Children of Men |
Neues Review zum SF-Film
Kategorie:
Filme -
Autor: Christian Siegel - Datum:
Samstag, 23 Dezember 2006 |
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Kurzinhalt: Wir schreiben das Jahr 2027, und die gesamte Menschheit trauert, denn soeben ist der jüngste Mensch dahingeschieden - er war 18 Jahre alt. Hintergrund: Seit rund 20 Jahren können die Frauen keine Kinder mehr bekommen - die daraus entstandene Trostlosigkeit hat die Welt stark verändert. Auf der ganzen Welt gibt es Krisenherde, viele Flüchtlinge sind auf der Suche nach einem ruhigen Ort, wo sie in Würde die letzten Jahre der Menschheit verbringen können, und in England regiert ein totalitäres Regime, dass rigoros gegen illegale Einwanderer vorgeht und in Verdacht steht, durch angebliche Terroranschläge Angst und Schrecken unter der Bevölkerung zu verbreiten, um diese besser kontrollieren zu können. ![]() Review von Christian Siegel: Es ist echt eine Schande, wie stiefmütterlich "Children of Men" von UIP behandelt wurde - was wohl vornehmlich daran liegt, dass er erst später im amerikanischen Raum in die Kinos kam und man daher einfach nicht wusste, was man sich an Zuschauerinteresse erwarten kann. Eben deshalb ist "Children of Men" trotz seiner Klasse in den Kinos weitgehend untergegangen - was angesichts der sehr zurückhaltenden Werbung wenig verwundet. Zwar gab es in den Kinos vereinzelt den Trailer zu bestaunen, doch davon abgesehen hielten sich die Werbemaßnahmen sehr in Grenzen. So gelang es dem Film erst langsam - durch die positive Mundpropaganda - an Zuschauerinteresse zu gewinnen, und er zeigte damit ein zum üblichen Blockbuster konträres Bild: Denn während sich dort meist gleich nach dem Kinostart unzählige Kritiken in einschlägigen Filmforen wiederfinden, deren Flut jedoch schnell nachlässt, trudelten zu "Children of Men" selbst Wochen nach dem Kinostart immer noch neue - meist begeisterte - Reviews ein. Und dass der Film vor allem bei Science Fiction-Fans einen Nerv getroffen hat, beweist sein Sieg bei den SFC-Awards 2006. ![]() Was jedoch bereits hier gefallen kann, sind die zahlreichen Bezüge zur Gegenwart, in denen einige Entwicklungen aus der heutigen Zeit bewusst überzeichnet wurden. So leben die Menschen in 2027 - zumindest in England - in ständiger Angst vor dem Terrorismus, und Untergrundbewegungen sind davon überzeugt, dass viele der Bomben von der Regierung gelegt werden, um die Bevölkerung einzuschüchtern. Auf dem Markt werden ganz legal Selbstmordpillen verkauft - friedliche Musik inklusive - die einem das Ableben deutlich erleichtern sollen; etwas, dass die Regierung angesichts der düsteren Zukunftsaussichten zumindest zu dulden (wenn nicht gar zu fördern) scheint. Noch deutlich stärker wird jedoch die Behandlung (eher Verfolgung) illegaler Einwanderer und die rigorose Einwanderungspolitik der Regierung thematisiert - auch hier wird zwar im Vergleich zur heutigen Praxis übertrieben, trotzdem hält Cuaron hier der Gesellschaft bzw. vor allem natürlich einigen Regierungen einen Spiegel vor, der ein sehr düsteres Bild zeigt. ![]() Jedenfalls überschlagen sich nach dem Überfall aufs Auto die Ereignisse förmlich, und auch wenn sich Cuaron dankenswerterweise auch danach immer noch genügend Zeit für ruhigere Szenen nimmt, geht dies nie auf Kosten der Spannung - einfach da man Cuaron aufgrund dieses kompromisslosen Überfalls danach einfach alles zutraut. Und so hielt mich "Children of Men" nach dieser Szene in einem eisigen und düsteren Würgegriff, aus dem mich der Film bis zur letzten Sekunde nicht mehr los ließ. Denn bei seinem Versuch, die schwangere Kee zu retten, gerät Theodore von einer verzwickten und verzweifelten Situation in die nächste. So flieht er schon bald nicht nur vor den Truppen der Regierung, sondern auch vor dem Widerstand, die Kee's Kind für ihre eigenen Zwecke missbrauchen wollen. Auch die Fluchtszene aus ihrem Lager wurde größtenteils wieder ohne Schnitt gedreht und schafft es mit relativ einfachen Mitteln (nämlich einer erstaunlich ruhigen Kamera) ordentlich Spannung zu erzeugen. Doch auch nach seiner geglückten Flucht aus dem Lager geht die düstere Odyssee munter weiter: Theodore gerät immer mehr und mehr ins Schlamassel, kommt zunehmend in Bedrängnis und muss immer schrecklichere Ereignisse miterleben. Seine Flucht führt ihn schließlich in ein Flüchtlingscamp - und ins Zentrum des ausbrechenden Bürgerkrieges. ![]() Fazit: Die Welt in "Children of Men" ist angesichts der Tatsache, dass die Menschheit auszusterben droht von Angst, Verzweiflung, Terrorismus, Gewalt und Hoffnungslosigkeit geprägt - und Cuaron trägt dem auch Rechnung. Der Film ist absolut kompromisslos und zeigt eine ungemein harte und düstere Zukunft, wie sie bisher nur wenige Regisseure auf die Leinwand zu bringen wagten. Neben der packenden Handlung des Films sticht dabei vor allem Cuaron's grandiose Inszenierung heraus, in der er das Geschehen oft minutenlang ohne einen einzigen Schnitt verfolgt. Zudem bleibt er immer nahe am Protagonisten, weshalb man oft das Gefühl hat, Theodore nicht einfach nur bei seiner Odyssee zu beobachten, sondern diese gemeinsam mit ihm zu beschreiten. Der "Showdown" im Flüchtlingscamp ist dann absolut atemberaubend, und das Ende des Films einfach nur perfekt. "Children of Men" ist eine großartige, düstere SF-Utopie mit zahlreichen Szenen, die unter die Haut gehen - und einer jener Filme, die mit jeder Minute besser werden... Wertung: 10 von 10 Punkten
Christian Siegel
Review von Michael Kael: „Keine Kinder. Keine Zukunft. Keine Hoffnung.“ Alfonso Cuaron inszeniert eine düstere und erschreckend realistische Endzeitvision im Jahr 2027. Aufgrund einer weltweiten Unfruchtbarkeit von Frauen wurde seit 18 Jahren kein Kind mehr geboren. Der Aussenseiter Theodore Faron soll die illegale Einwanderin Kee für eine Untergrundgruppe aus dem englischen Polizeistaat schmuggeln. Dann entdeckt er, dass Kee schwanger ist. Mit eindringlichen Bildern schildert Regisseur Alfonso Cuaron, der zuletzt mit „Harry Potter und der Gefangene von Askaban“ den einzigen erwachsenentauglichen Potter inszenierte, das Schicksal einer sterbenden Welt. Das Grundkonzept ist bekannt: Ein zynischer Held begleitet eine Gruppe hilfloser Aussenseiter in den sicheren Hafen, um die Zukunft der Menschheit zu retten. Jedoch wirkt die Idee einer Welt in der keine Kinder mehr geboren werden, weil alle Frauen unfruchtbar geworden sind, so denkbar real, dass sich der Zuschauer einfach gespannt fragen muss: hat die Menschheit noch eine Chance zu überleben und hat sie diese Chance überhaupt verdient? ![]() Der Zuschauer wird tief in die Eingeweide des totalitären Systems hineingezogen. Wie der Protagonist fragt sich auch der Zuschauer zunehmend, wie es nur soweit kommen konnte. Und hier hat der Film auch seinen sozialkritischen Kern. Obwohl die Ursache der weltweiten Unfruchtbarkeit offiziell nicht bekannt ist, ist sich der Zuschauer sofort sicher, dass nur die Menschen selbst ihren eigenen Untergang heraufbeschworen haben können. Ein Gefangenenlager für illegale Einwanderer, das bedrückend an ein KZ oder Guantanamo erinnert, ein Polizeistaat, der auf die Krise mit Unterdrückung reagiert und eine Gruppe Freiheitskämpfer, die doch nur ihre eigenen Ziele verfolgt. Das alles könnte Realität sein. In einer nicht allzu fernen Zukunft. Und am Schluss bleibt die Frage offen: kann die Menschheit noch gerettet werden? Fazit: Eine absolut sehenswerte Endzeitvision, die mit starken Bildern und großen Emotionen daherkommt. Über kleine Längen am Ende des Films kann der Zuschauer leicht hinwegsehen. Für mich einer der besten Filme des Jahres. Spannend. Actionreich. Anspruchsvoll. Wertung: 9 von 10 Punkten
Michael Kael
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