Solaris
Steven Soderbergs Adaption des SF-Romans Kategorie: Filme - Autor: Christian Siegel - Datum: Samstag, 23 Dezember 2017
 
Advents-SPECiAL

 
Solaris
Originaltitel: Solaris
Produktionsland/jahr: USA 2002
Bewertung:
Studio/Verleih: Lightstorm Entertainment/20th Century Fox
Regie: Steven Soderbergh
Produzenten: U.a. James Cameron, Jon Landau & Rae Sanchini
Drehbuch: Steven Soderbergh , nach dem Roman von Stanislaw Lem
Filmmusik: Cliff Martinez
Kamera: Steven Soderbergh
Schnitt: Steven Soderbergh
Genre: Science Fiction
Kinostart Deutschland: 06. März 2003
Kinostart Russlland: 27. November 2002
Laufzeit: 99 Minuten
Altersfreigabe: FSK ab 12
Trailer: YouTube
Kaufen: Blu-Ray, DVD
Mit: George Clooney, Natasha McElhone, Jeremy Davies, Viola Davis, Ulrich Tulkur u.a.


Kurzinhalt: Die Berichte der den außerirdischen Planeten Solaris umkreisenden und erforschenden Raumstation lassen die russische Raumfahrtbehörde befürchten, dass die dort stationierten Astronauten den Verstand verloren haben. Man schickt deshalb den Psychologen Kris Kelvin in einem Raumschiff los, um sie zu untersuchen und zu behandeln, und in weiterer Folge auch auf die Erde zurückzubringen. Nur kurz nach seiner Ankunft auf der Station erfährt Kelvin die mysteriösen Vorkommnisse, die sich an Bord zutragen, am eigenen Leib: So steht plötzlich seine Frau Khari vor ihm. Nun wäre dies für sich genommen schon seltsam genug. Besonders erschreckend daran ist jedoch, dass diese vor zehn Jahren verstorben ist. Zusammen mit den anderen Astronauten versucht Kelvin daraufhin das Geheimnis des Planeten Solaris zu ergründen…

Review: Szenenbild. Als ich "Solaris" damals im Kino gesehen habe, kannte ich noch weder den Roman von Stanislaw Lem noch die erste Filmadaption von Andrei Tarkovsky. Beides mag sich zwar mittlerweile geändert haben – nicht jedoch meine wohlwollende Haltung zum Film. Wie in meinem Review zum Original-"Solaris" besprochen hatte ich mit Tarkovskys Interpretation doch so meine Probleme. In erster Linie war sie viel zu lang, und mir persönlich auch zu abgehoben-philosophisch. Steven Soderbergh ging in seiner Version der Geschichte nun den genau gegenteiligen Weg, und beweist damit auch, dass nicht jedes US-Remake eines fremdsprachigen Stoffes automatisch sinnlos sein muss, unterscheidet sich sein Zugang doch maßgeblich von jenem seines russischen Vorgängers. Nun verstehe ich einerseits voll und ganz, wenn einem Soderberghs Interpretation zu gefühlsduselig ist, und steht andererseits außer Streit, dass Tarkovskys Adaption ohne jeden Zweifel der intellektuellere der beiden Filme ist. Doch zumindest für mich ist er deswegen nicht auch zugleich der bessere. Denn Soderberghs stärker auf die Emotionen sämtlicher Figuren – insbesondere von Chris und Rheya – setzende Version hat mich letztendlich deutlich mehr angesprochen, als es Tarkovskys intellektueller Fingerübung gelang.

Was jedoch nicht heißen soll, dass "Solaris" kein anspruchsvoller Film wäre. Der langsame Aufbau und die ruhige und stilvolle Inszenierung, die weniger auf eine Handlung als vielmehr auf eine stimmungsvolle Atmosphäre setzt, erinnern an "2001", und verstehen sich klar als Gegenentwurf zum bombastischen Science Fiction-Popcorn-Kino, das um die Jahrtausendwende die Kinoleinwand dominierte. Soderbergh mag stärker auf Gefühle setzen, vernachlässigt deshalb jedoch das Hirn noch lange nicht, und präsentiert einige Momente und Ideen, die zum Nachdenken anregen. Auch die philosophischen Aspekte sowohl der Vorlage als auch des Tarkovsky-Films werden nicht gänzlich ausgespart. Vor allem Rheyas Figur lädt zum Diskutieren ein, gerade auch im Hinblick auf die eigene Identität. Ist sie denn wirklich eine Person, ist sie sie selbst, ist sie so, wie Rheya wirklich war – oder ist sie nur das, an das sich Chris erinnert? Eben darin steckt dann jedoch zugleich mein größter Kritikpunkt, denn so Szenen wie der Schwangerschaftstest (an den sich Chris nicht erinnern kann, weil er ja nicht dabei war) geben darauf eine klare Antwort, die mir auch insofern nicht unbedingt gefällt, da es sehr metaphysisch ist, und fast schon in die Richtung eines intelligenten Designs geht. Ich kanns im Kontext eines Films akzeptieren, grundsätzlich liegt es mir aber weniger, und hätte ich deshalb wohl auch vorgezogen, wenn man diese Frage offener gelassen hätte. Davon abgesehen war jedoch alles rund um Rheya und Chris fantastisch, und das Herzstück des Films – wobei die Figuren vor allem auch dadurch, dass ihre Vorgeschichte in Rückblenden aufgerollt wird, eine Charaktertiefe erhalten, die ich persönlich in Tarkovskys Fassung vermisste. Diesem ist Soderberghs Version auch den viel rascheren Aufbau voraus. Wo der 1972er-Film viel zu viel Laufzeit auf einen ewig langen und in dieser Ausführlichkeit gänzlich unnötigen Prolog mit viel zu vielen sinnlosen (und sinnlos langen) Szenen verschwendet, ist Chris im Solaris 2002 bereits nach weniger als zehn Minuten an Bord der Raumstation. Nett fand ich zudem die Art und Weise, wie der erste Besuch von Rheya verläuft. Und auch wenn man darüber diskutieren kann, ob der Film unbedingt einen Twist brauchte (ein Stilmittel, dass nach "The Sixth Sense" ja generell etwas zu inflationär eingesetzt wurde), so fand ich ihn wenigstens nett gemacht und gut umgesetzt. Und auch das Ende hat mir hier wesentlich besser gefallen als in der Tarkovsky-Version. Das ergab für mich halt einfach mehr Sinn, und war auch emotional befriedigender.

Szenenbild. Die Effekte sehen auch 15 Jahre später immer noch phantastisch aus, und kommen vor allem auf der heurigen Blu-Ray-Veröffentlichung sehr schön zur Geltung. Da sind schon einige wirklich wunderschöne Bilder darunter, die sich für Weltraum-Aficionados auch als Wallpaper anbieten. Auch der abwechselnd gefühlvoll-ätherische Soundtrack von Cliff Martinez, der sich teilweise richtiggehend an die Bilder anzuschmiegen scheint, und die Stimmung des jeweiligen Moments immer perfekt unterstützt, wertet den Film auf. Und auch die schauspielerischen Leistungen können sich sehen lassen. George Clooney verleiht dem Film nicht nur den nötigen Star-Faktor, sondern überzeugt mit einer emotionalen Performance, während Natasha McElhone ihrer Rheya genau die richtige Mischung aus Kühlheit, Ambivalenz und Verletzlichkeit verleiht. Viola Davis holt aus einer Figur, der Soderbergh nicht unbedingt viel Beachtung schenkt, das Optimum heraus, und vor allem auch Jeremy Davies spielt seine leicht entrückte Figur (mit der er sich wohl auch für Dr. Faraday in "Lost" bewarb) phantastisch. An den Kinokassen mag "Solaris" gefloppt sein, für mich persönlich zählt er jedoch zu den Science Fiction-Highlights des Jahres 2002.

Fazit: Man kann zu den beiden Adaptionen von Stanislaw Lems SF-Roman ja stehen wie man will, aber im Vergleich zu einigen anderen US-Remakes fremdsprachiger Stoffe ist "Solaris" definitiv kein sinnloses und überflüssiges Remake. Dafür sind die Zugänge, die Tarkovsky und Soderbergh wählen, einfach zu unterschiedlich. Die alte Fassung mag dabei unbestritten der intellektuellere Film sein, trotzdem halte ich persönlich die Neuadaption für den besseren. Soderbergh versteht es, die Geschichte auf eine deutlich kürzere Laufzeit herunterzukomprimieren, ohne dabei durch die Handlung durchzuhetzen oder ein seelenloses Spektakel daraus zu machen. Auch seine Version ist immer noch ein sehr langsamer Film, der weniger auf eine Story als auf Atmosphäre setzt – wobei er auch die philosophischen Aspekte der Vorlage nicht ausspart. Jedenfalls kippe ich jedes Mal aufs Neue in die wunderschöne Stimmung des Films hinein, und nimmt mich dieser auf eine Art und Weise gefangen, wie es dem "Original" leider nie gelang. Vor allem aber schaffte es der 2002er-"Solaris" im Gegensatz zu Tarkovskys Interpretation, mich nicht nur zum Nachdenken anzuregen, sondern vor allem auch, mich emotional zu berühren. Leichte Kost ist allerdings auch die Neuverfilmung nicht, und dem einen oder anderen mag es fast schon zu gefühlsduselig sein. Mich hingegen nahm "Solaris" (2002) auch bei der Zweitsichtung wieder mit der ansprechend erzählten Geschichte rund um Trauer, Verlust, Schuld, Sühne und Wiedergutmachung, den wundervollen Bildern, der stilvollen Inszenierung, den tollen schauspielerischen Leistungen, dem gefühlvollen Soundtrack, einigen emotionalen Momenten sowie insbesondere seiner schönen Stimmung in den Bann zu ziehen.

Wertung:8 von 10 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © 2002 20th Century Fox)


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