Lincoln |
Steven Spielbergs politisches Biopic
Kategorie:
Filme -
Autor: Christian Siegel - Datum:
Sonntag, 24 Februar 2013 |
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Kurzinhalt: Januar 1865. Der amerikanische Bürgerkrieg spaltet nun schon seit vier Jahren das Land, und hat unzählige Leben gekostet. Präsident Lincoln, der vor kurzem wiedergewählt wurde, wird schon bald seine zweite Amtszeit antreten. Doch auch für die letzten Wochen seiner ersten Amtszeit hat er große Pläne, sieht er doch genau jetzt die Zeit gekommen, um den umstrittenen Zusatzartikel zur Verfassung, der die Sklaverei verbietet, durch den Kongress zu bringen. Da er dafür eine Zweidrittelmehrheit braucht, darf nicht nur kein einziger republikanischer Abgeordneter abspringen, er ist zudem auf ein paar Stimmen der Demokraten angewiesen. Lincoln ist davon überzeugt, dass er diese wenn überhaupt nur jetzt bekommen wird. Es gibt einige demokratische Abgeordnete, die während seiner nächsten Amtszeit nicht in den Kongress zurückkehren werden – und somit nichts zu verlieren haben und es sich leisten könnten, gegen die Linie ihrer Partei abzustimmen. Und so beauftragt er eine Gruppe von Lobbyisten damit, ihm die benötigen zwanzig demokratischen Stimmen zu besorgen. Doch es gibt weitere Komplikationen: Die Konföderation schickt Vertreter in den Norden, um Friedensverhandlungen aufzunehmen. Falls dies publik werden sollte, wird Lincoln niemals die erforderliche Mehrheit zur Abschaffung der Sklaverei bekommen – da ein entsprechender Beschluss den Krieg fast unweigerlich verlängern würde. Und sobald der Krieg vorbei und die Südstaaten wieder in die Union eingegliedert sind, ist die Chance, den Zusatzartikel durchzubringen, ohnehin vorbei – da kein Abgeordneter aus dem Süden dafür stimmen würde. Ein politischer Wettlauf gegen die Zeit beginnt… Review: ![]() Doch die Fokussierung auf einen kurzen Zeitraum bringt natürlich nicht nur Nach-, sondern auch wesentliche Vorteile. Denn statt einfach "nur" Lincoln ins Zentrum des Geschehens zu rücken, geht es mindestens so sehr um den Zusatz zur Verfassung, der Sklaverei verbietet. "Lincoln" ist nicht einfach nur ein Biopic, sondern vor allem auch ein sehr politischer Film, der sich durchaus kritisch mit dem Thema auseinandersetzt und Lobbyismus, Verhandlungen in Hinterzimmern und die Zahnräder der Macht genau beäugt. Er macht zudem deutlich, dass sich Politik in den letzten Jahrhunderten erstaunlich wenig geändert hat. Immer noch hat der Parteizwang überwiegend Vorrang vor den politischen Interessen, wird die Meinung des anderen denunziert. Steven Spielberg hält hier der amerikanischen Politik der Neuzeit einen Spiegel vor, die ebenfalls allzu oft die Interessen der Partei vor den Interessen des Landes stellt – und zeigt zudem an dieser Sternstunde der amerikanischen Politik, wo aufgrund der Tatsache, dass ein paar Abgeordnete dann doch mehr auf ihr Gewissen als auf die Wünsche ihrer Partei gehört haben, doch noch denkbar knapp Geschichte geschrieben wurde, zugleich auch, dass bzw. wie es anders geht. Trotz dieser Abstimmung, die sicherlich der Höhepunkt des Films ist, sowie den Abgeordneten, Lobbyisten etc., die dabei eine wichtige Rolle gespielt haben, und die man hier näher beleuchtet, steht natürlich in erster Linie Präsident Lincoln im Zentrum des Films, der mit seiner Überzeugung diese Entscheidung durchgepeitscht hat. Vor allem sein Dilemma wird dem Zuschauer sehr gut – und später dann auch in einer sehr drastischen, deprimierenden Szene – vermittelt. Während der Krieg im Winter eher ruht, aufgrund von zugefrorenen Straßen etc., droht es im Frühjahr zu einem weiteren Gemetzel zu kommen. Eben deshalb drängt man ihn dazu, die Vertreter der Konföderation nach Washington zu holen und mit ihnen zu verhandeln. Doch Lincoln weiß, wenn er das tut, wird der Zusatzartikel zur Verfassung nie verabschiedet werden. Was wiegt schwerer? Die Freiheit der afroamerikanischen Bevölkerung, oder das Leben jener Soldaten, die bei einer Fortführung des Krieges den Tod finden werden? ![]() So dominant die Performance von Daniel Day-Lewis auch wieder einmal sein mag, auch unter den NebendarstellerInnen findet sich so manches Highlight. Sally Field musste für diese Rolle, für die sie nicht die erste Wahl war, kämpfen, und beweist mit ihrer Leistung, dass dieser Part für sie eine Herzensangelegenheit war. Sie verleiht einer Figur, die von den Geschichtsbüchern oftmals wenig schmeichelhaft behandelt wird, viele Nuancen, und macht sie uns sympathisch. Die Liste der weiteren Darsteller, die hier ihn mehr oder weniger wichtigen Nebenrollen überzeugen – selbst in den kleinsten Rollen finden sich teilweise noch bekannte Gesichter wie z.B. Gregory Itzin – ist so lang wie hochkarätig, und umfasst u.a. David Strathairn, Tommy Lee Jones, James Spader, Joseph Gordon-Levitt, Hal Holbrook, John Hawkes, Jackie Earle Haley, Bruce McGill, Jared Harris, Adam Driver, Tim Blake Nelson, Gloria Reuben, Walton Goggins, und noch einige mehr; wobei für mich vor allem die ersten drei hervorstachen. Strathairn hat zwar eine etwas unscheinbare Rolle, spielt Lincolns Berater aber phantastisch. Tommy Lee Jones zeigt eine bestechende Leistung, wobei seine Figur zudem enorm von einer Offenbarung gegen Ende des Films profitiert. Und James Spader ist für viele der amüsanteren Momente zuständig (täuscht es mich, oder kommt von ihm das erste "fuck", dass in einem Spielberg-Film zu hören war?). Die Besetzung erwies sich für mich jedenfalls als eine der größten Stärken des Films. Auch das Drehbuch ist sehr gut, und überzeugt mit zahlreichen großartigen Dialogen – und vor allem auch Monologen (selbstverständlich von Lincoln). Im Gegensatz zu "Gefährten", wo Spielbergs Handschrift unverkennbar war, nimmt er sich bei "Lincoln" zurück, und überlässt seiner hochkarätigen Darstellerriege die Bühne. Auch John Williams Score ist eher still und verhalten. Er unterstützt die Emotionalität des Geschehens, ohne dabei zu kitschig und/oder bombastisch zu werden – gerade auch angesichts des "larger than life"-Charakters von Lincoln und der Bedeutung des hier verabschiedeten Zusatzartikels für die Geschichte Amerikas eine interessante Wahl. Sowohl Spielberg, Williams als auch Kameramann Kaminski wollten scheinbar von den schauspielerischen Leistungen und der Geschichte so wenig als möglich ablenken – und verleihen dem Film damit eine Authentizität und Sachlichkeit, die ihn in meinen Augen definitiv aufgewertet hat. Fazit: ![]() Wertung:8 von 10 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © 2013 20th Century Fox)
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