12 Years A Slave |
Steve McQueens schonungsloses Sklaven-Drama
Kategorie:
Filme -
Autor: C. Siegel | M. Spieler - Datum:
Dienstag, 25 Februar 2014 |
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Kurzinhalt: Amerika, 1841: Der freie afroamerikanische Mann Solomon Northup wird von ein paar Männern entführt, seiner Dokumente beraubt und in die Sklaverei verkauft. Zuerst verrichtet er bei William Ford Dienst, der ihn und seine anderen Sklaven gut behandelt. Nach einem Zwischenfall mit einem der Wächter wird er jedoch an den als strengen, sadistischen Herrn bekannten Edwin Epps verkauft. In dessen Besitz erlebt er in den darauffolgenden 12 Jahren sämtliche höllische Schrecken der Sklaverei – und gibt trotz allem bis zuletzt die Hoffnung nicht auf, eines Tages wieder ein freier Mann zu sein und wieder zu seiner Familie zurückkehren zu können… Review von Christian Siegel: ![]() Bei "12 Years A Slave" kommt nun noch eine andere Komponente hinzu. Schlimm genug, wenn Menschen als Eigentum behandelt werden – aber Solomon Northup war ja ein freier Mann, unter seinen Künstler-Kollegen dank seiner Fidelkünste hoch angesehen, und mit seiner Frau und zwei Kindern in einer glücklichen Familie vereint. Doch so wie der Zuschauer wird auch Solomon aus dieser heilen Welt herausgerissen. Er verliert alles, was ihm etwas bedeutet, um fortan als Sklave seinen Dienst zu verrichten. Eben dieser Verlust macht das Geschehen in gewisser Weise für mich sogar noch einmal tragischer. Auch andere erleiden ein ähnliches Schicksal. Besonders nahe ging mir jene Szene, in der eine Mutter von ihren zwei Kindern getrennt wird – was dann auch etwas später zu einer wunderbar geschriebenen und gespielten Szene zwischen Solomon und eben dieser Frau führt. Was mir an "12 Years A Slave" ebenfalls sehr gut gefallen hat und zumindest ich bisher in ähnlichen Filmen so noch nie thematisiert gesehen habe, sind die Machtverhältnisse innerhalb der Sklaven. So hat sich z.B. Patsy dank ihrer flinken Finger, mit denen sie auf der Baumwollplantage in etwa doppelt so viel hereinbringt wie der zweitbeste Pflücker, sowie unfreiwilliger sexueller Gefälligkeiten gegenüber Edwin Epps, zur "Edel-Sklavin" hochgearbeitet, die einen höheren Status und etwas mehr Freiheiten genießt als andere Sklaven. Was allerdings auch wieder Probleme mit sich bringt, da Epps Frau zunehmend eifersüchtig auf sie wird und ihren Mann gegen Patsy aufstachelt. Als die Stimmung umschlägt, ist sie dann auch jene, die am meisten leiden muss. Interessant fand ich auch, dass "12 Years A Slave" bezüglich des Themas zumindest ein bisschen differenziert – geht es Solomon und den anderen bei Mr. Ford doch noch vergleichsweise gut. Hier macht der Film deutlich: Ja, Sklaverei ist immer falsch – aber es gab doch einige "Eigentümer", die weniger schlimmer waren, als andere. ![]() Dass Steve McQueen meines Erachtens mit "12 Years A Slave" trotz dieser Stärken nicht der ganz große Wurf gelungen ist, liegt an der einen oder anderen Schwäche, die ich ausgemacht habe. So bin ich kein Freund von unchronologischen Einstiegen, wie dies auch hier wieder der Fall ist. Einerseits, da mir dieses Stilmittel in den letzten Jahren zu sehr in Mode kam und in meinen Augen mittlerweile viel zu inflationär verwendet wird, und andererseits, weil ich oftmals – so auch hier – keinen dramaturgischen Nutzen darin erkennen kann. Was man ebenfalls besser hätte machen können, ist uns zwischendurch – z.B. durch Träume und/oder Erinnerungen – daran zu erinnern, was Solomon verloren hat. Und last but not least gelang es dem Film meines Erachtens nur bedingt, mir die vergangene Zeit zu vermitteln. Wenn wir nicht am Ende seine mittlerweile erwachsen gewordenen Kinder sehen und man uns die Zeitspanne die Solomon in der Sklaverei verbracht hat nicht schon im Titel verraten würde, wäre ich jedenfalls nie auf die Idee gekommen, dass das ganze 12 Jahre waren. Möglicherweise war dies von Steve McQueen ja so beabsichtigt, damit das Wiedersehen mit der Familie wie ein Schock für uns kommt (was aber angesichts des Titels nicht funktioniert), oder auch, um eine allfällige entsprechende zeitliche Orientierungslosigkeit Solomons auf den Zuschauer zu übertragen. Ich hätte es aber besser gefunden, wenn man dem Zuschauer die verstrichene Zeit besser/verständlicher vermittelt hätte. Davon abgesehen ist "12 Years A Slave" aber ein sehr beklemmender Film, der wohl niemanden kalt lassen wird. Fazit: ![]() Wertung:8 von 10 Punkten
Christian Siegel
Review von Michael Spieler: Dieser Film ist keine leichte Kost, aber jeden Cent eures Eintritts wert. Er zeigt die ganze Grausamkeit einer Epoche und wird euch in kleine Stücke hacken, während ihr kaum ertragt, was ihr zu sehen bekommt. Schonungslosigkeit. Die legt Regisseur Steve McQueen ("Shame") hier an den Tag. In gewisser Weise ist "12 Years a Slave" das "Schindler's Liste" bezogen auf das Thema Sklaverei. Dabei meine ich nicht den offensichtlich und auf mehreren Ebenen hinkenden Vergleich zwischen Sklaverei und Shoa, sondern die Art und Weise, wie mit dem jeweiligen Thema im jeweiligen Film umgegangen und es dem Zuschauer präsentiert wird. "Schindler's Liste" ist genauso grausam zu seinem Publikum wie dieser Film und beide müssen es sein. Sklaverei verdient mehr als einen Spaghetti-Western oder ein romantisches Südstaatenepos. "12 Years a Slave" ist damit auch der Gegenentwurf zu "Django Unchained" aus dem letzten Jahr und für mich ein ganz heißer Kandidat auf mindestens einen Oscar. ![]() Etwas unfreiwillig komisch wurde der Film im Original jedoch, als Benedict Cumberbatch ("Sherlock") den ersten Sklavenhalter Ford spielt, von dem Solomon (Chiwetel Ejiofor, "Salt") gekauft wird. Sein Südstaatenakzent ist - sagen wir mal - nicht ganz ausgereift und aufgrund seiner relativ weitgefächerten Medienpräsenz, gerade im letzten Jahr, auch unausweichlich unglaubwürdig. Sein Spiel jedoch ist ausgezeichnet. Seine Rolle ist die des gemäßigten Plantagenbesitzers ('the lesser evil'), was ihn aber auch gegenüber Seinesgleichen als schwach und angreifbar dastehen lässt. Eine Situation, die vom nicht weniger un-Lousiana'schen Michael Fassbender ("The Counselor") als Master Epps, ausgenutzt wird, bei dem Solomon den Rest seiner Zeit als Sklaven verbringen muss. Fassbender holt hier den Teufel in Menschengestalt hervor und im Laufe des Films entwickelt man eine unglaubliche Abneigung gegen seine Figur, sodass man sich in die Rolle der Sklaven gedrückt vorfindet und hofft ihn nicht zu sehen oder zu hören. Seine Präsenz hat etwas von einer dieser trinkenden, gewalttätigen Vaterfiguren aus anderen Filmen, jedoch zu einer neuen Qualität gesteigert, die ich so noch nicht gesehen habe. Epps sieht sich selbst tatsächlich auch so. Wahr ist aber auch, dass seine Frau (Sarah Paulson, "American Horror Story") ihm in nichts nachsteht, ja, durch ihre perfide Art, eher noch schlimmer ist. Epps ist eine saufende, von Lust getriebene und am Ende fast bemitleidenswerte Kreatur, wohingegen seine Frau (und hier wäre mein zweiter Kritikpunk: das Böse musste mal wieder eine Frau sein) in anderen Grausamkeit schürt. ![]() Fazit: "12 Years a Slave" basiert auf einer wahren Begebenheit und dem gleichnamigen Buch des echten Solomon Northup. Ich kann jedem nur empfehlen, sich dem auszusetzen und sich mitnehmen zu lassen. Selten war ein Publikum so regungslos und leise beim Abspann wie hier. Material dass man ohne Zweifel sacken lassen muss, und das am Ende dennoch auch ein Zeugnis für den menschlichen Willen und die Fähigkeit ist, alles zu überstehen. Insbesondere die Abgründe seiner eigenen Art. Wertung:8 von 10 Punkten
Michael Spieler
(Bilder © 2013 TOBIS Film)
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