Die Karte meiner Träume
Fantasievolles Roadmovie im Tim Burton-Stil Kategorie: Filme - Autor: Bettina Schwarzkopf - Datum: Donnerstag, 10 Juli 2014
 
 
Die Karte meiner Träume
Originaltitel: The Young and Prodigious T.S. Spivet
Produktionsland/jahr: F/CAN 2013
Bewertung:
Studio/Verleih: Epithète Films/Universum Film
Regie: Jean-Pierre Jeunet
Produzenten: U.a. Frédéric Brillion & Gilles Legrand
Drehbuch: Jean-Pierre Jeunet & Guillaume Laurant, nach dem Roman von Reif Larsen
Filmmusik: Denis Sanacore
Kamera: Thomas Hardmeier
Schnitt: Hervé Schneid
Genre: Abenteuer/Drama
Kinostart Deutschland: 10. Juli 2014
Kinostart Frankreich: 16. Oktober 2013
Laufzeit: 105 Minuten
Altersfreigabe: Ab 0 Jahren
Trailer: YouTube
Kaufen: Blu-Ray, DVD, Roman
Mit: Kyle Catlett, Helena Bonham Carter, Judy Davis, Callum Keith Rennie, Niamh Wilson, Jakob Davies u.a.



Kurzinhalt: Tecumseh Sparrow "T.S." Spivet lebt mit seiner Familie auf einer Farm irgendwo in der Wüste Montanas. Nicht nur ist T.S. ein außergewöhnlicher 10-jähriger, auch seine Familie ist sehr speziell. So lebt er zusammen mit einem sprechenden Hund, einem schießwütigen Zwillingsbruder, einer von Ruhm und Schönheitswettbewerben besessenen Schwester sowie einem Whiskey trinkenden "Lonesome Cowboy" als Vater und einer Insektenkundlerin als Mutter. T.S. liebt es Sachverhalte zu skizzieren, Statistiken anzufertigen und Geräte zu erfinden, darunter auch das weltbekannte Perpetuum mobile. Diese Erfindung qualifiziert ihn den Baird Award zu erhalten. Es besteht nur ein Problem: Das Komitee hat keine Kenntnis über das Alter des Erfinders. Da T.S. Familienmitglieder mit sich selbst viel zu beschäftigt scheinen und seine Belange nach dem Tod seines Zwillingsbruder offenbar nicht mehr von Bedeutung sind, macht sich T.S. allein auf den Weg quer durch Amerika zum Smithsonian Institute in Washington, D.C. Auf seiner Reise lernt er viele skurrile Menschen kennen, deren verquere Eigenschaften und Weisheiten, aber auch dass er doch nicht der ausgestoßene Sohn ist, wie er anfänglich vermutet hat…

Review: Szenenbild "Die Karte meiner Träume" entstammt den Händen von Jean-Pierre Jeunet, der bekannt ist für seinen sehr beliebten Film "Amelie". Basierend auf dem gleichnamigen Buch von Reif Larsen gelingt es Jeunet wieder einmal den Zuschauer zumindest für die erste Stunde in eine fabelhafte Welt mitzunehmen. Der Verlauf der Geschichte ist relativ geradlinig und wartet mit keinerlei großen Überraschungen innerhalb dieses Rahmens auf. Dennoch gibt es einige Aspekte, die den Film bemerkenswert machen. So ist "Die Karte meiner Träume" seit langem Mal wieder ein Film, der die Welt nicht durch disneyfizierte Augen eines Kindes schildert, sondern wesentlich simpler und naiver, zum Teil trauriger und auch einsamer. Eben komplett ohne kunterbunte Knallbonbons, singenden und klingenden Haustieren aus aller Herren Länder oder dem zufrieden freudigen Eierkuchen. Deshalb ist "Die Karte meiner Träume" aber kein Drama, sondern eine Geschichte über eine sehr verschrobene Familie, die erst lernen muss zusammenzuwachsen. So wird nicht nur der 10-jähre T.S. Spivet etwas erwachsener, sondern auch seine Mutter, Vater und Schwester.

Während dieser Reise ist mir aufgefallen, dass der clevere T.S. Fremdwörter, wie "Embargo" oder "Entomologe", verwendet, die eventuell nicht nur dem jungen Zuschauer Kopfzerbrechen bereiten. Allerdings ist das weniger störend, wie der harsche Schnitt zwischen dem farbenfrohen Roadmovie und den Ereignissen nach der Ankunft im Smithsonian Institute. Hier verliert sich die Faszination am Film, da keine weitere Entwicklung von Charakteren und Handlung stattfindet. Ersteres hat mich bereits bei den wenigen Nebenhandlungen gestört, denn die Charaktere sind austauschbar, nichts verbindet sie tatsächlich mit T.S. Reise durch Amerika. Und auch die Handlung dreht sich bis zum Ende hin nur noch um sich selbst, ohne wirklich einen Schritt voranzumachen. So klingt "Die Karte meiner Träume" fast da aus, wo sie begonnen hat, nämlich mit der Tatsache, dass man zwar offener innerhalb der Familie reden sollte, aber es dann doch nicht tut. Mit "Die Karte meiner Träume" feiert Kyle Catlett sein Kinodebüt. In einigen TV-Serien durfte er in kleineren Nebenrollen bereits Filmerfahrung sammeln, doch ich bin überrascht, wie er mit der geringen Erfahrung auf der großen Leinwand überzeugen kann. Seine Darbietung ist nie überemotional oder phlegmatisch, er schauspielert kontrolliert aber natürlich. Zudem harmoniert er hervorragend mit der gesamten Crew, welche ebenfalls ihr Bestes gegeben hat. An erster Stelle wäre Helena Bonham Carter zu erwähnen, die mit ihren weit aufgerissenen Augen, der Jagd nach dem einem Insekt, die verrückt trauernde Mutter glanzvoll in Szene setzt. Und auch wenn Callum Keith Rennie als T.S. Vater den sehnsüchtigen Cowboy, welcher hätte 100 Jahre früher geboren werden sollen, wunderbar spielt, hatte ich aufgrund eben dieser Eigenschaften, doch Probleme seine Leistung in "Die Karte meiner Träume" zu würdigen.

Szenenbild. Darüber hinaus konnte ich während großen Teilen des Films den Gedanken nicht abschütteln, dass "Die Karte meiner Träume" durchaus auch von Tim Burton stammen könnte. Dies trifft nicht nur wegen der talentierten Helena Bonham Carter zu, sondern auch wegen den stark gesättigten Farben der zwar beeindruckenden aber doch sehr gekünstelten Maisfelder-Kulisse Amerikas und dem Vergleich mit Burtons "Big Fish", in welchem der im Sterben liegende Vater seinem Sohn ein letztes Mal seine unglaubliche und bizarre Geschichte erzählt. Zu der faszinierenden Farbpalette paaren sich noch wunderbare 3D Aufnahmen von T.S. Erfindungen, die das Abenteuer in eine Art Pop-up-Buch-Rahmen erscheinen lassen, was der surrealen Welt des "Der Karte meiner Träume" zumindest im ersten Teil noch den letzten Pfiff gibt.

Fazit: "Die Karte meiner Träume" ist eigentlich eine wunderbare Roadmovie-Geschichte eines kleinen Jungen, der sich auf ein Abenteuer quer durch Amerika begibt. Die gesättigten Farben geben der Reise einen surrealen Touch, der sich in den Charakteren fortsetzt. Zwar sind viele der Nebencharaktere austauschbar, so wirken sie aber dennoch charmant und ehrlich. Leider endet der Film nicht mit der Ankunft im Smithsonian Institute und der damit verbundenen Preisverleihung, sondern eiert noch weitere 45 Minuten um die Tatsache herum, dass miteinander reden mehr wert ist, als Probleme zu verschweigen. Zwar ist die Moral ein essenzieller Bestandteil jedes guten Familienfilms, doch hätte ich mir an dieser Stelle mehr skurriles Amerika mit weiteren fabelhaften 3D-Pop-ups gewünscht, als das Gedüdel ohne wirklichen Ausklang belauschen zu dürfen.

Wertung:6 von 10 Punkten
Bettina Schwarzkopf
(Bilder © 2014 Universum Film)


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