Jurassic World: Ein neues Zeitalter |
Gelungene Wiederbelebung, oder Zeit zum Aussterben?
Kategorie:
Filme -
Autor: M. Wetzel | C. Siegel - Datum:
Freitag, 10 Juni 2022 |
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Kurzinhalt: Vier Jahre nach dem Vulkanausbruch auf der Isla Nublar haben sich die Dinosaurier auf der ganzen Welt breitgemacht und dringen immer weiter in den Alltag der Menschen vor, was zunehmend zu Konflikten führt. Machen die Dinos am einen Ort Jagd auf Menschen, florieren an anderer Stelle Schwarzmärkte, die mit den Dino-Jungtieren ihren Handel treiben. Die Lage spitzt sich zu, und es stellt sich eine entscheidende Frage: können Mensch und Dinosaurier in Zukunft koexistieren oder wird sich eine der beiden Seiten durchsetzen? Review von Marcel Wetzel (10.06.2022): ![]() So weit, so nett. Leider setzt "Jurassic World - Ein neues Zeitalter" jedoch in keiner Weise irgendwelche neuen Maßstäbe. Vielmehr handelt es sich um Standardkost, die, dem großzügigen Budget geschuldet, natürlich entsprechend gut aussieht. Anders sieht es mit der Handlung bzw. wohl eher den HandlungEN des Films aus. Diese wirken, als hätten zwei verschiedene Drehbuchautoren ihre eigenen Geschichten geschrieben und sich erst im Nachhinein zusammengesetzt, um zu überlegen, wie man die Handlungsstränge irgendwie vereinen kann. Entsprechend zusammengebaut fühlt sich der Film dann auch an. Ansonsten ist es ein Actionfilm mit Dinosauriern als Gegnern, die man aber eigentlich auch jederzeit gegen andere, egal ob Menschen, Roboter oder Aliens, austauschen könnte. Dazu einige ganz passable Kletter-, Verfolgungs- und Kampfpassagen, dumme Sprüche sowie einige kleinere Intrigen, insgesamt jedoch alles nichts Aufsehenerregendes. Mittendrin ein mittlerweile viel zu glatt geschliffener Held in Form von Owen Grady, aka Chris Pratt ("Guardians of the Galaxy") als Charakterfigur ohne Ecken und Kanten mit seiner seit Teil 1 der neuen Trilogie bekannten erhobenen Hand als Signaturemove, womit scheinbar jeglichem Dinosaurier gleich welcher Art und Gattung Einhalt geboten werden kann. Dasselbe gilt für die weibliche Hauptfigur der Jurassic World Reihe, Claire Dearing (schreit und staunt), gespielt von Bryce Dallas Howard, sowie das Zusammenspiel zwischen den beiden. Den Figuren fehlt Substanz, und bleiben dem Zuschauer nicht im Gedächtnis. ![]() Auch ist der durchaus ehrfurchtgebietende Auftritt der Dinosaurier, wie man ihn noch von vorhergehenden Filmen des Franchises kennt, hier wie weggeblasen. Wurde noch im allerersten Teil ein Riesentamtam um das Erscheinen des T-Rex gemacht, Stichwort „Kreise im Wasserglas“, die Älteren erinnern sich vielleicht, kommt hier ein Artgenosse bei passender Gelegenheit um die Ecke scharwenzelt, nur damit im nochmals nächsten Moment ein noch größerer Artgenosse auftaucht, der eigentlich einen noch viel gefährlicheren Eindruck hinterlassen soll. Passiert aber nicht. Die Dinos erscheinen nicht mehr als das Herzstück des Films, sondern sind austauschbar und eigentlich nur noch Mittel zum Zweck. Sie erscheinen plötzlich in solchen Momenten, bei denen es der Spannung gerade zuträglich sein könnte oder aus sonstigen Gründen gerade passen könnte. So gut wie jedes Tier in jeder Szene könnte man dabei einfach gegen einen menschlichen Gegner mit gezogener Wumme ersetzen, ohne dass sich an dem Film merklich etwas ändern würde. Die CGI-Effekte sind, wie bei einem Projekt dieser Größenordnung zu erwarten, in den allermeisten Fällen solide, die eingesetzte Animatronic (elektronische, bewegliche Dinosaurierpuppen) hingegen sieht aber manchmal so aus, als hätten sich die Tiere beim Saufgelage gestern Abend nicht unter Kontrolle gehabt und nun mit den Konsequenzen zu kämpfen. ![]() Fazit: Dinosaurierfans und solche des Franchises werden hier trotz der geäußerten Kritik wohl auf ihre Kosten kommen, dafür bietet "Jurassic World - Ein neues Zeitalter" eine solide Mischung aus Action, Story. Und auch das Zusammenkommen der Charaktere der alten und neuen Trilogie dürften dazu beitragen, dass ältere und jüngere Anhänger der Filme zufrieden die Lichtspielhäuser verlassen. Um einen krönenden Abschluss der Filmreihe oder gar des ganzen Franchises handelt es sich hierbei jedoch nicht. Wertung:5 von 10 Punkten
Marcel Wetzel
Review von Christian Siegel (24.06.2022): ![]() Mein Hauptproblem mit dem Abschluss der "World"-Trilogie ist, wie weniger man hier aus dem coolen Konzept, dass sich aus dem Ende von "Das verlorene Königreich" ergibt, herausholt. Dort wurden die Dinosaurier ja von Maisie Lockwood in die freie Wildbahn entlassen. Jetzt mal abgesehen davon, dass sich die Handvoll Dinos in den paar Jahren danach vermehrt haben wie die Karnickel (und die Nachkommen in Rekordzeit ausgewachsen sind) – die daraus resultierenden Probleme, bzw. generell das schwierige Zusammenleben zwischen Menschen und (in der freien Wildnis lebenden) Dinosauriern, verkommt hier leider zu einer absoluten Randnotiz. Gleich zu Beginn gibt es ein paar Videos und Newsberichte, und danach widmet man sich u.a. noch so Themen wie Wilderern, illegalen Züchtern, Schwarzmärkten und so weiter. Letztendlich beschäftigt sich "Ein neues Zeitalter" aber leider so gut wie gar nicht mit der Frage, wie eine solche Welt aussehen könnte. Was insofern schade ist, als die anfänglichen Ansätze noch mit das Interessanteste am Film sind. Und insbesondere die Szene mit den beiden Diplodocus-Sauriern war ein frühes – und zugleich seltenes – Highlight des Films. Hier beschäftigte man sich auch kurz damit, wie die Menschen Tieren – in diesem Falle eben den Dinosauriern – den Lebensraum nehmen. Ich hätte mir eigentlich erwartet, dass "Ein neues Zeitalter" viel stärker in diese Richtung geht. Erschwerend kommt hinzu, dass nach diesem Einstieg – und der Entführung sowohl von Maisie als auch von Beta – die Dinos für einen längeren Zeitraum zur Randerscheinung verkommen. Und so fragte ich mich nach einiger Zeit, in Anlehnung an Ian Malcolms entsprechenden Kommentar im ersten "Jurassic Park"-Film: "Gibt es in euren Dinosaurier-Film eigentlich auch mal Dinosaurier zu sehen?!". Wie ich den Mittelteil generell sehr schwach fand. Die Action war nicht sonderlich mitreißend inszeniert; vor allem aber hatte das mehr von einem "Bourne"-, "Bond"- oder "Mission Impossible"-Film, als von "Jurassic Park/World". ![]() Als letzter Kritikpunkt sei nun noch Owens Handbewegung erwähnt, die hier derart oft (und teils unpassend – warum sollte z.B. ein Tier, mit dem Owen noch nicht gearbeitet hat, und dass daher keinen Grund hat, darauf zu reagieren, sich davon zähmen/beruhigen lassen?) eingesetzt wird, dass es zum (unfreiwilligen) Running Gag verkommt. Ich musste da irgendwann unweigerlich an "Was bin ich" denken: "Machen Sie eine typische Handbewegung" (und ja, ich bin tatsächlich so alt, mich an diese Sendung noch zu erinnern). Irgendwann war es jedenfalls einfach nur mehr lächerlich. Der größte Knackpunkt ist und bleibt aber wie schon erwähnt, dass der Film aus der faszinierenden Grundidee so gut wie nichts herausholt. Nirgends wird dies so deutlich wie im letzten Drittel, welches sich dann in einem Resort abspielt, und damit dem guten alten "Jurassic Park"-Szenario am nächsten kommt. Das bezeichnende – und paradoxe – an "Das verlorene Königreich", welches zugleich deutlich macht, wie sehr man in Hinsicht auf das vielversprechende Konzept gescheitert ist, ist dann aber, dass der Film für mich genau in diesem letzten Drittel dann nochmal so richtig aufdreht. So vertraut es auch sein mag, aber es funktioniert eben – im Gegensatz zum überwiegenden Teil der knapp 1-1/2 Stunden zuvor. Es gibt einige bislang bei den "Jurassic"-Filmen nicht gesehene Dinosaurier zu bestaunen, wobei es mir insbesondere die Demitrodons angetan hatten; für die hatte ich als Kind schon immer ein Herz. Auffällig auch, dass man sich – entgegen früherer Aussagen von Trevorrow – den neuen Erkenntnisse der letzten Jahre/Jahrzehnte beugt, und doch auch ein paar Dinos mit Federn präsentiert. So war, neben der zuvor bereits lobend erwähnten Szene mit dem Gigantosaurus im Wald, das mit dem Pyroraptor auf dem zugefrorenen See, zweifellos ein weiteres kleines Highlight. ![]() Fazit: Das Ende von "Das verlorene Königreich" versprach, dass sich beim letzten Teil der Trilogie das mit "Jurassic World" nicht nur auf den dortigen Themenpark, sondern eben auch wirklich die ganze Welt beziehen würde. Eine Idee, die ich ungemein spannend fand: Wie – wenn überhaupt – könnte eine Koexistenz zwischen Menschen und Dinosauriern aussehen? Eine Frage, der sich "Ein neues Zeitalter" leider viel zu sporadisch und oberflächlich widmet. Wie die Dinos hier generell teilweise zur Randnotiz verkommen, gegenüber den Machenschaften von Biosyn, der Rettung von Maisie Lockwood, sowie der Plage genetisch gezüchteter Heuschrecken. Erschwerend kommt hinzu, dass die beiden rund um die "Jurassic"-Generationen angesiedelten Plots voneinander weitgehend unabhängig sind, und erst am Ende (und auch das eher zufällig) zusammenlaufen. Das mit Owens Handbewegung ist mittlerweile auch mehr Running Gag als ehrfurchtgebietend. Und vor allem im Mittelteil fand ich "Ein neues Zeitalter" sehr lahm, und fast schon anstrengend; das hatte mehr von einem Actionfilm à la Bourne oder Bond, statt von "Jurassic Park/World". Und so kommt es schließlich zum kuriosen Fall, dass just jener Teil, der am bekanntesten und gewöhnlichsten ist, nämlich das letzte Dritte, "Ein neues Zeitalter" für mich noch einmal herausreißt. Wäre alles davor besser gelungen, und hätte man insbesondere aus dem Konzept mehr gemacht, hätte ich diese Rückkehr in alte Muster vielleicht bedauert; so empfand ich es vielmehr als Erleichterung. Denn nachdem man davor leider überwiegend gescheitert ist, spannende neue Pfade zu betreten, konzentriert man sich hier auf das, was man am besten kann – und sorgt somit doch noch für einen halbwegs versöhnlichen Ausklang, sowohl des Films als auch der Trilogie. Wertung:5 von 10 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © 2022 Universal Pictures)
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