Psycho
Review zu Alfred Hitchcocks Horror-Klassiker Kategorie: Filme - Autor: Christian Siegel - Datum: Samstag, 02 Oktober 2021
 
Halloween-SPECiAL

 
Psycho
Originaltitel: Psycho
Produktionsland/jahr: USA 1960
Bewertung:
Studio/Verleih: Shamley Productions/Paramount Pictures/Paramount-Film
Regie: Alfred Hitchcock
Produzent: Alfred Hitchcock
Drehbuch: Joseph Stefano, nach dem Roman von Robert Bloch
Filmmusik: Bernard Herrmann
Kamera: John L. Russell
Schnitt: George Tomasini
Genre: Horror/Thriller
Kinostart Deutschland: 07. Oktober 1960 (BRD)
Kinostart USA: 08. September 1960
Laufzeit: 109 Minuten
Altersfreigabe: FSK ab 12
Trailer: YouTube (englisch)
Kaufen: Blu-Ray, DVD
Mit: Anthony Perkins, Janet Leigh, Vera Miles, John Gavin, Martin Balsam, John McIntire, Simon Oakland, Frank Albertson, Patricia Hitchcock, Vaughn Taylor u.a.


Kurzinhalt: Marion Crane hat ihre Mittagspause mit ihrem Liebhaber Sam Loomis verbracht. Sie würde ihre Beziehung gerne auf die nächste Ebene bringen, dieser wiegelt jedoch nicht zuletzt aufgrund seiner finanziellen Verpflichtungen – leistet er doch Unterhaltszahlungen an seine Ex-Frau – ab. Zurück im Büro, übergibt ein Kunde ihr auf einmal 40.000 Dollar. Ihr Chef weist sie an, diese zur Bank zu bringen. Marion wiederum bittet darum, aufgrund akuter Kopfschmerzen früher ins Wochenende gehen zu können – doch statt das Geld wie angeordnet in einem Safe in der Bank zu verstauen, packt sie vielmehr einen Koffer, setzt sich ins Auto, und fährt los. Als sie müde wird, stellt sie das Auto an den Straßenrand, wo sie dann schließlich von einem Polizisten aufgeweckt wird. Sie beschließt daraufhin, sich ein neues Auto zu kaufen, und setzt ihre Fahrt mit diesem fort. Dann jedoch wird es wieder dunkel, und sie beschließt, in einem Motel einzukehren. Dieses wird von einem etwas seltsam anmutenden jungen Mann namens Norman Bates betrieben, der unter der Fuchtel seiner Mutter zu stehen scheint. Kurz darauf verschwindet Marion spurlos. Ihre Schwester Lila, Sam Loomis, sowie der Privatdetektiv Milton Arbogast, der von ihrem Arbeitgeber angeheuert wurde, um Marion und das gestohlene Geld aufzuspüren, machen sich daran, ihr Verschwinden aufzuklären – was sie schließlich unweigerlich ebenfalls ins Bates Motel führt…

Review: Szenenbild. Über sechzig Jahre hat Alfred Hitchcocks Thriller-Klassiker mittlerweile auf dem Buckel – und in all der Zeit nichts an Faszination und Effektivität eingebüßt. Vor allem die erste Dreiviertelstunde ist und bleibt ein Meisterstück in Dramaturgie und Suspense. Nach einer Orts-, Datums- und Zeiteinblendung lernen wir die vermeintliche Hauptprotagonistin Marion Crane kennen. Die Post-Schäferstündchen-Unterhaltung macht dabei ihren Frust deutlich, und vermittelt uns somit kurz und knapp alles, was wir an Hintergrundwissen brauchen, um ihre kurz darauffolgende Affekthandlung verstehen zu können, als sie, statt das Geld wie angeordnet zur Bank zu bringen, vielmehr einen Koffer packt, um abzuhauen. Danach ist der Film erstmal von Marions Schuldgefühlen und ihrer daraus resultierenden Paranoia geprägt. In Voice Over-Einblendungen hören wir, welche Dialoge sich Marion zwischen ihrem Arbeitgeber, ihrer Schwester usw. vorstellt. Am nächsten Tag wird dann noch dazu ein Streifenpolizist auf sie aufmerksam. Zwar kann man darüber diskutieren, was es bringen soll, dass Auto unmittelbar vor dessen Augen zu wechseln, letztendlich zeigt die Szene aber nur Marions Ratlosigkeit und Verunsicherung.

Kurz darauf trifft sie dann schließlich im Bates-Motel ein, und der Film nähert sich seinem (frühen) Höhepunkt. Der Look der Bates-Residenz (weil das Motel ist ja eigentlich das Gebäude daneben) ist mindestens so ikonisch, wie Anthony Perkins grandiose und präzise Darstellung dieses eigentümlichen, sonderbaren und problemgebeutelten jungen Mannes. Die gemeinsamen Szenen zwischen Janet Leigh und Anthony Perkins sind jedenfalls absolut großartig. Doch gerade, als Marion sich dazu entscheidet, wieder zurückzufahren und das Geld zurückzugeben, kommt es zu einer der ikonischsten und zugleich besten Szenen der Filmgeschichte. Zwar ist genau genommen der gesamte Film großartig inszeniert (und sind die schwarz/weiß-Bilder auch heutzutage immer noch wunderschön anzuschauen), aber die Duschszene sticht diesbezüglich definitiv nochmal hervor, angefangen vom Staging, der Positionierung der Kamera, bis hin zum Schnitt. Einen wichtigen Aspekt verliert man dabei aber aus heutiger Sicht wohl aus den Augen: Denn damals als der Film in die Kinos kam, muss die frühe Ermordung der vermeintlichen Hauptprotagonistin ein noch viel größerer Schock gewesen sein (während man heutzutage selbst wenn man den Film noch nicht gesehen haben sollte diesbezüglich fast unweigerlich schon gespoilert sein dürfte). Eben dies ist einerseits einer der hervorstechendsten Aspekte des Films – führt jedoch zugleich zu einem seiner kleineren Probleme, da die Stunde danach an diese großartigen ersten 45 Minuten nicht mehr ganz anknüpfen kann. Klar ist das Katz- und Mausspiel zwischen Norman Bates und den anderen ebenfalls sehr interessant (wobei sich Bates leider einige ziemlich blöde Fehler leistet, angefangen dabei, das Schild nicht einzuschalten, bis hin zur angesichts des nicht angepassten Gästebuchs durchsichtigen Lüge, Marion nicht gesehen zu haben; hätte er einfach behauptet, sie sei dagewesen und am nächsten Morgen wieder abgefahren, wäre der Privatdetektiv wohl nie argwöhnisch geworden), aber eine ähnliche Spannung wie zuvor während Marions Flucht, geschweige denn ihren nachfolgenden Szenen mit Bates, will "Psycho" danach nicht mehr so ganz verströmen.

Szenenbild. Neben den schauspielerischen Leistungen (wie gesagt eben insbesondere von Anthony Perkins, aber auch Janet Leigh ist großartig, und der Rest ebenfalls ohne Makel) und der bereits hervorgehobenen Inszenierung von Alfred Hitchcock (der hier wieder einmal beweist, warum er damals als Meister des Suspense gegolten hat, von dem sich auch Jahrzehnte später immer noch viele Regisseure etwas abschauen könnten; bzw. dies natürlich teilweise auch tun) ist insbesondere noch der Score von Bernard Herrmann hervorzuheben. Seine eindringliche und denkwürdige Musik trägt enorm viel zur Atmosphäre des Films, und auch der Effektivität einzelner Momente (wie eben der legendären Duschszene), bei. Wobei "Psycho" produktionstechnisch generell auch über sechzig Jahre später immer noch begeistern kann. Vor allem die Umsetzung der Rückprojektionen, oder auch der Bilder im Rückspiegel, hatten es mir angetan. Viele Filme, die erst Jahre bis Jahrzehnte später entstanden sind, haben das deutlich schlechter und weniger überzeugend umgesetzt. Neben dem generellen leichten Rückgang nach dem Mord an Marion liegt es in erster Linie an der etwas zu ausgedehnten Erklärbär-Szene am Ende, dass "Psycho" denkbar knapp an der Höchstwertung vorbeischrammt. Womit ich jedoch seinen Status als wegweisendes Meisterwerk des Genres in keinster Weise in Abrede stellen will.

Fazit: "Psycho" ist ein großartiger Thriller des Regie-Altmeisters Alfred Hitchcock, der auch über sechzig Jahre später immer noch (fast) so gut funktioniert wie damals beim Release. Die wunderschönen schwarz/weiß-Bilder, Hitchcocks meisterlich-atmosphärische Inszenierung, Bernhard Herrmanns phänomenal-eindringlicher Score, die starken schauspielerischen Leistungen (insbesondere vom in der Rolle des unheimlich-verrückt-mörderischen Norman Bates überragenden Anthony Perkins), sowie unvergessliche Momente wie die Duschszene machen "Psycho" zu einem der besten Horror-Thriller aller Zeiten. Die zweite Hälfte mag dann zwar an den grandiosen ersten Teil rund um Marion Crane nicht mehr ganz anknüpfen können, und die Erklärung am Ende etwas zu ausführlich und damit langwierig sein. Dessen ungeachtet zählt "Psycho" allerdings ganz klar zu den großen Meisterwerken des Genres!

Wertung:9 von 10 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © 1960 Paramount Pictures)


Weiterführende Links:
Halloween-SPECiAL 2021





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