Die Tribute von Panem - Mockingjay Teil 2 |
Gelungenes Finale der YA-Filmreihe
Kategorie:
Filme -
Autor: Christian Siegel - Datum:
Donnerstag, 03 Dezember 2015 |
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Kurzinhalt: Nach dem Angriff durch Peeta auf ihr Leben ist Katniss erschüttert. Während man versucht, seine Konditionierung zu brechen, ist Katniss nun noch entschlossener als jemals zuvor, sich an Präsident Snow zu rächen, ihn zu stürzen, und seinem Leben ein Ende zu setzen. Gegen den Befehl von Präsidentin Snow – die der Ansicht ist, dass sie ihnen als die Truppen motivierendes Maskottchen in der Basis mehr helfen kann – begibt sie sich an die Frontlinie, wo sie und Gale letztendlich aber erst recht Teil von Coins Propagandamaschinerie werden. Auch Peeta schließt sich ihnen letztendlich an, obwohl deutlich wird, dass er seine Konditionierung immer noch nicht ganz überwunden hat. Der Trupp geht nun, den eigentlichen Kämpfen nachfolgend, durch das Kapitol, und hält dabei nach jenen tödlichen Fallen Ausschau, die Präsident Snow von den Spielmachern der Hungerspiele dort einrichten ließ. Als ihr Kommandant bei einem Angriff getötet wird, überträgt er das Kommando an Katniss – die dadurch Gelegenheit erhält, ihre ursprünglich geplante Mission durchzuziehen, und die Gruppe zu Snows Palast zu führen. Doch der Weg dorthin ist mit zahlreichen Gefahren gepflastert… Review: ![]() Etwas, dass leider auch "Mockingjay Teil 2" immer noch ein wenig plagt. So war ich doch ziemlich überrascht, wie lang es auch beim abschließenden Teil der Reihe dauert, bis die Handlung so richtig in Fahrt kommt. Denn angesichts der Tatsache, dass der erste Teil im Prinzip auch schon nur reine Vorbereitungsarbeit aufs Finale war, hätte ich eigentlich gedacht, dass es diesmal praktisch von Beginn an zur Sache geht: Teil 1 hat quasi den ersten Akt dieses epischen Zweiteilers erledigt und dem großen Finale den Weg geebnet, jetzt stürzen wir uns mitten ins Getümmel. Falsch gedacht! Vielmehr folgt auch der zweite Teil wieder einer klassischen dreiaktigen Struktur, und nimmt sich im ersten Drittel – neuerlich – ausreichend Zeit, um das Finale vorzubereiten. Weshalb ich mir nun rückblickend noch viel mehr als nach meiner Sichtung von Teil 1 bezüglich diesem die Sinnfrage stelle. Ich habe die Romane bislang nicht gelesen und kann daher a) keinen Vergleich anstellen und b) diesbezüglich keine fundierte Aussage treffen, aber "Mockingjay" vermittelte mir in seiner Gesamtheit den Eindruck, den Roman Seite für Seite verfilmt zu haben. Jene, denen in den ersten beiden Filmen zu viel von den Büchern ausgelassen wurde, wird’s freuen. Und auch ich erlebe es immer wieder, dass bei Filmadaptionen dann just Momente, die ich ganz besonders mochte, auf der Strecke bleiben. Dennoch ist Film nun mal ein anderes Medium als Bücher, dass andere Anforderungen an Erzähltempo, Dramaturgie etc. legt. Wie heißt es so schön: "Papier ist geduldig" – und auch wenn sich dies dem Sinn nach auf etwas anderes bezieht, so kann man es durchaus auch so interpretieren, dass ein Roman ruhig schon mal gemächlicher vonstattengehen darf. Bei einem Film erwarte ich mir aber, dass er doch schneller Mal zum Punkt kommt. ![]() Trotz dieser Kritikpunkte gelingt es "Mockingjay – Teil 2" letztendlich in meinen Augen dann aber – knapp aber doch – an die ersten beiden Filme der Reihe anzuknüpfen. Dies verdankt er in erster Linie der letzten Stunde, die uns ein packendes und hochdramatisches Finale der Geschichte mit zahlreichen Höhepunkten beschert. Da waren ein paar ungemein starke Momente dabei. Mein persönlicher Wendepunkt war dabei der Einstieg in die Kanalisation. Zuerst Katniss Gedanken während der Wache, ihr Gespräch mit Peeta, und dann der ungemein packende Angriff der Mutanten, der mich im positiven Sinne an "Aliens" erinnert hat – bereits davor gab es vereinzelte Höhepunkte (alles rund um Johanna Mason, Katniss Rede in Distrikt 2, die Umarmung von Katniss und Prim, Katniss Ankunft an der Front, die Ölfalle…), aber das war für mich der Punkt, ab dem es "Mockingjay Teil 2" so richtig gelungen ist, mich zu packen und teilweise auch zu bewegen. Ich will nicht behaupten, dass er ab dieser Stelle auch wirklich alles 100%ig richtig macht und sich überhaupt keinen Fehler mehr erlaubt. Aber die positiven Aspekte überwogen bei weitem. Was den ganzen Film über besticht, ist die schauspielerische Leistung von Jennifer Lawrence. Nun kannte ich sie ja bereits vor "Die Tribute von Panem", und hielt sie für eines der vielversprechendsten Jungtalente Hollywoods. Ein Eindruck, den sie in weiterer Folge unter anderem auch bei dieser Reihe immer wieder voll und ganz bestätigen sollte. Auch in "Mockingjay – Teil 2" zeigt sie eine bestechende, ungemein gefühlvolle Performance, ist sie das Herz und die Seele des Films. Neben so ziemlich allem rund ums Finale stach dabei für mich vor allem die Szene in der Kanalisation nach dem Angriff der Mutanten hervor. Aber auch abseits solch großer Gesten weiß ihre immer engagierte schauspielerische Leistung zu gefallen. ![]() Wo "Mockingjay – Teil 2" für mich dann insbesondere hervorstach, war die Handlung. Ich will und werde hier noch nicht groß spoilern (dazu kommen wir gleich noch), aber mir gefiel einerseits der eine oder andere dramaturgische Höhepunkt, der uns auch so manch tragisch-erschütternde Wendung bescherte, die ich in diesem Film so nicht erwartet hätte. Generell geht es im abschließenden Teil der Reihe nicht gerade zimperlich zu – und angesichts der Tatsache, dass ich hier über eine Filmreihe rede, in der bereits im ersten Film Kinder und Jugendliche in Todesspielen aufeinander gehetzt wurden, will das etwas heißen. Neben meinem Herz wurde von "Mockingjay Teil 2" – und das hat mich am meisten und positivsten überrascht – aber auch mein Hirn angesprochen. Im Gegensatz zu vielen glosen Blockbustern hat die gesamte Reihe, und insbesondere auch deren abschließender Teil, nämlich ganz offensichtlich etwas zu sagen. Besonders gut gefallen konnte mir dabei einerseits die warnende Message davor, den Teufel mit dem Belzebub auszutreiben, und ein Übel durch ein anderes zu ersetzen. Hier deutete man kurzfristig eine nie enden wollende Spirale an, und macht deutlich, dass man auch wenn der Kampf endlich vorüber ist immer noch wachsam bleiben muss. In erster Linie gehörte "Mockingjay – Teil 2" aber Katniss Everdeen, und vermittelte über sie eine ermutigend-motivierende Message, was die Bekämpfung des Systems sowie den Kampf für mehr Selbstbestimmung betrifft. In meinem Review zu "Mockingjay – Teil 1" hatte ich ja meine Beobachtung geteilt, dass Katniss auch dort letztendlich immer noch nur eine Marionette war – und meiner Hoffnung Ausdruck verliehen, dass die Reihe dies im letzten Teil thematisieren wird. Eben dies war hier der Fall. So wie die Rebellen im großen Rahmen gegen die Unterdrückung durch das Kapitol kämpfen, kämpft auch Katniss um ihre persönliche Freiheit. Anfangs noch mit mäßigem Erfolg – selbst Gesten wie die klare Befehlsverweigerung zu Beginn, als sie sich den Soldaten an der Front anschließt, werden instrumentalisiert. Doch mit zunehmender Laufzeit setzt sie sich immer mehr durch – eine Entwicklung, die schließlich in einem letzten, alles entscheidenden Pfeil kulminiert, der das sie unterdrückende und ihre persönliche Freiheit einschränkende System mitten ins Herz trifft. ![]() Ab hier hagelt es Spoiler! Wer den Film noch nicht gesehen hat, sollte erst beim Fazit weiterlesen! Angesichts einiger hochdramatischer und teils kontroverser Szenen in der letzten halben Stunde möchte ich nun noch auf einige Momente etwas genauer eingehen. Generell zum Ausgang des Geschehens: Einige mögen sich einen anderen, noch düsteren Abschluss – sprich, eine sich selbst opfernde Katniss – gewünscht haben. Aus meiner Sicht hätte dies jedoch zu dieser Reihe nicht gepasst. Wie weiter oben schon angesprochen, ist "Die Tribute von Panem" für mich letztendlich eine Empowerment-Fantasy, und möchte eine positive Aussage über Selbstbestimmung und den Kampf gegen ein repressives System vermitteln. Katniss' Tod hätte diese Message ruiniert, und gerade auch in diesem Film wo sie zum ersten Mal ihr Leben selbst in die Hand genommen und ihr Schicksal selbst bestimmt hat, wäre ihr Tod von der Aussage her fatal gewesen. Zumal sie für die Befreiung Panems ohnehin einen hohen persönlichen Preis zahlt. Die Szenen mit den Menschenmassen vor dem Kapitol, und wie diese bombardiert werden, waren ja schon schlimm und eindringlich genug. Aber dass Katniss dort dann auch noch ihre junge Schwester verliert – auf diese tragische Wendung war ich nun wirklich nicht gefasst. Das hat mich eiskalt erwischt, wirklich schockiert, und emotional berührt. Besonders markant ist diese Wendung für mich vor allem auch deshalb, als Katniss damit just in jener persönlichen Mission, aus derer sie überhaupt erst zu den Hungerspielen antrat – und damit in weiterer Folge diese Revolution ausgelöst hat – gescheitert ist; was der gesamten Filmreihe rückwirkend betrachtet, aus ihrer ganz persönlichen Perspektive heraus, eine tragische Sinnlosigkeit verleiht. Natürlich war deshalb noch lange nicht alles umsonst, und hat Katniss durch ihre Taten die gesamte Welt verändert. Aber jenes Ziel, wegen dem sie sich damals ursprünglich freiwillig gemeldet hat – nämlich ihre Schwester zu beschützen – hat sie letztendlich nicht erreicht. ![]() Fazit: Trotz der Tatsache, dass "Mockingjay – Teil 2" wie schon der erste Teil des Finales unter der kommerziellen – und künstlerisch aus meiner Sicht ungeschickten – Entscheidung leidet, den Roman auf zwei Filme zu splitten und – so war zumindest mein Eindruck – ihn praktisch Seite für Seite zu verfilmen, gelang es dem letzten Film der Reihe, den durchwachsenen Eindruck von "Mockingjay – Teil 1" hinter sich zu lassen und wieder an das Niveau der ersten beiden Filme anzuknüpfen. Hauptverantwortlich dafür war die starke letzte Stunde, wobei der Einstieg in die Kanalisation für mich den Wendepunkt darstellte. Danach gab es zahlreiche packende Momente und so manch hochdramatische und teils bewegende Szene. Und auch die mitschwingenden Aussagen, die "Mockingjay – Teil 2" wohltuend aus dem überwiegend ja doch eher hirnlosen Blockbuster-Einheitsbrei hervorstechen lassen, konnten mir sehr gut gefallen. Einzig bezüglich der letzten Szene kann man dann zugegebenermaßen wieder geteilter Meinung sein. Was hingegen den ganzen Film über begeistert, ist wieder einmal Jennifer Lawrence ungemein engagierte und gefühlsbetonte Performance – sie ist das Herz und die Seele der "Tribute von Panem"-Reihe. Die Inszenierung konnte mir ebenfalls überwiegend sehr gut gefallen, und Komponist James Newton Howard hat sich in meinen Ohren mit seiner Musik für "Mockingjay 2" selbst übertroffen. Angesichts der zahlreichen ungemein starken Momente und der mitreißenden letzten Stunde ist es nur halt umso bedauerlicher, dass der Film insgesamt zu ausgedehnt wirkt, und es zu lange dauert, ehe er so richtig Fahrt aufnimmt. Als einteiliges, episches dreistündiges Finale hätte "Mockingjay" einer der besten Filme des Jahrzehnts werden können. Ein gefälliger, würdiger und emotionaler Abschluss ist er hingegen auch so. Wertung:8 von 10 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © 2015 StudioCanal)
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