etwas zu offensichtliche Symbolik zuschlägt (doch dazu gleich mehr). Auch der Planet Hades, in dessen Orbit sich die Raumstation befindet, wurde optisch sehr gut umgesetzt. Was Caro ebenfalls versteht, ist eine düster-klaustrophobische Stimmung aufzubauen. In der Raumstation ist der Wahnsinn zu Hause – etwas, dass uns der Regisseur fast keine Sekunde lang vergessen lässt, und mit außergewöhnlichen Kameraeinstellungen, Verzerrungen und anderen Tricks verdeutlicht. Einzig die in letzter Zeit öfters eingesetzte an den Bauch eines Schauspielers geschnallte Kamera, die auch hier wieder verwendet wurde, kann mich nicht überzeugen; irgendwie wirkt diese immer zu statisch und damit künstlich, und reißt mich jedes Mal aus der Illusion heraus.

In "Dante 01" zeigt Caro auch wieder sein Gespür für Farbgebung. Verschiedenste Farben regieren in verschiedenen Teilen der Station, und auch zu verschiedenen Stellen des Films. Mal ist es lila, dann grün, dann orange... auch das macht "Dante 01" optisch sehr abwechslungsreich und sorgt dafür, dass die Bilder, mit denen diese Geschichte erzählt wird, immer in ein interessantes Licht getaucht werden – dass zudem auch viel zur Atmosphäre des Films beiträgt, sorgen doch die bei den Medizinern dominierenden Lila- und Blautöne dafür, dass man ihre Welt als kalt und unnahbar empfindet. Auch die Art und Weise, die Caro die Gesichter immer wieder mal einfängt, wenn er mit den verschiedenen Farbtönen und Schatten spielt, ist exzellent. Generell sind alle Schauspieler und –innen sehr markant in ihren Gesichtszügen, und damit schon für sich genommen optisch interessant; ein Eindruck, der dadurch, dass sie alle mit Glatzen herumlaufen, noch verstärkt wird. Die Schauspieler machen ihre Sache auch wirklich sehr gut, vor allem die Insassen, die nach Phasen der Ruhe auch immer wieder ihren Wahnsinn durchblitzen lassen. Besonderen Eindruck hinterlässt dabei "Merowinger" Lambert Wilson, dessen gepeinigter Saint Georges die zentrale Figur des Films ist. Last but not least auch ein Lob für den atmosphärischen Soundtrack von Raphael Elig und Eric Wegner, der "Dante 01" nicht nur einen Genuss für die Augen, sondern auch für die Ohren macht.

ImageLeider kann das Drehbuch mit der tollen Optik und den guten schauspielerischen Leistungen nicht mithalten. Einerseits verliert sich Caro ein wenig in zu vielen verschiedenen Themen, die er ansprechen will, andererseits werden diese Aspekte ohnehin alle von der zentralen und etwas zu sehr mit dem Zaunpfahl vermittelten Thematik überschattet: "Dante 01" ist in erster Linie eine metaphorische Erzählung über einen Messias, der unter mysteriösen Umständen zu diesen Notleidenden kommt, um sie zu retten. Einen nach dem anderen heilt er von ihren jeweiligen Krankheiten, oder nimmt ihnen ihre Sünden – wie immer man es interpretieren will. Saint Georges hat die Fähigkeit, die Ursache des Schmerzes seiner Mitgefangenen zu erkennen und sie davon zu befreien, in dem er ihr Leid quasi auffrisst. Interessanterweise scheint er immer dann, während er das tut, bzw. kurz danach selbst inneren Frieden zu finden – ansonsten wird er immer von schrecklichen alptraumhaften Visionen und großen Schmerzen geplagt.

Die ohnehin nicht gerade versteckte Aussage wird durch den Kommentar aus dem Off noch offensichtlicher, als sie ohnehin schon war. Auch die aufdringliche Symbolik macht dies immer wieder deutlich, sei es die Form der Raumstation oder auch die von Saint Georges am Ende eingenommene Jesus-Pose. Natürlich ist "Dante 01" kein hohler Film, aber die christliche Symbolik ist unübersehbar, und überschattet leider alle anderen metaphorischen Aspekte, die der Film zu bieten hat. Zwei sehr schlechte Szenen am Ende drücken dann die Gesamtwertung endgültig auf durchschnittliches Niveau. Zuerst erleben wir das klischeehafte Opfer von einem der Gefangenen, um die Station und ihre Insassen zu retten – was im sonst so originellen Film ganz besonders negativ hervorsticht. Vor allem habe ich aber auch nicht verstanden, wie ihm das gelungen ist – sollte er nicht eigentlich einen Code eingeben? Stattdessen hat er nur ein oder zwei Schalter umgelegt, und alle schienen gerettet. Eine der grauenhaftesten und nervtötendsten Szenen die ich dieses Jahr gesehen habe war dann Saint Georges Reise nach Hades, wo Marc Caro mehrere Minuten lang (zumindest fühlte es sich so an) die immer gleichen Kameraschwenks in Endlosschleife präsentiert – jedoch sich zunehmend beschleunigend. Kommentare im Internet deuten an, dass Marc Caro eigentlich ein anderes Ende im Sinn hatte, dieses jedoch aus Budgetgründen nicht umsetzen konnte. Nichtsdestotrotz zwang ihn niemand dazu, diesen Moment so grauenhaft und kopfschmerzverursachend umzusetzen. Schade; vor allem da mir das Ende an sich eigentlich ziemlich gut gefallen konnte (wenn es mir auch etwas zu offensichtlich war und meines Erachtens wenig Interpretationsspielraum bietet).

Fazit: "Dante 01" schafft das Kunststück, einerseits zu mysteriös und andererseits zu offensichtlich zu sein. Als Metapher gedacht, steht die Geschichte rund um den Messias zu sehr im Vordergrund, und bietet wenig Raum für den Zuschauer, seine eigene Interpretation zu finden – zu sehr drängt Caro mit seiner christlichen Symbolik und dem Off-Kommentar seine eigene Interpretation des Geschehens auf. So sehr er auf inhaltlicher Ebene enttäuscht, so sehr überzeugt er im Bereich der optischen Umsetzung. Die Farbgebung ist sehr stilistisch, und auch die Effekte sind – vor allem angesichts des Budets – beachtlich. Um so bedauernswerter ist es, dass "Dante 01" längst nicht so clever und mysteriös ist, wie vom Regisseur beabsichtigt. Nichtsdestotrotz, Freunde der metaphorischen Science Fiction ("2001", "Solaris", "The Fountain" etc.) dürfen diesem europäischen Beitrag durchaus eine Chance geben - sollten sich jedoch keinesfalls eine zweite "Odyssee im Weltraum" erwarten.

Wertung:4 von 10 Punkten


Christian Siegel
(Bilder © Kinowelt Home Entertainment GmbH)

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