What Keeps You Alive
Interessante Idee, dürftige Umsetzung Kategorie: Filme - Autor: Christian Siegel - Datum: Dienstag, 09 Oktober 2018
 
Halloween-SPECiAL

 
What Keeps You Alive
Originaltitel: What Keeps You Alive
Produktionsland/jahr: Kanada 2018
Bewertung:
Studio/Verleih: Digital Interference Productions/IFC Midnight
Regie: Colin Minihan
Produzenten: U.a. Chris Ball, Kurtis David Harder, Ben Knechtel & Colin Minihan
Drehbuch: Colin Minihan
Filmmusik: Brittany Allen
Kamera: David Schuurman
Schnitt: n.b.
Genre: Horror/Thriller
Kinostart Deutschland: noch nicht bekannt
Kinostart USA: 24. August 2018
Laufzeit: 98 Minuten
Altersfreigabe: noch nicht geprüft
Trailer: YouTube
Kaufen: Noch nicht verfügbar
Mit: Hannah Emily Anderson, Brittany Allen, Martha MacIsaac, Joey Klein u.a.


Kurzinhalt: Ein frisch verheiratetes, lesbisches Pärchen zieht sich in jenes abgelegene Haus im Wald zurück, in dem Jackie aufgewachsen ist. Schon bald beschleicht Jules aufgrund des Verhaltens ihrer Frau ein zunehmend schlechtes Gefühl. Auch, dass eine alte Jugendfreundin sie mit einem ganz anderen Namen anspricht, kommt ihr seltsam vor. Und doch ist sie auf den Angriff, als er dann plötzlich und unerwartet erfolgt, nicht vorbereitet. Die vermeintliche Liebe ihres Lebens stellt sich als waschechte Soziopathin heraus – und aus den vermeintlich romantischen Flitterwochen wird ein bitterer Kampf auf Leben und Tod…

Spoiler-Warnung! Ich fürchte, auch bei "What Keeps You Alive" werde ich wieder einmal nicht ohne Spoiler auskommen, da eben gerade in der weiteren Entwicklung des Films all jene Dinge versteckt sind, die mir sauer aufstießen. Wer den Film noch nicht kennt und sich nicht spoilern will, sollte sich daher nur aufs Fazit beschränken.

Review: Szenenbild. Bereits die erste Einstellung verhieß nichts Gutes, mit dem langsamen Einblenden in den Blick hinauf in Baumkronen. Wie oft hat man sowas schon gesehen? Danach schien sich "What Keeps You Alive" aber kurzzeitig zu erholen. Die erste, lange Kamerafahrt durchs Haus war ein Hammer. Das Setup fand ich ebenfalls vielversprechend, mit dem lesbischen Pärchen, das sich in das abgelegene Häuschen zurückzieht, und mit dem zunehmend seltsamen bis beunruhigenden Verhalten von Jackie. Ihr apathischer Blick auf den See, der Song mit dem creepy Text, die Tatsache, dass eine alte Freundin sie mit einem ganz anderen Namen anspricht… hier spielt der Film sehr nett mit der Frage, wie gut wir selbst jene Menschen, die wir lieben, jemals wirklich kennen können – und der Angst, dass sie irgendein schreckliches Geheimnis vor uns verbergen könnten. Trotz dieser Warnsignale kommt der Angriff von Jackie – vor allem auch, weil alles so plötzlich und schnell geschieht – dann doch ziemlich unerwartet. Das war ein toller, effektiver WTF-Moment. Und auch unmittelbar danach vermochte mich der Film zu überzeugen, mit der Jagd durch den Wald, Jules erschreckender Erkenntnis, dass sie eine Soziopathin geheiratet hat, dem Wettrennen über den See… bis hin zum Dinner, wo Colin Minihan die Spannungsschraube sehr gut anzieht.

Danach fiel der Film aber leider, abseits einzelner netter Momente (wie dem Schwarzlicht) zunehmend in sich zusammen. Einer der Hauptgründe war dabei für mich, dass ich schon bald Jackie anzufeuern begann, da sie einfach die wesentlich spannendere und interessantere Figur war. Ihr Schock und ihre generell eher passiv-pazifistische Natur in allen Ehren, aber Jules war mir mit der Zeit doch etwas zu schwach, hilflos, unterwürfig, naiv und teilweise sogar richtiggehend dämlich. Was Letzteres betrifft, stach für mich vor allem ein Moment hervor, der mich an den Rand der Verzweiflung trieb: Den ganzen Film über zeigt uns Minihan in bester "Chekov's gun"-Manier immer wieder das Gewehr an der Wand. Dann, wenn Jules allein ist, während Jackie sich darauf vorbereitet, ihren Plan in die Tat umzusetzen, fällt ihr Blick auf die Wand, und ich dachte schon: Endlich! Doch halt! Denn Jules schaut in Wahrheit gar nicht auf das Gewehr, sondern vielmehr den Bärenkopf darüber, von dem dahinter eine kleine Schatulle hervorblitzt. Schon klar, diese bzw. deren Inhalt ist in der Situation natürlich viel wichtiger, als sich eine Waffe zu schnappen! Aber selbst daraus hätte sich noch etwas machen lassen. Dann nämlich, wenn Jules eingesehen hätte, dass sie wenn sie offen gegen Jackie kämpft chancenlos ist, und die Medaillons eingesteckt hätte – in der Hoffnung, dass die Polizei dann misstrauisch wird und all die Todesfälle genauer zu untersuchen beginnt. So hätte sie quasi aus dem Grab noch an ihr Rache nehmen können. Aber nein! Stattdessen gelingt es ihr zwar tatsächlich, Jackie auszutricksen und zu überwältigen, doch statt die Gelegenheit zu nutzen und sie einfach zu ermorden fahren wir lieber mal drauflos. Nur um dann, weil sie eine Krähe sieht ("Kra! Kra!"), wieder zurückzukehren – nur ist die Chance mittlerweile natürlich vertan und Jackie verschwunden. Was danach entbrennt, war ein absolut nerviger Showdown, neuerlich gespickt mit vielen schlechten und frustrierenden Entscheidungen, sowie saublöden Einfällen wie dem Bären, sowie dem (dermaßen vorhersehbaren) allerletzten Aufatmen – bis ich als der Abspann über die Kinoleinwand zu Flimmern begann einfach nur mehr froh war, dass es vorbei ist. Schade drum!

Fazit: Szenenbild. Das Setup fand ich eigentlich sehr vielversprechend, und in der ersten Viertelstunde spielt man noch auf nette und gelungene Art und Weise mit der Frage, wie genau wir selbst einen geliebten Menschen denn eigentlich je kennen könnten -und der Angst, dass wir uns in ihm oder ihr vielleicht täuschen. Die schauspielerischen Leistungen wissen ebenfalls überwiegend zu gefallen, wobei vor allem Brittany Allen hervorsticht. Und vor allem in der ersten Hälfte zieht Minihan in einzelnen Szenen die Spannungsschraube noch sehr effektiv an. Was jedoch in der zweiten Hälfte dann entbrannte, war eine Ansammlung idiotischer Entscheidungen, die mich stellenweise zur Weißglut trieben. Es hilft auch nicht, dass ich trotz ihres soziopathischen Verhaltens mit Jackie letztendlich weitaus mehr anfangen konnte – und daher auch eher auf ihrer Seite stand – als mit der für meinen Geschmack viel zu sanftmütigen Jules. Und zum Ende hin schleichen sich dann auch noch einige richtiggehend unfreiwillig komische Momente ein. Und so wurde, was eigentlich noch recht vielversprechend begann, letztendlich zu einem ziemlich frustrierenden Erlebnis, das mich das Facepalmen wesentlich öfter lehrte als das Fürchten.

Wertung:4 von 10 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © 2018 IFC Midnight)


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Weiterführende Links:
Halloween-SPECiAL 2018





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