Veronica Mars
Ein Fest für Fans und solche, die es werden wollen Kategorie: Filme - Autor: Christian Siegel - Datum: Montag, 17 März 2014
 
 
Veronica Mars
Originaltitel: Veronica Mars
Produktionsland/jahr: USA 2014
Bewertung:
Studio/Verleih: Spondoolie Productions/Warner Bros.
Regie: Rob Thomas
Produzenten: U.a. Rob Thomas, Dan Etheridge & Danielle Stokdyk
Drehbuch: Rob Thomas & Diane Ruggiero
Filmmusik: Josh Kramon
Kamera: Ben Kutchins
Schnitt: Daniel Gabbe
Genre: Krimi/Thriller/Komödie
Kinostart Deutschland: 13. März 2014
Kinostart USA: 14. März 2014
Laufzeit: 107 Minuten
Altersfreigabe: Ab 12 Jahren
Trailer: YouTube
Kaufen: Blu Ray, DVD, Soundtrack, Filmmusik
Mit: Kristen Bell, Jason Dohring, Enrico Colantoni, Percy Daggs III, Tina Majorino, Chris Lowell, Jerry O'Connell u.a.


Kurzinhalt: Neun Jahre sind vergangen, seitdem Veronica Mars – die in ihrer Jugend als Privatschnüfflerin im Büro ihres Vaters tätig war, und über großes detektivisches Talent verfügt – ihrer Heimatstadt Neptune den Rücken gekehrt hat. Danach ist sie mit ihrem Freund Stosh "Piz" Piznarski nach New York gezogen und hat dort ein Jus-Studium absolviert. Gerade hatte sie ihr erstes Vorstellungsgespräch bei einer großen New Yorker Rechtsanwaltskanzlei, da holt sie die Vergangenheit wieder ein: Ihr Ex-Freund Logan Echolls wird verdächtigt, seine Freundin – die es mittlerweile zu einer populären Popsängerin gebracht hat – umgebracht zu haben. Er bittet sie bei der Auswahl eines guten Strafverteidigers um ihre Hilfe. Doch dabei bleibt es natürlich nicht: Nur kurz nach ihrer Ankunft regen sich Veronicas Privatdetektiv-Instinkte, und ehe sie sich versieht, ist sie in alte, längst abgelegt geglaubte Muster zurückgefallen, und befindet sich mittendrin im Sumpf des Verbrechens…

Review: Szenenbild. Als "Veronica Mars" im Herbst 2004 erstmals im amerikanischen Fernsehen ausgestrahlt wurde, konnte die Serie rund um eine frech-clevere Privatdetektivin im Teenageralter rasch eine treue Fanschar für sich gewinnen. Treu, aber letztendlich leider zu klein, um die Serie über eine dritte Staffel hinweg zu verlängern. Die Absetzung kam dabei für das gesamte Team recht unerwartet – man hatte sogar schon einen Werbetrailer für die vierte Staffel gedreht, als das Aus kam. So gesehen bekam Veronica Mars nie die Gelegenheit, sich vernünftig von ihren Zuschauern zu verabschieden. Im deutschsprachigen Raum erging es ihr sogar noch schlechter. Vom ZDF zwar aufgekauft, aber bereits bei der Erstausstrahlung im Nachtprogramm versteckt, war "Veronica Mars" hierzulande im ohnehin nicht gerade kleinen Markt der Krimi-Serien nur ein Geheimtipp. Dank positiver Mundpropaganda und einem relativ günstigen DVD-Release gelang es der Serie jedoch nach ihrer Absetzung, ihre Fanbasis laufend zu erhöhen. Im letzten Jahr schloss auch ich mich diesen spät Geläuterten endlich an – und konnte mich dem positiven Grundtenor nur anschließen. Doch trotz der wachsenden Fanschar schien ein Kinofilm außer Reichweite zu sein.

Spätestens seit es PC-Spiel-Legende Tim Schaefer gelungen ist, für sein Adventure "Broken Age" über drei Millionen Dollar zu sammeln, sind Crowdfunding und insbesondere Kickstarter in aller Munde. Neben Spieleherstellern entdecken auch bald Indie-Filmemacher die Plattform für sich. Im letzten Jahr sah Rob Thomas schließlich die Gelegenheit, mit Hilfe der Fans den Traum eines Veronica Mars-Films zu verwirklichen – und die "Marshmellows" ließen sich nicht lumpen. Zwei Millionen Dollar wollte er ursprünglich "nur" sammeln, letztendlich standen ihm 5.7 Millionen von insgesamt 91.585 Unterstützern – darunter auch meine Wenigkeit – zur Verfügung. Etwas, dass man dem Film bis zu einem gewissen Grad auch anmerkt, und dass man durchaus kritisch sehen könnte – haftet ihm doch teilweise schon der Duft von "Fan-Service" an. Mir persönlich fällt es hingegen – bin ich doch mittlerweile selbst ein Fan – schwer, mich allzu sehr darüber zu beschweren; man stelle sich nur vor, Rob Thomas hätte sich das Geld der Fans geschnappt und ihnen dann einen Film vorgesetzt, von dem er ausgehen konnte, dass sie ihn hassen würden. Wäre das dann besser? Zugleich muss allerdings selbst ich zugeben: Da und dort bekam ich schon den Eindruck, dass Rob Thomas durch das Crowdfunding und seinen Wunsch, die Unterstützer auch ja nicht zu enttäuschen, kreativ ein wenig eingeschränkt war, und vielleicht insgesamt nicht ganz den Film gemacht hat, den er eigentlich machen wollte, sondern vielmehr jenen, von dem er ausging, dass ihn die Fans sehen wollen. Wenn ich schon beim Kritisieren bin: Der 9-Jahres-Sprung (in Wirklichkeit sind seit dem Ende der Serie erst 7 Jahre vergangen) scheint auch in erster Linie dazu da zu sein, um das Klassentreffen einbauen zu können, verursacht da und dort aber ein paar logische Probleme (Veronica und Piz sind - soweit ich das verstanden habe - immer noch zusammen, aber nach 9 Jahren weder verheiratet noch verlobt. Ok, das könnte man ihnen noch durchgehen lassen, soll's ja geben. Aber dass sie in der ganzen Zeit Piz Eltern nicht kennengelernt hat, erscheint wenig glaubwürdig. Außerdem: Hat die echt 9 Jahre gebraucht, um ihr Jus-Studium abzuschließen?). Und auch die "Ausrede", um Veronica nach Neptune zurück zu bringen – die Suche nach einem Verteidiger – überzeugt einen nur, wenn mal alle Hühneraugen zudrückt.

Szenenbild. Um die Kritik abzuschließen: Auch wenn ich "Veronica Mars", so sehr er sich auch in erster Linie an Fans richten mag, grundsätzlich auch für Neulinge geeignet halte, aber… dass Rob Thomas in Nebenkommentaren einige der Fälle aus der Serie – allen voran die erste Staffel – spoilern musste, finde ich schon sehr schade. Die entsprechenden Kommentare waren völlig überflüssig und hätten niemandem gefehlt. Gerade auch da ich mir vorstellen könnte, dass dieser Film den einen oder anderen dazu verleiten könnte, der Serie eine Chance zu geben, finde ich das sehr bedauerlich. Davon abgesehen ist Rob Thomas mit "Veronica Mars" aber eine gelungene Rückkehr der beliebten Privatdetektivin gelungen, die vor allem Fans der Serie voll und ganz zufriedenstellen sollte. Schon allein, die Gruppe wieder vereint zu sehen – und die Tatsache, dass es ihm gelungen ist, praktisch alle wichtigen Haupt- und Nebendarsteller wieder zusammenzubekommen – erfreut das Fan-Herz. Es ist einfach wundervoll, sie alle wiederzusehen und ein weiteres Abenteuer mit Veronica Mars und ihren Freunden und Widersachern zu bestreiten. Dass die Serie vor mittlerweile fast sieben Jahren vom Bildschirm verschwunden ist, merkt man dem Film dabei nie an. Von der Stimmung und der Dynamik zwischen den Figuren her wirkt es so, als wäre seit der Absetzung keine Zeit vergangen, und der Film unmittelbar danach gedreht worden.

Auch die SchauspielerInnen lassen – von einem den Jahren geschuldeten teilweise etwas unterschiedlichen Aussehen abgesehen – nicht erkennen, dass seit dem unfreiwilligen Serienfinale doch mittlerweile ein paar Jährchen ins Land gezogen sind. Sie alle scheinen problemlos in ihre alten Rollen hineinzufinden – ähnlich, wie man ja auch das Radfahren nie verlernt – und scheinen zudem viel Freude daran zu haben, wieder zurückkehren zu können. Vor allem Kristen Bell scheint es nach einigen ihr doch etwas unwürdigen Filmen zu genießen, wieder in ihre Paraderolle schlüpfen zu können – aber auch der Rest des Ensembles kann absolut überzeugen. Da und dort fällt es Rob Thomas angesichts der Laufzeit und der Fülle an Figuren zwar schwer, ihnen allen gerecht zu werden, aber letztendlich bekommt jede Figur zumindest eine Szene spendiert, in der sie so richtig glänzen kann. Der Fall an sich ist zwar – verständlicherweise, stehen doch hier nicht mal ganze zwei Stunden zur Verfügung, im Vergleich zu einer kompletten Serienstaffel oder auch "nur" ein paar Episoden, wie das bei Season 3 der Fall war – nicht ganz so komplex, ausgeklügelt und wendungsreich wie man das aus der Serie gewohnt war, steht jedoch grundsätzlich (dahingehend, dass jemand von den Schatten seiner Vergangenheit eingeholt wird, und den Abgründen der High Society) durchaus in deren Tradition. Dabei rechne ich Rob Thomas besonders hoch an, dass es ihm – im Gegensatz z.B. zur ersten Staffel, wo mir persönlich der Mörder als alter Krimi-Hase doch etwas zu früh bewusst war – diesmal gelungen ist, mich auf eine falsche Fährte zu führen, sodass die Auflösung letztendlich für mich doch überraschend kam.

Szenenbild. Neben dem Script ist Rob Thomas aber auch für die Inszenierung zu loben. Neptune hat sich zwar seit der Serie – wohl doch teilweise etwas andere Locations – zweifellos verändert, dennoch gelingt es ihm sehr gut, einerseits den gewohnten, typischen Look der Serie einzufangen, und andererseits diesem – angesichts des Sprungs auf die Kinoleinwand – einem Update zu unterziehen. Davon abgesehen überzeugt der Film aber in erster Linie mit den aus der Serie gewohnten lockeren, amüsanten Sprüchen, die zum Großteil – aber nicht ausschließlich – von Veronica Mars zum Besten gegeben werden. Womit wir bei einer der größten Stärken des Films wären, die ihn für Nicht-Fans wohl ebenso reizvoll machen sollte wie für Fans: "Veronica Mars" ist – nicht zuletzt dank der flotten Sprüche und zahlreicher amüsanter Momente – von der ersten bis zur letzten Sekunde ungemein unterhaltsam, und ohne erkennbaren Durchhänger. Im Gegenteil, teilweise ist das Tempo fast schon eine Spur zu hoch, und prasseln die zu verarbeitenden Infos nur so auf den Zuschauer ein. Damit ist "Veronica Mars" definitiv ein Film, der eine gewisse Aufmerksamkeit vom Zuschauer fordert und voraussetzt – was ich jedoch durchaus als positiv erachte. Last but not least kann man sich als Fan über zahlreiche Anspielungen und Easter Eggs (eins davon im Abspann) erfreuen.

Fazit: "Veronica Mars" ist in erster Linie ein Fest für (und zumindest finanziell gesehen auch von) Fans – dabei jedoch, abseits der etwas ärgerlichen Spoiler zur Serie, durchaus auch für Neulinge einen Blick wert. Dank der vielen flotten Sprüche, einer dichten Handlung sowie einem durchgängig hohen Erzähltempo ist der Film dabei sehr unterhaltsam, und erweist sich als gelungene Fortführung der Serie. Wenn uns die Figuren nicht mehrmals auf die Zeit hinweisen würden, die seit dem unfreiwilligen Serienfinale vergangen ist, könnte man fast glauben, dass dieser Film unmittelbar darauf entstanden wäre – gelingt es Rob Thomas doch perfekt, den Ton, den Stil und die Dynamik der Serie auf die große Leinwand zu übertragen. Der Fall an sich ist dabei zwar nicht ganz so ausgeklügelt wie jene aus der Serie, wo man mehrere Episoden wenn nicht gar eine komplette Staffel dafür zur Verfügung hatte, steht aber insgesamt durchaus in deren Tradition. Veronica selbst ist auch immer noch genau so frech, clever und findig wie damals (und sollte die Herzen von allfälligen Neulingen im Sturm erobern), für Fans gibt es zahlreiche Anspielungen und Easter Eggs zu entdecken, und es macht ganz einfach sehr viel Spaß, all die Figuren wieder zusammen zu sehen. Natürlich hat das ganze teilweise etwas von "Fan-Service", angesichts der Art und Weise wie der Film entstanden ist kann ich das Rob Thomas aber nicht wirklich vorwerfen; im Gegenteil, weil das Geld der Fans zu nehmen und dieses dann für einen Film zu verwenden, von dem er ausgehen musste dass er ihnen nicht wirklich gefallen würde, wäre doch ziemlich zynisch gewesen. Da ist mir die Alternative deutlich lieber – auch wenn dies heißt, dass er bei seinem Versuch die Fans zufriedenzustellen da und dort vielleicht etwas übers Ziel hinausschießt und in seiner Kreativität eventuell ein wenig eingeschränkt war. Insgesamt beschert Rob Thomas Veronica Mars mit diesem Film jenen würdigen Abschied, der ihr durch die plötzliche Absetzung der Serie bislang verwehrt blieb – und lässt zudem die Tür für potentielle Fortsetzungen sperrangelweit offen.

Wertung:8 von 10 Punkten (Fan-Wertung; Serien-Unkundige sollten davon einen Punkt abzuziehen)
Christian Siegel
(Bilder © 2014 Warner Bros.)


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