Raumpatrouille Orion - Rücksturz ins Kino
oder: Absturz im Kino Kategorie: Filme - Autor: Björn Flügel - Datum: Mittwoch, 02 November 2011
 
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Raumpatrouille Orion - Rücksturz ins Kino
(Raumpatrouille Orion - Rücksturz ins Kino, D 1966/2003)
 
Raumpatrouille Orion - Rücksturz ins Kino
Bewertung:
Studio/Verleih: Bavaria Atelier/Bavaria Film
Regie: Michael Braun & Theo Mezger
Produzenten: Stephan Reichenberger, Hans Gottschalk, Helmut Krapp & Oliver Storz
Drehbuch: Rolf Honold & W.G. Larsen
Filmmusik: Peter Thomas
Kamera: Kurt Hasse & W.P. Hassenstein
Schnitt: Martin Brandl, Johannes Nikel & Anneliese Schönnenbeck
Genre: Science Fiction
Kinostart (Deutschland): 24. Juli 2003
Kinostart (USA): -
Laufzeit: 90 Minuten
Altersfreigabe: Ab 6 Jahren
Trailer: YouTube
Kaufen: Film-DVD, Komplettbox, Soundtrack
Mit: Dietmar Schönherr, Eva Pflug, Claus Holm, Wolfgang Völz, F. G. Beckhaus, Ursula Lillig, Benno Sterzenbach, Friedrich Joloff u.a.


Kurzinhalt: Der "Producer's Cut" fasst die Episoden 1; 2 und 7 zusammen: Auf Grund ihrer ständigen Befehlsverweigerungen wird die Mannschaft des schnellen Raumkreuzers Orion unter dem Kommando von Cliff Allister McLane zur Raumpatrouille strafversetzt. Schon während ihres ersten Routinefluges entdecken sie, dass der Erdaußenposten MZ-4 von feindlichen Exoterristen eingenommen wurde. Doch das ist erst der Anfang einer groß angelegten Invasion: Als nächstes werfen die "Feindlichen Raumverbände ohne galaktische Seriennummer" - kurz: F.R.O.G.s - einen Planeten aus seiner Bahn und steuern ihn in Richtung Erde. McLane stellt sich dem Schnellläufer in den Weg, doch währenddessen bereiten die Exoterristen schon den nächsten Angriff vor: Sie entführen des Chef des Galaktischen Sicherheitsdienstes, Oberst Villa, und polen ihn für ihre Zwecke um, um mit seiner Hilfe die Erde zu besetzen.

Review: ImageNein, der Film ist kein "Director's Cut" wie beispielsweise Ridley Scotts "Blade Runner"-Fassung oder Francis Ford Coppolas "Apocalypse Now Redux". "Raumpatrouille – Rücksturz ins Kino" ist ein "Producer's Cut", bei dem einige gänzlich Unbeteiligte Personen und Institutionen versuchen, mit dem "Orion"-eigenen Prädikat "Kult" noch einmal versuchen, die Kasse klingeln zu lassen. Dass das allein als Ambition nicht ausreicht, beweist der vorliegende Verschnitt. Doch alles der Reihe nach: Ich lernte die phantastischen Abenteuer des Raumschiffes Orion Mitte der 1990er Jahren kennen und lieben. Und auch wenn mit lediglich sieben Episoden der Umfang des gebotenen Materials sehr übersichtlich war und immer noch ist, genügt es bis heute, um mein Fan-Sein zu rechtfertigen. Die Kreativität und nicht zuletzt die Einmaligkeit, welche die Serie bis heute auszeichnen, lässt mein Fan-Herz auch dann noch höherschlagen, wenn ich die Episoden sicher schon zum 15. Mal ansehe, nahezu alle Dialoge mitsprechen kann und dennoch immer wieder neue Details entdecke, die mir bis dato nicht aufgefallen waren.

Und so war ich anno 2003 regelrecht entzückt, als die Orion auf die große Leinwand geriet, um den einstigen Kult erneut aufzugreifen und um den Klassiker von damals einer neuen Generation zugänglich zu machen. Und - Hand auf's Herz - insgeheim hoffte man schon, dass dieser "Producer's Cut" der Probelauf für eine mögliche Fortsetzung war. "Babylon 5" oder "Stargate SG-1" hatten bewiesen, dass es auch jenseits von "Star Trek" gute und erfolgreiche Science Fiction geben konnte, zudem kursierten schon lange die Gerüchte, dass Roland Emmerich höchstpersönlich Interesse an einer "Orion"-Neuauflage habe. So war es also für mich im Jahre des Rücksturzes eine Selbstverständlichkeit, das nächstgelegene Kino aufzusuchen, welches eine der wenigen Kopien erhalten hatte, um mich zum einen von der Qualität des möglicherweise superlativen "Producer's Cut" zu überzeugen, zum anderen, um den Bavaria-Bossen zu signalisieren: "Hey, gebt uns eine neue Orion!". Das ist mittlerweile seit 8 Jahren passé. Natürlich war ich damals begeistert. Es war ein gewaltiger Spaß, die doch so vertrauten Abenteuer von McLane und Co. auf der großen Leinwand und im digital aufgemotzten Ton erneut zu genießen. Und es war völlig gleich, dass der "Producer's Cut" dramaturgisch gesehen jeder "Asylum"-Produktion unterlegen war, dass die einzelnen Szenen eher wahllos miteinander zusammengestellt waren und dass eigentlich rein gar nichts Neues geboten wurde. Die Orion machte auf der Kinoleinwand eine sehr gute Figur, und - wie gesagt - bestand die Hoffnung, dass die Orion irgendwann zurückkehren könnte. Das allein reichte für einige Begeisterungsstürme aus.

ImageVor kurzem kam ich dazu, mir den "Producer's Cut" erstmals auf DVD anzusehen. Die Ernüchterung war groß. Denn auf der Mattscheibe offenbaren sich all die Schwächen, die man in der damaligen Euphorie auf der Leinwand übersehen hatte. Die öde Dramaturgie ist nur der eine Aspekt. Anfangs wird man Zeuge der verbotenen Landung auf Rhea, woraufhin McLane und seine Mannen zum Patrouillendienst verdonnert werden und die kleinkarierte Sicherheitsbeamtin Tamara Jagellovsk als Wachhund an die Seite gestellt bekommen. Flugs wird ein Erdaußenposten von feindlichen Außerirdischen angegriffen, die man schließlich "Frogs" (="Feindliche Raumverbände ohne galaktische Seriennummer") nennt. Das lässt sich ein Cliff Allister McLane natürlich nicht gefallen, und so bleibt den bösen Frogs nichts weiter übrig, als einen Planeten aus seiner Bahn zu werfen und ihn auf die Erde stürzen zu lassen. Dabei haben sie abermals ihre Rechnung ohne Mclane gemacht, denn er opfert sogar seine Orion, um die drohende Apokalypse abzuwenden. Strategisch, wie die Frogs nun mal sind, holen sie jetzt zum großen Finalschlag aus: Sie entführen Oberst Villa, den Boss des Sicherheitsdienstes, polen ihn entsprechend ihrer Pläne um und bereiten mit seiner Hilfe eine Großinvasion auf die Erde vor. Zwischen diesen turbulenten Sequenzen zicken sich McLane und Jagellovsk ordentlich an und es wird tüchtig Galyxo im Casino getanzt. Alkohol fließt natürlich auch. Eventuell auftretende Handlungslöcher moderiert Elke Heidenreich alias Nachrichtenoffizier Helma Krap einfach weg, und schlussendlich fällt doch gar nicht auf, dass der Film aus drei Episoden der originalen TV-Serie zusammengeschnitten wurde. Schön wäre es gewesen...

Was einem hier als "abendfüllender Spielfilm mit zusammenhängender Handlung" verkauft wird, ist zum Haareraufen. Leerlauf, Action, Leerlauf, Action usw. Ein Spannungsbogen im Zickzackformat. Ohne jegliche sinnvolle Überleitung findet man sich urplötzlich inmitten der nächsten Katastrophe wieder. Kontinuität? Fehlanzeige! Während McLane beispielsweise in der einen Szene noch an der dramatischen und für ihn unbefriedigenden Sitzung des Regierungsstabes teilnimmt, sitzt er in er darauf folgenden Szene auf einmal bestgelaunt im Casino und schaut den hübschen Mädchen hinterher. In einer anderen Szene betritt die Crew der Orion gemeinsam das Büro von General Wamsler, Schnitt, der Raumkreuzer Tau wird durchgeschüttelt, Schnitt, und auf einmal steht McLane allein in Wamslers Büro. Dass Tamara in den Casino-Szenen mehrfach ihr Kostüm wechselt, fällt noch am geringsten auf. Wenn man knapp drei Stunden Filmmaterial auf nur 90 Minuten zusammenschneidet, ist es an manchen Stellen unvermeidbar, dass es zu gewissen Anschlussproblemen kommt, doch eine gewisse Schadensbegrenzung hätte von vornherein darin bestanden, das Material mit mehr Bedacht auszuwählen und nicht auf Zwang alles einbringen zu wollen, was mit den Frogs zu tun hat. Eine gute Geschichte verfügt über eine Einleitung, einen Hauptteil und einen Schluss. Doch diese Struktur sucht man hier leider vergebens.

ImageDer andere Aspekt ist die Einfallslosigkeit des "Rücksturz"-Projektes. Das neue Sound-Design kann sich zwar durchaus hören lassen, doch das allein genügt nicht, um einen Re-Boom zu erzeugen. Es ist doch traurig, dass die die einzigen Errungenschaften dieses Films die sind, dass die Herkunft der Bezeichnung "Frogs" neu definiert wird, dass der kultige Casino-Tanz den Namen "Galyxo" erhält und dass Elke Heidenreich im Auftrag von "TV Spielfilm" Fernbedienungen, die wie Duschhauben aussehen, verkauft. "Alles wird galaktisch gut!" Von wegen! Dass die sogenannten "Producer" keine große Ahnung von der "Raumpatrouille" haben, wird zum Beispiel daran erkennbar, dass die Heidenreich in ihren Moderationen aus Oberst Villa gar einen "General" macht. Die Lieblosigkeit bzw. der mangelnde Respekt vor dem Original wird in der Szene deutlich, in der die Sounddesigner McLane laut schlucken lassen, als Krantz ihn bedroht. So verhunzt man eine überaus dramatische Szene, nur um die Lacher auf seiner Seite zu haben.

Noch ein paar Worte zur "Sternenschau". Eigentlich fand ich die Idee durchaus löblich, den "Producer's Cut" durch neue Szenen zu ergänzen. Über das Engagement von Elke Heidenreich kann man denken, wie man will. Ich jedenfalls denke, dass sie für die Rolle der Moderatorin zum damaligen Zeitpunkt durchaus prädestiniert war, angesichts ihrer weiteren Laufbahn würde ich heute sicher anders urteilen. Wie dem auch sei, ihre "Sternenschau" funktioniert nicht. Dass Frau Heidenreichs Moderationskarten mit dem GSD-Symbol versehen ist, stört nicht sonderlich, und außer den Fans dürfte auch kaum jemand darüber stolpern. Aber ihre Perücke, die mehr nach Wischmopp denn nach utopisch-schicker Haarpracht aussieht, nimmt ihrem Part von Vornherein jedwede Ernsthaftigkeit. Das ist nicht retro, das ist peinlich! Auch ihre einfältigen Texte bestätigen, dass die sogenannten "Producer" jede Chance ungenutzt lassen, um irgendetwas Brauchbares aus der Rolle herauszuholen. Der Gipfel ist aber das sich ständig wiederholende, nervtötende Credo: "Alles wird galaktisch gut!" Diese liederliche Machart der "Sternenschau" bewirkt, dass die Sequenzen einfach nur störend sind, die Stimmung zunichtemachen, um dem Zuschauer quasi mit dem Holzhammer zu vermitteln: Das hier ist Kult!

Fazit: ImageJa, im Kino war die Rückkehr der "Orion" ein Erlebnis, doch diese Wirkung kommt auf der Mattscheibe schließlich völlig abhanden. Ich greife lieber zu den (vollständigen) Originalepisoden, die mittlerweile auch perfekt in Bild und Ton auf DVD vorliegen. Und dass nicht einmal mehr die Fans Interesse für den Film aufbringen können, spricht doch für sich. Aber nicht nur als Fan ist man enttäuscht. Führt man den Film jemandem vor, der sich unbefangen und ohne Vorkenntnisse mit der "Raumpatrouille" auseinandersetzt, sollte man sich besser in Acht nehmen. Spätestens ab der Duschhaubenszene kann man den vorliegenden Verschnitt nicht mehr ernstnehmen, und mit jeder weiteren Sequenz, die von Frau Heidenreich mit ihrem beschepperten "Alles wird galaktisch gut" abgeschlossen wird, steigt das Aggressionspotenzial. Weiterhin dürfte die Auswahl des verarbeiteten Filmmaterials jeden neuen Interessenten überfordern und wieder verschrecken. Es ergibt sich nämlich kein "abendfüllender Spielfilm mit zusammenhängender Handlung", sondern nur ein loser Flickenteppich. Hier wäre weniger mehr gewesen, um sich damit mehr auf Stärken des Originals besinnen zu können.

Wertung:2 von 10 Punkten


Björn Flügel
(Bilder © Bavaria Film)


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Weiterführende Links:
45 Jahre "Raumpatrouille Orion" - Special






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