Die Verlegerin |
Spielbergs Plädoyer für den Printjournalismus
Kategorie:
Filme -
Autor: C. Siegel | M. Spieler - Datum:
Mittwoch, 28 Februar 2018 |
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Kurzinhalt: Nach dem Tod ihres Mannes hat Kay Graham den Posten als Verlegerin der Washington Post übernommen. Als Frau in Führungsposition vom Vorstand belächelt und auch von ihren Untergebenen teilweise nicht ernst genommen, tut sie ihr Bestes, um in dieser Männerdomäne zu bestehen. Just während des Börsengangs des Unternehmens wird sie dann schließlich mit einer wichtigen Frage konfrontiert, welche den Fortbestand der Washington Post bedrohen könnte. Einem ehemaligen Reporter ist es gelungen, Geheimpapiere aus dem Pentagon an sich zu nehmen. Es handelt sich um eine Studie über die von den USA seit dem zweiten Weltkrieg geführten Kriege, und offenbart unter anderem, dass Schlüsselpersonen innerhalb der Administration bereits vor Jahren wussten, dass der Krieg in Vietnam nicht zu gewinnen ist. Als die New York Times erste Teile des Berichts abdruckt, bringt die Regierung eine Unterlassungsklage vor Gericht ein, da es sich um streng geheime Papiere und damit Landesverrat handeln würde. Ben Bagdikian von der Post gelingt es dann schließlich, die Quelle ebenfalls ausfindig zu machen und große Teile der Dokumente an sich zu bringen. Nun müssen der Chefredakteur Ben Bradlee und Kay Graham entscheiden, ob man die sogenannten "Pentagon Papers" trotz der ausständigen Klage gegen die New York Times veröffentlichen soll… Review von Christian Siegel: ![]() Der zweite Schwerpunkt des Films liegt bei Kay Graham, die sich Anfang der 70er – und damit in einer Zeit, wo Frauen an der Führungsspitze noch die absolute Ausnahme waren (was sie jedoch bedauerlicherweise heute genau genommen eigentlich immer noch sind). Vor allem zu Beginn tut sich Graham sehr schwer, sich in dieser Männerdomäne durchzusetzen, und ernst genommen zu werden. Ihre ersten Versuche sich zu Wort zu melden sind derart von Verunsicherung geprägt, dass es als Zuschauer fast schon schmerzhaft ist, ihr dabei zuzusehen. Der Film macht dabei deutlich, welche Auswirkungen aufs eigene Selbstbild und -bewusstsein es hat, wenn einen das Umfeld bei jeder Gelegenheit zu verstehen gibt, dass man als unwürdig/minderwertig/unfähig und so weiter betrachtet wird. Die Krise rund um die Pentagon-Papers zwingt Kay Graham jedoch dazu, ihrer Frau zu stehen, und nicht nur den Mut zu finden, trotz aller Risiken die für das Land richtige Entscheidung zu treffen, sondern sich gegenüber den ihr von diesem Kurs abratenden Männern durchzusetzen. Eben diese Entwicklung stellt Meryl Streep sehr überzeugend dar, weshalb ich ihre mittlerweile 21. Oscar-Nominierung auch für voll und ganz gerechtfertigt halte. Auch Tom Hanks zeigt eine gute Leistung. Und Steven Spielbergs Regie ist so hochkarätig und stilvoll wie immer. Die ganz großen Spannungsmomente vermisst man diesmal zwar, aber sowohl die vom beständigen Klappern der Schreibmaschinen geprägte Geräuschkulisse in der Redaktion sowie die Art und Weise, wie er die Druckerpresse zelebriert (fast wie der Einsatz eines Superhelden), stechen hervor, und machen seine Absicht hinter "Die Verlegerin" deutlich. Und John Williams trägt mit seinem schönen (wenn auch kurzen) Score ebenfalls wieder seinen Teil zum Erfolg bei. Die erste Stunde hat mich "Die Verlegerin" zwar noch nicht so richtig gepackt, und im direkten Vergleich fand ich "Spotlight", wohl nicht zuletzt auch wegen der Thematik, noch eine Spur prägnanter und aussagekräftiger. Fazit: ![]() Wertung:7 von 10 Punkten
Christian Siegel
Review von Michael Spieler: "Die Verlegerin" erinnert uns daran, dass es Whistleblower und widerliche Staatsgeheimnisse nicht erst seit Edward Snowden gibt, sondern mit den "Pentagon Papers, wie die geheime Studie bald heißen wird, die freie Presse schon einmal einer Zerreißprobe ausgesetzt war. Öffentliches Interesse, Nationale Sicherheit, Pressefreiheit - diese Drei stehen ständig im Konflikt miteinander und am Beispiel der Pentagon Papers – es hätte auch Watergate sein können – arbeitet sich "The Post", oder zu deutsch "Die Verlegerin", ab. Dabei geht es nicht einzig und allein um die große Lüge gegenüber der US-Bevölkerung, bezüglich der Gewinnbarkeit des Vietnam-Krieges, die vier gewählte Präsidenten aufrecht erhalten haben, bis sie unter Nixon in sich zusammenfiel. Es geht auch um eine Frau, die eine Bürde tragen muss, auf die sie nie vorbereitet worden war. Kay Graham (Meryl Streep) muss nach dem Tod ihres Mannes die Geschäfte der Washington Post übernehmen und gleichzeitig ihre Beziehung zu alten Freunden in hohen Ämtern, gegen die Angestellten ihres Verlages aufwiegen. Als Chefredakteur Ben Bradlee (Tom Hanks) von der großen Schlagzeile der Times erfährt, setzt er alles daran, die Pentagon Papers auch zu veröffentlichen und Kay trifft die wohl wichtigste Entscheidung ihres Lebens. Hätte der oberste Gerichtshof nicht für die Times und die Post gestimmt, hätten alle wegen Geheimnisverrates ins Gefängnis gehen können. ![]() Von "Die Verlegerin" kann man, denke ich, viel lernen und sich unterhalten lassen. Ich war im Kino jedenfalls jede Minute wie gebannt und die Spannung war hoch. Natürlich sind die Rollen alle hervorragend besetzt. Die Hauptrollen waren wie geschrieben für Streep und Hanks, die für mich als absolute Gegenpole starten, nur um sich plötzlich - durch die Umstände - auf die selbe Seite zu schlagen. Die 70er sind durch hervorragendes Setdesign und Kostümbild zum Leben erweckt worden. Schon dieser geschäftige Redaktionsraum, oder die ratternde Maschinerie von Setzer bis Druckerpresse, rühren natürlich ordentlich in Nostalgie. Trotzdem geht es eher darum überhaupt zu veröffentlichen, egal wie und mit welchen Mitteln. Der Rest der Besetzung kann sich auch sehen lassen. Hervor stechen (weil mir bekannt) Bob Odenkirk, Bruce Greenwood & Matthew Rhys. Lustigerweise ist es der dritte Film in kurzer Zeit, in dem Michael Stuhlbarg mitspielt (hier als Besitzer der Times) und alle drei sind für Oscars nominiert. Er ist neben "Die Verlegerin", sowohl in "Shape of Water" (als Dr. Robert Hoffstetler), als auch im kommenden Drama "Call Me by Your Name" (als Mr. Perlman) zu sehen, aber selbst nie nominiert. Fazit: "Die Verlegerin" ist ein hervorragender, wenn auch wenig zufälliger Film über einen Eckpfeiler der Demokratie und ein Gespann an der Spitze einer Zeitung, die mit der Bedeutungslosigkeit kämpft. Ich konnte mich dafür erwärmen und gute politische Thriller sind jetzt auch nicht alltäglich. Er ist wesentlich besser als "Shape of Water", gehört schon jetzt zu den besten Filmen diesen Jahres für mich und ist daher eine klare Empfehlung. Wertung:9 von 10 Punkten
Michael Spieler
(Bilder © 2017 Universal Pictures International)
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