Eine Leiche zum Dessert
Parodie von "Und dann gabs keines mehr" Kategorie: Filme - Autor: Christian Siegel - Datum: Sonntag, 25 Dezember 2022
 
 
Eine Leiche zum Dessert
Originaltitel: Murder by Death
Produktionsland/jahr: USA 1976
Bewertung:
Studio/Verleih: Rastar Pictures/Columbia Pictures
Regie: Robert Moore
Produzenten: Ray Stark & Roger M. Rothstein
Drehbuch: Neil Simon
Filmmusik: Dave Grusin
Kamera: David M. Walsh
Schnitt: John F. Burnett
Genre: Komödie
Kinostart BRD: 17. September 1976
Kinostart USA: 23. Juni 1976
Laufzeit: 95 Minuten
Altersfreigabe: FSK ab 12
Trailer: YouTube
Kaufen: Blu-Ray (Import ohne deutschen Ton), DVD
Mit: Peter Falk, Alec Guinness, Peter Sellers, Eileen Brennan, Truman Capote, James Coco, Elsa Lanchester, David Niven, Maggie Smith, Nancy Walker, Estelle Winwood, James Cromwell, Richard Narita u.a.


Kurzinhalt: Der exzentrische Millionär Lionel Twain hat die fünf berühmtesten Detektive der Welt jeweils mit Begleitung zu sich geladen: Der aus San Francisco angereiste Detektiv Sam Diamond, der seine Assistentin Tess Skeffington mitbringt. Der New Yorker Privatdetektiv Dick Charleston, der mit seiner Frau Dora anreist. Der belgische Detektiv Milo Perrier, der in Begleitung seines Chauffeurs Marcel erscheint. Der in Shanghai ermittelnde Sidney Wang, der seinen Sohn Willie mitbringt. Sowie die einer englischen Kleinstadt entstammenden Jessica Marbles, die zusammen mit ihrer – mittlerweile selbst pflegebedürftigen – ehemaligen Pflegerin Miss Withers anreist. Bereits bei ihrer Ankunft müssen sie jeweils einen Anschlag auf ihr Leben überstehen. Als sie sich alle zu Tisch einfinden, werden sie schließlich von ihrem Gastgeber Twain persönlich begrüßt. Er offenbart ihnen, dass um Punkt Zwölf ein Mord geschehen wird, von dem er sich sicher ist, dass keiner der Anwesenden ihn aufklären kann. So ihnen dies doch gelingt, winken ihnen nicht nur die Rechte an dem Fall, sondern auch eine Million Dollar. Haben sie jedoch keinen Erfolg, wäre damit aus seiner Sicht bewiesen, dass vielmehr er selbst der beste Detektiv der Welt ist. Angesichts des drohenden Mordes gestaltet sich die Stunde bis Mitternacht recht angespannt. Dann ist es so weit: Es schlägt zwölf – und vor ihnen sitzt plötzlich die Leiche von Lionel Twain selbst…

Review: Szenenbild. Irgendwie vergesse ich jedes Mal aufs Neue, wie albern und teilweise richtig absurd dieser Film ist. Angefangen bei Räume, die von einer Sekunde auf die nächste verschwinden, über die Idee mit den Dummys, bis hin zur Auflösungs-Orgie am Ende. Was aus heutiger Sicht zweifellos noch einmal schwerer wiegt, sind einige problematische, mit "politisch unkorrekt" noch charmant umschriebene Elemente – wobei man zur Verteidigung des Films sagen muss, dass die vielzitierte politische Korrektheit Mitte der 70er halt noch kein großes Thema war, bzw. sich der einen Chinesen spielenden Peter Sellers (was heutzutage, völlig zu Recht, undenkbar wäre) aus der parodierten Vorlage der Charlie Chan-Filme (wo der in Schweden geborene Warner Oland in die Rolle schlüpfte) ergibt. Wie dieser Ansatz damals ja generell – leider – gang und gebe auch; siehe z.B. Joseph Wiseman als Dr. No. Insofern ist das dem Film in meinen Augen nur bedingt vorzuwerfen. Kritischer sehe ich da schon, wie man sich mit dem Butler und dem Dienstmädchen über Menschen mit Behinderung lustig macht. Auch dies muss man aber im Kontext der damaligen Zeit sehen, wo sich einfach (natürlich fälschlicherweise) niemand über so etwas Gedanken gemacht hat.

Schafft man es, diesen teilweise alles andere als politisch korrekten Humor ebenso zu akzeptieren, wie die zunehmend absurden Elemente, so weiß "Eine Leiche zum Dessert" aber auch heute immer noch gut zu unterhalten. Dies liegt auf der einen Seite am herrlichen Konzept, mit dem Neil Simon Agatha Christies klassisches Setting aus "Und dann gabs keines mehr" parodiert. Köstlich sind auch die teils herrlich überzeichneten Parodien der fünf Ermittler, wobei ich selbst zu Nick Charles (der als Vorlage für Dick Charleston diente) keinerlei Bezug habe. Und auch die Charlie Chan-Filme habe ich nur sehr flüchtig verfolgt. Wunderbar fand ich dafür die Veralberung von Sam Spade als Sam Diamond, Milo Perrier als Hercule Poirot-Verschnitt, und nicht zuletzt Miss Marbles als Parodie auf Jane Marple. Schön auch, wie man hier dem Ansatz aus "Mord im Orient-Express" folgt, und eine Starbesetzung bis in die kleinsten Rollen präsentiert. Peter Sellers, Peter Falk, David Niven, Alec Guinnes, Maggie Smith (später noch 2x bei tatsächlichen Christie-Verfilmungen im Einsatz), Eileen Brennan und – als Stunt-Casting – Truman Capote, das kann sich schon sehen lassen. Zudem hatte hier der – zu dem Zeitpunkt noch weitgehend unbekannte – James Cromwell seinen ersten Filmauftritt. Aber auch jene DarstellerInnen, die zumindest mir eher nichts sagen, wissen in ihren Rollen zu gefallen, und haben sich mir teilweise mit ihrer Darstellung hier ins Gedächtnis gebrannt, sei es Nancy Walker als Dienstmädchen, James Coco als Poirot-Verschnitt, sowie nicht zuletzt Elsa Lanchester als köstliche Parodie auf Jane Marple, die sich in ihrer Performance ganz bewusst an Margaret Rutherfords Interpretation zu orientieren scheint. Hinzu kommen dann noch einige gelungene (und teils subtile – man nehme z.B. die Türglocke) Anspielungen auf andere Filme, die an "Agatha Christie's"-erinnernde Titeleinblendung zu "Neil Simon's Murder by Death", sowie einige wirklich gelungene Gags, die für Unterhaltung sorgen. Vom im Mittepunkt stehenden Kriminalfall darf man sich halt insofern nichts erwarten, als sich Simon am Ende über die teils abstrusen Auflösungen von eben solchen lustig macht, in dem er dies echt auf die Spitze treibt. Insofern lädt "Eine Leiche zum Dessert" zwar fleißig zum Mitlachen, aber nicht zum Mitraten ein. Dennoch hatte ich auch bei dieser x-ten Sichtung mit ihm wieder durchaus meinen Spaß.

Fazit: Szenenbild. Neil Simons "Eine Leiche zum Dessert" ist eine höchst alberne und zum Ende hin auch zunehmend absurde Krimi-Parodie, die in erster Linie die von Dashiell Hammett, Earl Derr Biggers und Agatha Christie geschaffenen Ermittler Nick Charles, Sam Spade, Charlie Chan, Hercule Poirot und Jane Marple ordentlich durch den Kakao zieht. Zudem parodiert man so manches Genre-Klischee, und treibt mit dem abstrusen Twist-Reigen am Ende insbesondere an den Haaren herbeigezogene Auflösungen auf die Spitze. Der Film punktet dabei für mich in erster Linie mit der wundervollen und bestens aufgelegten Besetzung, sowie einzelnen – teilweise auch schön subtilen – Anspielungen. Der Humor selbst ist mir indes heutzutage stellenweise doch etwas zu albern, zudem stört man sich aus heutiger Sicht an problematischen Elementen wie Peter Sellers als Chinese, oder auch dem Humor rund um den blinden Butler und das gehörlose Dienstmädchen. Schafft man es, diese Aspekte im Kontext der damaligen Zeit zu sehen (und somit auch zu verzeihen), zählt "Eine Leiche zum Dessert" aber auch heute noch zu den besten Krimi-Komödien aller Zeiten.

Wertung: 8 von 10 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © 1976 Columbia Pictures)





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