Melancholia |
Lars von Triers düster-melancholische Apokalypse
Kategorie:
Filme -
Autor: Christian Siegel - Datum:
Freitag, 18 November 2011 |
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Kurzinhalt: Aufgrund von Problemen mit ihrer Limousine kommen Justine und Michael viel zu spät zur Feier ihrer eigenen Hochzeit – was ihre Schwester Claire und vor allem deren Mann John, der das alles finanziert, vor den Kopf stößt. Dies ist jedoch nur der erste, vergleichsweise harmlose Faux Pas einer Hochzeitsfeier, die zunehmend in Chaos und Katastrophen zu versinken droht – vor allem, da es Justine immer schwerer fällt, ihre Depressionen unter Kontrolle zu behalten. Als sie ihrem Michael dann auch noch den Vollzug der Ehe verweigert, kommt es endgültig zum Eklat. Wenige Wochen später nehmen Claire und John – letzterer eher widerwillig – Justine bei sich auf, deren Depression sie mittlerweile regelrecht apathisch gemacht hat. Neben diesen familiären Problemen sorgt jedoch auch ein drohendes globales Desaster für Anspannung, haben doch Wissenschaftler einen Planeten, genannt Melancholia, entdeckt, der sich auf Kollisionskurs zur Erde befindet. Zwar geht man davon aus, dass er unseren Planeten haarscharf verpassen wird, es gibt jedoch auch kritische Stimmen, die mit der Ankunft des wunderschönen blauen Planeten die Apokalypse gekommen sehen. Dabei scheint Melancholia eine seltsame Faszination auf Justine auszuüben, die immer mehr zu sich zurückfindet, je näher der Planet an die Erde herankommt. Schließlich ist dann der alles entscheidende Tag gekommen… Review: ![]() Die nun folgende knappe Stunde, welche ausführlich über die Hochzeitsfeierlichkeiten erzählt, ist für sich genommen nicht unbedingt schlecht – aber bei weitem nicht interessant genug, um diese Laufzeit zu rechtfertigen. Es gibt ein paar gelungene Momente zwischendurch, und die schauspielerischen Leistungen sind allesamt großartig; es ist eine Freude, diesen DarstellerInnen zuzusehen (allen voran den immer grandiosen John Hurt, sowie einen herrlich amüsanten Udo Kier), weshalb schon allein deshalb nie Langeweile aufkommt. Dennoch stellte sich mir am Ende des Films die Sinnfrage bezüglich dieses ersten Abschnitts. Teil 1 erscheint keinen ersichtlichen Zweck zu erfüllen. Was hat von Trier damit beabsichtigt? Wenn er uns die Figuren näherbringen bzw. sie uns sympathisch machen wollte, ist er damit meines Erachtens gescheitert. Im Gegenteil, durch einige absurde Szenen und die Tatsache, dass die Figuren immer mehr zu wissen scheinen als wir – gerade auch was ihre Beziehungen zu- und Konflikte untereinander, bzw. auch ihre gemeinsame Geschichte betrifft – entstand für mich eine gewisse Distanz sowohl zum Geschehen als auch den Figuren an sich, die verhindert haben, dass ich so richtig in die Handlung eingetaucht wäre oder mich mit einer/einem der Protagonisten identifiziert hätte. Meines Erachtens lernen wir hier keine Figur näher kennen, und bauen auch keine Verbindung zu ihnen auf. Sie sind uns nach dieser Stunde genau so nah – oder eben eher fremd – wie zuvor. Wozu also das Ganze? Wie gesagt, es gibt ein paar gute Szenen und gelungene Momente – ich sage also nicht, dass sich von Trier diesen Abschnitt hätte komplett sparen sollen. Aber ihn deutlich zu straffen, in etwa um die Hälfte, hätten diesen meines Erachtens ablenkenden und unnötigen Teil des Films um einiges weniger störend gemacht, als ich ihn in der vorliegenden Form empfand. ![]() Teil 2, der den Titel von Justine's Schwester Claire trägt, vermag dann aber zumindest ansatzweise für die nicht wirklich überzeugende Handlung rund um die Hochzeitsfeier zu entschädigen. Wirklich gestört haben mich dort nur die pseudo-bedeutungsschwangeren Szenen mit dem Pferd und der Brücke. Davon abgesehen fand ich den zweiten Teil grandios; wenn der Film nur aus diesem Abschnitt – sowie dem genialen Einstieg – bestanden hätte, wäre er mir wohl die Höchstwertung wert gewesen (oder maximal haarscharf daran vorbeigeschrammt). Besonders interessant fand ich dabei, dass Justine, die zu Beginn einen völlig verzweifelten, apathischen Eindruck macht, immer mehr zum Leben erweckt, je näher der Planet der Erde kommt. Zugegeben, eben dies wird einem teilweise auf nicht gerade subtile Art und Weise vermittelt, wie z.B. in jener Szene, als Kirsten Dunst nackt im Licht der "Melancholie" badet. Allerdings ist damit in der zweiten Hälfte des Films wenigstens eine Charakterentwicklung erkennbar, in dem die beiden Schwestern quasi das Spiegelbild der jeweils anderen darstellen. Denn je "gesünder" Justine wird, desto verzweifelter und depressiver wird Claire, ob der drohenden Apokalypse. John wiederum gibt in gewisser Weise die Stimme der Vernunft – was vor allem eine spätere Entscheidung der Figur aussagekräftig (wenn auch erneut wenig subtil) macht. Absolut grandios dann die letzten 15-20 Minuten, die den Film zu einem überraschend versöhnlichen, ja geradezu euphorischen, Abschluss bringen – endet "Melancholia" doch mit einem (Achtung, Spoiler!) finalen (Spoiler Ende) Akt der Menschlichkeit. ![]() Fazit: "Melancholia" besticht mit phantastischen Darstellerleistungen und einigen der imposantesten Bilder und Einstellungen, die es dieses Jahr im Kino zu bestaunen gab. Doch so positiv und versöhnlich mich der atemberaubende, berauschende Prolog sowie der grandiose zweite Teil – insbesondere das Ende – auch stimmen mögen, so kann ich doch nicht ganz in die euphorische Jubelstimmung, die Lars von Trier angesichts zahlreicher europäischer Filmpreise entgegenschlägt, einstimmen. Hauptgrund hierfür ist mein einziger echter – dafür jedoch großer – Kritikpunkt betreffend des ersten Teils des Films rund um die Hochzeitsfeier, erscheint mir dieser doch völlig überflüssig. Jedenfalls wollte sich mir der Sinn dieser viel zu ausgedehnten und mit der Zeit doch etwas ermüdend werdenden einstündigen Charakterstudie partout nicht erschließen. Weder wird wichtiges vermittelt noch würde man die Figuren besser kennen lernen/sie uns ans Herz wachsen. Generell blieb mir persönlich zu vieles im Dunkeln bzw. war etwas seltsam und/oder nicht nachvollziehbar, und hat Distanz zum Geschehen und den Figuren aufgebaut. Bis auf die pseudo-aussagekräftige Szene rund um das Pferd und die Brücke fand ich den zweiten Teil aber ganz groß – vor allem das Ende. Das Beste war aber ganz klar der 5-minütige Einstieg voller imposanter Bilder und beeindruckender Einstellungen, gepaart mit einer (passend) düster-schwermütigen musikalischen Untermalung. Und Kirsten Dunst beim Melancholia-baden… Wertung:8 von 10 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © Concorde Filmverleih)
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