Mord á la Carte
Erster TV-Einsatz von Ustinov als Poirot Kategorie: Filme - Autor: Christian Siegel - Datum: Donnerstag, 15 Dezember 2022
 
Advent-SPECiAL

 
Mord á la Carte
Originaltitel: Thirteen at Dinner
Produktionsland/jahr: UK/USA 1985
Bewertung:
Studio/Verleih: Warner Bros. Television/CBS
Regie: Lou Antonio
Produzenten: Neil Hartley
Drehbuch: Rod Browning, nach dem Roman von Agatha Christie
Filmmusik: John Addison
Kamera: Curtis Clark
Schnitt: David A. Simmons
Genre: Krimi
TV-Ausstrahlung BRD: 1986
TV-Ausstrahlung USA: 19. Oktober 1985
Laufzeit: 87 Minuten
Altersfreigabe: FSK ab 12
Trailer: YouTube (Englisch)
Kaufen: DVD-Box
Mit: Peter Ustinov, Faye Dunaway, Jonathan Cecil, David Suchet, Bill Nighy, Diane Keen, Amanda Pays u.a.


Kurzinhalt: Hercule Poirot wird in eine Fernsehsendung eingeladen, wo er auf den Schauspieler Bryan Martin trifft, der in Filmen einen Detektiv spielt. Dieser wird während der Sendung vermeintlich mit seinem Co-Star Jane Wilkinson überrascht; tatsächlich stellt sich diese als überaus überzeugendes Double Carlotta Adams heraus. Jane Wilkinson ist vom Auftritt, den sie live im Fernsehen verfolgt hat, so begeistert, dass sie alle drei zu sich zum Abendessen einlädt. Dabei bittet Jane Hercule dann schließlich um einen persönlichen Gefallen: Sie würde gerne einen anderen Mann heiraten, allerdings sperrt sich ihr jetziger Ehemann Lord Edware gegen eine Scheidung. Ob er nicht bei ihm vorstellig und in ihrem Sinne intervenieren könnte? Poirot lässt sich eben dazu überreden – fühlt sich jedoch etwas veräppelt, als Lord Edware meint, der Scheidung schon längst zugestimmt zu haben. Immerhin hält er die Angelegenheit damit für erledigt – bis Lord Edware am nächsten Morgen ermordet aufgefunden wird. Naturgemäß fällt der Verdacht sofort auf Jane Wilkinson. Doch diese hat ein wasserdichtes Alibi…

Review: Szenenbild. Woran auch immer es gelegen haben mag – möglicherweise waren solche Krimis mit Starbesetzung in einer Zeit, wo "Star Wars" das Kino revolutionierte, einfach nicht mehr "in"? – aber die Einnahmen der Poirot-Filme waren rückläufig, weshalb nach "Das Böse unter der Sonne" erstmal Schluss war. Der amerikanische Sender CBS sah jedoch durchaus Potential, weitere Verfilmungen mit Ustinov in der Hauptrolle für das Fernsehen zu produzieren. Nun sind solche von vornherein natürlich eine billigere Angelegenheit, was sich in erster Linie auf zwei Arten bemerkbar macht. Einerseits kann "Mord á la Carte" optisch und von Locations, Ausstattung usw. her nicht mit den Kinofilmen mithalten. Und andererseits war auch deutlich weniger Geld für die Besetzung dar, weshalb sich die TV-Filme mit Poirot größtenteils auf einigen größeren Gaststar – wie hier Faye Dunaway – beschränkten. Nun ist ersteres natürlich wenig erfreulich und definitiv ein Manko – im Falle von "Mord á la Carte" erweist sich aber in erster Linie letzteres als großes Problem.

Denn: So wie viele TV-Krimis auch, leidet Peter Ustinovs erster TV-Einsatz als Hercule Poirot unter dem, was ich immer gerne als "Gaststar-Syndrom" bezeichne. Dies bedeutet, dass in 99% der Fälle der bekannteste Name (natürlich abseits der Stammbesetzung) zugleich der Mörder oder die Mörderin ist – was gerade auch solchen Whodunits enorm viel an Reiz nimmt. "Mord á la Carte" ist hier leider nicht etwa die Ausnahme, sondern mit das beste Beispiel. Klar hat der Auftritt von Faye Dunaway seinen Reiz; umso mehr, als sie hier sogar in einer Doppelrolle zu sehen ist. Und wenn beide verdächtig gewesen wäre, hätten die Ermittlungen tatsächlich nochmal spannend sein können. So hingegen hat das Ganze letztendlich mehr von "Columbo" – nur, dass sich "Mord á la Carte" leider bemüht, die Offenbarung des Killers als Überraschung zu inszenieren. Wobei ich auch gestehen muss: in diesem Fall wäre es wohl selbst mit lauter bekannten oder unbekannten DarstellerInnen offensichtlich gewesen. Auch das wäre nicht grundsätzlich ein K.O.-Kriterium, leider aber versucht uns der TV-Film krampfhaft Hercule Poirot als Genie zu verkaufen, was bei einem derart klaren Fall wie hier halt zugleich bedeutet, dass sich die anderen – wie sein Assistent Hastings, oder auch Inspector Japp – besonders beschränkt gebaren müssen. Was ihm auch nicht hilft ist, dass man hier das Geschehen in die Gegenwart verlagert – was ich gerade auch im Hinblick darauf, dass man Ustinov als Poirot beibehielt, ganz besonders irritierend fand (auch wenn es dafür mit den Sherlock Holmes-Filmen mit Basil Rathbone in der Hauptrolle – wo man nach zwei Filmen ebenfalls in die damalige Gegenwart wechselt – hierfür bereits einen filmischen Präzedenzfall gibt). Last but not least fehlt Poirot am Ende ein stichhaltiger Beweis. Würde Jane kein Geständnis ablegen, hätte er – trotz des (übrigens saudummen) Fehlers mit der Brille – es wohl sehr schwer, eine Jury von ihrer Schuld zu überzeugen. Denn auch wenn seine Auflösung natürlich stichhaltig ist, aber beweisen kann er es eben nicht.

Szenenbild. All dies sorgt dafür, dass "Mord á la Carte" den früheren (Kino-)Einsätzen von Hercule Poirot (abseits des furchtbaren "Die Morde des Herrn ABC") deutlich unterlegen ist. Gänzlicher Reinfall ist er aber dennoch keiner. So kann Peter Ustinov in der Rolle des Hercule Poirot nach wie vor voll und ganz überzeugen. Zudem hat man sich am Anfang bei seinem TV-Interview einen netten Meta-Gag überlegt. Von ihm abgesehen ist die Besetzungsliste zwar wie gesagt – und kritisiert – in erster Linie von Faye Dunaway (die im Jahr davor bereits in "Tödlicher Irrtum" aufgetreten war) dominiert, mit David Suchet (der ein paar Jahre später selbst die Rolle von Hercule Poirot in der langlebigen, sämtliche Poirot-Romane verfilmenden ITV-Serie übernehmen sollte), Amanda Pays (die Anfang der 90er eine Hauptrolle bei "Flash – Der rote Blitz" übernahm) und Bill Nighy findet sich aber immerhin in den Nebenrollen noch das eine oder andere bekannte Gesicht. Bei der Inszenierung hat sich, auch wenn sie im Vergleich zu den Kinofilmen natürlich abfällt, zumindest die eine oder andere nette Einstellung eingeschlichen. Und die Titelmusik ist sehr eingängig, und spukt mir nun schon wieder tagelang im Kopf herum.

Fazit: Dass man vom Umstieg von Kino zu Fernsehen (zur damaligen Zeit) gewisse Abstriche machen musste, war von vornherein klar. Bei "Mord á la Carte" traten diese aber dann doch etwas zu deutlich und heftig zu Tage. Angefangen bei der allgemeinen Produktionsqualität, über den irritierenden Umstieg in die Gegenwart, bis hin zum hier ganz besonders auffälligen Gaststar-Syndrom. Vor allem letzteres macht die Auflösung leider viel zu offensichtlich, weshalb man einfach nur darauf wartet, dass Poirot den Mörder endlich bekannt gibt. Erschwerend kommt nun noch hinzu, dass er gegen diesen letztendlich keine stichhaltigen Beweise in der Hand hielt; ohne Geständnis wäre es wohl nicht möglich gewesen, diesen zu überführen. Demgegenüber stehen einige (vermeintlich der Vorlage entstammenden) nette Dialoge, der gelungene Meta-Gag zu Beginn rund um Poirots ersten Fernseh-Auftritt, die gut gelaunte Besetzung (wobei vor allem Faye Dunaway in ihrer Doppelrolle besticht), sowie nicht zuletzt Peter Ustinov, der auch bei seinem ersten TV-Einsatz als Hercule Poirot wieder nichts vom Charme seiner Kino-Auftritte vermissen lässt. Den Vergleich zu diesen hält "Mord á la Carte" aber halt leider nur sehr eingeschränkt stand.

Wertung:4 von 10 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © 1985 CBS)


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