No Country for Old Men |
Blutige Literaturverfilmung der Coen-Brüder
Kategorie:
Filme -
Autor: Christian Siegel - Datum:
Samstag, 23 Februar 2008 |
||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Kurzinhalt: ![]() Review: Nach ein paar schwächeren Filmen wie "Ladykillers" und "Ein unmöglicher Härtefall" haben die Coens mit "No Country for Old Men" zu alter Stärke zurückgefunden, und ihren bisher wohl pessimistischsten Film abgeliefert. Im Gegensatz zum ironisch-schwarzhumorigen "Fargo" ist "No Country for Old Men" ungemein düster und ernst. Eigentlich besteht ab dem Moment, wo Llewelyn Moss über den Geldkoffer stolpert und ihn mitnimmt kein Zweifel daran, dass diese Entscheidung fatale Folgen für ihn haben wird. Trotzdem kommt man nicht umhin, diesen schlichten aber aufrechten Mann sympathisch zu finden und ihm zu wünschen, dass er aus diesem Schlamassel, in das er sich selbst gebracht hat, auch heil wieder herauskommt. Er ist ein einfacher Mann, der im Geldkoffer die Chance seines Lebens sieht, und sich erst zu spät bewusst wird, welche Konsequenzen damit einhergehen. Trotzdem beschließt er, sich seinem Schicksal nicht einfach zu ergeben sondern zu kämpfen. Dass er dabei den ganzen Film über zu glauben scheint, dass er doch tatsächlich siegreich sein könnte, macht ihn als Figur nur um so tragischer – und sein absehbares Scheitern um so berührender. ![]() Angesichts dieser den Film überragenden und bestimmenden Präsenz treten alle anderen Figuren in den Hintergrund – auch Sheriff Ed Tom Bell, der versucht, Llewelyn ausfindig zu machen und den Killer rechtzeitig zu stoppen. Doch auch bei ihm handelt es sich um eine durchaus interessante Figur. Er scheint in seinem Leben bzw. in seinem Beruf schon so viel Blut, Gewalt und Leichen gesehen zu haben, dass ihm nichts mehr wirklich aus der Ruhe zu bringen scheint. Vermutlich ist es auch diese Gleichgültigkeit, die ihn am Ende dazu bewegt, seinen Job an den Nagel zu hängen – aber das ist nur meine Interpretation, und der Film lässt bestimmt auch andere Schlüsse zu. Ebenfalls noch eine nicht unwichtige Rolle spielt Llewelyns Frau Carla. Sie ist an den Geschehnissen völlig unschuldig, dennoch wird auch ihr Leben durch Llewelyns Tat völlig aus der Bahn geworfen. Von allen handelnden Figuren ist sie sicher diejenige, die ihr Schicksal am wenigsten verdient. ![]() Die zweifelsohne beste und bestimmende Leistung des Films liefert aber ohnehin Javier Bardem als ruchloser Killer ab. Er besitzt als Anton eine ungemeine Präsenz, die den Zuschauer in all seinen Szenen unweigerlich in den Bann zieht und dazu führt, dass man die Augen nur schwer von ihm abwenden kann. Wie ein Magnet zieht er die Aufmerksamkeit des Zuschauers auf sich und sorgt mit seiner perfekten Darstellung dieses beängstigenden Psychopathen für zahlreiche kalte Schauer. Ein weiterer wesentlicher Aspekt seiner Performance bzw. der Figur ist die Unberechenbarkeit. Zu keinem Zeitpukt des Films weiß man genau, was Anton wohl als nächstes machen und wie er sich in welcher Szene verhalten wird. Es ist unter anderem diese Ungewissheit, die Anton zu einer ungemein bedrohlichen Figur werden lässt, und zu der Bardem durch seine perfekte schauspielerische Leistung maßgeblich beiträgt. Auch die Gewissenlosigkeit und die teils fast stoische Ruhe, mit der Anton zu Werke geht, sorgte bei mir regelmässig für Gänsehaut, und auch diesen Aspekt seiner Rolle vermittelt Javier Bardem auf großartige Art und Weise. Und so gelingt es ihm gemeinsam mit dem großartigen Drehbuch, einen der beeindruckendsten und bedrohlichsten Bösewichte der Filmgeschichte zu erschaffen. Alles andere als ein Oscar wäre für diese den Film dominierende schauspielerische Leistung jedenfalls eine Frechheit. ![]() Die Coens treffen am Ende eine sehr mutige Entscheidung, die bei mir jedoch nicht unbedingt auf viel Gegenliebe gestoßen ist. Nachdem Llewelyn Moss in einem weiteren Motel angekommen ist, wo er sich im Laufe des Tages mit seiner Frau und deren Mutter treffen will, machen wir auf einmal einen Zeitsprung, und erleben, wie Sheriff Bell zum Ort des Geschehens fährt. Kurz darauf erfahren wir, dass Llewelyn – offenbar von Anton – ermordet wurde. Dies so aus zweiter Hand zu erfahren und den Ausgang dieses Duells bzw. die ultimative Konsequenz seiner Entscheidung nicht unmittelbar mitzuerleben, fand ich nachdem man fast 2 Stunden mit ihm mitgefiebert hat schon sehr schade. Wohlgemerkt: Es geht mir bei meiner Enttäuschung nicht darum, dass ich unbedingt mehr Action, Gewalt und/oder Blut hätte sehen wollen, aber da wir Llewelyn's Flucht so lange mitverfolgen, hätte ich es schon passend gefunden, auch am Ende dabei zu sein. So fühlte ich mich doch irgendwie ausgeschlossen... ![]() Danach hätten wir in der Handlung des Sheriffs gesehen, wie dieser versucht Llewelyns Frau dazu zu überreden, ihm zu helfen, und wie er am Ende zu seiner Rettung eilen wollte, nur um zu erkennen dass er zu spät ist. Auch hier hätten wir also nur abseits von Llewelyns Tod erfahren. Im letzten Segment hätten wir dann allerdings genau erfahren, wie es dazu kam, hier hätte ich also auch den Showdown, nur halt aus der Sicht von Anton, gezeigt. Geendet hätte es dann schließlich nach dem Besuch bei Llewelyns Frau (deren weiteres Scihcksal ich genau so offen gelassen hätte) und dem Unfall, nach dem Anton ungehindert und seelenruhig die Straße entlangspaziert. Meines Erachtens wäre dies das perfekte Ende gewesen... denn den Gedanken, dass dieser kaltblütige Killer unbehindert durch die Straßen wandert, auf der Suche nach seinem nächsten Opfer, finde ich extrem beunruhigend. Ich erwarte natürlich nicht von euch, dass ihr meine Ansciht teilt – aber für mich hätte diese Aufteilung in drei Episoden aus einem großartigen Film ein Meisterwerk gemacht. Fazit: "No Country for Old Men" ist ein düsterer, pessimistischer Thriller der Coen-Brüder über die Belanglosigkeit, Willkür und vor allem Unausweichlichkeit des Todes, personifiziert von einem der erscheckendsten und bedrohlichsten Bösewichte der Filmgeschichte. Der von Javier Bardem beeindruckend dargestellte Anton ist ein Killer ohne Gewissen, der wahllos mordend durch das Land zieht und sich von nichts und niemandem davon abhalten lässt, seinen Auftrag auszuführen. Llewelyn Moss ist ein Jedermann, der durch eine unbedarfte Handlung ins Visier dieses Killers gerät, und bis zuletzt die Unausweichlichkeit seines Schicksals nicht akzeptieren will. Ein stellenweise sehr spannender, aber nichtsdestotrotz durchaus anspruchsvoller Thriller, dessen Ende den einen oder anderen vor den Kopf stoßen könnte, und dem meines Erachtens das letzte Quentchen Cleverness in der Erzählweise zum ganz großen Meisterwerk fehlt. Trotz dieses kleinen Hakens ein Pflichtprogramm für Cineasten und Coen-Fans, und ein Filmerlebnis, dass man so schnell nicht vergessen wird. Wertung: 9 von 10 Punkten
Christian Siegel
Mitreden!
Diskutiert oder kommentiert dieses Review in unserer
SF-Community!
Kommentar schreiben
|