Let Me In |
Gelungenes Remake von "So finster die Nacht"
Kategorie:
Filme -
Autor: Christian Siegel - Datum:
Mittwoch, 26 Oktober 2011 |
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Kurzinhalt: März 1983 in Los Alamos, New Mexico. Der 12 Jahre alter Owen wird in seiner Schule ständig gehänselt und drangsaliert. Am späten Abend lebt er auf dem Spielplatz der Wohnausanlage mit einem Messer bewaffnet seine Rachephantasien aus. Doch diesmal ist er nicht allein: Ein scheinbar gleichaltriges Mädchen beobachtet ihn dabei. Tags zuvor hat Owen beobachtet, wie sie gemeinsam mit einem alten Mann – ihrem Vater oder gar Großvater? – in die Wohnung nebenan eingezogen ist. Sie stellt sich als Abby vor, und zwischen den beiden entwickelt sich langsam eine Freundschaft – und vielleicht noch mehr. Doch Abby verbirgt ein schreckliches Geheimnis: Sie ist ein Vampir… Review: ![]() Nun, ganz so weit würde ich dann zwar doch nicht gehen – aber es stimmt schon, Matt Reeves ist hier ein phantastisches Remake gelungen, dass dem Original definitiv ebenbürtig ist. Das allein ist schon beachtlich genug und keinesfalls eine Selbstverständlichkeit. Geschafft hat er dies u.a. dadurch, dass er sich sehr eng an die Vorlage hält – jedoch ohne eine schlichte, einfallslose Kopie abzuliefern. Stattdessen bereichert er einen ohnehin schon großartigen Film um eigene Ideen und interessante Aspekte. Was annähernd gleich bleibt, ist die Epoche, in der die Geschichte spielt. Aus 1981 wird zwar 1983, um die Handlung in der Reagan-Ära verankern zu können (dazu gleich mehr), man sah aber klugerweise davon ab, das Geschehen in die Gegenwart zu verlagern. Der Schauplatz mag zwar geographisch gesehen eine große Reise machen – statt einer Kleinstadt in Schweden eine Kleinstadt in New Mexico, USA – bleibt jedoch vom Konzept her gleich: Eine unpersönliche Wohnanlage inmitten eines kalten, schneebedeckten Ortes – wobei das eisige Setting die Handlung perfekt akzentuiert. Auch der düster-melancholische Ton und der Fokus auf die Figuren und einen eher psychologischen, denn eines blutigen, Horrors wurde beibehalten. Und, ganz wichtig: Die Kinder bleiben auch wirklich Kinder. Aufgrund der starken Ähnlichkeit zum Original in diesen Aspekten gilt hier also grundsätzlich das zu "So finster die Nacht" gesagte. Im Folgenden möchte ich daher in erster Linie auf die Unterschiede dieser Verfilmung im Vergleich zu Tomas Alfredson's Interpretation eingehen; für den Rest verweise ich auf mein Review zum Original. ![]() Das Remake ist auch um einiges straffer und fokussierter. Der einzige Kritikpunkt, den ich gegenüber dem Original vorzubringen hatte, war ja die parallel verlaufende Handlung rund um die anderen Bewohner von Blackeberg, die mich zwar nicht gestört, den Film in meinen Augen aber auch nicht wirklich bereichert hat. Eben dies lässt Matt Reeves hier weg, und konzentriert sich stattdessen voll und ganz auf Owen und Abby. Da die Laufzeit von "Let Me In" trotz dieser inhaltlichen Kürzungen mit dem schwedischen Original fast ident ist, bedeutet das mehr Zeit für die und mit den beiden Hauptprotagonisten. Des Weiteren profitieren davon noch der ermittelnde Polizist, der hier eine etwas größere Präsenz ist als bei "So finster die Nacht", vor allem aber Abby's Fürsorger. Was "Let Me In" durch eine genauere Schilderung ihrer Beziehung an Interpretationsspielraum und Subtilität verliert, gewinnt man dafür an emotionaler Wirkung – ein Tausch, von dem vor allem eine Schlüsselszene des Films profitiert, die mir hier doch nochmal um einiges besser gefallen hat als im Original. Eine gelungene Neuerung ist auch der Angriff im Auto (statt im Schwimmbad), wo "Let Me In" eine unheimliche Spannung erzeugt. So angespannt war ich im Kinojahr 2011 definitiv selten; ganz klar eines der Highlights des Films, wo Matt Reeves seine inszenatorischen Qualitäten perfekt auszuspielen vermag. Seine Inszenierung ist generell sehr gefällig. Wie Thomas Alfredson so setzt auch er auf eine düster-melancholische Stimmung und auf atmosphärische Dichte statt expliziter Gewaltdarstellung und/oder billiger Schockeffekte. Seine Inszenierung ist ungemein stilvoll und weist einige interessante Entscheidungen auf (wie z.B. die Art und Weise, wie er den "Showdown" im Schwimmbad in Szene setzt). ![]() Michael Giacchino's Soundtrack ist eine weitere Stärke von "Let Me In". So ähnlich dieses Remake dem Original in vielerlei Hinsicht auch sein mag, anstatt sich an Johan Söderqvist's (genialer) Komposition für "So finster die Nacht" zu orientieren, präsentiert Giacchino eine gänzlich andere, aber nicht minder geniale musikalische Interpretation des Stoffes. Zwar mögen sich hie und da leichte akustische Ähnlichkeiten zu seinem Soundtrack für die Mystery-Serie "Lost" ergeben (gerade auch bei den verwendeten Instrumenten), sein dort geprägter Stil passt aber eben nun mal absolut perfekt zur düster-melancholischen Grundstimmung dieses Films. Nimmt man all diese positiven Aspekte und Änderungen zusammen, hätte man im Endeffekt tatsächlich einen besseren Film als Alfredson's "So finster die Nacht". Es gibt jedoch einen einzigen – für mich nicht unwesentlichen – Aspekt, in dem Matt Reeves Remake nicht ganz an das Original heranreicht. Grundsätzlich gefällt mir seine Inszenierung ja gut – die Atmosphäre, die er hier geschaffen hat, die ruhige, stilvolle Erzählweise etc. Bei der optischen Präsentation kann er hingegen nicht ganz mit "So finster die Nacht" mithalten. Die Farbgebung ist zwar sehr gelungen, aber das Original verfügt über einige einprägsame Szenen und Bilder, an die Matt Reeves Inszenierung in den entsprechenden Momenten aus meiner Sicht nicht heranreicht. Beispielhaft sei das brennende Bett sowie die blutüberströmte Eli/Abby erwähnt, nachdem sie ohne vorherige Erlaubnis in die Wohnung gekommen ist. Reeves' Bilder sind nicht schlecht, aber sie reichen nicht an Alfredsons' ikonischer Interpretation heran. Es ist der einzige Aspekt, wo "Let Me In" dem schwedischen Original leicht unterlegen ist – und der im Endeffekt verhindert, dass Matt Reeves auch in meinen Augen "So finster die Nacht" tatsächlich noch einmal übertreffen kann. Fazit: ![]() Wertung:9 von 10 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © Wild Bunch Germany)
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