Dune: Part Two |
Ein weiteres SF-Meisterwerk von Villeneuve
Kategorie:
Filme -
Autor: Christian Siegel - Datum:
Montag, 11 März 2024 |
||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Kurzinhalt: Paul Atreides und seine Mutter Jessica haben den Angriff der Harkonnen überlebt. Sie sind in die Wüste geflohen, wo sie auf die einheimischen Fremen treffen, von denen sie – nachdem Paul seine Prüfung erfolgreich bestanden hat – aufgenommen werden. Stilgar, der Anführer der Fremen der Siedlung Sietch Tabr, ist davon überzeugt, dass es sich bei Paul um den Messias handelt, der ihnen seit Jahrhunderten prophezeit wird, und der die Fremen ins Paradies führen soll. Die junge Kriegerin Chani lehnt diese religiöse Überzeugung als Aberglauben ab, kann sich jedoch dem Reiz und der Ausstrahlung des jungen Fremden ebenfalls nicht entziehen – was in weiterer Folge dazu führen wird, dass sie zwischen ihrer Liebe zu Paul und zu ihrem Volk hin- und hergerissen wird. Jessica setzt indes alles daran, um die Rolle ihres Sohnes unter den Fremen zu festigen, und ihren Glauben an den Lisan al Gaib zu stärken. Paul wird indes von schrecklichen Visionen der Zukunft geplagt – vor allem im Hinblick darauf, was der Galaxis drohen könnte, falls er in den Süden geht und die Führung der Fremen übernimmt. Als dann jedoch die Harkonnen als Antwort auf die beständigen Angriffe der Fremen auf ihre Spice-Frachter Feyd-Rautha das Kommando über Arrakis übertragen, und dieser mit voller Härte zurückschlägt, scheint ihm das Schicksal keine andere Wahl zu lassen… Review: ![]() Der erste Teil litt für mich ja in erster Linie darunter, dass er ins Nichts führte – und zu allem Überfluss an dessen Ende noch nicht bestätigt war, ob der von ihm schon immer geplante zweite Teil, der der Story von "Dune" abschließt (als nächstes – und letztes – möchte er sich nun noch "Dune: Messiah" vorknöpfen), überhaupt kommen würde. Im schlimmsten Fall wäre somit diese neuerliche "Dune"-Adaption unvollendetes Stückwerk geblieben. Der Achtungserfolg an den Kinokassen in Verbindung mit einem angesichts der eindrucksvollen Produktionsqualität überschaubaren Budget brachte uns aber nun doch noch ein Happy End. Also zumindest dahingehend, dass die Geschichte des ersten Bands auf der großen Leinwand fertig erzählt wurde (wobei Villeneuve seinem geplanten dritten Film bereits den Weg ebnet; angesichts des großen Erfolgs an den Kinokassen ist es wohl nur eine Frage der Zeit, bis dieser offiziell angekündigt wird); denn inhaltlich mündet "Dune: Part Two" nun nicht gerade in einem glücklichen Ende. Darin sehe ich dann auch einen wesentlichen Unterschied zu den bisherigen Verfilmungen (von Lynch bzw. dem SyFy-Channel), die Paul Atreides Sieg über den Baron und den Imperator als ziemlich uneingeschränkten Triumph feierten. Hier hingegen lässt uns das Ende mit deutlich zwiespältigeren Gefühlen zurück. In eben dieser moralischen Ambivalenz, die sich letztendlich durch den gesamten Film zieht, sehe ich dann auch die größte Stärke von "Dune: Part Two". Dieser offenbart sich nämlich als warnende Message vor Anführern jeglicher Art, insbesondere aber der religiösen und/oder sich als Erlöser aufspielenden Natur. ![]() Einer Schlüsselfunktion dabei, die betreffende Aussage an den Mann oder die Frau zu bringen, nimmt Chani ein – deren Figur im Zuge dessen im Vergleich zur Vorlage enorm aufgewertet wird. Im Buch ist sie im wahrsten Sinne des Wortes die Frau seiner Träume, nimmt in der Geschichte aber doch eher nur eine sehr klassische Rolle (nämlich die der romantischen Belohnung für den Helden; in "Dune: Messiah" kommt dann noch ein weiteres Klischee hinzu, aber damit werden wir uns in ein paar Jahren, wenn Denis Villeneuve seinen dritten "Dune"-Film vorlegt, näher auseinandersetzen) ein. Oder, um es genauer zu sagen: Sie erfüllt eine Plot-Funktion, kommt aber als eigenständige Figur kaum zur Geltung. Hier besser Denis Villeneuve nach: Denn in "Dune: Part Two" ist Chani das Herz und die Seele des Films. Dabei sorgte vor allem ihre innere Zerrissenheit dafür, dass ich mit der Figur von Beginn an enorm mitfühlte: Denn sie liebt Paul/Usul, aber hasst den vermeintlichen Lisan al Gaib Mua'dib. Sie erkennt, dass die Prophezeiung nichts weiter ist als eine Manipulation der Bene Gesserit, und ist einerseits erschüttert, zu sehen, wie die Fremen um sie herum eben darauf hereinfallen, und andererseits, dass Paul sich letztendlich entscheidet, in eben diese Rolle zu schlüpfen – und damit auch dazu bereit ist, ihr Volk für seine eigenen Zwecke auszunutzen. Zendaya zeigt in dieser Rolle für mich die bisher beste Leistung ihrer noch jungen Karriere (wobei ich zugeben muss, noch nicht in "Euphoria" – für das sie ja ebenfalls gefeiert wurde – hineingeschaut zu haben). Wobei ihr Timothée Chalamet in nichts nachsteht; auch dieser steht im inneren Zwiespalt, und wie lange er versucht sich gegen die Messias-Rolle die ihm die Fremen aufdrängen wollen zu wehren – ehe ihn das aggressive Vorgehen der Harkonnen dann eben doch dazu zwingt, in den Süden zu gehen – ist ein wesentlicher Grund dafür, dass Paul (zumindest für mich) nie zu einem klassischen Bösewicht wurde. Vielmehr ist er eine tragische Figur, die aus dem Dilemma in dass er von anderen gebracht wurde keinen anderen Ausweg mehr sah. Dass eben dieser Pfad bedeutet, einen heiligen Krieg ins All zu bringen, der Milliarden von Leben fordern wird, disqualifiziert ihn aber jedenfalls als Held. ![]() Gleiches gilt auch für die anderen Veteranen des ersten Films, insbesondere Charlotte Rampling als ehrwürdige Mutter Mohiam, Dave Bautista als "Biest" Rabban, Stellan Skarsgård als Baron Vladimir Harkonnen, und Javier Bardem als fanatischer Gläubiger Stilgar. Unter den Neuzugängen hinterließ bei mir insbesondere Austin Butler Eindruck. Dieser verleiht seinem Feyd-Rautha eine enorme körperliche und bedrohliche Präsenz. Florence Pugh wird hier als Prinzessin Irulan eingeführt, die vor allem im dritten Teil eine wichtige Rolle spielen wird. Hier bekommt sie erstmal noch nicht wirklich viel zu tun, gibt ihrer Figur aber jedenfalls die nötige Eleganz und Ausstrahlung. Ziemlich überrascht war ich von der hier gezeigten Interpretation von Imperator Shaddam IV. Wir kennen Christopher Walken als sehr eindringliche Präsenz, hier wirkt er jedoch fast schon fragil. Im Gegensatz zu den bisherigen Adaptionen zeigt man uns hier somit einen Herrscher, der sich ganz offensichtlich dem Ende seiner Amtszeit nähert – und eben deshalb, weil er nicht loslassen kann, das gesamte Universum ins Chaos stürzt. Nicht unerwähnt bleiben soll auch Léa Seydoux, die eine kleine aber bedeutsame Rolle allein mit ihrer Anwesenheit und Ausstrahlung aufwertet. Und dann ist da noch der überraschende Auftritt von Anya Taylor-Joy, die hier kurz als Vision der erwachsenen Aria zu sehen ist. Letzteres ist übrigens die eine Entscheidung bei Denis Villeneuves Adaption, wo ich mir nicht ganz sicher bin, ob ich es gut finde; nicht zuletzt, als es ihn auch dazu zwang, den Zeitablauf der Ereignisse hier auf acht Monate zu komprimieren. In jedem Fall machte mich aber dieser kleine Teaser jedenfalls schon neugierig auf die hoffentlich bald folgende Fortsetzung. ![]() Fazit: Das Jahr ist noch keine drei Monate alt, und schon gibt es mit "Poor Things" und "Dune: Part Two" zwei heiße Kandidaten auf den Film des Jahres. Denis Villeneuve ist es mit seiner Fortsetzung gelungen, das Versprechen des ersten Teils mehr als nur einzulösen. Wo dieser darunter litt, sowohl sprich- als auch wortwörtlich im Sande zu verlaufen, da es keinen vernünftigen Schlusspunkt gab, baut "Dune: Part Two" nun auf die dort geleistete Vorarbeit auf, und präsentiert sich als epischer (vorläufiger) Schlusspunkt der tragischen Geschichte rund um Paul "Mua'dib" Atreides. Neben der technischen Brillanz und den zahlreichen eindrucksvollen Bildern, die auf einer so großen Leinwand wie möglich genossen werden sollten, besticht "Dune: Part Two" vor allem mit seiner warnenden Message im Hinblick auf vermeintliche Heilsbringer, sowie der herrlichen moralischen Ambivalenz der Figuren, wobei es uns insbesondere Paul mit zunehmender Laufzeit schwer macht, auf seiner Seite zu stehen. Und doch verliert Villeneuve nie aus den Augen, dass er ein fast schon archetypischer tragischer Held ist, der von den Ereignissen sowie Einflüssen von außen auf einen Pfad getrieben wird, den er selbst eigentlich nie einschlagen wollte, und nur höchst widerwillig beschreitet. All dies ist eingebettet in einer hochdramatischen Handlung, die trotz der fast dreistündigen Laufzeit um keine Sekunde zu lang – oder gar -weilig – wirkt. Es ist vor allem diese Brillanz als Erzähler epischer (Genre-)Geschichten, die Denis Villeneuve zum legitimen Nachfolger von Christopher Nolan (auch wenn dieser nach wie vor ebenfalls mit großem Erfolg aktiv ist), und "Dune: Part Two" zu einem der besten Science Fiction-Filme der jüngeren Vergangenheit machen. Wertung: 10 von 10 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © 2024 Warner Bros.)
Weiterführende Links: Review zu "Dune" (Denis Villeneuve) Review zu "Dune" (David Lynch) Review zu "Jodorowsky's Dune" Review zu "Der Wüstenplanet" Review zu "Der Herr des Wüstenplaneten"
Kommentar schreiben
|