Spotlight |
Fesselndes Journalisten-Drama mit Starbesetzung
Kategorie:
Filme -
Autor: C. Siegel | M. Spieler - Datum:
Donnerstag, 25 Februar 2016 |
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Kurzinhalt: Im Juli 2001 erhält der Boston Globe in Marty Baron einen neuen Chef. Als eine seiner ersten Maßnahmen trifft er sich mit Walter "Robby" Robinson, der unter der Artikelserie "Spotlight" ein Team an investigativen Journalisten leitet, die sich für ihre Nachforschungen ausreichend Zeit nehmen, um dann mit ausführlichen Artikeln mit Schlagzeilen-Qualität an die Öffentlichkeit zu gehen. Als er erfährt, dass diese nach dem Abschluss ihres letzten Projekts nach einem neuen Thema suchen, dem sie sich widmen können, schlägt er die Missbrauchsvorwürfe vor, die gegen einige Priester in Boston die Runde machen. Aufgrund der hohen Stellung, welche die katholische Kirche in Boston genießt, widmet man sich dem Thema anfangs nur zögerlich – und stößt zudem fast überall auf eine Wand des Schweigens. Als es Robby und seinem Team dann schließlich gelingt, diese zu durchbrechen, stoßen sie auf einen weitreichenden Skandal, und decken auf, wie jahrzehntelanger Kindesmissbrauch durch katholische Priester in Boston systematisch vertuscht wurde… Review von Christian Siegel: ![]() Nun mag – bedauerlicherweise – die Tatsache, dass es innerhalb der katholischen Kirche in den letzten Jahrzehnten immer wieder zu Fällen von sexuellem Kindesmissbrauch gekommen ist, im Jahr 2016 kaum mehr eine neue Erkenntnis sein. Was mich jedoch bei "Spotlight" durchaus schockierte und mir erst durch diesen Film wieder so richtig ins Bewusstsein gebracht wurde, ist die systematische Vertuschung, die dahinter steht. Zu sehen, wie weitreichend sie ist, und dass sie auch über die katholische Kirche hinaus ihre Kreise an Leuten gezogen hatte, die darüber Bescheid wussten und teilweise sogar gut daran verdienten. Auch Offenbarungen wie das Rehabilitationsprogramm, oder auch, dass "erwischte" Priester nicht etwa irgendwohin verbannt, sondern vielmehr einfach in die nächste Gemeinde geschickt werden, wo sie sich das nächste Opfer aussuchen können, erzürnte mich. Auch auf die Auswirkungen dieser Offenbarungen auf gläubige Menschen, die aus der katholischen Kirche bislang viel Trost in ihrem Leben bezogen, wird nicht vergessen. Und – angesichts des ansonsten sehr positiven Tons gegenüber Journalisten und den Printmedien für mich durchaus überraschend, zugleich jedoch nur umso lobenswerter – auch die Medien werden in die Pflicht genommen. So wird erwähnt, dass die Redaktion des Boston Globe schon früher von den Vorwürfen gehört hat, damals jedoch nicht aktiv wurde. Hätte man damals bereits recherchiert und diesen systematischen Missbrauch ans Tageslicht gebracht – wie viele Opfer wären in weiterer Folge vielleicht verschont worden? Trotz dieser kritischen Untertöne, die immerhin dafür sorgen, dass das Spotlight-Team nicht zu unantastbaren Helden hochstilisiert werden, macht der Film aber auch deutlich, dass Robby und seinem Team für die hier geleistete Arbeit Dank und Anerkennung gebührt. ![]() Fazit: "Spotlight" ist ein wichtiger und gelungener Film, der sowohl die schockierende, jahrzehntelange Vertuschung von Fällen sexuellen Missbrauchs an Kindern innerhalb der katholischen Kirche als auch das Team an investigativen Journalisten des Boston Globe, welche diese dann schließlich aufdeckten, ins Rampenlicht stellt. Dies macht ihn in meinen Augen zu einem Pflichttermin für alle, die sich entweder für diese Thematik und/oder Journalismus interessieren. Getragen von einem hochkarätigen Ensemble, überzeugt "Spotlight" zudem mit seiner sowohl ausgewogenen als auch sachlichen Betrachtung des Skandals – und schaffte es abseits jedweden Pathos. erst recht, bei mir für Erschütterung und Entrüstung zu sorgen. Die Thriller-Aspekte sind dabei zu vernachlässigen; in erster Linie ist "Spotlight" ein ruhiges, stilles und weitgehend unaufgeregtes Journalisten-Drama, bei dem der "Schrecken" in erster Linie durch den Inhalt, und nicht durch die Inszenierung, entsteht. Wer sich eben damit abfindet, dem steht ein Film ins Haus, der die unfassbare Tragweite des Skandals greifbar macht. Wertung:8 von 10 Punkten
Christian Siegel
Review von Michael Spieler: ![]() Das Portrait der Spotlight-Redaktion des Boston Globe um die Jahrtausendwende ist rundum gelungen und lässt einen mit dem einen oder anderen Kloß im Hals zurück. Das Thema um Kindesmissbrauch durch Priester der katholischen Kirche, v.a. in sozialen Brennpunkten (so war es zumindest in der Erzdiözese Boston), ist natürlich bekannt und auch hierzulande wurden solche Fälle aufgedeckt, wie sich auch im Abspann von Spotlight lesen lässt. Andererseits zeigt es auch beeindruckend wie investigativer Journalismus wirklich funktioniert, sein sollte und wie ihn sich damals der Boston Globe leistete. Vier Journalisten, die sich ihre Themen selbst suchen und dann so lange wie nötig dafür recherchieren - eben auch mal über ein Jahr - gibt es sicher nicht mehr so häufig und wird von Lesern auch nur noch selten gewürdigt. Tief gehende Korruption, Skandale, Vertuschung - sowas kann man nicht in einen Tweet verpacken. Man kann nur hoffen, dass irgendwer irgendwo solche Journalisten noch fördert und ihnen den Spielraum lässt, um wirklich Entscheidendes zu berichten. Doch zurück zum Film. Tom McCarthy als Regisseur und Tom McArdle im Schnittraum schaffen es hier, ruhig aber bestimmt und in richtigen Dosen, die Arbeit des Teams, die Mauern gegen die sie laufen und die Funken von Informationspuzzleteilen, einzufangen und in eine sinnvolle Ordnung zu bringen. Ja, sie komponieren einen Film, wie eine Naturgewalt. Er zieht sich am Horizont langsam zusammen und seine Wucht ist erst nicht zu erahnen, bis er kurz vor seiner Auflösung steht. Und der Film trifft. Er trifft und macht ungläubig, was im Kontext auch schon wieder fast ironisch ist. Er hat mich bewegt und wird auch euch bewegen und das auch noch einige Zeit, nachdem ihr vom Kinosessel aufgestanden seid. Er ist definitiv kein Bildersnack für Zwischendurch, sondern ein Menu vom Allerfeinsten, doch ganz ohne Pomp. Man wird an die Hand genommen, um die handelnden Figuren, derer es viele gibt - Täter, Opfer, Mitwisser, Anwälte, Polizisten, Journalisten, im Grunde eine ganze Stadt - zu erfassen und ich war auch dankbar dafür. Trotzdem rechnet "Spotlight" mit der Intelligenz der Zuschauer und die reine Fülle war gerade noch zu verarbeiten. Man hat ja nur zwei Stunden und es war in der Tat wirklich fesselnd und nicht abschreckend. ![]() Fazit: Spotlight" schafft es auf gekonnte Weise, tiefgründig und fesselnd, die journalistische Leistung einer kleinen Gruppe von mutigen Journalisten, erneut ins Rampenlicht zu rücken und - in die besten Eigenschaften eines Thrillers verpackt - einem interessierten Publikum darzubieten. Lasst euch vom Ensemble begeistern und wünscht "Spotlight" alle sechs Oscars, für die er nominiert ist. Großartig. Wertung:10 von 10 Punkten
Michael Spieler
(Bilder © 2016 Paramount Pictures)
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