Dune |
Teil eins der bildgewaltigen Neuverfilmung
Kategorie:
Filme -
Autor: Christian Siegel - Datum:
Samstag, 18 September 2021 |
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Kurzinhalt: Arrakis. Dune. Der Wüstenplanet. Der einzige Ort in der Galaxis, wo Spice vorkommt, jenes bewusstseinserweiternde Gewürz, ohne dass interstellare Reisen nicht möglich wären. Nachdem Arrakis nun jahrzehntelang in der Hand der brutalen Harkonnen lag, wird die Verantwortung über die Spice-Ernte nun Haus Atreides übertragen. Eine Falle des Imperators Shaddam IV., um Herzog Leto Atreides, auszuschalten – sieht er doch in dessen Beliebtheit eine Bedrohung für seinen Thron. Leto ist sich der Gefahren bewusst, doch der Befehl des Imperators lässt ihm keine andere Wahl, als sehenden Auges in die Falle zu tappen. Er hofft, sich mit den indigenen Fremen verbünden und so Shaddam IV. stürzen zu können. Dann jedoch schlägt Baron Harkonnen, in Verbindung mit den Sardaukar – den Elitetruppen des Imperators – früher zu als erwartet. Doch der Plan des finsteren Barons geht nicht zur Gänze auf, denn Letos Sohn Paul – der seit geraumer Zeit von Träumen von Dune, und insbesondere einer jungen, hübschen Fremen-Frau geplagt wird – und dessen Mutter Jessica – eine Hexe des Bene-Gesserit-Ordens, und Letos Konkubine – gelingt die Flucht. Gestrandet in der weiten und lebensfeindlichen Wüste von Arrakis, liegt ihre einzige Hoffnung darin, die Fremen zu erreichen, ehe die feindlichen Truppen sie einholen… Review: ![]() Nun tritt mit Denis Villeneuve einer der profiliertesten Regisseure unserer Zeit an, um diese Einschätzung Lügen zu strafen. Zuletzt zunehmend zum Genre-Darling avanciert, ist meine eigene Vergangenheit mit seinem Werk nicht ganz unproblematisch. "Incendies" (der erste Film, den ich von ihm kenne) war in der Tat ein starker Film/Thriller. Mit dem vielgelobten "Prisoners" tat ich mir hingegen überaus schwer; und mit dem mittlerweile auch durchaus Kultstatus genießenden "Enemy" konnte ich überhaupt gleich gar nichts anfangen (wobei es sich eventuell lohnen könnte, dem nochmal eine Chance zu geben). Erst beginnend mit "Sicario" gelang es ihm dann wieder, mich für sich zu gewinnen, der war nämlich wirklich klasse. In erster Linie ist ihm aber mit "Arrival" ein moderndes Genre-Meisterwerk gelungen, das ich immer noch zu den allerbesten Filmen der vorherigen Dekade halte. Mit "Blade Runner 2049" hat er dann bereits das erste Mal im Genre scheinbar unmögliches geschafft, nämlich ein wenn auch in meinen Augen nicht gleichwertiges, so doch zumindest würdiges Sequel zu Ridley Scotts Kultfilm zu erschaffen. Danach traute ich ihm so ziemlich alles zu – und in der Tat legt er mit "Dune" die wohl ultimative Version von Frank Herberts durchaus sperrigen Stoff (böse Zungen – zu denen ich mich, wie nachzulesen ist, nicht zähle – würden behaupten, der Roman ist so trocken wie die Wüste von Arrakis) vor. Hoch anzurechnen ist ihm dabei, dass ihm dies gelingt, ohne der Geschichte an Komplexität zu rauben. Natürlich muss man im Film auf die teils ausufernden philosophischen Diskussionen aus dem Roman verzichten (und, ganz ehrlich, gerade auch bei der gefühlt 100 Seiten langen Dinner-Konversation halte ich das für keinen großen Verlust). Dennoch erwartet einen hier ein großes und teils durchaus komplexes Universum mit unterschiedlichsten Gruppierungen, Motivationen, und Mythen (wobei letztere, sehr zu meinem Gefallen, immer eine wissenschaftliche Grundlage haben, sei es der "gezüchtete" Auserwählte, oder auch die von den Bene Gesserit verbreitete Prophezeiung unter den Fremen). ![]() Beeindruckt war ich dabei nicht von der Kameraarbeit und/oder der Bildkomposition, sondern auch vom Design. Man kann Lynchs Film ja viel vorwerfen, aber was allgemein – auch von mir – uneingeschränkt gelobt wurde, war die Design-Arbeit. Ausstattung, Kostüme, Sets, Modelle – alles ikonisch, und mit Abstand der beste Bestandteil des Films. Insofern hätte ich es (eventuell auch beeinflusst von der heillos unterlegenen Leistung diesbezüglich bei der SyFy-Miniserie) nicht für möglich gehalten, dass es Villeneuve und seinem Design-Team gelingen würde, hier bei der Neuadaption noch einmal eins draufzusetzen; doch genau das haben sie getan. Ok, vielleicht nicht unbedingt bei den Kostümen. Und die Sets sind teilweise auch etwas schlicht (wenn auch riesig). Aber die Sandwürmer, die Ornithopter, die Requisiten und insbesondere die Raumschiffe hatten es mir enorm angetan. Unterstützt wird die bestechende Optik dann von einem stimmungsvollen und wie die Faust aufs Auge passenden Score von Hans Zimmer. Dass die Musik in einzelnen Stellen etwas zu laut ist, und die Dialoge fast zu übertönen droht (was an einige der letzten – auch von ihm vertonten – Filme von Christopher Nolan erinnert) ist nicht ihm anzulasten, sondern der Tonmischung, die tatsächlich da und dort etwas ausgewogener hätte sein können, insgesamt aber ebenfalls sehr präzise und überzeugend gestaltet ist (und u.a. bei der Anwendung der Stimme positiv hervorsticht). Die letzte wesentliche Stärke liegt dann in der Besetzung. Ich konnte zugegebenermaßen bislang den Griss um Timothée Chalamet nicht ganz nachvollziehen, hier allerdings begeistert er mit einer nuancierten Performance, und gelingt es ihm letztendlich überraschend leicht, den Film als Hauptprotagonist zu tragen. Neben ihm ist es vor allem noch Rebecca Ferguson, die mit einer ungemein engagierten und gefühlvollen Performance beeindruckt. Aber auch der ohnehin immer verlässliche Oscar Isaac, der wieder einmal sehr charmante und charismatische Jason Momoa, die bezaubernde Zendaya, ein beeindruckend korpulent hergerichteter Stellan Skarsgard, sowie die von Javier Bardem über Josh Brolin, Dave Bautista, Chen Chang, Sharon Duncan-Brewster und David Dastmalchian bis hin zu Charlotte Rampling reichende Riege an NebendarstellerInnen, gibt sich in Villeneuves SF-Epos keine Blöße. ![]() Fazit: "Dune" ist zweifellos das Kinoereignis des Jahres (das traue ich mich heute schon zu sagen, selbst wenn wir erst Mitte September haben) und gewinnt zugegebenermaßen durch die lange, corona-bedingt leider erforderliche Kino-Pause an zusätzlichen Event-Charakter. Ein besseres Argument, warum Kino nach wie vor essentieller Bestandteil unserer Kultur und des Lebens ist, als Denis Villeneuves bildgewaltige Adaption von Frank Herberts "Dune", hätte sich wohl nicht finden lassen. Ihm gelingt hier, dem vermeintlich unverfilmbaren (und bei aller Liebe zugegebenermaßen doch eher sperrig-trockenen Stoff) Roman gerecht zu werden, und schafft (vermeintlich/hoffentlich) den Spagat zwischen Vorlagentreue und Zugänglichkeit. Getragen von perfekt gecasteten und durchwegs motivierten DarstellerInnen, einem stimmungsvollen und perfekt mit den Bildern verschmelzenden Score von Hans Zimmer, grandiosen Designs und Landschaftsaufnahmen, insbesondere aber der bereits erwähnten Bilderpracht, die mich teilweise fast in einen rauschartigen Zustand versetzte, hat Denis Villeneuve mit "Dune" ein moderndes Science Fiction-Epos erschaffen – oder zumindest, vorerst, ein halbes. Denn genau das ist der eine große Knackpunkt an "Dune": Er setzt erstmal nur rund 60% der Vorlage um, was nicht nur dafür sorgt, dass der Film inhaltlich hier doch noch eher ins nichts führt, sondern uns vor allem auch dem (gar nicht so geringen, halte ich den Stoff doch selbst in Villeneuves Adaption für nur bedingt massentauglich) Risiko aussetzt, dass uns "Dune" mit diesem offenen und doch eher unbefriedigenden ende/Abbruch zurücklassen wird. Dafür gibt es vorerst – bis zur Bestätigung von Teil zwei – noch einen Punkt Strafabzug. Trotz dieses nicht unerheblichen Mankos ist Denis Villeneuves Neuverfilmung von "Dune" ein fantastisches SF-Epos, welches man unbedingt auf einer so großen Leinwand wie möglich erleben sollte. Wertung: 8 von 10 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © 2021 Warner Bros.)
Weiterführende Links: Review zu "Dune" (Roman) Review zu "Dune" (David Lynch) Review zu "Jodorowsky's Dune"
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